Die vier Bücher des Intermediarius

Buch 1
DIE WEISHEITSLEHRE DES HEILIGEN GRAAL

 


INHALT                                                                              
Seite
Christliche Esoterik und neue Mystik.
Eine Einführung in den Geist der  Werke  des  Intermediarius                               7

Vorrede                                                                                                           15
I. Teil.
Dreifaltigkeit Gottes  (Trinitas)                                                                          19
Spiegelung der Dreifaltigkeit Gottes als himmlische Triade      ....                       20
Die Hierarchien                                                                                                23
Lucifer                                                                                                             26
Universum    (Erzengel.   Tierkreis.   Planeten)                                                  39
Schöpfung (Der Mensch als Eben/Abbild Gottes.   
Paradies.    Der Fall des Menschen.   Folge des Falles)                                     48
Folge des Falles des Menschen für die ganze Erde und die Naturreiche             67
Die Naturreiche. — Die Elemente                                                                    71
Der Tod (Zustände des Lebens innerhalb und außerhalb der irdischen Form)    78
Zustände nach dem Tode (In den vorchristlichen Zeiten)                                   83
Die Führer der Menschheit (Initiation)                                                              93
Vorbereitung zur zweiten Schöpfung (Das hebräische Volk)                            104

II. Teil.
Die zweite Schöpfung (Trinitas)                                                                       115
Die Offenbarung des Sohnes                                                                           117
Das Hinabsteigen Christi durch die Reihen der Hierarchien bis auf die Erde      119
Der Gott-Mensch Christus, auf Erden lebend                                                  123
Opferung Christi                                                                                             128
Die Erlösung durch das Opfer Christi                                                              135
Vom heiligen Graal                                                                                         145
Die Kirche Christi                                                                                           164
Zustände der Seele nach dem Tode in der christlichen Zeit                               168
Das letzte Gericht über die Erde                                                                      175
Die neuen makrokosmischen Hüllen in der fünften, sechsten, siebten
Region des Kosmos 
                                                                                       177
Das makrokosmische Gefäß                                                                            182
Symbolische Darstellung der zweiten Schöpfung
Erklärung des Bildes                                                                                        186


Buch 4
Das große Zeichen


Das große Zeichen
Die heilige Reliquie
Der Weg der Menschheit zur geistigen Erweckung
Der natürliche Mensch
Der geistige Mensch
Die symbolische Weisheitssprache
Die heilige Weihnacht
Der innere Mensch
Das Herz als Weisheitszentrum
Das innere Herzensleben
Die Reinigung (Katharsis) des Herzens
Die Verklärung der Sinne

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Christliche Esoterik und neue Mystik.
Eine Einführung in den Geist der Werke des Intermediarius.

„Das Christentum ist so alt wie die Menschheit."
St. Augustinus.

Wenn im Nachfolgenden der Versuch gemacht wird, eine kurze Einführung in dem Geist der Werke des Intermediarius zu geben, so soll damit der Inhalt dieser 4 Bücher weder analysiert noch feuilletonistisch zerschwälzt werden; dieser Inhalt soll vielmehr in seiner ganzen Tiefgründigkeit und gedanklichen Schwere stehen bleiben. Es soll dem Leser, der erstmals an die gewaltigen Wahrheiten der christlichen Esoterik, wie sie hier geboten werden, herantritt, nur der Zugang zu ihnen erleichtert, ihm gewissermaßen ein Schlüssel in die Hand gegeben werden, der die Pforte zum Mysterium in etwa aufzuschließen vermag. Im Zusammenhang damit soll eine begründete Antwort auf die Frage versucht werden, weshalb die vier Intermediarius-Bücher geschrieben werden mußten und welches Ziel sie anstreben.
Die Bücher des Intermediarius sind keine leichte Lektüre; sie wollen es auch gar nicht sein. Sie sind in langen Jahren ernster Kontemplation und selbstloser Versenkung in die unergründlichen Tiefen der im Geiste unmittelbarsten Christentums erschauten Welt- und Schöpfungsgeheimnisse erstanden, während welcher Zeit dem begnadeten Menschen, der seine Worte und seine Feder für die Niederschrift zur Verfügung stellte, für sich selbst aber daraus nicht den mindesten Ruhm sucht und daher namenlos bleiben will, sichtbarlich ein hoher Führer zur Seite stand.
Diese Entstehungsgeschichte bringt es wohl mit sich, daß die Bücher des Intermediarius nicht für die Vielen geschrieben sind, die heute nach modisch gewordener religiöser Literatur greifen. Sie suchen vielmehr die Wenigen, die nach einer Gottes- und Heilandsliebe trachten, welche nicht nur auf schwankenden Gefühlen beruht, sondern durch vertiefte Erkenntnis der letzten und höchsten Dinge in der Well, durch klare Einblicke in das innerste geistige Gefüge der Schöpfung und deren wesenhafte Zusammenhänge unterbaut ist und so allen Anstürmen und Anfechtungen des unermüdlich tätigen Widersachers Gottes von Anbeginn standzuhalten vermag.
Diese Wenigen, die zu den „Stillen im Lande" gehören, will Intermediarius aufsuchen, um sie einzuladen, ihm in das noch so wenig erschlossene geistige Reich der wahren christlichen Esoterik zu folgen, damit sie sich als Menschen in ihrer ewigen Bestimmung zunächst selbst erkennen und ihr Erdenleben im Sinne der neugewonnenen Erkenntnisse gestalten. (Denn Erkenntnis verpflichtet zu konsequenter Tat; wer gegen seine bessere Erkenntnis handelt, vernichtet sein höheres Ich!) Wer sich aber in ernsthaftem Bemühen den Inhalt der Werke des Intermediarius zu eigen gemacht hat, der ist davon so erfaßt und durchdrungen, daß er sich wie neugeboren fühlt und als ein anderer Mensch seinen Lebensweg weiterschreiten wird, als Mitstreiter St. Michaels, des großen Erzengels und Führers der Christenheit im Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit, das auch das Schicksal von Erde und Kosmos sein wird.
Ist erst einmal eine kleine Schar esoterisch geschulter und lebendig gewordener Christen gewonnen, dann wird das Licht, das von ihnen ausgeht, auch andere anziehen, die einstweilen noch ferner stehen, wohl aber die Ahnung einer anderen Welt in sich tragen, und die Zahl der Michaels-Streiter wird sich rasch vergrößern. Allein dies ist erst das weitere Ziel der Intermediarius-Bücher.
Zunächst und vor allem muß eine Kerntruppe geworben werden von Christen, die gewillt sind, höhere Erkenntnis und Lebensgestaltung in unbeugsamer täglicher Überwindung des eigenen niederen Ichs und mit kompromißloser Zielstrebigkeit zu vereinigen. Diese Intermediarius-Jünger werden von selbst in ganz enge geistige Beziehung zu einander treten, eine ganz neue Gemeinschaft bilden, deren Lebensgesetze nicht von außenher aufgezwungen werden, sondern von innen heraus wachsen, vom Ziele her bestimmt und befruchtet.
Es ist überflüssig zu sagen, daß hier keinerlei Sektengründung angestrebt wird. Der allgemein religiöse Boden, auf dem das Werk des Intermediarius geistig bereits steht und nun auch physische Gestalt annehmen will, ist die Kirche Christi mit ihrer offenbarten Lehre und ihren Heilsund Gnadenmitteln, die Una Sancta, deren „anima" die ganze Menschheit mit der Liebe des Welterlösers umfängt und beseelt, deren Ökumenizität aber nicht tiefsinniger ausgedrückt werden kann als durch das Wort des Dichters:

Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Occident!
Nord- und südliches Gelände
ruht im Frieden seiner Hände.

Derselben einen und wahren christlichen Kirche unterwirft sich auch der Schreiber der Intermediarius-Bücher inbezug auf alles, was in diesen vier Büchern die christliche Offenbarungs-, Glaubens- und Sittenlehre berührt, mit der Selbstverständlichkeit des katholischen Christen.


Die vier Bücher des Intermediarius gleichen in ihrem inneren Aufbau einem machtvollen Orgelspiel. Das erste, bereits vor dem Wellkriege niedergeschriebene Buch: „Die Weisheitslehre des heiligen Graal" ist das Präludium, in dem der nach den ewigen Wahrheiten suchende Menschengeist an der Hand eines überirdischen Führers sich, gewissermaßen noch von der Erde und vom Fleische aus, an die aus den Tiefen und Höhen des Universums ihm entgegenstrahlenden wahren Wirklichkeiten der Welt hinantastef. Immer hellsichtiger wird dabei sein geistiges Auge, es trinkt Erkenntnis um Erkenntnis in sich hinein - aber noch gehen ihm schwer die Worte aus der Feder, die all das, was er geschaut, in Bilder und Begriffe erdgebundener Vorstellungswelt bannen sollen, wozu noch als erschwerender Umstand tritt, daß dieser Mensch wohl germanischen Stammes und sehr gebildet, von Haus aus aber der deutschen Sprache nur unvollkommen mächtig war. Und doch war ihm durch seinen Führer der bestimmte Auftrag erteilt worden, was er geschaut, in erster Linie dem deutschen Volke zu vermitteln! Und so wurde das unmöglich Scheinende möglich: „Die Weisheitslehre des heiligen Graal" erschien bereits vor dem Kriege, allerdings in noch recht unbeholfenem und fehlerhaftem Deutsch als Privatdruck. Diese „Weisheitslehre" ist nun in engstem Zusammenwirken mit dem Schreiber dieser Einführung formell gänzlich umgearbeitet worden und dürfte nun auch stilistisch allen vernünftigen Anforderungen genügen.
Der Leser ist nun freundlichst gebeten, die „Weisheifslehre des heiligen Graal" wie ein Präludium auf sich wirken zu lassen. Er soll ohne Voreingenommenheit, vielmehr ganz rückhaltlos und im besten Sinne naiv, mit aufgeschlossener Seele Kapitel um Kapitel dieses Buches in sich aufnehmen, langsam lesend und dabei öfters innehaltend und kontemplie-rend. Wiederholungen bereits mitgeteilter Erkenntnisse in späteren Ka piteln sollen nicht unangenehm, sondern als Notwendigkeit empfunden werden, damit das Aufgenommene vertieft, fester verwurzelt werde und uns allmählich in Fleisch und Blut übergehe, sozusagen zu unserer zweiten, besseren Natur werde. In solcher Weise vermag der aufmerksame Leser den Erkenntnis-Weg des Verfassers von der Erde und den erdhaften Dingen hinauf zu den höheren Wirklichkeiten zu wiederholen und zu seinem eigenen Wege zu machen. Wie aus weiten, ihm aber nicht mehr unerreichbaren Fernen her wird er dann auch bereits jene noch höheren Wirklichkeiten ahnen, die in den folgenden drei Büchern des Intermediarius dargestellt werden.
In diesen Büchern, die innerhalb weiterer zweimal sieben Jahre entstanden sind, ist das geistige Auge des Schauenden nicht mehr von der vergänglichen materiellen Ebene zum immerwährenden geistigen Sein hin gerichtet: nun vermag der geschulte Blick im Lichte der ewigen Weisheit herabzuschauen auf das Gewoge und Getriebe der in Zeit und Raum sich entfaltenden Welt, deren von den Gesetzen des Dualismus, des „Zwistes", bedingter Ablauf mit dem Abfall und Sturze Luzifers, des mächtigen „Widersachers", beginnt und mit der endgültigen Überwindung dieses Widersachers seinen Abschluß finden wird. Nach dem gigantischen Schlußakt dieses Weltendramas wird das Universum aus dem Zustande des Zwistes (der Polarisierung) und des raumzeitlichen Ablaufs wieder in den Zustand der göttlichen Harmonie und schöpferischen Ruhe zurückkehren. Den Zeitpunkt dieses Schlußaktes kennt nur der Vater -aber da Christus uns gelehrt hat, auf die Zeichen zu achten, die diesem Schlußakte in Raum und Zeit vorhergehen, können wir sagen, daß der Vorhang des großen Welttheaters, soweit es unseren gegenwärtigen Schöpfungsraum umfaßt, sich wohl bald zum letzten Male heben wird.
Was nun an kosmischem Geschehen zwischen Engelsturz und Weltende vor sich geht, das entschleiert Intermediarius in seinem zweiten und dritten Buche. Das zweite Buch „Homo Coelestis" (Der himmlische Mensch) enthüllt die Schicksale des Wesens, das seit dem Engelsturze zum Mittelpunkte der Schöpfung geworden ist: des Menschen. Denn der Mensch ist ja kein Erzeugnis irdischer Entwicklung, kein Affenabkömmling oder eine sonstige „Spitzenleistung" tierischer Deszendenz, sondern als geistiges Wesen überkosmischer Herkunft und von Gott selbst in naher Beziehung zur zweiten Person in der Trinität geschaffen, um an die Stelle der gefallenen Engel zu treten. Als solches Wesen verband sich der Mensch, aus seinem himmlischen Urbilde infolge der Verführung durch Luzifer teilweise heraustretend, mit dem dualistischen Kosmos und erlebte hier seinen Fall aus der inneren Einheit mit der Gottheit in die Zwiespältigkeit der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Damit beginnt die Ursünde oder Ursonderung von Gott, als notwendige Folge die Vertreibung aus dem Sonnenparadiese, die Versetzung des Menschen auf die sich unter dem Fluche des Schöpfers verdichtende und verdunkelnde Erde - die nun nicht mehr Zentrum des Universums sein konnte, sondern zum Planeten ward - und anschließend der lange Leidensweg der Menschheit und aller Kreatur bis zur Erlösung und zur neuen Vergeistigung im ständigen Ringen mit den dualistischen Gewalten auf Erden und im Kosmos. Endziel ist die Wiedervereinigung des gefallenen Menschen mit seinem himmlischen Urbilde vermöge der unerhörten Erlösungstat des Gottessohnes Jesus Christus, des Mittlers, die sowohl im Kosmos wie auf der Erde vollbracht werden mußte.
Dies erleben wir geistig im ersten Hauptstück des großen Orgelwerkes, mit dem wir die 4 Bücher des Intermediarius verglichen haben. Im zweiten Hauptstück, dem dritten Intermediarius-Buche „Universum", wird um das Menschheits- und Erlösungsdrama die ungeheure Peripherie des göttlichen, trinitarischen Schöpfungsraumes gezogen, dabei aber immer das unverrückbare Zentrum des Universums, die Trinität selber, im Auge behalten und auch das Erlösungswerk Christi in allen seinen Beziehungen zu den verschiedenen „Hüllen" alles Geschaffenen, der materiellen, elementalischen und siderischen Hülle, erläutert und betrachtet.
Haben wir so unsere geistige Einheit mit dem Universum wiedergefunden, dann klingen die Akkorde des „Postludiums", des vierten Intermediarius-Buches „Das große Zeichen", vertraut und beseligend an unser inneres Ohr. Das große Zeichen, das im geheimnisvollen Widerschein des erlösenden Kreuzes und der himmlischen Weisheits- und Liebesrose dem zur geistigen Schauung wiedergeborenen Menschen wonnesam aufleuchtet, ist der heilige Graal, der geheimnisvolle Opferkelch Melchise-deks, in dem Christus beim letzten Liebesmahl sein mystisches Blut den Zwölfen dargeboten und in dem Joseph von Arimathia das Herzblut des sterbenden Gottessohnes auffing. Im Zeichen dieser teuersten, den Menschen dieser Welt aber annoch verborgenen Reliquie der Christenheit wird die bevorstehende Weltwende sich vollziehen. Der aus der Macht des Widersachers endgültig befreite und durch Christi Blut erlöste, im heiligen Geiste der Weisheit wiedergeborene Mensch aber wird zu seinem himmlischen Urbild zurückkehren und die ganze erlöste Schöpfung mit sich führen.    *
Dies ist in kurzen Zügen Sinn und Ziel der vier Bücher des Intermediarius. Sie sind eine Schule der Weisheit in des Wortes tiefster Bedeutung. Sie knüpfen - da alles Wahre und Wirkliche in der Welt ein Kontinuum ist - an die hohe Weisheit der alten echten Mysterien an, aus deren Quellen schon Moses und die Propheten geschöpft; sie führen die Tradition der großen, leider fast vergessenen Mystiker des christlichen Mittelalters: Seuse, Eckhart, Tauler, Ruysbroeck, St. Hildegard, St. Gertrud, St. Bonaventura, Albert der Große weiter; sie nehmen die Wege echter Esoterik wieder auf, die später Jakob Böhme, Angelus Silesius, Franz v. Baader, Joseph v. Görres in Vereinsamung gegangen sind, von einer immer rationalistischer und materialistischer werdenden, verstandesklugen Zeit nicht mehr verstanden. Intermediarius wirft aber auch neues Licht auf die Weisheitslehre der östlichen Kirche, jene Heilige Sophia, deren himmlischer Abglanz auf den genialen Werken eines Solowjew, Florenski, Berdjajew und anderer tiefgläubiger Russen ruht, und schafft so das geistige Fundament für eine neue christliche Ökumene, für das wahre Reich Gottes auf Erden, das da ist ein Reich der Weisheit und der Gnade, geboren aus den trinitarischen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, überstrahlt vom seraphischen Lichte des hl. Franz von Assisi.
Das größte Verdienst des Intermediarius aber darf wohl darin erblickt werden, daß er zum erstenmal die Grundlagen schafft für eine objektive Mystik, indem er die Wesensschau der übersinnlichen Welt heraushebt aus der Subjektivität des mittelalterlichen Mystikers und sie auf dem Wege der Geistesschulung im Sinne der Weisheit allen gläubigen Christen zugänglich macht, die guten Willens sind. Es sei zum Schlusse dieser Einführung aber nochmals mit allem Nachdruck gesagt, daß Intermediarius es ablehnt, bloßes „Geheimwissen" zu vermitteln. Er will Weisheit lehren und gleichzeitig zu weisem Leben erziehen, zu einemLeben und ständigen Höherstreben aus dem Vollbewußtsein der grenzenlos gesteigerten Verantwortung heraus, die jeder esoterisch ein gestellte Christ für sich wie für seine ganze Umwelt vor dem ewigen Gott und vor Jesus Christus, dem Erlöser und Herrn der Well, hat. Nur in diesem Sinne werden hiermit die vier Bücher des Intermediarius in verhältnismäßig geringer Auflage allen nach wahrer Weisheit suchenden
Mitmenschen übergeben.    Fra Tedesco.
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Vorrede.

Der Inhalt dieses Buches kann von dem Verfasser nur betrachtet werden wie eine geistige Gabe, die in seine Hände gelegt wurde, damit er sie der Menschheit weiterreichte. Der Verfasser selber spielt dabei nur die Rolle eines Vermittlers; sein Name als Persönlichkeit kommt deswegen nicht in Erwägung. Das  Buch erscheint daher unter dem Namen „Intermediarius",  und  zwar  in  deutscher  Sprache.

Der Inhalt des Buches stellt ein Ganzes dar, in welchem der Aufbau so ist, daß die Gedanken, nacheinander folgend in den Sätzen und Kapiteln, sich als zusammengehörig ergeben. Wollte man einen Satz nur für sich lesen, ohne seine Stellung auf das Vorhergehende zu beziehen, so würde dieser dadurch eine ganz unrichtige Bedeutung erhalten und auf das gesamte Bild, das gezeigt wird, zerstörend einwirken. Um einen richtigen Eindruck zu bekommen, soll das Ganze durchgelesen und durchdacht werden, da der wahre Geist des Inhaltes sich dann erst offenbaren kann. —

So wie immer der heilige Graal, als der Abendmahlskelch mit dem allerheiligsten Blute (Sanguis realis) Christi als Symbol des Herzens Christi, durch seinen göttlichen Inhalt die geistige Nahrung denen gegeben hat, die in seiner Nähe sein durften, — so wird auch heute unter dem ewigen Symbol des heiligen Graal der Menschheit eine geistige Gabe gereicht, die dem menschlichen Geist jene himmlische Nahrung sein kann, welche die göttlichen Kräfte in ihm belebt und stärkt. Das Symbol des Kelches bildet mit dem Symbol des Kreuzes die Grundfeste der christlichen Symbolik in der Weisheitslehre des Christentums. Die Weisheitslehre des heiligen Graal legt der Symbolik des Kelches eine besondere Bedeutung bei.

Es wird der Inhalt dieses Buches, wenn nicht beim erstmaligen Durchlesen, so doch bei wirklicher Vertiefung in denselben den Menschen geistig und seelisch über die Seinsebene des bloßen Erden-Menschen hinausführen und ihn seine wahre Heimat erkennen lassen.

Durch die geistige Nahrung des heiligen Graal wird er sich verbunden fühlen mit Dem, der durch Sein Blut das Gefäß geheiligt hat, indem Er diesem den göttlichen Inhalt gab. Schon der Name Heiliger Graal deutet auf den göttlichen Inhalt dieser Reliquie hin, weil dieser Name eine Zusammenziehung ist des dreifachen Klanges Ger-a-haal, dessen esoterische Bedeutung lautet: „das durch die Engel getragene heilige Blut".
Intermediarius.
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1. Teil.

Dreifaltigkeit Gottes (Trinitas)

Kapitel I


Über jede Form von Offenbarung erhaben ist die göttliche Dreifaltigkeit in ihrer Einheit die erste und zugleich letzte Definition, welche von dem Wesen Gottes gegeben werden kann.
Das Mysterium der Einheit der göttlichen Natur, die zugleich die Dreiheit der göttlichen Personen ist, nämlich des Vaters, des Sohnes (des ewigen Wortes des Vaters) und des Heiligen Geistes (der vom Vater und vom Sohne ewig ausgeht), ist das größte Geheimnis der göttlichen Offenbarung. Ihr wahres Wesen zu erfassen ist nur demjenigen gegeben, der sich durch ein übersinnliches Leben so vereinigt hat mit dem Wesen des Sohnes, der zum Erlöser der Menschheit wurde, daß er durch den Sohn gleichsam mit dem Vater in dem Heiligen Geist verbunden ist, da die Drei im Wesen eins sind.
(M. E. macht Intermediarius hier ein Zugeständnis an die kath. Lehre, denn in Band 3 spricht sie „von dem Sohn, der das göttliche Antlitz des Vaters darstellt“ und somit das eigentliche Personsein Gottes ausdrückt. Damit widerspricht sie im Grund der drei Personenlehre zugunsten einer Lehre von drei Seinsweisen Gottes und bestätigt J. Böhme: „denn Gott ist keine Person, als nur in Christo“ Mysterium Magnum, 7. Kapitel, Vers 5. Kommentar von mir, Hans-Dieter Ulmer)


Als der Sohn sich als den Gottmenschen Christus offenbart hat und das Leben eines Menschen führte, damit Er zum Erlöser der Menschheit werde, da verband sich die göttliche Dreifaltigkeit, die wesentlich eine Einheit ist, direkt mit der Menschheit und mit der geoffenbarten Welt; sie bleibt von der Zeit an mit ihr verbunden, bis •— „an das Ende der Erdenzeiten" — bis zu der Zeit, wo die Welt, die sich in dem ganzen Reiche des Raumes und der Zeit offenbart und dadurch vergänglich ist, aufhören wird zu sein. Das Eintreten des Sohnes in die Welt der Offenbarung, insbesondere Sein Erscheinen und Leben auf der Erde inmitten der gefallenen Menschheit, wird daher als der zweite Schöpfungsakt betrachtet, weil von dem Momente an die göttliche Dreifaltigkeit unmittelbar in die zeiträumliche Welt einwirkt; im Gegensatz zum ersten Schöpfungsakt, bei welchem die Dreifaltigkeit, über aller Offenbarung stehend, wie durch Spiegelung ihres Wesens die Dreiheit oder göttliche Triade hervortreten läßt, welche, noch Eins seiend, eine erste Offenbarung und erste Schöpfung darstellt als die lebendige, leuchtende Himmelsrose.
Als Spiegelung des Gott-Vaters entsteht der Urvater als das Zentrum der ersten Offenbarung, welches das Leben und den Mittelpunkt bildet und als solchen auch das Wesen der Trinität — des Sohnes und des Heiligen Geistes — im Abbild in sich enthält. Das Leben des Vaters wird vorzugsweise gespiegelt im urväterlichen, lebenausstrahlenden Centrum, sodaß es die Überhand über die zwei anderen Angesichte erhält.
Der Heilige Geist aus der göttlichen Trinität offenbart sich im Abbild gleich wie ein leuchtender Weisheitsspiegel, der das urväterliche Centrum wie eine Peripherie umgibt und das vom Centrum ausgestrahlte Leben in Erleuchtung und Vollkommenheit zurückstrahlt.
Der Sohn offenbart sein Wesen als das Wort oder die Stimme Gottes, als der Mittler Christus, der als klingender Bote zwischen dem lebenden Centrum und der leuchtenden Peripherie sich bewegt. Von dem Herzen des Urvaters ausgehend, belebt und durchtönt er die Peripherie, die als Weisheitselement die lebendige Urform der ersten Offenbarung darstellt.
In dieser Urform, die, im Gegensatz zum urväterlichen Prinzip, das der Urmutter genannt werden kann, ist auch im Abbild das Wesen der göttlichen Trinität in Einheit enthalten; das Wesen des Heiligen Geistes wird aber vorzugsweise als Weisheitselement gespiegelt.
Christus der Mittler spiegelt in sich die göttliche Dreifaltigkeit als Einheit; es spiegelt sich in Ihm dabei sein eigenes Wesen, das des Sohnes, vorzugsweise als das Wort.
Während die göttliche Dreifaltigkeit so aufgefaßt wird, als stelle der Heilige Geist dabei die innigste Verbindung zwischen dem Vater und dem Sohne dar, wobei die göttliche Dreifaltigkeit zugleich die Einheit ist, so wird in der ersten Offenbarung die Spiegelung des Angesichtes des Heiligen Geistes wie hinausprojiziert als Weisheitselement und bildet als lebendiger Geist die lebendige Urform. Vom innerlichsten Leben der Trinität wird er in der Projizierung der Dreiheit das äußerlichste Prinzip, — obwohl Inneres und Äußeres auch in diesem Abbilde als himmlische Triade oder Dreiheit noch immer wesentlich ein sind. So offenbart sich als erstes Abbild der göttlichen Dreifaltigkeit die Triade in der Himmelsrose. Sie ist die erste Schöpfung, welche über Zeit und Raum hinausragt. Die Trinität selbst aber steht über jeder Offenbarung bis zu dem Moment, wo sie sich vermittelst des Sohnes als Gottmenschen mit den im Raume und in der Zeit sich offenbarenden Welten verbindet.
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Spiegelung der Dreifaltigkeit Gottes als Himmlische Triade.

Kapitel II
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Die heilige Dreifaltigkeit Gottes spiegelt sich überall im Universum und auf mannigfaltige Weise in den verschiedenen Regionen, welche durch Offenbarung entstehen; zunächst in der Triade, durch welche die Himmels-rose entsteht. Das Centrum, welches der Urvater genannt werden kann, sowie die Peripherie, die Grundform, oder das urmütterliche Element der Weisheit, sind auf dreifache Art gestaltet; ebenso der Mittler, Christus;1) —

1)    Der Name Christi „Mittler" in der Triade weist auf Seine ewige gottmenschliche Würde hin, im Sinne der wesentlichen Einheit zwischen dem göttlichen Worte und dem himmlischmenschlichen Urbilde sowie auf Seine einigende Wirkung zwischen Urvater und Urmutter.

und diese drei Wesen bilden zusammen wieder eine Dreiheit. Auch das, was zwischen Centrum und Peripherie sich an lebendigen Kräften offen- bart, ist auf dreifache Weise eingeteilt, wie in neun Regionen, in welchen drei Hierarchien von Wesen tätig sind, von denen jede wieder in drei Abteilungen zerfällt. So gibt es neun Arten von Hierarchien, die aber im Wesen eins und nicht räumlich voneinander getrennt sind durch die Regionen.
Die drei Prinzipien: die Stärke oder Contraction (Concentration), Liebe oder Expansion (Ausdehnung) und Weisheit (Union, Verbindung der zwei anderen Tätigkeiten) sind sowohl im urväterlichen Prinzip, wie im urmütterlichen und in dem des Mittlers Christus vorhanden. Es überwiegt aber die Wirkung einer bestimmten Kraft und zwar ist diese verschieden in einem jeden der drei Wesen. Im Centrum, in dem urväterlichen Prinzip, ist die Stärke, die Concentration, vorherrschend; der Urvater ist die Stärke, in Ihm ruht alles; Er bewahrt in sich den Willen, dem die Entstehung des Universum zu Grunde liegt; doch nur ein geringer Teil dieser Kraft zeigt sich in der Offenbarung. In Ihm ist deswegen die Stärke, weil Er in sich zurückbehält unendlich mehr als das, was herausgestrahlt wird durch Offenbarung. In Ihm und auf Ihm ruht alles; das was aus Ihm hervorgeht, ist gering im Verhältnis zu seinem Wesen. Ein ewiger Quell von lebendiger Wärme ist in Ihm.
Das urmütterliche Prinzip, als Urform oder Peripherie, bewahrt in sich dasjenige, was als Kraft aus dem Centrum im Universum geoffenbart wird. So wird diese Kraft umgebildet, zerteilt, verbunden, geordnet und begrenzt. In diesem Prinzip überwiegt die Potentialität der Weisheit, ein bindendes und zu gleicher Zeit befreiendes Element, wodurch dasjenige was als Wärme vom Centrum ausgeht, wie Licht zurückgestrahlt wird, wie Licht aber, das innerhalb der Peripherie bewahrt bleibt und als inneres Licht verstanden werden muß. Die Kräfte, die vom Centrum ausgehen, werden dadurch behütet und bewahrt, dann zurückgestrahlt in höherem, voll-kommnerem Maße; durch die Zusammenwirkung dieser beiden Kräfte entstehen die Hierarchien oder himmlischen Chöre; sie sind wie die Sprache zwischen Centrum und Peripherie.
In dem Mittler Christus überragt die Expansion. Er ist der Bote zwischen dem urväterlichen und urmütterlichen Element; sein Weg führt durch das Himmelreich, wo die hierarchischen Wesen tätig sind; er geht vom Centrum zur Peripherie, Liebe ausstrahlend überall, und kehrt von der Peripherie wieder zurück zum Centrum.
Die Trinität, über aller Offenbarung stehend, entfaltet ihre Tätigkeit in drei Wesen: Im Ur-Vater, in der Urmutter1) und in dem Mittler.
1)    Der hier und im Nachfolgenden öfters gebrauchte Ausdruck „Urmutter" will immer als „urmütterliches Prinzip" verstanden sein; nur der Kürze halber wurde das Wort „Urmutter" gewählt.

Das urmütterliche Prinzip ist wie das Auge Gottes, es ist der göttliche Blick, welcher durch Schauen die Urbilder schafft; es ist die Lichtjungfrau, die Urbilder zu Urformen webt.
Der Mittler Christus, ist die Stimme Gottes, das lebendige Wort, welches Leben in die Urbilder bringt und harmonischen Einklang zwischen denselben hervorruft. Dieser Klang gibt die Linien an, nach welchen die Urformen durch die Lichtjungfrau gewoben werden. Das Wort Gottes enthält im Abbild die Trinität Vater — Sohn — Heiligen Geist; durch dieses wird alles belebt; seine dreifache Geisteskraft durchsingt und durchklingt die Himmelsrose und lebt in jedem der Urbilder.
Der Ur-Vater ist wie der Odem und das Leben Gottes, der das bewußte Leben, das Gefühl des Seins in die Urbilder bringt und auch ein Zusammenleben der Urbilder mit ihrer Umwelt möglich macht. In sich trägt er die Dreiheit: der Ausatmung — diese ist die Offenbarung des göttlichen Geistes, als das Wesen des Ur-Vaters, des leben-ausstrahlenden Centrums; der Einatmung — diese ist die geistige Flamme, die das Geoffenbarte zerstören und in sich aufnehmen würde, wenn es Gottes Wille wäre. Zwischen beiden ist ein Moment der göttlichen Ruhe, die Suspension — wenn alles schweigt; dies ist das Angesicht Gottes, da zeigt sich Sein wahres Bild unverschleiert, so wie es über alle Offenbarung hinaus dasteht.
Der sich offenbarende göttliche Geist, das göttliche Antlitz und die Flamme, formen das dreifache Angesicht Gottes in dem Urvater. Es offenbart sich Gott in der Lichtjungfrau durch Schauen; es offenbart sich Gott in dem Mittler Christus dem Wort durch Sprechen; es offenbart sich Gott unmittelbar als Vater in dem lebendigen Geist des Ur-Vaters durch Atmen.
Das Wort, Christus, offenbart sich in und durch die Lichtjungfrau als das, was die Urbilder, welche durch die Lichtjungfrau zu Urformen gewoben werden, belebt. In das Seelische bringt er das geistige Element und dieser Geist tönt durch das Seelische als Stimme Gottes. Im Wort, in dem Mittler Christus, offenbart sich der Ur-Vater durch den lebendigen Geist, dieser ist der lebendige Odem, welcher das innere Leben des Mittlers, Christi, ausmacht. Durch die Lichtjungfrau wird das, was als seelisches Element lebt, dreifach gestaltet; durch das Wort, ist das, was als geistiges Leben da ist, auf dreifache Art gebildet; durch den Ur-Vater wird das ganze Universum in dreifachem Rhythmus geschaffen und alles, was darin lebt, erhält eine dreifache Bewußtseinsmöglichkeit.
Der Urvater, als lebenspendendes Centrum, ist das Herz, welches das Leben des Universums reguliert und durch welches die beiden Strömungen des Ein- und Ausatmens in rhythmischer Folge stattfinden. Der Ur-Vater, die Ur-Mutter und der Mittler, Christus, stellen in Ihrer Tätigkeit die drei Prinzipien dar als: Stärke (oder Willen), Weisheit (oder Denken), Liebe (oder Fühlen), welche als Einheit das Wesen Gottes in der Offenbarung sind.
Centrum und Peripherie sind zweifach und zugleich bilden sie eine Einheit, denn der Raum, welcher zwischen beiden entsteht, ist wie ein lebendiges Wesen und wird durch das Leben des Wortes erfüllt. Eine leuchtende, klingende Himmelsrose, aus deren Herz immerfort hervorquillt der lebendige Odem, durch den die Blätter sich bilden, die sich erstrecken bis zur Peripherie, um wiederum ins Centrum zurückzukehren. Sie ist die erste, urspiüngliche Offenbarung Gottes.
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Die Hierarchien.


Kapitel III

Die Blätter der Himmelsrose, die den lebendigen Raum zwischen. Mittelpunkt und äußerer Peripherie erfüllen, bilden Chöre oder Gruppen von geistigen Wesen, welche in verschiedene Reihen gegliedert sind, je nachdem die Region, in der sie sich bewegen, dem Centrum näher ist oder weiter davon entfernt liegt.
Der lebendige Raum, welcher sich als Offenbarungsfeld zwischen Centrum und Peripherie — Herz und Auge Gottes — befindet, und der durch das lebendige Wort erfüllt wird, zerteilt sich, nach dem Prinzip der Drei-heit, in die verschiedenen Regionen. Jede dieser Regionen wird durch das göttliche Wort belebt auf solche Weise, daß vom Wort, welches aus dem Centrum zur Peripherie tönt, die Laute jede Region nacheinander durchdringen. Dadurch wird in jeder einzelnen Region ein gewisser Teil des Wortes festgehalten; jede Region hat ihren bestimmten Ton und Buchstaben (des Wortes) und nach diesen wird alles, was sich darin befindet, aufgebaut und belebt. So entstehen die verschiedenen Reihen von geistigen Wesen, welche die Hierarchien genannt werden. Es sprach das Ur-Väterliche Centrum, und die Sphären der Hierarchien entstanden. Sie waren verschieden voneinander. Die Wesen aber, welche da leben, können sich so bewegen, daß sie vom Centrum ausgehend bis zur Peripherie die verschiedenen Regionen durchwandern und von der Peripherie wieder zum Centrum zurückkehren; so sind sie wie lebendige Blätter jener Himmelsrose, wie leuchtende Flammen, die in den himmlischen Regionen gleichwie an einer Leiter auf und nieder gehen.
Die himmlischen Regionen vom Centrum bis zur Peripherie sind eingeteilt in drei Regionen, von welchen jede wiederum dreifach ist, sodaß es neun Regionen gibt, in welchen die Wesen, sich anpassend an die bestimmte Sphäre, in der sie sich befinden, auf neunfache Weise gestaltet sind und auch auf neunfache Art tätig wirken. Ihre Tätigkeit besteht darin, daß sie jenen Ton, welcher speziell die Region ihrer Wirksamkeit durchdringt, wie ein Echo wiederholen, sich damit durchdringen und dadurch geeignet werden, insbesondere die Offenbarung Gottes anzuerkennen, welche ihrer Region angehört. Die Regionen, die dem Centrum am nächsten liegen, können als über jenen Regionen liegend, die der Peripherie näher sind, zunächst nicht betrachtet werden. Sie sind nur im Typus verschieden, weil die ersteren mehr den urväterlichen, die letzteren mehr dem urmütterlichen Element entsprechen; dasselbe gilt auch von den Wesen, die sich in ihnen befinden. Das Wort, das vom Centrum ausgehend, den lebendigen Raum durchklingt bis zur Peripherie, wo es zurückgestrahlt wird, ist wie eine Zwiesprache zwischen Urvater und Urmutter; die Töne sind mehr oder weniger rein, je weiter sie sich vom Urvater oder von der Urmutter entfernen.
Durch Lucifers Fall aber kann die Antwort auf das Wort Gottes nur in absoluter Klarheit in den himmlischen Sphären ertönen, weil Lucifer in dem Reiche, wo er wirkt, seine Stimme hineinmischt. Die hierarchischen Wesen, die wie die Abbilder der himmlischen Hierarchien auf Gottes Befehl ihr Wirkungsfeld in den Kosmos hineinverlegten, um dort als Diener Gottes den Widersacher zu bekämpfen, erscheinen dort wie verschieden in Höhe und Wert, indem die, welche näher der göttlichen Offenbarung liegen, die Laute des Wortes, das ihrer Region entspricht, am reinsten aufbewahren können. Nun können auch die Wesen in den äußersten Regionen nicht mehr direkt vom Centrum das Wort verstehen, noch den Sinn des Wortes; sie sind gebunden an den Ton, welcher nur für ihre Region paßt und müssen indirekt, durch Vermittlung der Wesen aus den dem Centrum näher liegenden Regionen, den Willen Gottes erfahren. So ist es dann auch die Aufgabe  dieser  Hierarchien,  insbesondere  die  der höheren,  nicht nur in der Anschauung Gottes zu verweilen durch Hinaufschauen, sondern auch Hinuntersehen auf die unter ihnen stehenden hierarchischen Wesen, damit diese  durch sie den Willen Gottes erkennen.
Die in nächster Nähe des Urvaters befindlichen Wesen, die Seraphim, haben in sich die Kraft ausgeprägt, die in der göttlichen Triade dem Mittler Christus, der Liebe entspricht. Wie wärmende Flammen umgeben sie das göttliche Centrum, ihr Leben durchwärmt und durchströmt das Universum, sie fühlen und leben in Gott selbst.
Die Wesen, welche in der nächsten Region sind, haben jene Kraft in sich, die in der Triade der Urmutter, der Weisheit, entspricht. Sie sind wie leuchtende Strahlen; das Angesicht Gottes schauen sie unmittelbar, im göttlichen Lichte leben sie als die himmlischen Cherubim. In der dritten Region, vom Centrum entfernt, (welche der der Cherubim folgt), sind die Wesen, die in ihrer Natur dem göttlichen Willen entsprechen. Sie stehen unmittelbar in der Kraft des Vaters, durch sie strömt seine Willenskraft in das Universum ein. Er ruht auf ihnen: es sind die himmlischen Throne. Dies sind die drei Regionen, welche sich in der nächsten Nähe Gottes befinden; sie bilden die drei höchsten Hierarchien und die erste der drei hierarchischen Gruppen oder Triaden. Sie entsprechen insbesondere dem väterlichen Elemente, indem sie dem Centrum am nächsten sind.
Die zweite hierarchische Gruppe besteht aus den Chören der K y r i o t h e t e s,  D y n a m e i s,  Ex u s i a i, oder Herrschaften, Mächte und Gewalten. Von diesen sind die Herrschaften in der Region, welche auf die der Throne folgt; die Herrschaften sind begabt mit der Kraft, die der Weisheit entspricht. Als Licht strahlen sie diese Weisheit aus und erleuchten inspirierend diejenigen Wesen, welche in den Regionen wirken, die der ihrigen am nächsten sind. Die Mächte sind wie Boten, die die Weisheit der Herrschaften mit der Tätigkeit der Gewalten verbinden; sie bewegen sich in der Region, welche zwischen beiden liegt. Sie entsprechen der Liebe und der Wirkung des Mittlers Christus in der himmlischen Triade. Die Gewalten festigen die Weisheit, die ihnen mit der Bewegung der Mächte zuströmt, sie entsprechen dem centralen Prinzip, dem väterlichen Element in der zweiten hierarchischen Gruppe, gleichwie die Throne in der ersten. Die zweite Triade ist gleichsam der Vermittler zwischen der ersten und dritten hierarchischen Gruppe, sie wirkt wie der Mittler Christus, der als Wort zwischen Vater und Mutter klingt. Die dritte Triade besteht aus den Chören der Fürstentümer (Archai), der Erzengel (Archangeloi) und der Engel (Angeloi). In dieser entsprechen die Fürstentümer dem väterlichen Element; sie fassen den Willen des Vaters auf, indem sie diesem Willen gemäß tätig sind. Die Erzengel in der nächsten Region sind mit dem Prinzip der Weisheit verbunden; in Weisheit ergießen sie ihr Wesen und leuchten dadurch in die nächstliegende Region der Engel hinein. Die Engel, welche in der neunten Region sind, befinden sich am weitesten enfernt von dem Centrum und der Peripherie am nächsten. In ihnen lebt das Element der Liebe, so wie in den Mächten aus der zweiten Triade und in den Seraphim aus der ersten. Die dritte Triade, welche dem urmütterlichen Element, der Urform, am nächsten ist, stimmt auch im Wesen mit der Kraft der Urmutter überein, wie die erste Triade mit der Kraft des Urvaters und die zweite Triade mit der des Mittlers Christus. Sein Wesen ist die Liebe; in der zweiten Triade sind die Wesen, welche insbesondere dem Element der Liebe entsprechen, in der mittleren Region, der fünften, und halten sozusagen das Gleichgewicht. In der ersten Triade, die im Ganzen dem Wesen des Ur-Vaters entspricht, sind die Seraphim als Träger der Liebe dem Centrum am nächsten und in der dritten Triade, der das Wesen der Urmutter zu grunde liegt, sind die Träger des Liebesprinzipes, die Engel, nahe der Peripherie in der neunten Region. Centrum und Peripherie sind unmittelbar von den Trägern des Liebesprinzipes umgeben: der Urvater von den Wesen, bei welchen das aktive Willenselement der seraphischen Wärme entspricht: die Urmutter den Wesen, welche die weisheitsvolle Liebe, die sich als Hingabe offenbart, in sich tragen, von den Engeln. Zwischen beiden ist Christus, das Wort Gottes, der Bote, der Mittler zwischen urväterlichem Willen und urmütterlicher Weisheit. Er selbst ist das Element der Liebe, es ist das Centrum seines Wesens. So ist auch in der zweiten Triade die Region, in welcher die Träger der Liebe sind, in der Mitte dieser Triade und ebenso in der Mitte aller Regionen.
Es kann das Prinzip der Liebe als das wichtigste betrachtet werden in der Schöpfung, weil direkt neben die zwei schaffenden Elemente die Träger der Liebe gestellt sind; auch stehen diese Träger der Liebe in den mittelsten Regionen des Geschaffenen. Nach dem Willen des Urvaters, mit der Weisheit der Urmutter wird das Universum gebildet; die Kraft der göttlichen Liebe durchlebt das Geschaffene als der Mittler — Christus — und die himmlischen Träger der Liebe sind dem Urvater und der Urmutter am nächsten gestellt. So ist die Anordnung der himmlischen Chöre in den auf einander folgenden Regionen vom Centrum bis zur Peripherie; sie bilden die Himmelsrose.
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Lucifer
Kapitel IV.

Die Ausstrahlung des Urvaters ist die Emanation von himmlischen Wesen, die bis zur Urform hinausgehen, um dann wiederum zum Centrum zurückzukehren; so formen sie die lebendigen Blätter der Himmelsrose. Centrum und Peripherie sind von einander verschieden und doch im Wesen eins; die lebendigen Blätter sind wie geflügelte Boten, welche die Wirkungen zwischen beiden rhythmisch erleben.
Ein Bote aber, welcher von dem Centrum ausgestrahlt war, kehrt nicht zurück, als er die Peripherie erreicht hat. Dieses Wesen ist ausersehen, das erste mächtige Geschöpf Gottes zu sein, das den Vater durch alle Hierarchien hindurch bis an die Peripherie vertreten soll, gleichwie ein Diener seinen Herrn. Deshalb ist diesem Geschöpf solche Macht gegeben, daß es, wie im Abbild, die drei Prinzipien Gottes selbst im Aspekte der göttlichen Triade in sich tragen kann. Jenes Wesen, das wie ein leuchtender Stern aus dem Urvater hervorging, kann von dem Centrum bis zur Peripherie sich frei bewegen und die Regionen der hierarchischen Chöre durchwandern. Es ist das erste Geschöpf, welches die göttliche Triade, wie in schwachem Nachklang, in sich erleben konnte. Die Chöre der himmlischen Hierarchien zusammengenommen haben das Verständnis für den Vater, den Mittler Christus und die Urmutter; jeder einzelne von ihnen aber ist nur teilweise erleuchtet, je nach der Region, in der er sich befindet und der Gruppe, welcher er angehört. Das erste Geschöpf aber hat dem Urvater gegenüber die Macht, mit einer gewissen Willkür sich zu offenbaren, desgleichen auch dem Mittler und der Urmutter gegenüber, weil es ein Abbild jener drei Prinzipien in sich trägt. Jene Freiheit, welche Gott ihm wie ein Zeichen des Vertrauens gibt und mit welcher er in Harmonie mit dem göttlichen Schöpfungsplan seinem Herrn und Schöpfer dienen soll, wird so durch dieses Wesen mißbraucht, daß es jenes väterliche Prinzip, welches es i n s i c h erlebt, dem Urvater entgegenstellt: Es stellt seinen eigenen Willen dem göttlichen Willen gegenüber. So streitet es mit dem Element der Liebe, mit dem Mittler Christus, als es statt göttlicher Liebe Eigenliebe offenbart; so stellt es seine eigene Weisheit der Weisheit der göttlichen Urmutter entgegen. Dadurch hat es sich außerhalb der Regionen der göttlichen Offenbarung gestellt; es tritt aus dem Lichtkreis des göttlichen Reiches heraus — hinein in ein unbekanntes Reich der Finsternis, in dem es selbst herrschen und sich als Gott durch Offenbarung der Dreiheit und Ausstrahlung des eigenen Wesens fühlen möchte. Statt des ersten Geschöpfes Gottes ist es der Sohn der Finsternis geworden. Mit dem Lichte, das es als göttliches Geschöpf in sich trägt, leuchtet es in das Reich der Finsternis hinein; Lucifer der Lichtträger ist es, aber Träger des Eigenlichtes, nicht des göttlichen Lichtes, weil er geschaffen war, um das göttliche Licht zu tragen, selbst aber das Licht schaffen wollte. Abgefallen von der Triade, herausgetreten aus dem Reiche der himmlischen Wesen, hat er ein düsteres Reich für sich geformt, in welchem er allein Herr ist, wo er alles, was an göttlicher Offenbarung da ist, auf anti-göttliche Weise als Eigen-Offenbarung gibt, sodaß alles in umgekehrter Art vorhanden ist. Lucifers Reich ist entstanden außerhalb des Reiches Gottes, es ist das Reich der umgekehrten Himmelsrose, welches aber deshalb, weil Lucifer nur Gottes Geschöpf ist und nicht selbst ein Gott, wie ein niedriges Reich betrachtet werden muß, im Vergleich mit den himmlischen Reichen Gottes.
So ist unter dem Reiche, in welchem die Trinität durch ihr Abbild herrscht, ein neues Gebiet entstanden. Durch den Abfall Lucifers wird unter die Dreiheit eine neue Zahl gestellt; aus der Dreiheit entsteht eine Vierheit und v i e r ist die Zahl, die sich überall zeigt, wo nicht nur die göttliche Welt, sondern auch die Welt Lucifers in die Erscheinung tritt.
Aus der Urform, dem Reiche der göttlichen Weisheit, ist Lucifer herausgefallen in die niederen Regionen und dadurch, daß er als erstes, kraftvolles Geschöpf durch Gott nach seinem Bilde geschaffen ist in dreifacher Art, kann er auf die einheitliche Urform so einwirken, daß neben dem Dreifachen, als Abbild der Triade, ein Vierfaches erscheint. So entstehen die vier Himmelsrichtungen O-S-W-N. Von diesen sind die drei ersten in ihrer Eigenart in Harmonie mit dem Wesen der Triade, sodaß die O—W Linie mit den Elementen der Weisheit (Ur-Mutter) und Kraft (Ur-Vater) übereinstimmt. Die Linie S—N ist so geformt, daß die Himmelsrichtung S dem Wesen des Mittlers Christus entspricht; die Richtung des N aber ist der Punkt, wo durch Lucifers Abfall die einheitliche Peripherie zunächst durchbrochen wird, als er das Reich der Finsternis betritt. Lucifer hat auf das Prinzip der Urform, auf die Lichtjungfrau selbst, nicht einwirken können; doch außerhalb der ursprünglichen Peripherie liegen jene Regionen, in welchen er zwischen den anwesenden Archetypen der Geschöpfe auftreten kann.
Zwischen der himmlischen Urperipherie und dem Urcentrum befinden sich jene drei Himmel oder Sphären, die als Empyreum, Kristallhimmel und Fixsternhimmel bezeichnet werden. Im ersten Himmel, der dem Urcentrum am nächsten gedacht wird, lebt das Licht der Urweisheit. In dieser Sphäre schaut die Seele unmittelbar die ewige Himmelsrose, welche in sich das Wesen des Urvaters, des Wortes und der Urmutter als Einheit umfaßt und in der die himmlischen Hierarchien die lebendigen Blätter bilden. Ihr Centrum ist der Urvater in dreifachem Aspekt, ihre Peripherie die Urform, dazwischen lebt der Mittler. Die zweite Region ist der sogenannte Kristallhimmel; da wirkt das Element der Liebe auf solche Weise, daß wiederum eine Bewegung zwischen erster und dritter Sphäre zustande kommt. Dem Prinzip der Weisheit gemäß entsteht durch die sich hingebende Liebe für die dritte Sphäre der Plan, nach welchem die starke Kraft, die dieser Sphäre angehört, wirken wird. Während die zweite Sphäre als Einheit sich offenbart, ist in dieser dritten Sphäre schon merkbar die Wirkung von Lucifers Abfall. Es sollte da, wo das Prinzip der Stärke, des Willens, herrscht, eine Centralisation stattfinden, eine Widerspiegelung des urväterlichen Elements; doch hat sich gerade dort das Prinzip des Abfalles und der Zerspaltung durch Lucifers Absturz gebildet. Die Zerspaltung nach den vier Richtungen O-S-W-N bewirkt, daß in dem sogenannten Fixsternhimmel die einheitliche Urform sich in zwölffacher Zerteilung offenbart. Jene zwölf Teile, welche beruhen auf den vier Himmelsrichtungen und den drei Prinzipien  (oder Eigenschaften der Urform) tragen heute die Namen der zwölf sogenannten Himmels-Constellationen oder Fixsternzeichen. Sie sind das Abbild des ursprünglich einheitlichen Fixsternhimmels, sowie dieser wie in zwölf Centren zerspaltet sich darstellen muß für jene Regionen, die außerhalb der Urperipherie liegen.
Diese zwölffache Peripherie ist die Grenze, wo sich die rein himmlischen Sphären und der Bereich Lucifers treffen. Von da an hört das Reich des Himmels auf und alles, was sich weiter als göttlich offenbart, ist vermischt mit der Wirkung Lucifers. Immer tiefer tritt Lucifer in das Reich der Finsternis ein, je weiter er sich entfernt von der leuchtenden Himmelsrose. Der zwölffache Umkreis, die Region der Fixsterne, ist die äußerste Grenze seines Wirkens. So ist schon von Anfang an durch den Vater der weitere Weg Lucifers begrenzt worden durch die Urform, das Prinzip der göttlichen Weisheit. Wie auf zwölffache Weise schaut das Auge Gottes die Taten Lucifers an. Freiheit wollte der Schöpfer seinem Geschöpf lassen, aber als die Freiheit mißbraucht war, wurde von Anfang an eine Grenze gezogen für die Möglichkeit dieses Mißbrauches. Es ist dadurch, daß die zwölffache Peripherie den Umkreis von Lucifers Wirkungsfeld formt, eine bestimmte Grenze für die Tiefe seines Falles gestellt; diese Grenze kann nur der Punkt sein, welcher überall am weitesten von der Peripherie entfernt ist und daher in der Mitte liegt. Lucifer geht von der Peripherie zu diesem Mittelpunkt, wo er seinen tiefsten Fall erlebt und sich von den himmlischen Sphären und dem urväterlichen Element am weitesten entfernt hat.
Seitdem Lucifer aus der letzten Region der himmlischen Sphären herausgefallen ist an dem Punkte, welchem die Himmelsrichtung des Nordens entspricht, bildet er immer neue Regionen bei seiner weiteren Entfernung von den himmlischen Reichen. Die Zerteilung dieser Regionen ist abhängig von den ersten Grundlinien, nach welchen die zwölffache Zerspaltung geschah. Diese zwölf Teile befinden sich nebeneinander im Raume, sie liegen in ein und derselben Region. Durch die weiteren Taten Lucifers entstehen andere Regionen, mehr oder weniger entfernt vom Fixsternhimmel; weil sie aber unter- oder nacheinander entstehen, statt nebeneinander, und doch auf der Zerteilung von 3 und 4 beruhen, offenbaren diese Regionen sich nicht als zwölffach, sondern siebenfach. Statt im Raume nebeneinander, sind sie in der Zeit nacheinander und so kann gesagt werden, daß durch Lucifers Abfall ein Reich entsteht, welches aus der Ewigkeit in das Zeitliche versetzt wird.
So wie in den himmlischen Regionen alles ist, weil es da keine Zeit, sondern Ewigkeit gibt, in welcher alles für ewig da ist, so ist im Reiche Lucifers die Ewigkeit zerbrochen in die Dreiheit der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) und dadurch entsteht, statt ewigen Seins, Werden und Vergehen mit dem dazwischen liegenden Momente des Daseins; es entsteht die Dualität von Entwicklung und Zerstörung. Die Grenze des Reiches, wo Lucifer wirkt, die Region des Fixsternhimmels, ist ebenso die Grenze, wo die Ewigkeit aufhört und das Zeitliche anfängt; zwar scheinbar ewig, ist auch dieses Reich schon der Herrschaft der Zeit unterstellt.
So ist dieses Reich als ein vergängliches Reich zu betrachten. In allem, was sich im Zeitlichen entfaltet, ist immer nur ein Teil desjenigen offenbart, was ursprünglich dem Ewigen angehört; dasjenige, was sich dort entwickelt, kann sich nur teilweise ausleben. Es entsteht jedesmal eine Dualität als Einheit, welche eine Licht- und eine Schattenseite zeigt. Es ist mit der siebenfachen Offenbarung in der Zeit nacheinander ein nichtgeoffenbartes Fünffaches verbunden, welches neben der siebenfachen Offenbarung im Raume da ist, obwohl nicht in der Zeit wahrnehmbar. So ist alles in diesem Reich siebenfach geoffenbart, es hat aber ungeoffenbart in sich das Fünffache.
In dem Zwiegespräch zwischen Urvater und Urmutter ist durch den Fall Lucifers etwas Neues hinzugetreten. Der Urvater spricht und die neun Chöre von himmlischen Wesen entstehen; dann klingen wie ein Echo aus der Urform die Töne zurück, und weit über sie hinaus tönt das Wesen des göttlichen Wortes in dreifacher Weise. Nach dem Sturz Lucifers hat sich seine Stimme in das Neunfache eingemischt. Dasjenige, was wie ein Echo zurückklingen soll, tönt dann weiter durch, bis in das Reich, wo er wirkt. Weil in ihn die drei Prinzipien hineingelegt sind, hat Lucifer eine dreifache Möglichkeit des Klanges erhalten und dadurch gesellt sich zu dem neunfachen Klang der Stimme des Vaters der dreifache Ton von Lucifers Stimme. Nach dem Klang jenes zwölffachen Tones ist alles gestattet, was sich außerhalb der Himmelsrose befindet. So erfüllen die neun himmlischen Chöre das Reich Gottes mit neunfachem Klang, welcher durch das lebendige Wort, das dreifache Wesen des göttlichen Mittlers, Christus, zusammengefaßt und erhoben wird. In dem Reich, wo Lucifer wirkt, ist ein schwacher Nachklang jener neunfachen Harmonie vorhanden, aber durch das dreifache Mittönen Lucifers ist die Harmonie in Disharmonie verwandelt, und der Klang ist dadurch unklar geworden.
Die schaffenden Töne des Sohnes sind wie das Leben der neun himmlischen Chöre zwischen dem väterlichen Centrum und der Peripherie. Wenn diese Töne durch die Urform in das Reich, wo Lucifer wirkt, eindringen, bilden sich auch da Wesen, welche zwar nicht zu den himmlischen Chören gehören, aber doch auch als Hierarchien betrachtet werden können; sie sind wie Abbilder der ersten. Sie sind gruppiert in Regionen von verschiedener Höhe. Von der Region des Fixsternhimmels bis in die nächste Nähe des Tiefpunktes von Lucifers Fall befinden sich diese Hierarchien.
Weil in diesem Reiche alles auf siebenfache Weise eingeteilt ist, sodaß es da auch nur sieben Wirkungssphären gibt, statt neun, so können nur sieben von den neun Hierarchien in den Offenbarungen tätig sein. Es wirken Hierarchien, welche den himmlischen Seraphim und Cherubim entsprechen, in der nächsten Nähe der himmlischen Urform, in der Region des Fixsternhimmels; in den sieben niederen Regionen wirken sie nicht direkt. Diejenige Hierarchie, welche der der himmlischen Throne entspricht, ist in jener Region tätig, wo Lucifer in der ersten Region, die unterhalb des Fixsternhimmels liegt, einen ersten Wirkungskreis ausbildet. Die höchsten Regionen in dem Reiche Gottes, welche durch die Seraphim belebt werden, liegen da in der nächsten Nähe des väterlichen Centrums. In dem Reiche, wo Lucifer wirkt, ist es umgekehrt, und die Seraphim sind am weitesten entfernt von dem Centrum, das durch Lucifer als Anticentrum gebildet ist. Die luciferische Gegenwirkung formt ein umgekehrtes Bild des göttlichen Reiches, das aus der Ewigkeit in das Zeitliche versetzt worden ist, in das, was dreifach zerbrochene Ewigkeit ist.
Durch die dreifache Kraft, die in ihm lebt als Gegenbild der göttlichen Triade, hat Lucifer auch Wesen beleben können, die in den Regionen seines Reiches tätig sind nach seinem Willen, den er dem göttlichen Willen gegenübergestellt hat. Diese Wesen stellt er zwischen die Regionen, wo die Hierarchien nach dem Willen Gottes tätig sind; sie wirken in die Regionen der Hierarchien hinein, jedoch so, daß ihre Wirkung die der wahren Hierarchien kreuzt. Sie können mit denselben Namen genannt werden wie die wahren Hierarchien, nur daß jene im Wesen niedriger sind wie diese, weil nicht der Vater, sondern Lucifer sie bildete. Jene Wesen aber sind alle so geformt, daß sie wie einen halben Ton niedriger sind als die wahren, die durch die Stimme Gottes geschaffen wurden.
Durch Lucifers Stimme hervorgerufen, können sie nur Dissonanz in ihrem Wesen tragen. Statt durch Gotteskraft, durch Gnade, geschaffen zu sein, hat Lucifers Eigenwille sie hervorgebracht; nicht mit dem göttlichen Willen, sondern gegen diesen Willen sind sie entstanden. Aber nur allmählich in der Zeit, konnten sie nacheinander entstehen und sie sind auch den Gesetzen der Zeit Untertan. Es wirken auch die wahren Hierarchien nicht in gleichem Maße zu gleicher Zeit, weil auch sie ins Reich der Vergänglichkeit hineinversetzt sind, wo die Regionen nacheinander gebildet und belebt werden.
Die göttliche Triade, die als Dreiheit in Einheit gleichzeitig tätig ist, wird in den Regionen, wo Lucifer weilt, zu einer solchen Offenbarung, die in der Zeit nacheinander geschieht, sodaß drei einzelne Offenbarungen entstehen, welche wie durch eine Grenze von einander abgetrennt sind in der Zeit. Es entwickelt sich etwas, was auf umgekehrte Weise den drei göttlichen Attributen entspricht; dieses aber wird zu einer dreifachen Hüllennatur, welche statt göttlicher Tätigkeit eine negative Form ist.
So entstehen nacheinander zunächst drei Hüllen oder Räume in den drei Regionen, die Lucifer in seinem weiteren Fall zuerst durchstreift; sie sind die makrokosmischen Centren, die vom Fixsternhimmel umgeben sind.
In der Region, welche der des Fixsternhimmels am nächsten liegt, woselbst die Hierarchie der wahren Throne wirkt, und die hierarchischen Diener Lucifers diese Wirkung durchkreuzen, entsteht zunächst eine Form, die dem Wesen des Ur-Vaters in umgekehrter Weise entspricht; sie ist wie eine lebendige Hülle, in welcher das Prinzip des Willens insbesondere tätig ist. Daher ist sie gleichsam aus Wärmestoff gestaltet, aus dem, was in dem urväterlichen Centrum das immer hervorquellende Leben ist; weil in diesem Reich immer Dualität herrscht, so ist diese Wärmeoffenbarung verbunden mit der des Gegenteils, der Kälte.
Dies ist das zuerst entstandene kosmische Centrum, das eine Hülle, einen Raum, darstellt, den Lucifer beherrscht. Diese Hülle, in der Zeit entstanden, ist den Gesetzen der Vergänglichkeit unterworfen; sie entwickelt sich, bildet sich aus, besteht und erreicht ihren Daseins-Höhepunkt, um dann allmählich zu vergehen.
Nach ihr folgt die Ausbildung einer Form in der Region, die weiter entfernt vom Fixsternhimmel ist als die erste und die als zweite Region betrachtet werden kann. Diese lebendige Form, die wieder Lucifer als Hülle dient, entsteht da, wo die Hierarchie der wahren Herrschaften tätig ist, der die Hierarchie Lucifers entgegensteht. Diese Hülle entspricht auf umgekehrte Weise dem Wesen des Mittlers in der göttlichen Triade; sie offenbart sich als leuchtende Schönheit, welche gleichwie ein Opfer liebevoll ihr Licht ausstrahlt. Als ihr Gegenteil entsteht aber die Finsternis, als ein Resultat der Arbeit der luciferischen Hierarchien. Auch diese Form entsteht und vergeht in der Zeit.
Nach ihr wird in der dritten Region, woselbst die Hierarchie der wahren Mächte wirkt, deren Taten wiederum durch die Diener Lucifers durchkreuzt werden, eine andere lebendige Form ausgebildet, die nach dem Wesen des urmütterlichen Prinzips, der Weisheit (auf umgekehrte Weise) gestaltet ist. Diese Form trägt in sich wie eine Wiederholung dessen, was in den zwei früheren Formen war; wie auch in der Triade jeder einzelne Teil die Kräfte der zwei anderen in sich trägt, aber mit Überwiegen des einen.
Gleichwie in den himmlischen Sphären die Urbilder sich gestalten durch die Stimme Gottes, das lebendige Wort, so ist in dieser dritten Hülle der Klang das belebende Element. Weil dieser Klang aber zweifach gestaltet ist und zwar durch die entgegengestellten Wirkungen der wahren und der luciferischen Hierarchien, besteht er aus harmonischen und disharmonischen Tönen, und dadurch können nur Gebilde entstehen, welche ein disharmonisches und zu gleicher Zeit dualistisches Element in sich tragen. Dieses dualistische Element hat in der Entwicklung dieser dritten Hülle dazu geführt, daß sich allmählich ein Teil, in welchem die harmonischen Töne vorherrschen, herausbildet aus einem anderen Teil, in welchem die Disharmonie überragt. Diese dritte Hülle, welche nach dem Wesen des urmütterlichen Prinzipes gestaltet ist auf umgekehrte Weise, ist so ausgebildet worden, daß in der Dualität etwas entstand wie ein Zerrbild von dem, was sich in der Triade als Sprache oder Wirkung zwischen dem urväterlichen Centrum und der urmütterlichen Peripherie offenbart.
Es zerspaltet sich die Hülle in zwei Teile, von welchen der eine als Centrum wirkt, der andere als Peripherie. Wie eine Sonne strahlt das Centrum, der Teil, in welchem die Harmonie vorherrscht, sein Licht und seine Kraft zu der Peripherie, aus der die Disharmonie heraustönt und die wie eine düstere Hülle jenes Centrum umgibt. Statt der leuchtenden Peripherie der himmlischen Regionen, der reinen Lichtjungfrau, die die Willensoffenbarungen des Urvaters zu Urbildern verwebt, die geformt sind nach Angabe des Wortes Gottes, nach dem Wesen des Gottes-Sohnes, ist jene düstere Peripherie entstanden, wie ein erstes weibliches Prinzip im Kosmos, welches in sich aufnimmt die Lichtkräfte des Centrums, der Sonne, und sie verwebt zu Formen, die nicht nach dem Worte Gottes, sondern nach dem Wesen Lucifers gebildet sind.
In Chaos, Finsternis und Disharmonie wirren diese Zerrbilder durcheinander, teilweise von einander getrennt, teilweise mit einander verbunden; der Ton, welcher aus ihnen zurückklingt wie ein Echo, und der Klang, den sie formen, ist wie ein Schrei, ein Teil der großen Dissonanz, die das Leben dieser Peripherie ausmacht.
Jenes erste weibliche Prinzip, welches im Gegensatz zu der himmlischen Lichtjungfrau — zu dem reinen urmütterlichen Elemente — ohne Licht, ohne Reinheit und ohne Weisheit ist, kennt statt des Willens des Vaters nur Lucifers Willen, der vom Centrum aus der Peripherie entgegenstrahlt. Statt des göttlichen urväterlichen Prinzips aber ist aus jener Willensoffenbarung Lucifers etwas entstanden, was sich als erstes männliches Prinzip zeigt. In die Entwicklung dieses dritten Raumes hat Lucifer das hineingebracht, worin er seine Wirkung insbesondere geltend machen kann, jenes dualistische Element, das sich als männlich und weiblich offenbart in dem Reiche, welches Lucifer angehört.
In den himmlischen Sphären ist das urväterliche und das urmütterliche Prinzip eine unzertrennbare Einheit, die sich zweifach offenbart; der Mittler ist der Bote, die Verbindung dieser Zweiheit zur Einheit. In der dritten Region im Kosmos wird ein zweifaches Element entwickelt, das, ursprünglich miteinander verbunden, auseinandergetrennt wird und sich dann verbindet in der Zeit.
Die Zahl sieben offenbart sich in jenen Regionen immer mehr; in der ersten Hülle, die in umgekehrter Weise dem urväterlichen Willensprinzip entspricht, ist die Zahl zwölf noch vorherrschend. Je mehr aber die Offenbarung in Regionen stattfindet, welche sich immer mehr von der Region des Fixsternhimmels entfernen, desto deutlicher zeigt sich in allem die Siebenzahl. Damit geht zusammen, daß die Hülle oder der Raum, der ausgebildet wird, sich immer mehr loslöst aus seiner Umgebung, immer fester und dichter wird. Es ist, als ob die Wirkung des Widersachers bei der Formung einer nächsten Hülle sich jedesmal mehr concentrierte in seiner Wirkung bis dahin, wo er das Anticentrum bildet in der Mitte seines Reiches, in der vierten Region.
In den Hüllen entsteht immer mehr Vielfältigkeit, weil das Prinzip der Spaltung in ihnen wirkt; die Abbilder oder Zerrbilder der ursprünglichen himmlischen Urbilder werden zu Formen, welche, obschon verbunden miteinander, doch eine gewisse Trennung zeigen; sie stimmen dabei überein mit dem bestimmten Grade, in welchem sich die ganze Hülle als Einheit aus ihrer Umgebung herausgesondert hat. Nicht nur hat Lucifer Anteil an diesen Formen, es ist dabei auch sein Wille, daß in diesen Formen und in ihren vielfältigen Zerspaltungen Wesen wohnen sollen, die sie beleben. Sie sollen seine Diener sein; er will über die Wesen herrschen, die in den einzelnen Teilen der Hülle, in den Formen, leben.
Von den wahren Hierarchien, die nach der Stimme Gottes hören und das Wort Gottes bei ihren Taten als Vorbild haben, sind die Throne aus der ersten Hierarchie diejenigen, die in der ersten Region tätig sind, wo sich der Raum entwickelt, welcher dem väterlichen Prinzip des Willens in umgekehrter Art entspricht. Die Throne wirken auf diesen Raum als Ganzes ein; die Wesen aber, welche insbesondere wirken in Bezug auf die einzelnen Formen, die sich während der Entwicklung allmählich aussondern, sind die höchsten Wesen aus der dritten Hierarchie, die Fürstentümer. Weil sie verbunden sind mit jenen Formen, welche zwar durch die wahren Hierarchien aufgebaut werden, doch auch unter Lucifers Einfluß stehen, ist für sie nicht nur Gottes Stimme wahrnehmbar, sondern auch die Stimme Lucifers.
Einige Wesen aus dieser Hierarchie sind verführt worden, auf jene Stimme Lucifers zu hören, mit welcher er ihnen die Erlangung desselben Wertes wie die Throne versprach, wenn sie in diese Formen einziehen und nach seinem Willen sie beleben würden. Diese Wesen haben sich dann auf solche Weise mit den Formen verbunden, daß sie, statt gleichsam von außen auf diese einzuwirken, in sie eingezogen sind. Die Formen haben dadurch mehr Bedeutung bekommen; sie können dann ein Leben für sich führen, und weil in ihnen dieses Leben dem Willen Lucifers gehorcht, sind sie immer mehr dem väterlichen Willen entzogen worden. Es entsteht dadurch wieder eine Dualität in der Hierarchie der Fürstentümer, einige folgen dem Willen des Vaters, andere dem Lucifers.
Dasselbe geschieht mit dem zweiten Raum, welcher dem Prinzip des Mittlers in umgekehrtem Sinne entspricht. Die wahre Hierarchie der Herrschaften ist dabei tätig in Bezug auf die ganze Hülle; die Erzengel wirken auf die einzelnen Formen ein und wieder verführt Lucifer einige der Erzengel, sich tiefer mit ihren Kräften in die Formen hineinzuleben, als sie dem Worte gemäß tun sollten, wofür er ihnen gleichen Rang mit den Herrschaften verspricht.
Bei Ausbildung des dritten Raumes sind die Mächte an der Hülle als Ganzes tätig; die Engel wirken ein in die einzelnen Formen. Die Verführung einer Anzahl der Engel durch Lucifer führt dazu, daß diejenigen, welche sich zu sehr hineinversenken in die Formen, sich abtrennen müssen von den andern, die das Wort Gottes treu befolgen. Dadurch zerbricht die ganze Hülle in zwei Teile, die sich dann entgegenstehen in Centrum und Peripherie. Im Centrum befinden sich die Engel, welche nicht verführt worden sind durch Lucifers Stimme; die verführten Engel leben in der finsteren Peripherie.
Dadurch, daß die Engel, welche nicht direkt durch Lucifer verführt wurden, doch der Wirkung der ihnen entgegengestellten luciferischen Diener ausgesetzt sind, welche die Taten der wahren Mächte kreuzen, strömte auch der Wille Lucifers aus dem Centrum zu der Peripherie hin, in welcher nur verführte Engel leben und es entsteht etwas, das ein umgekehrtes und verdorbenes Abbild ist der himmlischen Sprache vom urväterlichen Centrum zu der urmütterlichen Peripherie.
Der Wohnplatz der gefallenen Engel ist wie ein makrokosmisches weibliches Ungeheuer, das die ihm zuströmenden Sonnenkräfte vampyrisiert; mit Hilfe dieser Kräfte werden die einzelnen Formen aufgebaut, deren jede für sich selbst ein Ungeheuer ist, das seine Wurzel in dem Ganzen hat; so sind diese Zerrbilder entstanden durch die Verbindung von Lucifers Kräften mit den Kräften der weiblichen Schlange, welche die Peripherie bildet, indem sie das Ende ihres Schwanzes im Munde hält.
In der Zeit nach einander herrscht Lucifer insbesondere in einer der verschiedenen kosmischen Regionen, und je tiefer sein Fall wird, umso mehr entfernt er sich dabei von der Sphäre des Fixsternhimmels. Jedesmal, wenn er in einer bestimmten Region tätig ist, concentriert er sich in dieser und es bildet sich eine Hülle, welche wie ein Kern in jener Region ist. Dieser Kern wird fester und mehr aus der ganzen Region herausge sondert, je näher diese Region dem Tiefpunkt von Lucifers kosmischen Fall und damit dem Centrum seines Wirkungsfeldes im Kosmos liegt.
Der erste Raum, der durch die Taten der wahren Hierarchien und die Gegenwirkung von Lucifers Dienern entstand, erstreckt sich über die ganze erste Region des Kosmos; der zweite aber hat sich schon mehr aus ihrer eigenen Region herausgetrennt, und der dritte Raum steht wieder mehr auf  sich in der dritten Region da. Der vierte Raum sondert sich wie ein Centrum  aus der betreffenden Region heraus und diese vierte Hülle wird für Lucifer das Centrum, aus dem er im Kosmos den Taten der wahren Hierarchien und so den Willen Gottes entgegenwirkt.
Da die Entwicklung jedes Raumes und seiner Hülle in der Zeit verläuft, gibt es immer einen Zeitpunkt, welcher vor der Ausbildung der Hülle liegt, eine Periode, während der die Hülle da ist, und einen Zeitpunkt, dem der Zerfall der Hülle folgt. So ist die Hülle dem Prinzip des Entstehens und Vergehens Untertan. Nach abgelaufener Entwicklung der alten Hülle und vor dem Beginn der Ausbildung einer neuen Hülle entsteht eine Zeitperiode, die wie eine Welten-Nacht zwischen der alten und der neuen Offenbarung liegt.
Jene Regionen, in welchen Lucifer einmal tätig gewesen ist, bei Ausbildung einer bestimmten Hülle, bleiben für sich bestehen; sie sind dann da und haben ihren Einfluß und ihre Bedeutung in Bezug auf die neue  Hülle, die entwickelt wird. Auch bildet sich immer wiederum eine Hülle, gleichsam ein Extrakt der alten vergangenen Hüllen in jeder dieser Regionen, welche früher belebt worden sind; und diese Hüllen sind wie Merkmale dessen, was früher war, jetzt aber angepaßt an die neuen Verhältnisse ist. Wie Zeichen sind sie in der Erinnerung Lucifers, welche objektiviert werden und mit dem Neuen sich verbinden.
Lucifer ist immer insbesondere mit der Hülle verbunden, welche in einer neuen Region erstmals geformt wird; bei jeder neuen Ausbildung steigt er tiefer herab, bis er das Centrum in der vierten Region des Kosmos erreicht. Jede dieser Hüllen würde ganz dem Wesen Lucifers hingegeben sein, wenn nicht Gott selbst jedesmal einen seiner Diener schickte, der die Taten Lucifers in gewisse Grenzen bannen soll. So wie es Hierarchien gibt, die im Reiche Lucifers dem göttlichen Worte gemäß wirken, und dadurch die Diener Lucifers bekämpfen, so auch wird Lucifer selbst bekämpft durch Michael, der die Aufgabe hat, sich ihm entgegenzustellen. Während Lucifer vom Centrum der vierten Hülle aus, in welcher er tätig ist, einwirkt in alles, was sich auf dieser entwickelt, steht jener göttliche Streiter ihm gegenüber und bekämpft ihn, indem er seine Kräfte von außen hineinwirken läßt in jene Hülle und in die Wesen, welche da in Formen leben.
Es streitet der Erzengel U r i e 1 mit Lucifer, während in der ersten Region die erste Hülle geformt wird. Die umgekehrte Kraft des urväterlichen Prinzipes, durch welche jene Hülle sich entwickelt, wird durch die erhabene Strenge und Kraft Uriels auf diese Weise ausgeglichen, daß wie ein Moment der Ruhe, des Equilibrum, entsteht zwischen umgekehrten und wahren urväterlichen Kräften. In diesem Momente ist für die Wesen, welche dort wirken, die Möglichkeit da, die wahre Stimme Gottes zu hören, die, als das Wort, Christus, in dieses Reich hineinklingt; denn dieses Wort tönt durch die Hierarchien bis dahin, wo die Fürstentümer sich verbunden haben mit den Formen, welche sich auf dieser ersten Hülle entwickeln. Die verführten Wesen, die der Stimme Lucifers gehorchten und sich zu tief hineinlebten in diese Formen, in der Hoffnung, dadurch den Thronen gleichwertig zu werden, erhalten die Möglichkeit der Erlösung, indem das göttliche Wort selbst zu ihnen spricht, unter ihnen lebt und ihnen damit zeigt, was wahre Demut ist.
Und wie er, der Sohn Gottes, in einer dieser Formen lebt — als das Wort selbst in eine Form aufgenommen worden ist — und diese Form geopfert wird, sodaß die Kräfte des Sohnes nach den vier Himmelsrichtungen hinausfließen, wird zu dem Momente der Suspension die Hoffnung der Erlösung hinzugefügt. Für die ganze erste Hülle ist ein Äquivalent geschaffen worden für die Zukunft, durch welches Lucifers Fall nicht aufgehoben wird, durch das aber für die vom Widersacher verführten Geschöpfe Gottes die Möglichkeit des Aufstieges, der Rückkehr zum väterlichen Centrum gegeben ist. Uriel, der Diener Gottes, ist der Hüter für die Entwicklung der ersten Hülle, bis Christus sein Wesen in jene Hülle hineintönen läßt.
Bei Ausbildung der zweiten Hülle ist der leuchtende, kraftvolle Erzengel R a f a e 1 Lucifer gegenübergestellt. Auch er wacht über dieser Entwicklung bis zu dem Punkte, wo das Wort selbst sich verbindet mit einer der Formen, in welchen Erzengel leben, auf daß die Verführten wiederum den Unterschied erkennen zwischen dem wahren Wort Gottes und der Stimme Lucifers. Durch Opferung jener Form und Ausströmung des lebendigen Wortes nach den vier Richtungen wird auch da ein Punkt festgestellt für die Zukunft, wie eine bestimmte Stufe, auf welcher die verführten Geschöpfe hinaufsteigen und zum Vater wiederkehren können.
Es klingt auch das göttliche Wort hinein bis in das Reich der verführten Engel während der Ausbildung der dritten Hülle, aber nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkte. Wie der einzige reine Klang lebt es in der Welt der Dissonanzen in einer reinen Form zwischen den Ungeheuern. Denn als jene Engel, welche nicht verführt worden sind, sich versammelt haben in dem Teil der Hülle, das als Centrum einwirkt auf den anderen Teil, die düstere Peripherie, hat sich der Sohn Gottes, in der Form eines nichtverführten Engels lebend, zwischen die verführten Engel begeben; er hat sie nicht verlassen, damit das Wort Gottes auch zu ihnen sprechen könne. Dann aber, als jene Wesen sich teilen in die, welche hören wollen, und solche, denen nicht zu helfen ist, haben sich die ersteren wiederum mit dem centralen Teil der Hülle verbunden, die letzteren aber sind herausgefallen aus der Möglichkeit der Erlösung und damit gänzlich Lucifers Diener geworden. Gabriel ist als Erzengel der Hüter der Entwicklung jener dritte Hülle, er ist insbesondere dann bemüht, die bösen Kräfte der weiblichen Schlange auszugleichen und durch seine Vermittlung nur ist es möglich, daß das Wort hineinklingen kann bis in jene düstere Peripherie.
Wenn Christus immer tiefer hinuntersteigend in den Sphären der Hierarchien, während der Ausbildung des dritten Schöpfungsraumes eintritt in die Regionen, in welchen Wesen leben aus der Hierarchie der Engel, dann hat das Wort, die Stimme Gottes, durch alle Hierarchien hindurchgeklungen, welche in diesem Reiche dem väterlichen Willen gemäß tätig sind.
Diese Hierarchien, welche wie ein Abglanz sind der himmlischen Wesen, die sich zwischen dem urväterlichen Centrum und der urmütterlichen Peripherie befinden, indem sie die lebendigen Blätter der Himmelsrose darstellen, werden dann durch das Wort wie aufs neue belebt; sie werden dadurch speziell die Diener des Gottes-Sohnes, so wie die himmlischen Hierarchien die des Vaters sind.
So sind drei Arten von Hierarchien tätig: die, welche im himmlischen Reiche zwischen Urvater und Urmutter wirken, die des Gottessohnes, welche den Willen des Vaters vermitteln als Diener des Wortes, und die Hierarchien, welche Lucifer ergeben sind.
Die hierarchischen Diener des Gottessohnes und die Lucifers bekämpfen sich, und Lucifer selbst sind die Erzengel entgegengestellt, welche in die Ausbildung der verschiedenen Hüllen einwirken sollen. Die Hierarchien des Gottessohnes wollen Vermittler sein zwischen den väterlichen und luciferischen Hierarchien und so die verführten Wesen erlösen.
Nach vollendeter Ausbildung der dritten Hülle, die dem Gesetz des Entstehens und Vergehens in der Zeit gemäß auseinanderfällt und ihre Daseinsform verliert, steigt Lucifer immer tiefer in den Kosmos herab und erreicht die vierte Region, welche sich im Mittelpunkt befindet. In jener Region bildet sich eine neue Raumhülle aus, die wie ein Centrum, abgetrennt von der Umgebung, sich aus dieser ganzen Region heraussondert. Wie ein Anticentrum des urväterlichen Centrums nimmt sich diese neue Hülle aus.
Mit der Ausbildung der drei vorhergehenden Hüllen ist nacheinander in der Zeit und in umgekehrter Weise das dreifache Wesen der himmlischen Triade nachgebildet und zwar so, daß die erste Hülle in ihrer Art dem Wesen des Urvaters, dem Willen, entspricht, die zweite Hülle dem des Mittlers Christus, der Liebe, und die dritte Hülle dem Wesen des urmütter-lichen Prinzips, der Weisheit. Die vierte Hülle fällt sozusagen heraus aus irgendwelcher umgekehrten Nachahmung der himmlischen Triade. Zu der Dreiheit kommt etwas hinzu wie ein Viertes und diese vierte Welt ist gleichsam eine Wiederholung von dem, was Lucifer bewirkte, als er durch seinen Fall unterhalb des himmlischen Reiches sein eigenes Reich wie ein viertes hinzufügte;  aber  diese  Wiederholung  findet  auf  umgekehrte  Weise  statt.
Lucifer selbst kann nur Neues entstehen lassen, indem er, aus seinem Gedächtnis heraus, unter den neuen Umständen, d. h. im tieferen Fall, immerzu das wiederholt, was in den höheren Regionen gewesen ist. Zunächst wiederholt sich auch in der vierten Hülle das, was als die Eigenschaften der Triade umgekehrt nachgebildet worden ist.
In dem, was in umgekehrter Weise dem Wesen der 3x3 = 9 Hierarchien entspricht, ist das vorhanden, was mit ihrer dreifachen Wirkung übereinstimmt, so wie diese sich als Abbild der himmlischen Triade in den Sphären der hierarchischen Tätigkeit offenbart. Es bilden sich dadurch Gruppen, die gemeinsam wirken in gleichartiger Weise. Zunächst entstehen drei Gruppen; von diesen ist eine dem urväterlichen Prinzip und der drei Chöre der ersten Hierarchie gemäß tätig; die zweite Gruppe wirkt entsprechend dem Wesen des Mittlers und dem der drei Chöre der zweiten Hierarchie; die dritte Gruppe bezieht sich auf das urmütterliche Prinzip und die drei Chöre der dritten Hierarchie. Da jene Gruppen von Wesen in umgekehrterWeise der himmlischen Triade in ihrer Art entsprechen und gleichsam ein umgekehrtes Bild des Prinzipes und der Wesen der Hierarchien darstellen, so können sie sich nicht offenbaren wie geistige Wesen, welche die Formen beleben, die als Teil der ganzen Hülle und gewissermaßen von ihr abgesondert, für sich da sind; sie können nur die Formen und die ganze Hülle aufbauen nach der Art, wie diese sich durch die Taten Lucifers und die Wirkung des ihm entgegengestellten Erzengels gestalten müssen.
Durch die dreifache Gruppierung und dreifache Wirkung jener Wesen entstehen die Elemente: das Feuer, welches als wärmespendende Kraft dem Wesen des Urvaters entspricht, die Luft, welche in ihrer Expansion dem Prinzip des Mittlers, der Liebe, ähnlich ist, und das Wasser, das in seiner beweglichen Art als reines, spiegelndes Element, der Weisheit, das Wesen des Urmütterlichen wiedergibt.
Mit der Ausbildung der ersten Hülle der ersten kosmischen Region, wo die Throne tätig sind, ist das Wesen des Feuers, welches auch das Wesen der Throne ist, vorhanden, aber nur als Wärme, nicht als E1ement ; und so ist auch in der Region, in der die Herrschaften an der Entwicklung der zweiten Hülle mitwirken, das herausstrahlende Licht, das später das Element der Expansion, der Luft, wird, schon da. Ebenso ist das Wesen des Beweglichen, Flüssigen in der Region, in der die dritte Hülle entsteht, unter Mitwirkung der Mächte zu bemerken. Elemente aber werden sie erst bei der Entwicklung der vierten Hülle, wenn sie sich zusammenfinden in einem neuen Prinzip und zwar in dem der Centralisation, des Festen, welches dann als viertes Element hinzukommt.
Was sich in den drei früheren Räumen ausbildete, lebt wieder auf in der vierten Hülle, aber so, daß es durch die Kraft der Centralisation sich in festeren Formen offenbart. So entstehen als Wiederholung von dem, was in den früheren Hüllen entwickelt worden ist, drei verschiedene Arten von Formen, welche teilweise abgetrennt, teilweise verbunden mit der ganzen Form als Hülle, durch verschiedene Arten von Wesen belebt sind. Diese drei Grundtypen von Formen entsprechen wiederum in zerbrochener, umgekehrter Weise den drei göttlichen Prinzipien, die sich in den Hierarchien offenbaren als Abglanz der Triade.
Bei jeder Ausbildung einer Hülle entstand auch gleich ein Gegenbild von dem Wesen jener bestimmten Hierarchie, welche da verbunden ist mit den einzelnen Formen, die sich aus dem Ganzen heraussondern. Dadurch, daß von den drei Chören der dritten Hierarchie (der Fürstentümer, der Erzengel und der Engel) einige dazu verführt wurden, sich mehr in die Formen hinein zu versenken, als sie ursprünglich, dem Gebote des Vaters gemäß, tun sollten, und sie deshalb Lucifer Untertan wurden, ist es ihm leicht geworden, Gegenbilder hervorzurufen, welche das wahre Wesen jeder dieser Hierarchien in umgekehrter Weise wiedergeben.
Die Wirkung der Fürstentümer, die die Formen mit ihrem Leben ganz umgeben und sie dadurch zusammenhalten, ohne sich in sie zu versenken, erhielt ihr Gegenbild in dem, was auf unvollkommenere Weise und auf niederer Stufe sich bei der Ausbildung der vierten Hülle als Typus für die mineralischen Formen gibt.
Das Wesen der Erzengel, die sich bei der Entwicklung der zweiten Hülle mit den einzelnen Formen so verbinden, daß diese etwas wie sprühendes Leben aus sich heraustreten lassen, ist abgebildet im Typus der Pflanzenformen.
Das Wirken der Engel auf die Formen während des Daseins der dritten Hülle, wirkt auf niederer Stufe in dem, was an typisch-tierischer Form in der vierten Hülle auftritt. So sind bei der Entwicklung der vierten Hülle die Typen da für das, was später Mineral-, Pflanzen- und Tierreich wird.
Durch die Wirkung der luciferischen Hierarchien, die die Taten der wahren Hierarchien des Mittlers Christus durchkreuzen, ist auch etwas hervorgerufen, was sich bei der Ausbildung jeder Hülle direkt als ein umgekehrter Typus der himmlischen Triade ausnimmt. Es entsteht während der Entwicklung der ersten Hülle, welche selbst in umgekehrter Weise dem urväterlichen Prinzip entspricht, ein bleibender Typus, in welchem direkt das Willenselement tätig ist; in der zweiten Hülle zeigt sich ein Typus, welchem das Gefühlselement entspricht, und in der dritten Hülle erscheint ein Typus, welcher das Weisheitselement in sich trägt. Diese Typen sind für sich da und bleiben bestehen nach ihrer Ausbildung, sie werden immer wiederholt bei der Entwicklung einer neuen Hülle; sie beziehen sich aber auf die Hülle als ganzes, im Gegensatz zu der vorhandenen Veranlagung dessen, was sich in der vierten Hülle offenbart in der dreifachen Einteilung der einzelnen Formen. Es ist dies ein makrokosmisches Element, während die drei verschiedenen Arten von Formen mikrokosmisch sind.
Die vierte Hülle wiederholt an sich die Ausbildung jener drei Typen, so wie bei jeder neuen Hülle die vorhergehende Entwicklung wiederholt wird, in der Zeit nacheinander, bevor sich das neu Hinzukommende offenbart. Mit dieser vierten Hülle aber kommt nicht ein bestimmter Typus hinzu, sondern es werden die drei Typen wie centralisiert in einem Mittelpunkte und dadurch verfestigt; wenn etwas hinzukommen soll, so kann es nicht durch Lucifer geschehen; er kann sich nur immer mehr in sein Centrum zurückziehen und von da aus wirken. Neues aber kann er nicht schaffen, weil er sich trotz seiner, ihm durch seinen Schöpfer gegebenen Freiheit, zu halten hat an das, was als Gesetz, Maß und Zahl der Schöpfung aufgestellt worden ist. Er kann zwar nach seinem Willen alles um- kehren, combinieren und dadurch das Ursprüngliche scheinbar zerbrechen;  er kann aber nichts zustande bringen, was nicht auf irgend welche Weise  zusammenhängt mit dem, was ohne ihn in unverdorbener Gestalt schon da war als Geschaffenes.
All die Wirkungen Lucifers beruhen auf einer Verzerrung der durch den Schöpfer gestellten Gesetze und Zahlen und können am Ende immer wieder auf diese wahren Gesetze zurückgeführt werden. Dies ist das Maß und die Grenze von Lucifers Freiheit und dadurch wäre ihm immerzu die Möglichkeit der endlichen Erlösung vorbehalten durch die unendliche Gnade des Schöpfers zu seinem Geschöpf. Er aber wendet sich von dieser unendlichen Gnade ab, denn sein überkosmischer Fall geschah sub specie aeternitatis.
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Kapitel V.

Die Erzengel, die Lucifer entgegengestellt sind, wirken in jeder Region von der Umgebung aus auf die Hülle und alles, was sich darin entwickelt, ein. Lucifer selbst läßt seinen Willen vom Mittelpunkte der Hülle ausströmen bis an die Oberfläche und versucht, alles was da lebt, zu beherrschen. Je mehr sich die Hülle aus ihrer Umgebung heraussondert und sich ausbildet in den Regionen, welche immer weiter von der Fixsternsphäre entfernt sind, desto intensiver wird die Gegenwirkung des Erzengels aus der Umgebung, desto kräftiger der Streit mit Lucifer. Die Übereinstimmung der Hülle mit ihrer Umgebung in der betreffenden Region wird immer geringer, je mehr sich Lucifer dem Tiefpunkt seines Falles und der Mitte seines Gebietes im Kosmos nähert. Die erste Region, welche der Sphäre des Fixsternhimmels am nächsten liegt, ist mit der sich darin entwickelnden Hülle fast ganz verbunden, insbesondere während der ersten Hälfte, der des Entstehens. Aus der Umgebung jener Hülle wirkt der Erzengel Uriel ein.
Lucifer senkt sich immer tiefer hinein in das, was als Gegenbild des centralen urväterlichen Prinzipes im Kosmos ausgebildet wurde. Mit seinem Eigenwillen durchsetzt er diese Hülle und die Formen, welche zwar mit ihr verbunden sind, jedoch ein Leben für sich haben. Nach diesem bleibt aus der Entwicklung der ersten Hülle etwas zurück wie ein Typus für das, was luciferischer Eigenwille ist. Dieser Typus lebt weiter in der Zeit und in der Entwicklung und wird jedesmal bei der Ausbildung einer neuen Hülle verstärkt, bis er in der vierten Region, seinen Höhepunkt erreicht. Es kann gesagt werden, daß er in der vierten Hülle zu dem wird, was später den Typus der durch Lucifer zum Eigenwillen verführten und daher gefallenen Erdenmenschen entspricht.
Durch das Wirken des Gottesboten Uriel in Verbindung mit den Taten der wahren Throne, bleibt etwas wie ein Abbild des wahren urväterlichen Willenselementes erhalten, das als ein Typus des unverfälschten väterlichen Willens dasteht. Wie ein Kern, aus welchem sich später ein neues Verständnis für den urväterlichen Willen entwickeln kann, bleibt jener Typus bestehen und wird hinausgetragen aus der ersten Region in jene Sphäre, welche nach der anderen Seite dem Fixsternhimmel am nächsten liegt.
Dieser Typus ist da wie ein Centrum, das erst in der Zukunft belebt werden soll. Zunächst aber, wenn Lucifer aus der ersten Region eintritt in die zweite Region des kosmischen Reiches, bleibt jener Kern für ihn unerreichbar; es bildet sich sodann die zweite Hülle aus, die sich mehr aus ihrer Umgebung heraussondert. Hier wirkt der Gottesbote R a f a e 1 von außen hinein in die Hülle, Lucifer von innen heraus, und da die Hülle sich mehr unterscheidet von der Umgebung, so ist die Gegenwirkung stärker. Rafael bewirkt in Verbindung mit den wahren Herrschaften, daß ein Abbild des wahren Wesens des Mittlers Christus bewahrt bleibt, das, über das zeitliche erhoben, wie ein Kern bleibt und erst in der Zukunft seine volle Bedeutung erhalten wird. So wird dieses Abbild aus der zweiten Region hinausgetragen in die, welche auf der anderen Seite von dem Fixsternhimmel aus die zweite ist, in die sechste Region.
Lucifer selbst bildet während der Entwicklung der zweiten Hülle den Typus aus für das, was er, als umgekehrtes Wesen des Mittlers Christus, in sich als Eigenliebe fühlt, und dieser Typus bleibt auch bei der weiteren Entwicklung bestehen; es ist der Urtypus von dem, was später auf der vierten Hülle im Tierreich auf Erden lebt.
In der dritten Region ist der Streit zwischen dem Gottesboten Gabriel und Lucifer intensiver als in den zwei vorhergehenden Regionen, weil der Unterschied zwischen der dritten Hülle und der dritten Region größer ist. Durch Gabriels Wirkung, verbunden mit den wahren Mächten, wird als Typus ein Abbild des wahren urmütterlichen Wesens geschaffen, das über das Zeitliche erhoben, hinüberführt aus der dritten Region in die entsprechende Region nach der anderen Seite des Tiefpunktes von Lucifers Reich, in die fünfte Region, die vom Fixsternhimmel gleich weit entfernt ist wie die dritte. Durch Lucifers Wirkung entsteht mit der Entwicklung der dritten Hülle der Urtypus für das, was dann weiter in das Zeitliche hineinversetzt bleibt und sich während der Ausbildung der vierten Hülle, des Centrums, im Leben der ganzen Pflanzenwelt offenbart.
In der vierten centralen Region ist der Gottesbote Michael ihm entgegengestellt worden. Hier ist der Streit am heftigsten. Vom Centrum aus, welches sich aus der Umgebung heraus gänzlich für sich gestellt hat, wirkt Lucifer den Kräften Michaels entgegen. — Lucifer entwickelt den Urtypus für das, was als Festes an sich da ist. Dieses läßt die Kräfte, welche aus der Umgebung einwirken, auf sich aufprallen und stellt denselben die eigenen inneren Kräfte entgegen. Es ist der Typus für die Kraft, welche in dem Inneren des Minerals eingeschlossen lebt und der die Kräfte, die es von außen bildend umgeben, entgegen gestellt sind. So sind bei der Ausbildung der vierten Hülle, zu unterscheiden:
1)    die verschiedenen Wesen, welche in den Elementen wirken,
2)    die  drei Typen von Formen,  welche  das  Tiereich,  Pflanzen
reich und Mineralreich ausmachen und  die durch die  Wesen
aus den Elementen aufgebaut werden, und
3)    die drei seelischen Typen, welche als makrokosmische Kräfte
die   drei   verschiedenartigen   Reiche   beleben   und   mit   ihren
Eigenschaften übereinstimmen.
Sie sind durch Lucifer ausgebildet worden, während der Entwicklung der drei früheren Hüllen, als Typen für Eigenwillen, Eigenfühlen, Eigenwissen, während die Erzengel mit Hülle der wahren Hierarchien die wahren Abbilder des väterlichen Willens, der Liebe (des Mittlers) und der Weisheit (der Lichtjungfrau) behalten und sie herausgehoben haben aus der Entwicklung, die in der Zeit verläuft, in die Ewigkeit hinein.
Durch Michael mit den Kräften der wahren Gewalten verbunden, entsteht ein Typus, in welchem sich die Abbilder des wahren urväterlichen Prinzipes, des wahren Gottessohnes und des wahren urmütterlichen Prinzips vereinigen, — der Typus des reinen Menschen, als   Gottes Geschöpf. Michael ist der Bote, der selbst Träger dieser drei Prinzipien ist; seinem Wesen nach ist er wie ein wahres Abbild der väterlichen Kräfte, sie sind in ihm symbolisch eingehüllt durch Helm und Panzer; das Schwert, mit dem er Lucifer bekämpft und besiegt, ist das Gebot, das Wort Gottes, das denjenigen vernichtet, gegen den es sich wendet; sein Schild, der reine Spiegel, in welchem Gottes Antlitz unmittelbar eingeprägt ist, ist das Bild der reinen urmütterlichen Peripherie, durch welche das urväterliche Centrum seine Kräfte offenbart. Er ist der, welcher immerfort als Abgesandter der himmlischen Triade Lucifer bekämpfen muß.
Die vier Boten Gottes, welche Erzengel genannt werden, gehören nicht zu der Hierarchie der Erzengel. Sie tragen den Namen Erzengel, weil sie tätig sind bis in die Reiche der hierarchischen Erzengel; im Reiche der Engel wirken sie nur von oben hinein und betreten nur selten ihre Regionen. Im wesentlichen sind sie über alle Hierarchien, die im Kosmos tätig sind, erhaben. Sie haben den göttlichen Auftrag erhalten, die Kräfte der vier Himmelsrichtungen, die entstanden sind mit dem Fall Lucifers, zu hüten. Ihre eigentliche Sphäre der Tätigkeit ist die des Fixsternhimmels, von da wirken sie aus der Ewigkeit in das Zeitliche hinein. Jeder von ihnen hat die bestimmte Art des Wirkens, welche seinem Wesen entspricht und auch die bestimmte Himmelsrichtung, die durch ihn behütet wird.
Als Lucifer aus der Region des Fixsternhimmels herausfällt an dem Punkte, wo die nördliche Richtung ist, und in der ersten Region des Kosmos an der Ausbildung der ersten Hülle mitwirkt, da tritt ihm jener Erzengel entgegen, der diesen Punkt zu hüten hat, der strenge Uriel, und läßt durch seine Vermittlung die Kräfte der Region des Fixsternhimmels, insbesondere aus jener N-Richtung, auf Lucifers Taten einwirken.
Es ist erwähnt worden, wie in der Region des Fixsternhimmels mit der Zerspaltung durch Lucifers Fall zwölf verschiedene Centren entstehen, die insbesondere ihre Kräfte auf die weiteren Vorgänge im kosmischen Reiche einwirken lassen. Diese zwölf Kraftcentren sind analog mit dem, was heute, während der Erdentwicklung, als die zwölf zodiakalen Constellationen angesehen wird. Diese zwölf Constellationen enthalten in sich einen Teil der Kräfte aus der ganzen Urform und diese Kräfte sind in jeder Constellation auf verschiedene Weise gestaltet, so daß in zwölffacher Art gewirkt wird. Dadurch aber, daß durch die Wirkung Lucifers auf umgekehrte Weise alles nachgebildet wird, was sich als himmlische Offenbarung kundgibt, sind auch diese zwölf Kräfte in ihr Gegenteil umgeformt worden; so ist nicht nur die positive Wirkung der zwölf Constellationen vorhanden, sondern mit jeder Constellation ist eine negative Wirkung als Gegenpol verbunden. Im Fixsternhimmel waltet das Prinzip des Guten und des Bösen, aber nur insoweit es die Regionen, wo Lucifer wirken kann, anbetrifft. Die Region des Fixsternhimmels selbst liegt über diese Zerteilung hinaus. In der Region des Fixsternhimmels werden die zwölf Constellationen zunächst erwähnt, welche, in bezug auf unser Planetensystem, am meisten tätig sind. Der ganze Fixsternhimmel aber ist nach dieser Zwölfzahl eingeteilt und so bestehen in diesem mannigfaltige Abbilder und Spiegelungen dieser zwölf Zerspaltungen. Doch gibt es zwölf Hauptgeister aus der Hierarchie der Throne, die als die zwölf Geister des Universums die zwölffache Zahl der Zerspaltung — überall wo sie in der Region des Fixsternhimmels offenbart ist — beherrschen und hüten.
Als Lucifer in nördlicher Richtung durch die Region des Fixsternhimmels den Kosmos betritt, führt sein Weg aus dieser Region heraus in nordöstlicher Richtung des N-Punktes zwischen der Constellation der Zwillinge und der des Krebses. Uriel wirkt ihm aus der Nord-West-Richtung entgegen, wo sich die Constellation des Löwen befindet, in welcher die urväterlichen Willenskräfte stark sind. Diese urväterlichen Willenskräfte werden aufbewahrt und behalten in dem, was aus der Entwicklung der ersten Hülle als wahres Abbild des urväterlichen Prinzipes bleibt. — Lucifer bildet da den Typus des Eigenwillens aus als Urtypus des verführten Erdenmenschen. Dieser Typus ist so entgegengesetzt dem des wahren Menschen, wie der himmlischen Constellation des Löwen die Constellation des Wassermann gegenübersteht, in welcher die Kräfte des wahren Menschen als göttlichen Geschöpfes enthalten sind.
Weil Lucifers weiterer Fall sich spiralförmig gestaltet, so entwickelt sich die zweite Hülle in der zweiten Region seines Reiches unter einem anderen Punkte des Fixsternhimmels. Dadurch tritt ihm der folgende Erzengel Rafael aus der westlichen Himmelsrichtung entgegen und läßt die ganze Kraft des Fixsternhimmels durch die Constellation des Adlers (oder Scorpions) in Lucifers Taten einströmen. In dieser Constellation sind die Kräfte des wahren Fühlens und des höchsten Verständnisses für die göttliche Liebe enthalten, für das, was das Wesen des Mittlers ist. Mit diesen Kräften wird durch Rafael, den Hüter des Westens, das Abbild bewahrt des wahren Wortes, des Mittlers Christus, aus der Entwicklung der zweiten Hülle heraus, in welcher Lucifer den Typus des Eigenfühlens ausbildet. Wie die Constellation des Stieres, in welcher die Kräfte des Mitgefühles verborgen liegen, am Himmel der des Adlers gegenübergestellt ist, ist dieser Typus des Eigenfühlens dem des wahren Fühlens entgegengesetzt, denn Lucifer gebraucht immer die negativen Kräfte der entgegengestellten Constellation.
Der dritte Schöpfungsraum gestaltet sich wiederum in einer anderen Himmelsrichtung, in der des Südens. Der Erzengel Gabriel läßt von da aus die Kräfte des ganzen Fixsternhimmels durch die Constellation des Wassermanns in die Taten des Widersachers einfließen. Dadurch aber, daß es Lucifer so gut gelungen ist, eine Anzahl von Engeln zu verführen, sodaß sie sich mit den Formen, die sie beleben sollten, gänzlich verbunden haben, wodurch die Zerteilung des Raumes in Centrum und Peripherie herbeigeführt werden konnte, — kann Gabriel die Kräfte des Fixsternhimmels nicht weiter in die dritte Region einwirken lassen durch jene Constellation, in welcher die wahren menschlichen Kräfte enthalten sind. Derjenige Teil des dritten Schöpfungsraumes, der sich als Centrum ergibt gegenüber der Peripherie, hat dadurch eine Ähnlichkeit entwickelt mit dem, was im zweiten  Schöpfungsraum sich ausbildete; es strahlt Leben und Licht aus; die Peri pherie ist nur da als Antipode des Centrums. Beide können die Kräfte aus  dem Fixsternhimmel nur erhalten durch Vermittlung der Constellationen, die in den zweiten Schöpfungsraum einwirken, die des Adlers (oder Scorpions) und die ihr entgegengestellte Constellation des Stieres. Dadurch, daß der dritte Schöpfungsraum aus zwei Teilen besteht, müssen die Kräfte sich durch beide Constellationen ergießen und zwar auf zweifache Art. Es wirken die Kräfte durch die Constellation des Adlers auf das Centrum ein, die der Constellation des Stieres auf die Peripherie. Weil in beiden Teilen des Raumes aber Lucifer tätig ist, der immer die negativen Kräfte aus der entgegengestellten Constellation anwendet, um ein Gegenbild zu dem zu bilden, was die Erzengel erhalten wollen als Abbild der göttlichen Prinzipien — so wirken auch in beiden Teilen des dritten Schöpfungsraumes die negativen Kräfte des Adlers als Scorpionkräfte in der Peripherie und die des Stieres im Centrum. Das Centrum erhält Verständnis für das Wesen Christi durch die Adlerkräfte, die aber vermischt werden mit den negativen Stierkräften, die das männliche Prinzip — den Egoismus, das destructive Element — hervorbringen und in das wirken, was sich auf Magie bezieht, die nur dem eigenen Zwecke dient.
Durch die Constellation des Stieres strömen in die Peripherie die Kräfte des Mitfühlens, des Duldens, der Opferfähigkeit ein, aber sie vermischen sich wiederum mit den Scorpionkräften, und diese bringen das Wesen der Vernichtung, des unreinen Empfindens, der negativen Magie hinzu, welche auch im Geben sich selbst nur sucht, das weibliche Element. Die Kräfte des Adlers, der bestrebt ist, sich in reinere Atmosphären zu erheben, um der Sonne näher zu sein, verändern sich in die des Scorpions, der sich im Schlamm aufhält, und mit seinem unreinen, tödlichen Stich sein Opfer vergiftet. Durch die Wirkung Gabriels wird das aus der Entwicklung dieses zerfallenen Schöpfungsraumes herausgehoben, was als Abbild des reinen urmütterlichen Elementes dasteht: die Jungfrau mit dem Monde unter ihren Füßen.
Der vierte Schöpfungsraum, das eigentliche Centrum im kosmischen Reiche Lucifers, bildet sich aus in der Himmelsrichtung des Ostens. Der Erzengel Michael, bewaffnet mit der Rüstung der dreifachen Gotteskraft, läßt die Kräfte des Fixsternhimmels durch die Constellation des Wassermanns in Lucifers Taten einströmen. Durch sein Wesen sind die Kräfte jener Constellation dermaßen verstärkt, daß eine Wiederholung von dem, was mit dem dritten Raume vorging, nicht mehr möglich ist. Die Entwicklung des vierten Raumes geschieht unter dem Einfluß des Wassermanns, und die Kräfte des wahren Menschlichen, als Geschöpf Gottes, strömen in sie ein, im Gegensatz zu dem, was Lucifer schon im ersten Schöpfungsraume als Typus des Eigenwillens — des gefallenen verführten Menschen — im Zeitlichen vorbereitet hatte. Mit den negativen Kräften aus der Constellation des Löwen, welche das Prinzip des Willens als Centralisation enthalten, bewirkt Lucifer die Verfestigung seines Centrums, wodurch das mineralische Element entstehen kann.
Mit jeder Herausbildung eines neuen Schöpfungsraumes in der ihm entsprechenden Region erhält diese Region den Charakter eines Abbildes des großen Umkreises des Fixsternhimmels mit den zwölf Kraftcentren. Der betreffende Erzengel läßt die Kräfte einer bestimmten Constellation aus dem Fixsternhimmel direkt in dieses Abbild einströmen und wirkt von da aus mit seinen Taten auf den sich entwickelnden Schöpfungsraum ein. Je entfernter die Region, in der der Raum ausgebildet wird, dem Fixstern himmel liegt, desto größer ist der Unterschied zwischen der Region und dem Raume selbst, sodaß sich der Raum immer mehr aus ihrer Region heraussondert und für sich da ist. Durch diese Concentration Lucifers wird sein Wirkungsfeld zwar kleiner, seine Wirkung in diesem Felde aber umso intensiver. Ebenso die Gegenwirkung des betreffenden Erzengels. Jede Region enthält die Abbilder der zwölf Constellationen, Die ganze Region in zwölf entsprechende Teile zerteilt, gibt die zwölf Zeichen des Zodiakus Die Zeichen des Zodiakus sind die Widerspiegelung der zwölf Kraftcentren des Fixsternhimmels, in einer der Regionen des Kosmos. Sie umgeben den betreffenden Raum als Peripherie und sind verschieden von jenen Constellationen, die alle Schöpfungsraume umgeben und die Grenze bilden zwischen den dualistischen Regionen und den himmlischen Sphären.
Indem in der vierten Region der vierte Schöpfungsraum ausgebildet wird, entsteht in den drei oberen Regionen des Kosmos in der ersten, zweiten und dritten Region eine Wiederholung von dem, was sich dort vorher als Schöpfung entwickelt hat. In jenen drei Regionen, die von der anderen Seite des Centrums dem Fixsternhimmel gleich entfernt liegen, der fünften, sechsten und siebten Region, offenbart sich in Anlage der Kern von dem, was sich damals schon herausgehoben hat aus der Entwicklung des ersten, zweiten und dritten Schöpfungsraumes und durch die Erzengel für die Zukunft aufbewahrt worden ist.
Es bestehen außer dem vierten Schöpfungsraum, in welchem Lucifer tätig ist, und zwar neben diesem Centrum im Raume nach der linken Seite hin — das ist die Seite der Vergangenheit — die drei Schöpfungsräume, welche ihre Entwicklung schon beendet haben. In der Mitte, im Momente der Gegenwart, befindet sich das Centrum, die vierte Hülle. Nach der rechten Seite, der Seite der Zukunft hin, zeigen sich die Anlagen der drei Entwickelungsphasen des kosmischen Lebens für jene Geschöpfe, die nach Erlösung aus der Gewalt des Widersachers streben.
Im vierten Schöpfungsraum tritt eine Wiederholung ein von dem, was während der Ausbildung des dritten Raumes geschah. So wie sich jener Raum zerteilt hat in zwei Teile, von welchen der eine als Centrum wirkt, der andere als Peripherie, so spaltet sich vom vierten Raum wiederum ein Teil ab, der zum Centrum wird für den anderen Teil. Damit das, was mit der Ausbildung des dritten Raumes vorging, als das zweifache Element des umgekehrten urväterlichen und urmütterlichen Prinzipes sich als männliches und weibliches offenbarte, nicht wieder auftreten und die Entwicklung des vierten Schöpfungsraumes gänzlich beherrschen könne, bewirkt der Erzengel Michael eine zweite Zerteilung in Bezug auf die Peripherie. Das, was als schlimmstes Element die Wiederholung der Peripherie aus dem dritten Schöpfungsraume darstellt, hebt er wie einen Teil an sich heraus aus dem, was sich dann — gereinigt und erhoben — als Neues entwickeln kann unter dem unmittelbaren Einfluß der Constellation des Wassermannes, von welcher die Kräfte des wahren menschlichen Elements als eines Geschöpfes Gottes ausströmen. Von dem Teil aus, der als Centrum da ist, kann Lucifer nicht mehr auf die weibliche Schlange einwirken, weil sie nun gänzlich in die Gewalt Michaels geraten ist; die frühere Peripherie aus der Entwicklung  des  dritten Schöpfungsraumes  ist Michaels Eigentum geworden.
Von dieser Peripherie aus bekämpfte er Lucifer, der nun tätig ist in dem Teil des Raumes, der als Centrum wirkt und auch in dem, welcher als neue Peripherie da ist. Das, was als Centrum wirkt, ist aber eine Wiederholung von dem, was früher schon da war, und deswegen concentriert Lucifer seinen Einfluß in dem neuen Element. So wirkt er insbesondere ein in jene neue Peripherie, (d. h. in die vierte Region) und bildet in dieser Region, in welche die Kräfte des Wassermanns einströmen, ein festes Centrum aus, mit Hilfe der negativen Kräfte der Constellation des Löwen. Dieses Centrum wird dann zum vierten Schöpfungsraum in der vierten Region.
Es sind während dieser vierten Entwicklung sieben verschiedenen Centren vorhanden. Außerdem entstehen im Laufe dieser Entwicklung in der vierten Region drei andere Centren:
Als Wiederholung aus der Zerspaltung des dritten Schöpfungsraumes,
1)    das Centrum: Sonne;
2)    die alte Peripherie, welche durch Michael zum centralen Ort seines
Wirkens geworden ist: Mond;
3)    das, was sich in der vierten Region zu einem Schöpfungsraum ge
bildet hat, in welchem Lucifer wirkt: Erde.
Als Zeichen am Himmel offenbaren jene Centren sich während des Daseins des vierten Schöpfungsraumes, indes Lucifer im Centrum des kosmischen Reiches tätig ist. Dieses Centrum ist die heutige Erde, und die Centren in den sieben Regionen sind die Planeten, die sich heute, eingeschlossen durch die Sphäre des Fixsternhimmels, in ihren Bahnen bewegen. Diese Bahnen haben Beziehungen zu den verschiedenen Regionen. Als Überbleibsel aus der Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes bewegt sich heute der Planet Saturn in seiner Bahn, die astrologisch dem Fixsternhimmel am nächsten liegt. Das Zeichen für die Ausbildung des zweiten Schöpfungsraumes ist der heutige Planet Jupiter und seine Bahn liegt dem Fixsternhimmel ferner. Hierauf folgt die Bahn der Asteroiden und nach ihr die des Planeten Mars. Beide sind die Überbleibsel der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes und die Zeichen der Zerteilung dieses Raumes und des gewaltigen Abfalls der verführten Engel.
In der vierten Region offenbaren sich: die Sonne, als Wiederholung des centralisierenden Prinzipes aus der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes, der Mond, als Zeichen der weiblichen Schlange, welche durch Michael besiegt worden ist, und die Erde, als neues Centrum, in welchem Lucifer wirkt. Die drei Centren, welche erst in der Zukunft ihrem eigentlichen Wesen nach belebt werden können, zeigen sich heute als die Planeten, die ihre Bahnen haben zwischen Erde und Sonne: Venus, Mercur, V u 1 c a n. Ihre eigentlichen Bahnen können sich erst in der Zukunft gestalten, wenn die Entwicklung in der vierten Region zu der Vergangenheit gerechnet werden wird. Im eigentlichen Centrum, der Erde, liegt der kritische Punkt, nach welchem die zukünftigen Ereignisse sich anordnen werden; es ist der Moment der Gegenwart, welcher durch die Vergangenheit bestimmt ist und durch den die Zukunft gestaltet wird.
Die zwei Planeten Uranus und Neptun, die sich in Bahnen bewegen, welche weit hinausliegen über die Saturnbahn, gehören nicht zu den Über bleibseln der in der Vergangenheit entstandenen Schöpfungsräume. Sie sind Zeichen am Himmel von dem, was sich abgespielt hat zwischen dem Fall Lucifers aus der Region des Fixsternhimmels und der Ausbildung des ersten Schöpfungsraumes, in welchem die Hierarchie der wahren Throne tätig ist, im Kampfe mit den luciferischen Hierarchien. Auch hier hat Lucifer seine Diener gestellt, die die Taten der wahren Hierarchien durchkreuzen. Als Zeichen dieses Kampfes ist heute der Planet Uranus am Himmel zu sehen wie ein Überbleibsel aus den längst verflossenen Zeiten der Vergangenheit, vor der Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes. Noch weiter zurück bewegen sich in ihren Bahnen der Planet Neptun und andere uns bisher noch unbekannte Planeten (z. B. Pluto), wie Schatten am Himmel aus der Zeit, als der Streit zwischen den wahren Hierarchien und deren luciferischen Gegnern vor sich ging. Wie fremde Wanderer zwischen den Sternen ziehen diese Planeten am Himmel; sie gehören nicht zu der Region der Fixsterne und sind ebenso außerhalb dessen, was sich als Planetensystem in den Regionen, wo Lucifer wirkt, entwickelte, wenngleich sie astronomisch zu unserem Sonnensystem gehören.
Jeder Schöpfungsraum, der sich in diesen Regionen ausbildet, ist wie ein Centrum, das seine Wirkung auf die Umgebung ausübt. Der erste und auch der zweite Raum sind centrale Punkte an sich; mit dem dritten Raume entsteht durch die Zerteilung ein Centrum, das seine eigene und ihm wesenhafte Peripherie hat, die sich wiederum aus der Umgebung aussondert. Bei dem vierten Raume tritt ein Centrum hervor, wie eine Wiederholung der früheren Vorgänge; die Peripherie zerteilt sich dann noch einmal in zwei Teile, von welchen jener, der als Neues entwickelt wird, als Centrum auftritt gegnüber dem, der sich als Wiederholung des früheren dritten Schöpfungsraumes zur Peripherie bildet. Das neue Centrum aber ist wie eine Peripherie desjenigen, was sich als Wiederholung des centralen Punktes ausgebildet hat. So formten sich die Beziehungen zwischen den drei Teilen des vierten Schöpfungsraumes: Sonne, Erde und Mond.
Wenn mit der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes ein Teil als Centrum einwirkt auf die Peripherie, wiederholt sich in dem ersten Raume das, was vorher während der Ausbildung des zweiten Raumes da war, als der eine Schöpfungsraum als Ganzes die Umgebung mit seinen Lichtkräften durchstrahlte. In diesem zweiten Raume wurde auf umgekehrter Weise das Wesen des Mittlers nachgebildet, der, als Wort Gottes, der Bote zwischen dem urväterlichen und urmütterlichen Element ist. Das wahre Wesen Christi ist dadurch mit diesem zweiten Schöpfungsraume gewissermaßen verbunden, wenn auch nur im Abbild.
Bei der Ausbildung des dritten Raumes, bei dem das Centrum eine Wiederholung des Wesens des zweiten Raumes darstellt, haben die Kräfte des Gottessohnes Christus wiederum zu dem Centrum eine gewisse Beziehung, aber nur da, wo die Kräfte Lucifers nicht wirken. Von hier aus ergießt sich das Wesen des göttlichen Wortes in das Reich der gefallenen  Engel, im Gegensatz zu der Wirkung Lucifers auf die Peripherie.
Wenn es Lucifer nicht gelungen wäre, die Engel zu verführen, wäre  der dritte Schöpfungsraum nicht zerteilt worden. Sie wäre an sich ein leuchtendes Centrum geblieben, das sich damals schon durch seine Beziehungen
zu dem Wesen Christi, zu einem Centrum hätte ausbilden können, welches in sich das Wesen des urmütterlichen Elementes als strahlende Peripherie enthalten hätte. Durch den Fall der Engel aber haben sich Peripherie und Centrum gänzlich getrennt, sie wurden entgegengestellte Elemente und damit ist die Peripherie zu einem niedrigeren Prinzip geworden.
Als Lucifer den Menschen, der durch die göttliche Dreifaltigkeit in das Paradies versetzt war, verführte, ging mit der Ausbildung des vierten Schöpfungsraumes Ähnliches vor. Der vierte Raum hätte, wie damals der dritte, verbunden bleiben können mit dem Centrum, welches, als Wiederholung der Ausbildung des zweiten Raumes, den Kräften Christi verwandt ist. Als Folge des Falles der Engel ist die Möglichkeit der Zerteilung des vierten Raumes größer geworden; ohne diesen Fall wäre die Ausbildung des vierten Raumes schon in den höheren Regionen geschehen und wäre die Macht Lucifers so gering gewesen, daß er keinen solchen Einfluß auf das Geschöpf Gottes hätte ausüben können. Nach dem Sturze der Engel ist die Macht Lucifers gewachsen und versucht er weiter die Schar seiner Diener zu vermehren. Erst als der Mensch Lucifer verfiel, ward der vierte Schöpfungsraum zerteilt in das, was als Centrum bleibt, verbunden mit den Kräften des Mittlers Christus — in welches aber auch Lucifer wirken kann — und in eine Peripherie, die wiederum zu etwas Niedrigerem wird, als was sie ursprünglich war, solange sie mit dem Centrum eine Einheit bildete. Aus dieser Peripherie wird durch Michaels Kraft das herausgesondert, was als typische Wiederholung der Peripherie des dritten Raumes da ist, damit die neue Entwicklung einen anderen Charakter haben kann. So stellen sich die drei Teile des vierten Schöpfungsraumes dar als Sonne (das Centrum), als Erde in der Peripherie der Sonne und als Mond in der Peripherie der Erde.
Wenn Lucifer nicht die Macht gehabt hätte, den Menschen zu verführen, so wäre die Erde Sonne gewesen und der Mond wäre, statt in der Peripherie der Erde, mit der Sonne verbunden geblieben. Durch die Verführung des Menschen ist der vierte Schöpfungsraum zerteilt worden. Der Mensch fiel und trat aus dem Paradies heraus; die weitere Entwicklung des zerfallenen Teiles, mit dem er sich verband, geht in den niederen Regionen vor sich, wo Lucifer herrscht; die Kräfte des Gottessohnes Christus bleiben mit dem centralen Teil verbunden, der dann, als Sonne, der Erde Licht und Leben zuströmt; als Zeichen der guten Kräfte Michaels steht der Mond da, wie eine Mahnung an das, was die Erde geworden wäre ohne seine Kraft. Die drei Planeten, welche erst in Zukunft belebt werden sollen, sind verbunden mit den Kräften des centralen Teiles, mit der Sonne, sie werden durch sie gehütet und bewahrt; ihre Bahnen liegen deswegen um die Sonne herum.1)
1) An diese esoterische Verbindung des Gottessohnes mit der Sonne (= altnordisch s u n) erinnert der Sonnenkult der hochstehenden vorchristlichen Religionen, der durchaus nicht einer göttlichen Verehrung der materiellen Sonne entsprang. Die Sonne war diesen hohen Religionen vielmehr das Symbol des Gottessohnes und als Zeitgestalterin der Urgrund des „heiligen Jahres", aus dessen graphischer Darstellung (nach Herman Wirth) die „heilige Urschrift" der Menschheit entstand.

Durch den Fall des Menschen und den Abfall der Erde aus dem Centrum heraus geht die Entwicklung, welche der Ausbildung des vierten Schöpfungsraumes als Typus entspricht, statt im Centrum, in der Peripherie vor sich; es ist dadurch der Raum nicht zu gleicher Zeit der centrale Punkt, um welchen sich während der Entwicklung der Erde alles dreht; sie ist, statt Sonne zu sein, zum Planeten geworden. Es wird durch die Verführung Lucifers die Sonne der Mittelpunkt des Planetensystems statt der Erde und die Bahnen aller Planeten gestalten sich um sie herum. Die hohen Kräfte haben sich im neuen Centrum, der Sonne, gehalten und wirken von da aus in die Erde ein. Lucifer hat seine stärksten Kräfte in die Erde hineingebracht und sich selbst in ihr concent r i e r t. Vom Monde aus, der sich wie ein Wächter um die Erde bewegt, bekämpft ihn Michael mit den Waffen des dreifaltigen Gottes, dessen Willen er auszuführen hat.
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Die erste Schöpfung.

Der Mensch als Ebenbild Gottes.   Paradies.
Der Fall des Menschen.   Folge  des Falles.

Kapitel VI.

Nachdem die Engel, die letzte der Hierachien, mit der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes die entsprechenden Gebilde belebt hatten und durch Lucifers Verführung zu Wesen geworden waren, welche aus der Region der wahren Hierarchien herausfielen, sind durch den Willen Gottes andere Wesen dazu berufen, mit der Ausbildung des nächsten Schöpfungsraumes die einzelnen Gebilde zu bewohnen. Die gefallenen Engel sind Diener Lucifers geworden und sind dadurch nicht geeignet, in der neuen Entwicklungsphase die einzelnen Gebilde zu beleben, die auch in den früheren Schöpfungsräumen nur durch Wesen aus der wahren Hierarchie belebt werden konnten.
Die hierarchischen Wesen, die in den einzelnen Gebilden während der Ausbildung eines bestimmten Raumes leben, stimmen im Wesen überein mit dem Prinzip, welchem dieser Raum entspricht. So leben die Fürstentümer, die ihrem Wesen nach dem väterlichen Element verwandt sind, im Umkreis des ersten Raumes, der in umgekehrter Weise auch dem väterlichen Prinzip entspricht. Im Ring des zweiten Raumes, der dem Wesen des Gottessohnes Christus im Abbild verwandt ist, beleben die Archangeloi die einzelnen Gebilde; in der dritten Raumsphäre, die ein umgekehrtes Bild des urmütterlichen Elementes ist, werden die entsprechenden Gebilde durch die Engel belebt. Der vierte Schöpfungsraum, der aus dieser Nachbildung der drei göttlichen Prinzipien herausfällt, kann in seinen einzelnen Gebilden nicht   durch   Wesen   aus   den   hierarchischen   Regionen   bewohnt   werden.
Es ist gesagt worden, wie mit der Entwicklung des vierten Raumes in umgekehrter Weise das dreifache Wesen der Hierarchien nachgebildet wird und sich offenbart in den Elementen und in den Naturreichen. Diese werden belebt durch jene drei Prinzipien, welche Lucifer schon in den früheren Schöpfungsräumen ausbildete, als Eigenwillen, Eigenfühlen und Eigenwissen, im Gegensatz zu den durch die Erzengel aufbewahrten Abbildern der drei göttlichen Prinzipien, die in den höheren Regionen des Kosmos verbleiben.
Zunächst aber entsteht in der vierten Region Raum, in welchem sich das Gegenbild der hierarchischen Anordnung als Unordnung offenbart; ein chaotisches Centrum ist da, das eine Vielheit in sich birgt. Die Wesen aus den Hierarchien, die die einzelnen Gebilde der vorhergehenden Räume belebten, haben im ersten, zweiten und dritten Raume gelebt; die Engel, die den dritten Raum bewohnten, sind die letzten Glieder der wahren Hierarchie. Es wäre der vierte Schöpfungsraum ein Chaos geblieben, wenn nicht Gott selbst andere Wesen, die Menschen, mit der Entwicklung dieses Raumes verbunden hätte, die er unter Michaels Schutz stellte. Als Boten Gottes, ausgehend vom urväterlichen Centrum, sind sie über jene Entwicklung erhaben und können Gottes Willen durch ihre Taten in diese Entwicklung hineintragen. Und nicht nur der Wille des urväterlichen Centrums soll durch sie in die Entwicklung hineingebracht werden, sondern auch das Element der Liebe, des Christus, und der Weisheit, der Lichtjungfrau. Dies kann nur geschehen, wenn diese Wesen in sich selbst die himmlische Triade widerspiegeln, wenn sie nach dem Bilde Gottes geschaffen sind. So entsteht eine neue Hierarchie von Wesen, welche die Triade in sich tragen, wie einstmals Lucifer als erstes Geschöpf. Weil Lucifer aber immerfort seinen eigenen Willen dem Willen Gottes entgegenstellt und dadurch dauernd im Kampfe mit dem Erzengel Michael steht, so stellt Gott jene Wesen in d i e Region hinein, aus welcher Michael den Taten Lucifers entgegenwirkt, damit sie unter seinem Schutz leben. Michael ist der Hüter dieser neuen Hierarchie, so wie Gabriel der Hüter der Engel ist. Es läßt Michael die Kräfte des ganzen Fixsternhimmels durch die Constellation des Wassermanns in den vierten Schöpfungsraum einfließen. Die Constellation enthält die Kräfte, welche sich beziehen auf das, was als Geschöpf und Abbild der göttlichen Triade das Urbild des menschlichen Wesens darstellt.
Jenes Urbild lebt im Himmel und in der himmlischen Peripherie, ehe es hineinversetzt wird in die Region, wo Michael als Hüter des Ostens an dem Punkte steht, wo sich dann die Constellation des Wassermanns im Fixsternhimmel befindet. Aus dem Herzen des Vaters hervorgegangen, durch die Stimme Gottes geführt bis zur urmütterlichen Peripherie, erlebt dieses Geschöpf das Wesen des Vaters und des göttlichen Sohnes Christus, als es durch die Reihen der himmlischen Chöre der Hierarchien zur Lichtjungfrau1) gelangt, die das seelische Element seines Urbildes webt; jenes Wesen

1) „Lichtjungfrau" bedeutet nichts Anthropomorphes, sondern ist das esoterische Symbol des noch unzerteilten (indifferenten) jungfräulichen Lichtes, das als Weltlicht s e e 1 e das Leben des Universums trägt und das reine, ungeschwächte frauliche Prinzip darstellt, das wieder in geheimnisvoller Verbindung mit dem urväterlichen Geiste Gottes steht, aus dem auch die Weltlichtseele oder die Lichtjungfrau hervorgegangen ist. In der griechischen Mythologie entspricht diesem Mysterium die Geburt der Pallas Athenae aus dem Haupte des Zeus. In der germanischen Mythologie wird das geschlechtlich noch nicht zerteilte, entzweite und gegeneinandergestellte Geistseeleprinzip durch Frauja und Fro (Frou) symbolisiert, ein Doppelwort, das die deutsche Sprache bis ins Mittelalter festhielt als Bezeichnung für Herr und Herrin. Noch deutlicher wird das Mysterium, das hinter diesen Begriffen steckte, in dem androgynen Seinszustand der griechischen Mythologie. Erst Lucifer verzerrte diese hohe Seinsgestalt in den Hermaphroditen und hernach in die niedere Zweigeschlechtlichkeit, wodurch auch die Zeugung neuen Lebens aus der siderischen und elementalischen in die materielle Hülle verlegt wurde.

lebt im Herzen, in dem Worte und in dem Auge Gottes, bis es die Himmelsrose verläßt, bis es durch die erste und die zweite Sphäre — durch das Empyreum und den Kristallhimmel — eintritt in die dritte Sphäre der Peripherie, die des Fixsternhimmels.
Solange das menschliche Urbild in der Himmelsrose lebt, ist es ein geistig-seelisches Geschöpf, das die himmlische Triade in sich widerspiegelt; unter der Führung Michaels werden ihm die Kräfte des Wassermanns eingeprägt und schaut er als himmlischer Mensch herunter in die Region des Fixsternhimmels, von welcher Michael seine Taten ausgehen läßt. Von dieser Region aus folgt der Mensch seinem Führer Michael, der seine Wirkung bis in jene vierte Region von Lucifers Reich hineinstrahlt, in welcher im Abbild die Kräfte der zwölf Constellationen des Fixsternhimmels vorhanden sind. Sie sind wie ein Umkreis für das, was neu im Centrum entsteht. So wie sich der Fixsternhimmel zum Kosmos verhält, verhält sich dieser Umkreis zu dem speziellen Centrum, das als vierter Raum da ist. Zunächst sind beide nicht in der Weise voneinander abgetrennt, wie dies später der Fall ist, als sich dieser Raum in Sonne, Erde und Mond zerteilt hat.
Aus der Region des Fixsternhimmels, gehütet durch Michael, steigt der Mensch hinunter in die Sphären des kosmischen Reiches und auf seinem Wege begegnen ihm die Hierarchien, die als Abbild der himmlischen Chöre, der Blätter der Himmelsrose, dem Willen des Vaters, der Liebe des Sohnes Christus und der Weisheit der Lichtjungfrau gemäß ihre Taten verrichten. Mit heiliger Liebe, Freude und Ehrfurcht schauen sie zum erstenmal jenes Wesen, das, kurz zuvor, doch in ewiger Gegenwart, aus dem Herzen des Vaters hervorgegangen, wie ein Bote aus den himmlischen Regionen in ihrer Mitte erscheint, denn sie wissen, daß es die göttliche Triade in sich trägt und als Abbild Gottes seine Kräfte so in das vorhandene Chaos hineinbringt, daß für den früheren Fall der Engel die Erlösung kommen kann. Voller Hoffnung sehen sie den Menschen, als er seinen Weg von dem Fixsternhimmel bis zur vierten Region betritt, und sie scharen sich um ihn und begleiten ihn und segnen jeden seiner Schritte, indem sie beide Seiten des Weges einnehmen.
Auch die luciferischen Diener sehen den Menschen hinuntersteigen und werden von Haß und Furcht erfüllt; der Weg aber, den der Mensch geht, ist derselbe, den auch die Kräfte Michaels nehmen, wenn sie vom Fixsternhimmel bis in die vierte Region hineinstrahlen; daher können die luciferischen Diener den Menschen nicht erreichen, weil er unter Michaels Schutz geht.
Als der Mensch unter Michaels Führung, von der Region des Fixsternhimmels aus, Lucifers Reich betritt bis in die vierte Region, wird für ihu Michael der Vertreter der göttlichen Triade, die sich in der Himmelsrose unmittelbar ihm offenbart. Der Wille des Erzengels ist für ihn der Wille des Vaters; in seiner Stimme fühlt er, als Liebe, das Wesen des Sohnes Christus; seine Gestalt erinnert ihn an das Urbild, welches die Weisheit der Lichtjungfrau ihm gewoben hat. So werden dem Menschen die Gesetze offenbar in dieser vierten Region, wo Michael herrscht und von welcher aus dasjenige, was Lucifer im vierten Schöpfungsraum bewirkt, nach dem göttlichen Willen angeordnet wird. Durch Michaels Kraft entsteht in dem Chaos Ordnung, Gott schafft durch ihn; und als der Mensch in die vierte Region eintritt, findet er da die Urtypen der Formen für die Naturreiche, das seelische Element, das sie belebt und die Wesen, die in den Elementen wirken. So wie die Kräfte der zwölf zodiakalen Constellationen des Fixsternhimmels sich in der vierten Region widerspiegeln als die zwölf zodiakalen Zeichen, so schaut der Mensch um sich herum ein Abbild des himmlischen Paradieses in dem, was sich offenbart als die vierte Region, als Umkreis dessen, was als vierter Schöpfungsraum, in welchem Lucifer wirkt, entstanden ist.
Von dieser vierten Region aus soll der Mensch so einwirken auf die einzelnen Formen, welche sich im vierten Raume aussondern, wie Michael von dieser Region aus, die den Raum als Ganzes beeinflußt. Es kann dadurch der Wille Gottes bis in die Teile desselben einwirken, welche sich als abgetrennte Formen offenbaren. Sich mit der Form verbinden soll der Mensch nur insoweit, daß er diese Formen mit seinem Wesen umgibt und, wie vom Umkreis aus, die Form belebt und durchsetzt; die Form soll der Mensch dabei betrachten wie ein fremdes, sogar ihm feindliches Gebilde mit eigenem Wirkcentrum, das eingebettet ist in seine Kräfte, mit denen er das bekämpfen soll, was in der Form selber vorgeht und zur bloßen Form gehört. So wie Michael von der Peripherie aus Lucifer in seinem Centrum bestreitet, so ist der Mensch dazu berufen, die einzelnen Formen als unter luciferischen Einflüssen stehende Centren zu betrachten, die er umbilden soll nach dem Willen Gottes. Die vierte Region, als Peripherie des vierten Schöpfungsraumes, steht unmittelbar in Beziehung zur großen Peripherie, von welcher die Region des Fixsternhimmels die dritte und niedrigste Offenbarung ist; durch sie führt der Weg hinauf durch die Region des Kristallhimmels in die des Empyreums. Dieser Weg, der unmittelbar aus der vierten Region hinaufführt bis zur göttlichen Triade, bleibt dem Menschen offen, so lange er in jener vierten Region, unter Führung Michaels, die göttliche Triade in seinem Geiste rein bewahrt und das Wesen des Vaters, des Mittlers und der als Lichtjungfrau sich offenbarenden himmlischen Weisheit (Sophia) in seinem Wesen widerspiegelt.
Durch die Licht Jungfrau, wie durch das Auge Gottes im lichtvollen Urbilde seelisch geschaffen, innerlich erfüllt mit dem Leben des Gottessohnes Christus, das ihn, wie die Stimme Gottes, geistvoll durchklingt, ist der Mensch durchdrungen von dem lebendigem Odem, welchen Gott, der Urvater, ihm eingehaucht hat. So atmet er rhythmisch ein und aus, in Harmonie mit dem göttlichen Odem, der das Universum durchsetzt, und bleibt verbunden mit dem Herzen des Vaters, aus welchem er hervorgegangen ist.
Als geistiges Wesen lebt der Mensch im göttlichen Centrum. Mit jedem Atemzug nimmt er das Leben Gottes in sich auf und kann er Gottes Antlitz unverschleiert schauen, solange er diesen Odem in sich behält; dann sendet er ihn wie ein Dankgebet wiederum hinaus ins Universum, nachdem der Odem dadurch, daß er im Menschen gewohnt hat, sein Eigentum geworden ist. Wie ein freiwilliges Dankopfer an Gott soll das Geschöpf das, was in ihm als göttlicher Odem lebt, seinem Schöpfer entgegenbringen. Bewußt und mit freiem Willen will Gott durch den Menschen gedient werden. Jeder Atemzug soll sein: ein In-sich-Aufnehmen des Lebens Gottes, eine Contemplation in Erkennen, Schauen und Erleben des göttlichen Geistes und seines wahren Angesichtes in sich; dann ein dankendes Anbeten, ein Sich-Hinopfern an Gott in Vertrauen und Glauben; denn jedes Ausatmen schließt in sich eine völlige Hingabe und einen festen Glauben an die Möglichkeit, wieder einatmen zu können, wieder das Leben Gottes wie eine Gabe in sich aufzunehmen.
Zwischen Centrum und Peripherie der Himmelsrose tönt die Stimme  Gottes, das lebendige Wort; es durchklingt und durchbebt alles und wird  durch die himmlischen Chöre und auch durch den Menschen, als geistiges  Wesen, auf dreifache Weise erlebt. Wie ein Einatmen ist das Hören auf Gottes Stimme — dann folgt ein Contemplieren des Gehörten, durch welches das Gehörte innerlich erlebt wird als eigenes bewegliches  Fühlen im Geiste — dann, wie ein Echo, tönt die Antwort darauf wie ein Ausatmen, eine freiwillige Rückgabe des Empfangenen. So entsteht eine Zwiesprache zwischen Schöpfer und Geschöpf.
Auch das Schauen erlebt der Mensch, als geistig-seelisches Wesen, wie ein Einatmen, wenn er die lichtvolle Weisheit in sich aufnimmt — sie in Contemplation als Schönheit innerlich erlebt — und sie dann ausatmet als Kraft und Stärke, die aus seinen Wesen ausströmt; gleichsam ein seelisches Verständnis offenbart sich dadurch zwischen Schöpfer und Geschöpf.
Die göttliche Triade, welche in dem Geschöpf widergespiegelt wird, offenbart sich in ihm wie drei Kraftcentren; eines von diesen ist das wahre Centrum seines Wesens, wie ein Abbild des Herzens Gottes, des väterlichen Willensprinzips; um dieses herum befindet sich das zweite Centrum, durch welches das Prinzip des Gottessohnes sich wie das Wort offenbart; um diese beiden herum ist das Centrum, das mit dem Prinzip der Lichtjungfrau, der Weisheit im Lichte, übereinstimmt. — Das geistige Wesen, in der Himmelsrose lebend, offenbart im Abbild das Herz, die Stimme und das Auge Gottes. So besteht es aus drei Centren oder geistigen Organen: das Herz, mit dem es in Gott selbst lebt, im Centrum; das Auge, mit dem es das Geschaffene bis zur Peripherie schaut und erkennt; sodann das geistige Organ, durch welches es Gottes Stimme hören und mit dem es auf diese Stimme wie mit eigenen Lauten antworten kann. Diese geistigen Organe nehmen sich aus wie drei ineinander schwingende Sphären, von welchen sich die eine als centrale Kraft offenbart, während sich die zwei anderen in wechselnder Weise um die dritte bewegen, die eine mehr als Peripherie, die andere wie zwischen beiden eine Verbindung darstellend.
Wie ein Abbild der Himmelsrose ist das geistige Wesen, wenn es in himmlischen Regionen lebt. Wenn es dann durch die Lichtjungfrau das see lische Urbild erhalten hat und damit hinuntersteigt durch die Constellation des Wassermanns, wird der wahre menschliche Typus ihm eingeprägt und es erhält neben dem Abbild der göttlichen Triade ein Abbild der Kräfte, welche in dem Erzengel Michael ihren Ausdruck finden, der die Kräfte des Wassermanns beherrscht. Der Mensch hat die Aufgabe, im Kleinen das zu bewirken, was Michael im Großen ausführt; er soll die einzelnen Gebilde des vierten Schöpfungsraumes mit seinen Kräften so durchsetzen, wie Michael diesen ganzen Raum durchstrahlt. Im Abbild erhält er deswegen das Wesen des großen Erzengels.
Während der Mensch unter der Führung Michaels durch die Reihen der wahren Hierarchien bis in die vierte Region hinuntersteigt, begegnen ihm auf seinem Wege die verschiedenen hierarchischen Wesen, und jedes von ihnen reicht ihm eine Gabe beim Eintritt in die neue Welt. Die dreifache Gabe von Stärke, Liebe, Weisheit bringen sie dem Menschen zum Opfer. — So ist es noch in viel späterer Zeit, als derselbe Mensch den Kräften Lucifers verfiel und Gottes Sohn, Christus, zum erstenmal als Mensch die verfallene Erde betritt, um der von Gott abgefallenen Menschheit Rettung zu bringen. Dann gehen auch zu ihm die drei Könige und opfern ihre Gaben als Myrrhe, Weihrauch und Gold; sie sind Repräsentanten der drei Typen aus den Hierarchien und bringen das zum Opfer dar, was ein Symbol ist für die Kräfte der Stärke, Liebe und Weisheit. Und so, wie die luciferischen Diener sich aufbäumten gegen den neugeschaffenen Menschen, als er in ihre Regionen eintrat, so war das Christuskind der Wut des Königs Herodes ausgesetzt, der den Kindermord befahl aus Furcht um seinen Thron. Wie aber dieser Mord am Christuskind verhindert wurde durch die Flucht nach Ägypten, so wird der Mensch durch Michael aus der Gefahr herausgeführt, sodaß die Scharen Lucifers ihn zunächst nicht erreichen können.
Im Menschen selbst widerspiegelt sich wie im Abbilde die geistige Wirkung, die sich in der Himmelsrose als die des urväterlichen Centrums und die der urmütterlichen Peripherie offenbart. Wie Geist und Seele nehmen diese zwei göttlichen Prinzipien sich im Menschen aus. Im Wesentlichen sind sie als Einheit verbunden, doch wirken sie gegenseitig aufeinander ein. Das seelische Element ist der Spiegel des Geistes; in der Seele wird das Abbild dessen bewahrt, was der Geist erlebt, wenn er sich durch die kosmischen Regionen hinaufschwingt bis in das urväterliche Centrum der Himmelsrose, in dem er seinen Schöpfer erkennt. Die Seele kann nur bis in jene Region aufsteigen, in der die Lichtjungfrau sie gewoben hat, als Urbild für das geistige Wesen des Menschen. Durch Vermittlung des geistigen Elementes aber ist es der Seele möglich, das Wesen der Lichtjungfrau selbst wie ein himmlisches Ideal in sich zu erblicken, welches sie dann als ihre himmlische Mutter erlebt, denn durch den Geist erhält sie ein Abbild dessen, was zu den himmlischen Regionen gehört.
Als Lucifer während der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes, der in umgekehrter Weise das Abbild des urmütterlichen Prinzipes darstellt, eine Anzahl Engel dazu verführt, sich mit ihrem Wesen zu tief hineinzuver senken in die einzelne Formen, tritt als Folge davon ein, daß dieser Raum sich in zwei Teile zerspaltet, von welchen der eine c e n t r a 1 bleibt, der andere aber sich als Peripherie abtrennt und dadurch seine Entwicklung fortsetzt auf einer niedrigeren Ebene, als es sonst der Fall gewesen wäre. Damit ist das seelische Element von dem geistigen abgetrennt worden und hat deswegen die Beziehungen zu den himmlischen Regionen, die es nur durch Vermittlung des Geistes erlangen kann, verloren. Lucifer kann dadurch dieses seelische Element für seine Taten gebrauchen und es gänzlich verbinden mit dem, was er als Abbild des wahren Seelischen des urmütterlichen Prinzips — während der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes — an Formen ausbildet. Statt zu hören auf die Stimme der Erzengel, jener Wesen aus den wahren Hierarchien, die, über ihnen stehend, Gottes Willen treu geblieben sind, haben jene Engel auf die Formen geschaut, welche Lucifer ihnen zeigte, die sie zwar beleben, aber nicht für sich begehren sollten. Damit sind sie unter die Gewalt Lucifers geraten und das seelische Element ist, statt des Abbildes der Lichtjungfrau, des reinen urmütterlichen Prinzipes, das in sich den Geist widerspiegelt, ein Zerrbild desselben geworden und zwar ein Abbild der unreinen weiblichen Schlange, welche den Inspirationen Lucifers gehorcht und das Abbild seines Wesens in sich trägt.
Während der Ausbildung des vierten Schöpfungsraumes hat Michael alles das, was sich als Wiederholung des Vorganges der dritten Schöpfung in der vierten Region offenbart, aus der Entwicklung herausgesondert, wie die Überreste dessen, was er mit seinen Kräften überwunden und vernichtet hat.
Als geistig-seelisches Wesen tritt der Mensch in die vierte Region ein mit der Aufgabe, die einzelnen Formen, die in der vierten Schöpfung ausgebildet sind, wie vom Umkreise aus mit seinem Wesen zu beleben. Als geistig-seelisch offenbart sich auch der Mensch in jener vierten Region zunächst in einer Einheit; mit dem Geistigen mehr geneigt zurückzustreben nach dem urväterlichen Centrum, fühlt er sich im Innersten seines Wesens mit seinem Schöpfer in Einheit verbunden, wenn er das Leben Gottes ein- und ausatmend in dem Moment, der zwischen beiden liegt, das Antlitz Gottes unverschleiert schaut. Das seelische Element in ihm ist wie der Spiegel seines Geistes, es strebt hinauf bis zur urmütterlichen Peripherie.
So wie die Region des Fixsternhimmels als Peripherie dem kosmischen Reiche am nächsten liegt, indem sie die Grenze bildet zwischen den himmlischen Regionen und dem Gebiete, wo Lucifer wirkt, so ist das seelische Element im Menschen mehr geeignet, die äußere Peripherie seines Wesens zu bilden, von welchem der Geist das Centrum ist. Diese Peripherie steht deswegen auch in der vierten Region den Offenbarungen Lucifers am nächsten, sie formt sozusagen die Grenze zwischen dem Gebiete des menschlichen Geistes und der Wirkung Lucifers, die sich im vierten Schöpfungsraume zeigt. Sie ist die Vermittlerin zwischen dem geistigen Elemente im Menschen und den einzelnen Formen im vierten Raume, welche durch den Menschen von der vierten Region aus, wie von außen her, belebt werden soll. So lange das seelische Element, gleichwie ein reiner Spiegel, dem geistigen Centrum zugewendet bleibt und gleichsam mit der Kehrseite die Grenze bildet für das kosmische Reich — wenn die Seele ihre Aufmerksamkeit nur dem Geistigen widmet und wie ohne Begierde in die Welt der Offenbarung hineinschaut — solange bleiben Geist und Seele mit den himmlischen Regionen verbunden, obgleich sie im Kosmos tätig sind. Wenn aber die Seele in Begierde und Fühlen sich der äußeren Welt zukehrt, dann verbindet sie sich dadurch immer mehr mit jener Welt, sie wendet sich um und spiegelt statt des Geistes in sich, das Wesen und das Reich Lucifers. Sie verliert ihren Zusammenhang mit dem geistigen Element und stürzt sich in die niederen Regionen. Dasselbe geschah auch bei dem Fall der Engel, während der Ausbildung des dritten Schöpfungsraumes.
Seitdem der Mensch, in der vierten Region lebend, sein Wesen so zerteilt sieht, daß das geistige und das seelische Element sich wie abgesondert voneinander in zwei menschlichen Wesen ausleben, von welchen das eine mehr das geistige Prinzip, das andere mehr das seelische in sich trägt, ist die Gefahr der Abtrennung der beiden Prinzipien umso größer geworden. Als aus der Seite, dem Herzen des ersten Menschen, in welchem der Geist das seelische Element überwiegt, eine zweite Art menschlichen Wesens geschaffen wird, in welchem das Seelische mehr ausgesprochen ist, da ist zunächst nur eine äußere Trennung der beiden Prinzipien da; diese beiden menschlichen Wesen bilden zusammen eine Widerspiegelung der zwei göttlichen Kräfte: des urväterlichen Centrums und der urmütterlichen Peripherie. Der zweite Mensch aber ist abhängig von dem ersten, wie die Seele vom Geiste; er ist nicht direkt aus dem Herzen des Vaters hervorgegangen wie der erstgeschaffene Mensch, sondern aus dem Herzen des ersten Menschen; durch den ersten Menschen soll er die Gebote Gottes empfangen.
Während der erste Mensch unmittelbarer mit seinem Schöpfer verbunden ist, ist der zweite Mensch, in welchem das Seelische überwiegt, dem Kosmos näher; er schaut unmittelbar in die Welt der äußeren Offenbarungen hinein. So wie Gott durch seinen Diener Michael, als Vermittler, zum ersten Menschen spricht, und sogar unmittelbar zu ihm, wenn er seinen Geist zu immer höheren Regionen erhebt und sich da mit seinem Schöpfer verbindet, so kann auch Lucifer zu dem zweiten Menschen sprechen, der mit den Kräften seiner Seele in die äußere Welt hineinschaut.
Der geistige Mensch ist sozusagen abhängig von dem seelischen Menschen in Bezug auf sein Verhältnis zur äußeren Welt. Durch die Zusammenwirkung des geistigen und des seelischen Menschen entsteht gleichsam ein Abbild von dem, was sich als Sprache zwischen dem urväterlichen Centrum und der urmütterlichen Peripherie ausnimmt. In dieser Sprache werden die himmlischen Chöre von Hierarchien offenbar wie die lebendig tönenden Blätter der Himmelsrose. In der vierten Region des kosmischen Reiches kann durch die Verbindung der geistigen und seelischen Kräfte in beiden Menschen eine lebendige Sprache entstehen, durch welche Wesen gebildet werden, die im Abbild den himmlischen Chören gleichen. Diese sollen die Erlösung bewirken von all dem, was sich in dem vierten Raume entwickelt als umgekehrtes Wesen der wahren Hierarchien im Tierreich, Pflanzenreich, Mineralreich und in den Elementen. Der Mensch selbst soll die einzelnen Formen umbilden, welche Lucifer schon aus der Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes als Typus des Eigenwillens im Gegensatz zum väterlichen Willenselement herausgehoben hat.
Dadurch, daß jene luciferischen Gebilde durch das Wesen des Men schen aus der vierten Region, wie von außen her, belebt werden, können sie allmählich umgestaltet werden und mit den geistig-seelischen Kräften sich verbinden, die im Menschen ihr Abbild haben. Diese Gebilde, die ein Abbild Lucifers zeigen, können dadurch, daß der Mensch sie mit seinen Kräften durchsetzt, statt des Typus des luciferischen Eigenwillens das wahre menschliche Urbild, das vom Erzengel Michael gehütet wird, abbilden.
 Im vierten Schöpfungsraume ist durch Lucifer alles beibehalten, was er in den früheren Entwicklungen des ersten, zweiten und dritten Schöpfungsraumes ausbildete, und sein Reich, das sich innerhalb der Peripherie der vierten Region befindet, wird durch diese Region ringsherum begrenzt. In dieser Region, die ein Abbild des himmlischen Paradieses ist, befinden sich ebenso die vier Punkte, die durch den Fall Lucifers aus den himmlischen Regionen als Zerspaltungslinien entstanden sind. Wie vier große Ströme nehmen diese Linien sich aus, die das Paradies durchkreuzen. In der Nähe des Nordpunktes, in welchem Lucifer aus der Region des Fixsternhimmels herausgefallen ist, zwischen der Constellation des Krebses und der der Zwillinge, sind in diese vierte Region die zwei Bäume gestellt worden, welche der Mensch nach dem Willen Gottes nicht berühren soll. Dort ist der kritische Punkt, wo durch den Abfall Lucifers die Verbindung entstand zwischen dem Paradies und dem Reiche Lucifers, wo der Ausgang aus dem Paradiese in die niederen Regionen möglich ist; im Gegensatz zum Ausgang vom Paradiese in die höheren Regionen, der sich unter der Constellation des Wassermanns befindet in der östlichen Himmelsrichtung.
An diesem Punkte kann Lucifer dem seelischen Menschen am besten zureden, hineinzuschauen in sein kosmisches Gebiet und mehr Anteil an dieser äußeren Welt zu gewinnen, als er nach dem Willen Gottes haben soll. So stellt er an jenen Ort eine Form hin, das Bild von dem, was als verdorbenes seelisches Element in seinem Reiche sich offenbart hat während der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes. Die weibliche Schlange zeigt sich dem seelischen Menschen am Baume, welchem er nach Gottes Gebot nicht berühren soll. Diese Schlange spricht zum Menschen; sie ist klug und schlau; von allem, was in den kosmischen Regionen geschehen ist, weiß sie zu erzählen. Göttliche Weisheit verspricht sie dem Menschen, wenn er die verbotenen Früchte des Baumes in sich aufnehmen wird. Dadurch, daß der Mensch dieser neuen Stimme zuhört, wird der göttliche Rhythmus in ihm unterbrochen, es mischt sich etwas Fremdes hinein; er atmet nicht mehr den göttlichen Odem mit. So verliert er den festen Zusammenhang mit dem geistigen Elemente; die reine Spiegelung des Geistes wird in ihm getrübt, da er sich der äußeren Welt gänzlich zuwendet. Der seelische Spiegel wendet sich um und statt des geistigen Centrums widerspiegelt sich in ihm das dualistische Reich im Kosmos und Lucifer selbst. Der seelische Mensch hat die Früchte vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen gegessen. Anders ist er dann geworden; seine Umgebung ist ihm fremd, denn er weiß von einer neuen Welt, er weiß von anderen Regionen, von einem anderen Fürsten, der da Herrscher ist; er hat geschaut die weibliche Schlange als vorher nicht gekanntes, seelisches Element.
Dann geht er zum geistigen Menschen, der von ihm abhängig ist in Bezug auf seine Verbindung mit der Umwelt und verführt ihn dazu, von
jener verbotenen Frucht zu nehmen, so wie er es selbst getan. So wird auch ihm, dem ersten Menschen, das kosmische Reich, wo Lucifer wirkt, offenbar; auch er verliert den göttlichen Rhythmus in sich. Herausgefallen aus dem Rhythmus des göttlichen Odems, fühlt er sich wie aus dem Herzen des Vaters verbannt; zum erstenmal schaut er im Augenblicke der Contemplation nicht mehr unverschleiert das Antlitz Gottes; zum erstenmal schließt sich die himmlische Pforte, durch welche er vorher zu den höheren Regionen aufgestiegen ist; zum erstenmal fühlen beide sich wie Menschen, abgetrennt vom Schöpfer und — das wissend, was Lucifer ihnen geoffenbart hat — lernen sie das Schamgefühl kennen. Und als die Stimme Gottes zu ihnen klingt, da werden sie durch dieses Schamgefühl verhindert zu antworten; so wie sie aus dem Rhythmus des göttlichen Odems herausgefallen sind, so ist es ihnen auch unmöglich, weiter auf die Stimme Gottes zu horchen und zu antworten. Es ist ihnen auch die Möglichkeit des Schauens genommen worden; sie erleben, fühlen und schauen anders wie vorher; das göttliche Element ist aus ihrem Bewußtsein, Fühlen und Wissen geschwunden; statt dessen empfinden sie in sich den Kern von Eigenfühlen, Eigenwissen, welchen Lucifer in sie hineinlegen konnte und der das Erleben von Gottes Willen, Gottes Wort, Gottes Weisheit in ihnen verschleiert. Nicht mehr beleben und beherrschen sie mit ihrem Wesen die einzelnen Formen des vierten Schöpfungsraumes von der dritten Region aus, sondern sie werden mit diesen Formen umkleidet und weil diese Formen durch Lucifers Fall in den niederen Regionen und als Gegenbild des Geistigen entstanden, sind sie den Menschen wie ein Kerker, der sie von den geistigen Welten abschließt. So müssen sie hinuntersteigen in das Reich, wo Lucifer tätig ist und wo sie, mit den einzelnen Formen verbunden, im vierten Schöpfungsraume selbst leben sollen. So wurden sie wie mit einer Tierhaut bedeckt und gehören von da an nicht mehr den im Einklang schwingenden himmlischen Sphären, sondern dem dualistisch zerteilten, zwiespältigen und zwieträchtigen Kosmos an.
Es wiederholt sich mit dem Menschen dasselbe, was mit Lucifer geschah, als er aus der Region des Fixsternhimmels herausfiel und das himmlische Paradies verließ in der Richtung des Nordpunktes. Auch der Mensch muß die Region verlassen, welche Abbild des himmlischen Paradieses ist, durch die Pforte, die beim Zeichen der Zwillinge liegt. Michael, der Gegner Lucifers, hütet diese Region, von welcher aus er Lucifer bekämpft; der Mensch, der diese Region verlassen muß, wird durch ihn aus dem Paradiese verbannt, weil er sich mit Lucifers Taten verbunden hat. Michael wird von da an Gegner des gefallenen irdischen Menschen, so wie er Hüter des geistigseelischen Menschen war, solange noch der Mensch mit dem Herzen Gottes vereint lebte.
Mit seinem Fall wird alles, was über dem Reiche Lucifers liegt, für den Menschen weiterhin unzugänglich, da er, eingekerkert in die luciferischen Formen, im vierten Schöpfungsraum leben muß, wo Lucifer im Anticentrum des göttlichen urväterlichen Centrums wirksam ist.
So wie  früher bei  dem  Abfall Lucifers  Gott in seiner  unendlichen
Gnade und Liebe die Grenze für seinen Fall gesetzt hat, sodaß es nicht Gotteswille, sondern Lucifers Eigenwille ist, der ihm die Rückkehr zu Gott-Vater unmöglich macht, so ist bei dem Fall des Menschen ebenso vorgesehen worden, wenn auch auf andere Weise, daß der Mensch durch seinen Abfall nicht ganz verloren gehe, daß er nicht ganz der Herrschaft Lucifers verfalle Es  ist  ein Teil  des  menschlichen  Wesens  davor behütet worden,  zu  tief
hinunterzusteigen, denn Gott selbst hat dem Menschen bei seinem Fall jenen Teil seines Wesens entnommen, der als geistig-seelisches Wesen mit dem Herzen des Vaters verbunden bleibt und als himmlisches Wesen in den Regionen der Himmelsrose lebt, bis zu der Region des Fixsternhimmels, nicht aber in jener Region selbst. Das wahre menschliche Urbild (Archetypus), durch die Lichtjungfrau gewoben, ist für ihn bewahrt geblieben, auf daß der wahre ewige Mensch in der himmlischen Triade als unvergäng liches Wesen bestehen bleibe. Für dieses himmlische Urbild des Menschen bleibt Michael der Hüter.
Nun aber kann das menschliche Urbild nach dem Fall des irdischen Menschen nicht mehr hinuntersteigen bis in die vierte Region des Kosmos; es bleibt in den himmlischen Regionen. Der irdische Mensch aber kann sich, eingekerkert in die äußeren Formen, nicht in die himmlischen Regionen begeben; eine schwache Erinnerung nur bleibt ihm an seine paradiesische Umgebung, die er in der vierten Region als Abbild des himmlischen Paradieses erlebt hat. So hat der Mensch sich in zwei Teile zerspalten; der urbildliche Mensch kann zunächst keine Beziehung haben zum irdischen Menschen; der irdische Mensch weiß nichts vom himmlischen Urbilde; er ist vorerst ein Wesen, welches das wahre geistige Element verloren hat und auch das rein seelische, insoweit dieses ein Spiegel des Geistigen ist. Dafür hat er das erhalten, was während der Ausbildung der verschiedenen Schöpfungsräume im Kosmos durch den Widersacher entstanden ist: das verdorbene seelische Element des dritten Schöpfungsraumes (durch den Fall der Engel), das verdorbene geistige Element des zweiten Schöpfungsraumes (mit der Verführung der Erzengel), die verdorbene Willenskraft, aus der Zeit, da die Fürstentümer im ersten Schöpfungsraum verführt wurden. Mit diesen drei Eigenschaften erhält der Mensch die teilweise verdorbene Form, in welche er sich versenkt hat. So hat der irdische Mensch in seiner irdischen Form ein Abbild der drei göttlichen Kräfte des Vaters, des Sohnes Christus und der Lichtjungfrau in verkehrter Weise erhalten und ist teilweise ein Abbild Lucifers geworden. Doch leben im Menschen auch Kräfte, die aus den höheren Sphären und von den Erzengel kommen, die Lucifers Taten entgegenwirken.
Mit dem Eigenwillen erlebt der Mensch ein festes Centrum in sich, mit dem Eigenfühlen erlebt er eine geistige Kraft in sich und mit dem Eigenwissen fühlt er in sich selbst alles widergespiegelt, was in seiner Umwelt vorgeht. Durch die Wunschwirkung zwischen dem geistigen und dem seelischen Menschen, die wie ein Abbild der Sprache des Urvaters zum urmütterlichen Prinzip ist, sollten im Paradiese Wesen entstehen, die im Abbild den himmlischen Chören glichen und diese sollten, wie von außen her ihre Kräfte einstrahlend, die Erlösung bewirken von all dem, was sich im vierten Schöpfungsraume entwickelt als umgekehrtes Wesen der Hiearchien, als Formen im Tier-, Pflanzen- und Mineralreiche.
Durch den Fall der ersten Menschen hat sich die Wirkung ihrer geistigen und seelischen Kräfte so geändert, daß die Wesen, welche als Abbilder der himmlischen Chöre entstehen sollten, nicht geschaffen werden konnten. Die Ursprache, das schöpferische, geistig zeugende Wort zwischen beiden Menschen geht mit ihrem Fall verloren, denn Gott entnimmt dem irdisch gewordenen Menschen das geistige und rein seelische Element und versetzt es hinein in die himmlischen Regionen. So können auch die Reiche, welche sich als umgekehrtes Wesen der Hierarchien entwickeln, nicht erlöst werden, und obwohl der Mensch auf Erden das höchste Geschöpf ist, hat er doch die Macht über die ihm umgebenden Naturreiche verloren. Er lebt nicht mehr in den Regionen, die über dem Wesen jener Reiche hinausliegen, sondern selber lebt er jetzt inmitten der Naturreiche; er wirkt auf sie ein und sie wirken auf ihn; so empfindet er einzelne Teile aus ihnen, die ihm gut, andere, die ihm feindlich sind.
Als der Mensch aus dem Rhythmus des göttlichen Odems herausgefallen ist, weil er Lucifer Gehör schenkte, ist durch dieses neue Element, das sich hineingemischt hat, der Rhythmus in ihm unharmonisch geworden. Als Folge der in ihm erweckten Begierde, mehr zu sein, mehr zu fühlen, mehr zu wissen, als Gott ihm angezeigt hat, ist er aus dem wirklichen Willen, Fühlen und der göttlichen Weisheit herausgefallen und ist der Rhythmus seines Odems so geworden, daß die Neigung des Ausatmens größer ist, wie die des Einatmens. Dasselbe ist mit Lucifer geschehen durch seinen Fall; und auch die luciferischen Hierarchien offenbaren sich auf diese unharmonische Weise. Sie haben, wie Lucifer selbst, das Gleichgewicht verloren zwischen Ausatmen und Einatmen — Offenbarung und Versenkung in ihr eigenes Sein — ; sie wollen immerzu tätig sein und zeigen sich dadurch als aggressiv, disharmonisch, das wahre Zeitmaß zerstörend, wo sie mit ihren Taten die der wahren Hierarchien durchkreuzen.1) Ihre Wirkungen stehen am Ende aber immer denjenigen der wahren Hierarchien nach, denn sie können den wahren Rhythmus doch nicht mitmachen, weil es für sie Perioden gibt, in welchen sie das überwiegende Ausatmen ersetzen müssen, damit sie nicht vernichtet werden. Lucifer muß ihnen dann neue Kräfte einflößen und diese holt er sich aus den Wesen, die er seit dem Zeitpunkte seines Falles verführen konnte, wodurch die göttlichen Kräfte ihres Wesens unter seine Macht gekommen sind.
1) In diesem Zusammenhang versteht man auch die Übung gewisser Yogaschulen, sich durch ständiges Ausatmen ohne Einatmen in einen veränderten inneren Spannungszustand zu versetzen, wodurch „Visionen" möglich werden, allerdings nur von Wesenheiten und Gebilden der luciferischen Welt.


Solange der Mensch noch mit dem Herzen des Vaters verbunden, und daher als ewiges Wesen lebt, hat das Zeitliche keine Gewalt über ihn. Weil er aber aus dem göttlichen Rhythmus herausfällt dadurch, daß er nicht nur  auf Gott hört,  sondern  sich  negativ zuhörend  etwas  Anderem übergibt und vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen ißt, tritt er, als irdischer Mensch von seinem himmlischen Urbilde getrennt, aus der Ewigkeit in das Zeitliche ein. Den ewig-göttlichen Rhythmus preisgebend, überläßt er sich dem Rhythmus des gefallenen Geschöpfes Lucifers, der als solches nur ein zeitliches Wesen ist. Nicht nur lernt der Mensch mit seinem Fall außerhalb der ihm bekannten Umwelt des Paradieses eine neue Welt, die Lucifers, kennen und versteht dadurch die zwiespältige Entwicklung und das Prinzip des Guten und Bösen, weil in dieser neuen Welt sich alles in zwiegespaltener, entzweiter (polarisierter) Weise offenbart — sondern er tritt damit auch in den Cyklus der Zeiten ein.
Da lernt er wieder eine dreifache Wirkung kennen, wie ein Gegenbild des göttlichen Odems selbst. Ausgeatmet in der Zeit ist das, was hinter dem Menschen liegt; eingeatmet wird die Zukunft, die durch Ausatmung Vergangenheit wird; dazwischen liegt ein Ruhepunkt, wie eine abgeschlossene scheinbare Ewigkeit, als Gegenwart. In diesem Zeitlichen liegt eingeschlossen das Geheimnis von Gut und Böse.
In der Ewigkeit ist alles in göttlicher Ruhe und Vollkommenheit aufbewahrt, belebt durch den göttlichen Rhythmus, den lebendigen Odem. Das menschliche Wesen fragt da nicht nach dem, was war, was ist, was sein wird; da lebt es in Gott in vollem Glauben, in Hingabe und Vertrauen. Als der Mensch selbst wissen will, tritt er in das Zeitliche hinein. Da lehrt Lucifer ihn einen andern Rhythmus kennen, den des zeitlich gewordenen Geschöpfes. Der Mensch wird dann gestellt zwischen Ein- und Ausatmen wie in eine scheinbare Ewigkeit, die Gegenwart, über welche er Herr und König ist. Darin fühlt er sich selbst wie ein Gott. So wie er früher in dem Augenblick der Contemplation Gottes Antlitz unverschleiert sah, so wirft er dann den Blick auf sich selbst, erlebt sich selbst bewußt, und lernt zurückschauen in die Vergangenheit, in das, was ausgeatmet worden ist; durch die Erinnerung wird er sich der Vergangenheit bewußt, indem er sich in diese vertieft. Diese Vergangenheit umfaßt auch alles, was Lucifer ausgeatmet hat als Umwelt des irdischen Menschen, und so verbindet sich der Mensch mit dieser äußeren Welt und lernt sie immer mehr kennen. Die Zukunft, als noch Einzuatmendes, ist dem Menschen Gegenstand seines Wissendranges, dessen Ursprung der Ehrgeiz ist; denn nicht nur will er sich Herr der Gegenwart fühlen und die Vergangenheit mit seiner Erinnerung bewältigen, auch die Zukunft möchte er in seinem Erkenntnisdrang beherrschen und durchdringen.
Als sich durch seinen Fall der Mensch zerteilte in ein rein geistigseelisches Wesen oder den himmlischen Menschen und in ein solches, das auf Erden selbst leben soll, den irdischen Menschen, da verläßt er als letzterer das Paradies durch die Pforte, welche aus der vierten Region hinausführt in das Reich, wo Lucifer selbst herrscht. Diese Pforte befindet sich zwischen den zwei verbotenen Bäumen des Paradieses im nördlichen Punkte bei der Constellation der Zwillinge. Die Kräfte, welche mit dieser Constellation verbunden sind, deuten eine Dualität an; sie beziehen sich auf die Trennung zwischen dem himmlischen Menschen, welcher wieder hinaufsteigt zu den höheren Regionen, wo das menschliche Urbild lebt, und dem irdisch gewordenen Menschen, der den Weg in die niederen Regionen betreten muß; eine aufwärtsführende und eine hinunterstrebende Kraft liegen in der Constellation der Zwillinge verborgen. Die aufwärtsführende Kraft bewirkt, daß der himmlische Mensch den Weg betritt, der hinauf in die höheren Regionen führt, wo die Ewigkeit herrscht; als geistiges Wesen blüht er da auf; — die nach unten strebende Kraft führt den gefallenen Menschen in das Reich der Vergänglichkeit hinein, wo er den Zerfallskräften in Bezug auf das Geistige Untertan wird und als geistiges Wesen immer mehr abstirbt.
Hätte der Mensch auch von dem zweiten Baume des Paradieses, der ihm verboten war, nehmen können, so wäre nicht nur ein Teil von ihm in das dualistische Reich des Kosmos hinuntergestiegen. Es wäre dann nicht ein zum himmlischen Urbilde zurückkehrender und ein zur Erde heruntersteigender Teil im Menschen gewesen, sondern das ganze Wesen des Menschen wäre irdisch geworden. Die Früchte des Baumes der Erkenntnis des Guten und des Bösen lehrt ihn Lucifer kennen und sie führen ihn aus der Ewigkeit in das Reich des Vergänglichen hinein. Die Früchte des zweiten Baumes, des des Lebens, hätten ihm die geistigen, himmlischen Kräfte, welche zur Ewigkeit gehören, mitgegeben in das Reich Lucifers. So wäre der Mensch mit allen seinen geistig-göttlichen Kräften unmittelbar verbunden worden mit der Welt Lucifers; derjenige Teil, welcher als himmlisches Wesen der Ewigkeit angehört und sich mit dem Fall vom irdisch gewordenen Menschen abtrennte, wäre mit in das irdische Element versenkt worden. In Bezug auf das himmlische Element wäre dadurch der Mensch abgestorben; der verderbte irdische Mensch hätte das Gepräge der Ewigkeit erhalten, sodaß niemals der Augenblick hätte eintreten können, wo er die irdische Form ablegt, wie jetzt beim Tode. Die Folgen für die Entwicklung der Menschheit wären dann nicht auszudenken.
Dadurch, daß er nur von dem einen der verbotenen Bäume nahm und das Gebot nur teilweise brach, konnte ein Teil seines Wesens zu den himmlischen Regionen aufsteigen und in dem Herzen des Vaters als das ewige menschliche Urbild weiterleben.
Von der Constellation des Wassermanns bis zu der der Zwillinge hatte der Mensch die vierte Region als Abbild des himmlischen Paradieses durchwandert, als ihn Lucifer durch die Schlange verführte an dem kritischen Punkte, wo er selbst aus den himmlischen Regionen herausgefallen war. So hat der Mensch da neun Zeichen durchwandert, als Abbild von neun aus den zwölf Constellationen des Fixsternhimmels. Wäre er Lucifers Einfluß nicht verfallen, so hätte er die drei übrigen Zeichen in der vierten Region, also im Paradiese, durchgehen und die einzelnen Formen, die sich auf der Erde entwickeln, von außen beleben und mit seinem Wesen durchdringen können. Dadurch, daß er bei der Constellation der Zwillinge die Pforte des Paradieses verläßt, muß er die Kräfte der folgenden drei Constellationen, der des Stieres, des Widders und der Fische, auf sich wirken lassen, da er in die kosmischen Formen eingekerkert und vom himmlischen Menschen abgetrennt worden ist. Es wirken dann die guten und die schlimmen Kräfte aus diesen Constellationen auf ihn ein und er selbst ist beiden hilflos ausgesetzt, denn durch Lucifer, der sein Herr geworden ist, sind die positiven Kräfte jeder Constellation durch negative Kräfte  wie  auf umgekehrte  Weise  nachgebildet  worden.  Es  war  ja  das
dualistische Prinzip des Guten und Bösen schon damals entstanden, als Lucifer aus der Region des Fixsternhimmels herausfiel und anfing, im Kosmos tätig zu sein.
Die dualistischen Kräfte aus der Constellation der Zwillinge wirken in solcher Weise auf die materiellen Formen ein, die der Mensch bewohnen muß, daß eine zweifache Wirkung sich in ihnen offenbart. So sind die Kräfte, die aus den drei Constellationen Stier, Widder und Fische fließen, auch von Bedeutung für die weitere Umbildung der Formen, in welchen er eingekerkert lebt. Im Laufe der weiteren Entwicklung muß der Mensch sich seelisch-geistig zunächst jene Kräfte aneignen, die ihm aus diesen Constellationen zuströmen, damit er den Rückweg finde hinauf zu dem wahren menschlichen Urbilde, mit dem er sich, vermittels der Kräfte der Constellation des Wassermanns, in der Zukunft wieder vereinigen wird. Er soll durch die Geduld, die mühsame Arbeit und die Kräfte des Widerstandes die negativen Kräfte aus der Constellation des Stieres überwinden, die seine Formen immer dichter und fester machen und ihn dadurch mehr mit der Erde verbinden möchten. — Mit den besten Kräften aus der gegenüberliegenden Constellation des Adlers soll er die negative Wirkung des Stieres ausgleichen und damit die Erdenschwere seiner Form durch innere Kräfte überwinden. — Durch die Kräfte des Widders soll er jedes Hindernis überblicken, als Kämpfer gegen seine Form auftreten und ihre ihn hemmenden Eigenschaften mit der Kraft seines inneren Lebens zersprengen. — Die positiven Kräfte aus der Constellation der Waage sollen ihm die Eigenschaft des Gleichgewichtes geben, sodaß ein richtiges Verhältnis zwischen innerem Leben und der Form selbst entsteht. Dies kann nur geschehen, wenn der Mensch bereit ist, die äußere Form zu kreuzigen, wo sie dem inneren Leben ein Hemmnis wird.
Auch soll er später erkennen, daß die beiden Constellationen des Stieres und des Widders die Symbole enthalten für die Opfertiere und damit lernen, sich als Opfer hinzugeben, als Sühne für das, was er durch den ersten Fall verdorben hat. Dann weiß er, daß all dasjenige mit ihm sterben muß, was er nach seinem Fall durch das Leben auf Erden, statt im Paradiese, in sich aufgenommen hat, damit er einmal auferstehen könne als wahrer Mensch: und er wird mit den Kräften aus der Constellation der Fische eintreten in ein für den gefallenen Menschen unsichtbares geheimnisvolles Reich und in einem neuen Element der Gnade leben. In dieses Element der Gnade kann er nur dann Einlaß gewinnen, wenn er sich durch Vermittlung der positiven Kräfte aus der Constellation der Jungfrau gänzlich reinigt von dem, was sich durch Vereinigung mit den kosmischen Formen seit dem Fall an Unreinheit in seiner Seele angehäuft hat, wenn die Seele wiederum jungfräulich geworden ist, so daß sie sich dem göttlichen Geiste zuwendet und diesen in ihrem Wesen rein widerspiegelt, wie einstmals das wahre geistige Centrum sich in der rein seelischen Peripherie hatte abbilden können.
Wenn der Mensch sich abtötet für die Welt Lucifers und wartet auf die geistige Offenbarung aus  den himmlischen Regionen,  dann kann die Trennung, die durch den Fall entstanden ist zwischen himmlischem und irdischem Menschen, wieder aufgehoben und er wiederum zum wahren Menschen werden in der Constellation des Wassermanns. Dann wird er den Kreis vollendet haben. Nicht durch eigene Kräfte aber, sondern nur durch Gnade Gottes wird der Mensch in der Zukunft jene Erlösung seines Wesens erlangen können, denn Gott sandte seinen Sohn in die Welt der Sünden hinein, um durch Seine Reinheit die verdorbene Menschheit zu retten und als wahres Opferlamm die Kraft der Gnade zu bringen.
Wenn der Mensch in der vierten Region, die das Abbild des himmlischen Paradieses ist, lebt und seinen Weg aufwärts nehmen kann bis in das Herz der Himmelsrose, dann offenbart sich sein Wesen in der Form von drei leuchtenden Sphären als der drei Organe, die das Abbild der Dreifaltigkeit Gottes sind; das menschliche Urbild, das von Michael mit den Kräften aus der Constellation des Wassermanns durchsetzt wird, gibt dem Menschen eine Gestaltung, welche mit den leuchtenden Kreisen ein Antlitz verbindet und dazu eine Form, die die vier Zerspaltungslinien nach den Himmelsrichtungen an sich trägt.
Solange der Mensch nur in der Himmelsrose lebt, ist er selbst ein Abbild dieser Rose; wie er aber durch die Kräfte der Lichtjungfrau sein Urbild erhält und dieses beeinflußt wird durch Michael, der die Kräfte aus dem Fixsternhimmel durch die Constellation des Wassermanns strömen läßt, da ändert sich seine Gestalt. Bis in die vierte Region lebt er da wie ein aus Licht gewobenes Bildnis, aus welchem die Stimme Gottes heraustönt und das mit dem Odem Gottes durchsetzt ist; die vier Linien nehmen sich wie ein leuchtendes Kreuz aus; zwischen diesen vier Hauptlinien befinden sich funkelnde Lichtstrahlen, die sich in flügelartigen Formen zeigen. Sie sind wie ein Abbild der Formen, die zu den wahren hierarchischen Wesen gehören, welche im Kosmos tätig sind.
Als Abbild der himmlischen Chöre, die wie die lebendigen Blätter der Himmelsrose sind, haben jene hierarchischen Wesen Formen, die sich in den Regionen des Kosmos offenbaren in flügelartigen Gestalten, wie aus Lichtstrahlen gewoben. Je höher der Rang dieser Wesen ist, desto reicher ist die Gestaltung der Flügel. So haben die Engel eine Form, die einem leuchtenden Kreis ähnlich ist, mit zwei Flügeln versehen; die Erzengel haben doppelte Flügel. Bei den höheren Wesen werden jene Flügel immer mannigfaltiger; die Cherubim und die Seraphim haben zwölffache Lichtflügel mit vier und mit sechs Fittichen, die sich wie innere Lichtflügel ausnehmen. Es offenbaren sich jene Gestaltungen wie aus Licht gewoben, sodaß die Flügel sich wie Bündel von Lichtstrahlen zeigen, durch welche jene Wesen mit den Kräften verbunden sind, die ihnen aus den höheren Regionen durch die Region des Fixsternhimmels zuströmen.
In dieser geistig-seelischen Gestalt sollte der Mensch die durch Lucifer ausgebildeten Formen durchdringen und beleben. — Bei dem ersten Menschen, in dem das geistige Element überwiegt, ist die Form der vier Linien, die sich als Abbild der vier Himmelsrichtungen bildet, mehr betont. Bei ihm ist das Abbild des Centrums mehr ausgeprägt als das der Peripherie; es befindet sich in der Mitte dieser vier Linien, wie im Herzen des durch sie geformten Kreuzes, und es leuchtet wie eine strahlende Sonne. Bei dem zweiten Menschen, welcher aus dem Herzen des ersten geschaffen ist und in dem das seelische Element das geistige überragt, sind die vier Linien auch vorhanden; nur leuchtet das, was als Abbild der urmütterlichen Peripherie da ist, über das Abbild des Centrums hinaus; dadurch sind die gekreuzten Linien wie eingefaßt in jene Peripherie. Beide sind wie himmlische Blumen, die in den Lichtstrahlen der Gnade Gottes leben.
Als beide, der seelische und der geistige Mensch, von den Früchten des verbotenen Baumes nahmen, und Lucifer Macht über sie bekommen hatte, verloren sie das wahre geistige und rein seelische Element, das sich als himmlischer Mensch aus ihnen heraustrennte; ihre himmlische Gestalt samt den flügelartigen Lichtstrahlen, mit denen sie mit den höheren Regionen und der Region des Fixsternhimmels verbunden waren, mußte verschwinden. Die Form, in welche sie durch Lucifers Kraft eingekerkert werden, hat eine irdische Gestalt; sie ist so ausgebildet worden, daß sie wie ein Gegenbild des wahren menschlichen Urbildes dasteht. Sie ist von tierischer Art, aber dadurch, daß die wahren Hierarchien immerzu dem luciferischen Element in der Entwicklung entgegenwirken und Michael selbst Lucifers Taten bekämpft, hat diese Form eine zwiefache (zwistige) Natur erhalten und trägt neben dem luciferischen Bilde, das sie darstellt, gleichsam ein zerbrochenes Abbild des Wesens Michaels in sich. Es kann gesagt werden, daß der Mensch durch seinen Fall, statt ein Ebenbild Gottes zu sein, ein Abbild Lucifers ist; aber dieses Abbild Lucifers ist durchwoben mit den Kräften des Erzengels Michael, der die dreifache Gotteskraft in sich spiegelt. So ist die irdische Form des Menschen, wie der Kosmos, dualistisch.
Wenn die irdische Form des Menschen verglichen wird mit dem menschlichen Urbilde, so stellt sich heraus, daß die irdische Form in umgekehrter Art das Urbild darstellt; mit seinem Fall hat sich der Mensch umgekehrt oder verkehrt. Das, was im himmlischen Menschen als Herz- und Mittelpunkt seines Wesens das Symbol Gottes und der Ewigkeit ist, wird in der irdischen Form auf zweierlei Weise projiziert, und zwar im oberen Teil des Menschen, in dem die Kräfte Michaels stärker sind, als Kehlkopf und Gehirn, und im unteren Menschen, in welchen Lucifer insbesondere einwirkt, als Milz, Verdauungsorgane und Fortpflanzungsorgane. Die Wirkung des Gehirns, als Erkenntnisorgan des oberen Menschen, wird in dem unteren Menschen widergespiegelt. Die Tätigkeit des Gedankenschaffens des oberen Menschen durch die Wirkung des Gehirns steht in Beziehung zu dem unbewußten Hervorbringen Seinesgleichen im unteren Menschen.
Der geistige Mensch und der aus ihm geschaffene seelische Mensch sollten durch geistig-seelische Sprache jene Wesen hervorbringen, die als Abbilder der wahren Hierarchien hätten tätig sein und das, was durch Lucifer als umgekehrtes Wesen der Hierarchien, als Tier-, Pflanzen-, Mineral-Reich und Elemente geformt ist, erlösen können. In den durch Lucifer gebildeten Formen ist der zweifache Typus vorhanden, der dem Wesen des umgekehrten und verdorbenen, geistig-seelischen Elementes entspricht, wel ches mit der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes, durch den Fall der Engel, als Zerrbild der urväterlichen und urmütterlichen Kräfte in ein männliches und weibliches Prinzip durch Lucifer entwickelt worden ist.
Jene Formen sollten durch das geistig-seelische Wesen des wahren Menschen umgebildet werden zu wahren Abbildern des menschlichen Urbildes. Weil der Mensch sich aber in sie versenkt hat und dadurch in sie eingefangen wurde, ist er allen schlimmen Kräften Untertan geworden, die mit diesen niederen Formen verbunden sind. So muß der Mensch auf Erden in einer Form leben, die der Ausdruck ist von einem dieser zwei Prinzipien, die im dritten Schöpfungsraum als männlicher und als weiblicher Typus entstanden sind.
Nicht nur ist die menschliche Form zerteilt in einen oberen und unteren Teil, sondern auch nach beiden Seiten ist sie zerbrochen worden und so trägt auch sie in sich die vier Zerspaltungslinien. Diese Linien offenbaren sich aber nicht äußerlich, die Form besteht in ihrer Einheit; in den Kräften aber, die durch sie hindurchströmen und sie in Stand halten, zeigt sich diese Zerteilung. Die Form besteht aus zwei äußerlich gleichen Teilen, die sich als linke und rechte Seite ausnehmen; die inneren Organe aber sind in jenen Teilen teilweise verschieden. Jene geistigen Strömungen, die vor dem Fall im menschlichen Wesen lebten als der Odem und das Leben Gottes, sind in umgekehrter und zerbrochener Weise in der dualistischen Form nachgebildet worden als Atmungsprozeß und der damit zusammenhängende Blutkreislauf. Das Blut ist das verdichtete und verdorbene Abbild des göttlichen Lebens, das durch den menschlichen Organismus fließt; dieses Blut wird insbesondere durch den Einfluß Lucifers belebt.
Durch das Herz, als Centrum des Organismus, wird die Bewegung des lebendigen Saftes, des Blutes, geregelt in Verbindung mit dem Atmungsprozeß, und dieser Prozeß verbindet die Form mit der Umwelt und macht sie von dieser abhängig. Der Organismus atmet die Luft ein und aus, so wie der himmlische Mensch, als geistiges Wesen im Herzen des Vaters, abhängig von Ihm, den lebendigen Odem Gottes einatmet. Die Bewegung des Blutes durch den ganzen Organismus wird durch diesen Atmungsprozeß reguliert; in ihr ist sehr deutlich die zweifache Zerteilung zu sehen (der Teil, durch welchen sich der Einfluß Michaels stärker kundgibt und jener, der mehr von Lucifer beherrscht wird), da die menschliche Form in eine rechte und linke Seite zerteilt ist. Die rechte Seite des ganzen Blutumlaufes ist die, welche das reine lebendige Blut enthält; sie wird durch Michael beeinflußt und steht in Verbindung mit den aufblühenden Kräften und allem, was in der Zeit zukünftig ist; in der linken Seite offenbart sich das unreine, tote Blut, welches zu Lucifers Beziehung hat und mit den absterbenden Kräften und der Vergangenheit verbunden ist. Im Blutumlauf sind die zweifachen Kräfte widergespiegelt, die sich durch die Constellation der Zwillinge als aufwärtsstrebende und abwärtsgehende Strömungen offenbaren.
Es zeigt sich ebenso im „Blutkreislauf" die Zerteilung der Form in einen oberen und unteren Menschen: nach oben strebt das Blut vom Herzen aus, durchströmt das Gehirn und kehrt zum Herzen zurück; nach unten geht die Strömung vom Herzen aus durch die niederen Teile des Organismus und fließt dann wieder zurück. Die innere Wirkung des Atmens im oberen Menschen, welche durch die Lungen ermöglicht wird, ist im unteren Menschen veräußerlicht und widerspiegelt sich als Tätigkeit in der Bewegung der Knie; die innere Aktivität des Blutumlaufes in ihrer zweifachen Natur wird äußerlich in der Bewegung der beiden menschlichen Füße nachgebildet.
Die Hauptorgane des Organismus haben alle Beziehungen zu einem der Schöpfungsräume, welche Lucifer in seinen Regionen entwickelt hat; auch gibt es solche, die sich beziehen auf das, was sich heute schon offenbart als Anlage eines zukünftigen Zustandes. Es sind die sieben Hauptorgane im Organismus verbunden mit den sieben folgenden Centren im Planeten-System.
 
 
Mercur = Lungen Venus = Nieren
 
Mond /Erde  =Gehirn Mars = Galle
 
Jupiter = Leber

Saturn = Milz
 
Die Organe, welche sich auf zukünftige Bildungen beziehen, sind auch nur in der Anlage da. Weil aber die ganze menschliche Form nur während der Erdentwicklung da ist, werden alle Organe, sowie die ganze Form, innerlich und äußerlich, in der zukünftigen Entwicklung anders sein.
Es sollte das menschliche Wesen im Lichte Gottes schauen und die göttliche Weisheit sollte in seiner Seele leben; statt dessen schaut der Mensch auf Lucifer und die äußere Welt der Formen; er kann durch Denken mit dem Gehirn in seiner Umwelt etwas verstehen.
Die Stimme Gottes sollte in ihm tönen; schöpferisch sollte auch er wirken dadurch, daß das Echo des Wortes aus ihm herausklingen konnte; statt dessen hat er das Wort verloren; er hört auf Lucifers Stimme und kann nur mit den physischen Organen Seinesgleichen hervorbringen.
Der Odem, als das Leben Gottes, sollte ihn durchdringen, er sollte in Gott mitatmen und als geistiges Wesen leben in der Ewigkeit; statt dessen atmet er in einer vergänglichen Welt, als irdischer vergänglicher Mensch; es pocht ein physisches Herz rhythmisch in ihm und reguliert statt geistigen Lebens den Umlauf des Lebensblutes, in welchem Lucifer wirkt.
Die menschliche Form wird durch den Fall des paradiesischen Menschen so gestaltet, daß in ihr die Organe auf die Weise entstehen, wie schon geschrieben ist, als zerbrochene, nach oben und unten projizierte Abbilder der geistigen Kraftcentren, die sich im himmlischen Menschen befinden. So gestaltet sich auch das Antlitz des Menschen als Abbild des menschlichen Urtypus und erhält die menschliche Gestalt die Kreuzform, wenn auch in zerbrochener Weise. Die flügelartigen Lichtstrahlen sind in der Form des irdischen Menschen selbst nicht nachgebildet; die geistig-seelische Kraft des irdischen Menschen aber strömt nach jenen Linien, wie vom Herzen aus nach allen Richtungen, insbesondere durch beide Arme und Hände.
Es kann gesagt werden, daß nicht nur vom Herzen, sondern von jedem der physischen Organe geistig-seelische Kräfte in den Raum hinausstrahlen, sodaß die Kräfte, die in der Form des irdischen Menschen eingekerkert sind, diese Form wie eine leuchtende Atmosphäre durchdringen und umgeben. Diese geistig-seelischen Kräfte aber gehören zum gefallenen Erdenmenschen, der seine Einheit mit dem himmlischen Menschen verlor und statt des wahren geistigen und seelischen Elementes, das ihn zum Abbild Gottes macht, das in sich aufnahm, was durch Lucifer als verdorbenes Geistiges und Seelisches während der Entwicklung der vorhergehenden Schöpfungsräume ausgebildet wurde. Dieses entspricht in umgekehrter Weise den Prinzipien der himmlischen Triade, als Eigenwillen, Eigenfühlen und Eigenwissen.
Es bleibt jedoch im irdisch gewordenen Menschen der Teil seines wahren Menschen erhalten, der sich vom himmlischen Menschen getrennt hat — gleichsam als Substanz des himmlischen Menschen — und eingekerkert worden ist in die irdische Form; es bleibt dies das eigentliche Centrum des menschlichen Wesens, und um dieses herum gestaltet sich die weitere Ausbildung seiner Form, welche beeinflußt wird durch die Herrschaft kosmischer Kräfte. Der irdische Mensch erlebt innerhalb der Formen ein eigenes Willenscentrum, ein eigenes Gefühlsleben und ein eigenes Verständnis für die Umwelt, in der er gestellt worden ist und wäre es nicht so, daß mit der Ausbildung der Schöpfungsräume in den kosmischen Regionen immerzu einer der vier Erzengel die Taten Lucifers bekämpft hätte, so würde dem Menschen nach seinem Fall die Möglichkeit genommen sein, sich aus dem Eigenwillen, Eigenfühlen und Eigenerkennen heraus zu seiner Umwelt in eine solche Beziehung zu stellen, daß er diese nicht nur mit seinen dreifachen Kräften ergreifen will, sondern auch die Tatsachen der Umwelt auf sich einwirken läßt.
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Folgen des Falles des Menschen für die ganze Erde und die Naturreiche.

Kapitel VII

Der Fall des Menschen hat nicht nur für ihn selbst die wichtigste Folge, auch die Gestaltung der Naturreiche und seine ganze Umwelt wird dadurch geändert. Es ist im vorigen Kapitel gesagt worden, wie durch den Fall des Menschen aus der Region des Paradieses heraus die Erde, statt sonnenhaftes Centrum zu sein, zur Peripherie wurde oder zum Planeten. Der Schwerpunkt der Entwicklung ist dadurch verlegt worden. Für den gefallenen Menschen, der dann im vierten Schöpfungsraume, auf Erden, seine Entwicklung weiterführt, wird dieser Planet das Centrum, von welchem aus er die andern Planeten, auch Sonne und Mond, betrachtet; es ist aber ein relatives und subjektives Centrum, während die Sonne das Centrum aller Planeten ist.
Während der Mensch im Paradiese lebt, weiß er sich als ein seelisches Centrum, von dem heraus er seine Kräfte in die irdische Form hineinstrahlt, gleichwie die Sonnenkräfte die Erde beleben; als er aber auf derErde leben muß, ist er an diese gebunden und damit aus der Sonnenregion herausgeworfen; die Erde wird ihm wie ein Ort der Verbannung, auf welchem er leben muß so, wie er als seelisches Wesen in die irdisch-menschliche Form eingekerkert ist. Und wo sich für seinen Blick die Sonne am Himmel in ihrer Bahn bewegt, da war der Ort, wo er vor seinem Fall lebte, in dem Paradies, in der vierten Region, die das Abbild des himmlischen Paradieses darstellt.
Hätte der Mensch vom verbotenen Baume nicht genommen, so hätten sich Sonne, Erde und Mond nicht voneinander abgetrennt auf solche Weise, wie es geschehen ist. Die Erde, und mit ihr der Mond, wären nicht so voneinander abgesondert, sie würden unmittelbar miteinander verbunden geblieben sein. Durch den Fall des Menschen — dadurch daß er sich von Lucifer verführen ließ, seine Seele vom geistigen Elemente ab- und der äußeren Welt zuzuwenden, sodaß die Seele sich mit dieser Welt zu eng verbunden hat — wird mehr Gewicht gelegt auf die äußere Welt; der Schwerpunkt verlegt sich vom geistigen Centrum auf die die Seele umgebende Welt. Dadurch fällt ein Teil des menschlichen Wesens jener Umwelt anheim, und muß dann, aus der vierten Region, der Sonnenregion oder dem Paradies, herausgefallen, im vierten Schöpfungsraum, auf Erden, weiterleben.
Die weitere Folge ist, daß die menschliche Form einen mehr abgeschlossenen Charakter erhält und das Wesen jener Form immer mehr sich aus der sie umgebenden Welt heraussondert. Sie nimmt damit festere Umrisse an. Weil der Mensch sich so tief in seine Form hineinlebt, daß er von ihr, wie von einem physischen Centrum aus, seine Umwelt betrachtet, wird diese Form wie ein kleines Abbild, ein Mikrokosmos des vierten Schöpfungsraumes selbst, von welchem heraus Lucifer Michael entgegenwirkt. Die menschliche Form wird so, daß sie die Natur des Mineralreichs annimmt; wie in der mineralischen Form, so liegen in der Form des Erdenmenschen auch Kräfte eingeschlossen, die, vom physischen Centrum aus, sich den aus der  Umwelt  hereinwirkenden  Kräften  entgegenstellen.
So wie die Form das Wesen des mineralischen Elementes enthält, welches während der Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes angelegt wurde, so enthält sie auch in sich das Wesen der beiden Prinzipien, die durch Lucifer im zweiten und dritten Schöpfungsraum entwickelt wurden. Diese sind die Urtypen für das, was sich als pflanzliche und als tierische Formen im vierten Raum — auf Erden — offenbart. Die irdisch-menschliche Form trägt den Charakter des mineralischen, pflanzlichen und tierischen Typus an sich. In ihrer mineralisch-pflanzlich-tierischen Gestaltung war sie da, und der Mensch sollte mit seinen geistigen Kräften, welche im Abbild die Dreifaltigkeit Gottes darstellen, so umbilden, daß sie auf richtige Art das Wesen Gottes in sich tragen könne. Als der Mensch sich zu tief in jene Form hineinlebt, wird sein Wesen so verbunden mit den Kräften, die in dieser Form enthalten sind, daß er nicht mehr Herr bleibt über sie; statt, von der paradiesischen Region aus, die Form geistig-seelisch zu beherrschen, gewinnt die Form eine Übermacht über ihn; er wird von ihr abhängig. So wird auch sein Verhältnis anders zu den Reichen, die sich im vierten Schöpfungsraum als die der tierischen, pflanzlichen und mineralischen Formen ausbilden; statt über ihnen zu stehen, wird er verpflichtet, in ihrer Mitte zu leben; und er wird von ihnen wiederum abhängig in Bezug auf seine eigene Form, die nur bestehen kann, indem sie sich mit diesen Reichen verbindet durch den Vorgang der Ernährung. Der Mensch, der vorher sich erhalten konnte durch die himmlische Nahrung, welche ihm aus dem Paradiese zuströmte, muß dann auf der Erde seine Nahrung suchen in der Umwelt, in den ihn umgebenden Naturreichen.
Die menschliche Form ist mit dem Fall des Menschen so gestaltet worden, daß sie in zerbrochener und umgekehrter Weise das Urbild des wahren Menschen mit seinen geistigen Organen als Zerrbild darstellt. Durch ihre feste Verbindung mit dem zerfallenen Wesen des Menschen, trägt diese Form, neben der tierischen, pflanzlichen und mineralischen Natur den Typus des gefallenen Erdenmenschen an sich, der als solcher das höchste Wesen ist, welches in einer irdischen Form auf Erden lebt.
Der Typus für diesen gefallenen Erdenmenschen wurde schon angelegt während der Entwicklung der ersten Schöpfung, als Prinzip des Eigenwillens, im Gegensatz zu dem väterlichen Willenselement. Dieses luciferische Prinzip des Eigenwillens nahm der Mensch in sich auf, als er sich unter die Macht Lucifers stellte; er erlebt es wie ein inneres Willenscentrum, als einen festen Mittelpunkt, um welchen herum sich sein weiteres seelisches Erleben gruppiert.
Mit dem, was als Prinzip des Eigenfühlens im zweiten Schöpfungsraume entwickelt wurde, verbindet sich der Erdenmensch ebenso und erlebt es als das Fühlen, welches sich in seinem Inneren abspielt und das sich um das innere Centrum des Eigenwillens herumbewegt. Es ist dieses luciferische Eigenfühlen — im Gegensatz zu dem Elemente des Gottessohnes — das seelische Prinzip, welches sich im Leben des Tierreiches auf Erden offenbart.
Das Prinzip des eigenen Erkennens oder Wissens, welches mit der dritten Schöpfung im Gegensatz zum urmütterlichen Weisheitselement entwickelt wird, zeigt sich im inneren Seelenleben des irdischen Menschen als das Erleben der Umwelt in sich selbst; eine innere seelische Spiegelung der äußeren Welt geht damit im Menschen vor. Auf Erden offenbart sich dieses Prinzip in dem, was im Planzenreiche lebt.
Was im vierten Schöpfungsraume ausgebildet werden kann als belebendes Prinzip des mineralischen Reiches — weil der Mensch aus dem Paradiese heraustritt und auf Erden leben muß — ist wie ein Gegenbild zu dem, was die Aufgabe des paradiesischen Menschen ist in Bezug auf die Art und Weise, wie er die irdische Form, von der vierten Region aus, beleben sollte. Das Mineral wird von den höheren Kräften belebt und beherrscht, die wie von außen herankommend, die mineralische Form umstrahlen und durchdringen. Den in die Form des Minerals gebannten Kräften wirken sie entgegen, und durch die Wirkung der beiderlei Art Kräfte aufeinander entsteht die Form des reinen Minerals. So sollte auch der Mensch von der Region des Paradieses aus mit den wahren geistigen und seelischen Kräften seines Wesens die irdische Form umgeben und durchdringen, wie von außen an sie herantretend. Dadurch, daß Kräfte, die als Gegenwirkung in den Formen selber eingeschlossen sind, den Kräften des himmlischen Menschen entgegentreten und sich dennoch als untergeordnete offenbaren, würde der Mensch sich wie ein reines Mineral ausgenommen haben. Die irdische Form würde — statt des Typus des menschlichen Gegenbildes, des tierischen und des pflanzlichen — durch die Kräfte des wahren Menschlichen, das Wesen eines leuchtenden, klingenden und lebendigen Kristalls angenommen haben, in welchem sich die dreifachen Kräfte, als Abbild des Urvaters, des Mittlers, und des urmütterlichen Prinzipes, spiegeln.
Weil aber der Mensch sich von Lucifer dazu verführen ließ, den Offenbarungen der äußeren Welt, und damit den einzelnen Formen — die er vom Paradiese aus geistig und seelisch umstrahlen sollte — zuviel Bedeutung zu geben und sich zu tief in sie einzuleben, hat er sich verbunden mit jenen Kräften, welche in die Form eingeschlossen sind, die den aus dem Umkreis herantretenden Kräften entgegenwirken und als luciferische Kräfte zur Form selber gehören. Die Form an sich erhält dadurch eine größere Bedeutung; sie wird mehr aus ihrer Umgebung herausgebildet, denn die in ihr eingekerkerten menschlichen Kräfte sind dann stärker geworden als die, welche aus der Umwelt auf sie einwirken.
Die geistigen und seelischen Kräfte, die zum wahren himmlischen Menschen gehören, sind von dem gefallenen irdischen Menschen abgesondert und können dadurch nicht mehr, wie von außen heran, auf die Form so einwirken, wie es vor dem Fall geschah. So hat der Mensch seine Wirkung in Bezug auf die irdische Form umgekehrt. Statt mit den Kräften verbunden zu sein, die, von außen herantretend aus höheren Regionen, die Form wie beim Mineral geistig und seelisch durchdringen und umstrahlen, hat er sich vereinigt mit den Kräften, welche, in die Form eingefangen, jenen höheren Kräften entgegenwirken. Statt geistig-mineralisch zu sein, ist er physischmineralisch geworden. Statt dem Beispiel des großen Erzengels zu folgen, der von der vierten Region aus auf den vierten Schöpfungsraum mit seinen geistigen Kräften einwirkt, ist er nach Lucifers Vorbild tätig, der vom Centrum des vierten Raumes aus mit seinen Kräften den Erzengel bekämpft. Durch diese Umkehrung des Menschen muß er, statt im Paradiese, weiter auf Erden leben und die Taten Michaels, mit denen er einstmals verbunden war, sind ihm nunmehr wie gegnerische Kräfte, die ihm, als irdischem und luciferisch gewordenem Menschen, feindlich sind; sie wollen ihn als solchen zerstören, so wie sie allen Taten Lucifers bekämpfen.
Weil alles das, was Lucifer ausbildet, sich im Reiche des Vergänglichen offenbart und dadurch dem Gesetz des Entstehens, Seins oder BeStehens und Vergehens in der Zeit unterworfen ist, so gilt dieses auch für den vierten Schöpfungsraum und alles, was sich darum entwickelt. Was für diesen ganzen Raum als Gesetz vorhanden ist, macht sich geltend für die einzelnen Formen, die sich in ihm ausbilden; und je mehr diese Formen sich aus dem Ganzen heraussondern und für sich ein eigenes Leben führen, desto mehr sind sie der Vergänglichkeit unterworfen. Der Mensch, der sich durch seinen Fall in diese Form eingelebt hat, ist dadurch verbunden mit den Gesetzen, die für sie gelten, und so wird er als irdischer Mensch zu einem vergänglichen Wesen, das entsteht, besteht und vergeht in der Zeit.
Hätte der Mensch die irdische Form vom Paradiese aus mit geistigen und seelischen Kräften durchlebt und sich weiter nicht in sie hineinversenkt, so wäre er, mit den höchsten Regionen verbunden, ein ewiges Wesen geblieben; er hätte die vergängliche Form umgebildet und sie, wenn sie ein Abbild und Spiegel des himmlischen Menschen geworden, in die Ewigkeit hinauftragen können. Durch den Fall aber wurde ein Teil des Menschen als irdisches Wesen in die Form eingekerkert und hineingebracht in das Reich des Vergänglichen; damit ist Geburt und Tod für den Menschen auf Erden entstanden.
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Die Naturreiche. —- Die Elemente

Kapitel VIII

Solange der Mensch im Paradiese lebt, findet er in dieser Region in seiner Umwelt das seelische Prinzip, das die Formen belebt, die im vierten Schöpfungsraum entstanden sind, als das umgekehrte Wesen der Hierarchien: als Tierreich, Pflanzenreich und Mineralreich. Diese Formen werden nach den Linien, die ihrem bestimmten Urtypus und dem seelischen Prinzip, das sie beleben wird, entsprechen, auf Erden durch die Wesen, welche in den Elementen tätig sind, aufgebaut. Diese Wesen wirken zunächst so, daß sie etwas wie Wärme, Licht und Beweglichkeit hervorrufen, und erst später, nach dem Fall des Menschen, werden sie zu Elementen des Feuers, der Luft und des Wassers, nachdem das Element der Verfestigung (Erde) sich mit ihnen verbunden hat.
Das seelische Prinzip, das die Formen in den drei Naturreichen beleben soll, hat für jedes dieser Reiche ein besonderes Verhältnis zu den betreffenden Formen und strahlt seine belebenden Kräfte von der Region des Paradieses aus auf bestimmte Weise in jene Formen hinein.
Unter Lucifers Einfluß wurde dieses seelische Prinzip mit der Entwicklung der früheren Schöpfungsräume gebildet als Gegenbild der drei göttlichen Kräfte, die im paradiesischen Menschen ihr Abbild finden. Als Abbild der himmlischen Triade hätte der Mensch jene Gegenbilder umgestalten können; den Urtypus des Eigenwillens, jenes Prinzip, welches sich als Abbild Lucifers durch den Fall mit dem irdischen Menschen verbindet, hätte er, als paradiesischer Mensch, zu dem geistig-seelischen Prinzip der Stärke machen können; das Eigengefühl, welches als geistig-seelischer Typus die Formen des Tierreiches belebt, hätte er zur Schönheit und zum Liebes-Element gestalten können; das Eigen-Erkennen oder -W i s s e n, der als geistig-seelischer Typus das ganze Pflanzenreich belebt, wäre durch den wahren Menschen zum seelischen Weisheitselement geworden.
Jene Formen, die im vierten Schöpfungsraum in den drei Naturreichen als Gegenbild von dem Wesen der Hierarchien und auch der Elemente aus gebildet waren, sollten mit dem Zwiegespräch zwischen den beiden (in Bezug auf ihre geistigen und seelischen Kräfte) verschieden gestalteten Menschen im Paradiese erlöst werden dadurch, daß mit diesem himmlischen Sprechen Wesen entstanden wären, die ein Abbild der wahren Hierarchien in sich tragen und mit ihren Kräften jene Gegenbilder umgestalten können.
Mit dem Fall des Menschen aber ist nicht nur die Möglichkeit jener Erlösung ausgeschlossen worden, sondern jene seelichen Prinzipien müssen, weil sie in gewisser Weise abhängig sind vom Menschen, diesen Fall miterleben. Auch die Formen, welche in den drei Naturreichen ausgebildet sind, können nun nicht mehr erlöst werden durch die geistige Schaffungskraft oder die himmlische Sprache des Menschen. Das seelische Element, das sich offenbart in den Formen des Tierreiches, erlebt am tiefsten den Sturz mit, weil die Form, welche nach dem Fall auf Erden durch den Menschen belebt wird, am meisten übereinstimmt mit der des tierischen Typus. Statt erlöst zu werden, verbindet sich das Element des Eigenfühlens mehr mit den Tierformen, als es ursprünglich war, und wird das Leben im Tierreiche auf Erden in niederer Art gestaltet, indem es sich fester mit den Formen verbindet.
So ist es auch mit dem Element des Eigenwissens, das sich in den Formen des Pflanzenreiches auslebt. Zwar weniger tief erlebt es den Fall mit; doch wird das Wesen des Pflanzlichen auf Erden im Ganzen niedriger, als es sonst gewesen wäre. Während sich der Mensch durch seinen Fall innerlich verbindet mit dem Element des Eigenwillens und ebenso die seelischen Elemente des Eigenfühlens und des Eigenwissens, weil sie in der Form enthalten sind, mit der er sich als irdischer Mensch umkleidet, erhält die seelische Kraft, die sich im mineralischen Reiche offenbart, ein anderes Verhältnis zu ihm.
Die geistig-seelischen Kräfte, die, wie von außen herantretend aus höheren Regionen heraus, die mineralischen Formen beleben, verbinden sich mit diesen Formen auf solche Weise, wie der paradiesische Mensch mit der irdischen Form sich hätte vereinigen sollen. Es kann aber gesagt werden, daß der Mensch durch seinen Fall seine geistig-seelische Wirkung mit der des Mineralischen vertauscht hat, in Bezug auf die Form. Die geistig-seelischen Kräfte des Menschen haben sich in die Form versenkt, welche zur Entwicklung des vierten Schöpfungsraumes gehört und als solche auch mineralischen Charakter trägt. Das geistig-seelische Element, das von außen herantretend auf die mineralischen Formen einwirkt, ist stärker geworden im Verhältnis zu den Kräften, die ihm im Mineral eingeschlossen entgegenwirken, und dadurch hat sich das Wesen des ganzen Mineralreiches als verdichtetes, festes und materielles Element entwickeln können von dem Zeitpunkte an, da der Mensch auf Erden leben muß, statt im Paradiese, als die Folge seines  Falls.
Es ist dadurch ein neues Element zu den drei Typen von Entwicklungen hinzugetreten, durch welches diese drei verfestigt und verdichtet werden und das die drei wie in ein viertes Element zusammenfügt. Die Wirkungen der Wärme, des Lichtes und der Beweglichkeit, die in umgekehrter Weise ein Abbild geben der drei göttlichen Kräfte: Willen, Liebe, Weisheit,  werden  in  ein  viertes  Element  vereinigt,   das  ein  Abbild  des wahren menschlichen Elementes hätte sein können, wenn der Mensch, als Erlöser und Diener Gottes vom Paradiese aus jenes Element beherrscht hätte.
Durch den Fall des Menschen aber hat sich jenes Element gestalten können zu dem Abbild von Lucifers Wirkung, da dieser in den Regionen seines Reiches sich immerzu concentriert und das Anticentrum des väterlichen Willenscentrum im vierten Schöpfungsraum ausbildete, von welchem aus er die Taten Michaels bekämpft. Dann erst kann sich der vierte Schöpfungsraum gänzlich aus der vierten Region heraussondern, wenn er immer mehr verdichtet und verfestigt wird.
Die drei Kräfte Wärme, Licht, Beweglichkeit werden mit dem neuen Element des Festen verbunden zu Feuer, Luft und Wasser; die Wesen, die in der Kraft der Wärme, des Lichtes und des Beweglichen wirken, kommen damit mehr unter die Gewalt Lucifers als vorher, da sie nicht so fest mit dem vierten Schöpfungsraum verbunden und mehr im Umkreis tätig waren. Sie werden durch Lucifers Kraft gebannt; verbunden mit dem Element des Festen wirken sie nun an dem Aufbau neuer Formen in den Reichen der Natur und am Bau der vierten Schöpfung — oder der Erde — selbst. Jedesmal, wenn eine neue Form auf Erden entsteht, werden sie in gewisser Weise mit dieser Form verbunden, durchdringen und durchsetzen sie; jedesmal, wenn eine Form zerfällt, werden sie allmählich durch den Prozeß des Vergehens wiederum befreit von der betreffenden Form, um in anderer Weise ihre Arbeit weiterzuführen.
Die Erde als Ganzes durchdringen sie auf solche Weise mit ihrem Wesen, daß das Element des Festen sich heraustrennt aus dem des Flüssigen und daß diese beiden wiederum abgesondert werden von den Elementen der Luft und des Feuers. So entstehen die vier irdischen Elemente, von welchen jedes an sich da ist, die sich aber teilweise durchdringen bei ihrer Offenbarung. Dies alles findet allmählich statt, nach dem Fall des Menschen, und auch die Form, in welche er eingekerkert ist zwischen Geburt und Tod, wird im Laufe der Zeit immer mehr so gestaltet, daß von den vier Elementen, die sie aufbauen, ein jedes seine bestimmte Arbeit deutlicher ausgeprägt erhält, wie abgetrennt von den andern, obwohl sie doch von einander abhängig bleiben und sich gegenseitig durchdringen.
Mit dem Gegenbild des urväterlichen Willenselementes, das sich im Typus des gefallenen Erdenmenschen ausdrückt, ist das Element des Feuers insbesonders verbunden, welches an sich — als Wärme — auch ein Gegenteil des Willenselementes darstellt, so wie dies in den hierarchischen Wesen sich spiegelt.
Das Gegenbild des Prinzips des Mittlers, welches als das Element des Eigenfühlens die Formen des Tierreiches belebt, entspricht dem Element der Luft, als Abbild des Prinzips der Liebe, wie es von den hierarchischen Wesen geoffenbart wird. Das Gegenbild der urmütterlichen Weisheit, das als seelische Kraft die Pflanzenwelt belebt, ist mit dem Element des Wassers oder des Flüssigen verbunden, welches das Abbild der Weisheit ist, die in dem Wesen der Hierarchien ihren Ausdruck findet. Mit dem Gegenbild des wahren menschlichen Elementes, das als seelisches Leben mit dem Mineralreich zusammenhängt, ist das Element des Festen verbun den, welches sich als Erden-Element offenbart und das — nach dem Fall des Menschen aus dem Paradiese heraus — sich zum Abbild des menschlichen Wesens, als Erdenmensch, gestaltet hat. Die vier Elemente sind bei diesem Vergleiche mit den vier Naturreichen auf Erden in Bezug auf ihren inneren Typus betrachtet worden; in ihrer äußeren Wirkung offenbaren sie sich in den verschiedenen Formen, die in den Naturreichen aufgebaut werden.
In der menschlichen Form ist die Wirkung des festen Elementes zu deuten in all dem, was sich an festen Substanzen im Körper ausbildet, insbesondere die Knochen und Zähne. Alle flüssigen Substanzen sind mit dem Element des Wassers zu verbinden; die gasförmigen Substanzen beziehen sich auf das Luft-Element; die Wärme, die den ganzen Körper als innerliche Temperatur durchsetzt, alle Organe durchdringt und vom Körper selbst ausstrahlt, ist mit dem Feuer-Element verbunden.
So wie die Elemente in der Form als Ganzes wirken, so sind die geistig-seelischen Gegenbilder der göttlichen Kräfte, welche die vier Naturreiche beleben, in verschiedener Weise mit den einzelnen Bildungen oder Teilen der Form verbunden. Das Gegenbild des väterlichen Willens, das sich im irdischen Menschen als Eigenwille offenbart, als typische Wirkung von Lucifer selbst, findet seinen Ausdruck im Blut des menschlichen Körpers. Deswegen hat der Mensch, statt den Rhythmus des göttlichen Odems mitzuatmen und das Leben Gottes in sich aufzunehmen durch Einatmung und Ausatmung im Herzen Gottes — mit seinem Fall in seine irdische Form als Gegenbild des göttlichen Odems und des göttlichen Lebens — den Atmungsprozeß und den Blutumlauf bilden müssen, so wie auch, als Gegenbild des geistigen Centrums seines Wesens, das physische Herz entstanden ist.
Das Prinzip des Eigenfühlens, welches das Tierreich belebt, ist verbunden mit der Ausbildung des Systems der Muskeln im menschlichen Körper, während jenes Element von Eigenwissen, welches die Pflanzenwelt belebt, mit dem Drüsensystem des Körpers in Beziehung steht; alles, was im Körper an fester Materie vorhanden ist, insbesondere das Knochensystem, ist verbunden mit dem Element der Erde.
Wenn auch der Mensch gefallen und deshalb in einer irdischen Form eingekerkert auf Erden (im vierten kosmischen Raume) leben muß, so hat er vor jenen Wesen, die mit ihm in den Naturreichen leben, doch voraus, daß in ihm jener geistige Kern noch ruht, der vom Himmel stammt und ihm nicht vollständig verloren ging, sondern das innerste Centrum seines nun unter die Herrschaft Lucifer geratenen Wesens bildet.
Dieser Kern bleibt ihm und ist die einzige Kraft, die ihm die Möglichkeit gibt, sich als irdischer Mensch über seine Umwelt hinaus als Herr und als höchstes Wesen unter solchen, die in irdischen Formen leben, zu erheben. Dadurch auch kann sich die irdische Form, auf solche Weise organisch ausbilden, daß sie sich zwar wie ein zerbrochenes, auseinandergespaltenes, aber dennoch umgekehrtes Gegenbild des menschliches Urbildes darstellt und nicht nur den durch Lucifer angelegten Typus des Eigenwillens trägt.
Wohl bleibt diese Form dem Tierreiche noch sehr nahe, aber durch die Kraft seines inneren Centrums kann der Mensch sich nach seinem Fall insoweit aufrichten, daß er, und damit seine irdische Form, statt der horizontalen Richtung, welche die Tierformen beherrscht, eine vertikale gerade Richtung behält. Bei dem irdischen Menschen ist deshalb auch der Blutkreislauf anders gestaltet, als er sich in den Formen des Tierrreiches offenbart, weil der irdische Mensch, als Gegenbild des wahren Menschen, in umgekehrter Weise die geistigen Organe seines Urbildes in der irdischen Form ausgeprägt hat, insbesondere das Herz und den Blutkreislauf.
Im Tierreiche hat der Blutkreislauf und das Herz eine andere Bedeutung in Bezug auf den ganzen Körper; das System der Muskeln, verbunden mit dem Prinzip des Eigenfühlens, tritt da mehr hervor als beim Menschen.
In der Pflanzenwelt hat das Blut keine Bedeutung im Vergleich mit der menschlichen Form; als reiner Saft ist ein belebendes, flüssiges Element vorhanden, das sich von der Erde aus, von der Wurzel der Pflanzenform hinauf, bis zur Blüte erhebt. In der Pflanzenwelt ist das, was beim Menschen und bei den Tieren als Drüsensystem, verbunden mit dem Element des Eigenwissens, wirkt, in ähnlicher Weise tätig und hat die größte Bedeutung für die Formen.
Im Mineralreich findet keine von diesen Wirkungen statt, die sich in der menschlichen, tierischen und pflanzlichen Form offenbaren. Die seelischen Prinzipien, welche mit Eigenwillen, Eigenfühlen, Eigenwissen verbunden sind, haben zum Mineral keine solchen Beziehung, daß sie sich darin offenbaren. So wie sich aber im Element des Festen die drei andern Elemente Feuer, Luft und Wasser vereint haben, ohne sich darin zu offenbaren, so sind in den, in der mineralischen Form eingeschlossenen Kräften die drei seelischen Typen als Potentialität (Möglichkeit) vorhanden; sie offenbaren sich aber nicht in ihrer typischen Gestalt nach außen, sondern bleiben in der ruhigen Abgeschlossenheit der mineralischen Form, in der sie sich vereinigt haben.
Der geistige Kern im irdischen Menschen, der ihm nach dem Fall bleibt, ist wie ein Anknüpfungspunkt, durch den er eine solche Beziehung zu dem Wesen des Erzengels Michael erhält, daß dieser in das Innere des Menschen einwirken kann, trotzdem der Mensch ein Anhänger Lucifers geworden ist, denn das, was der Mensch als geistiges Centrum in sich bewahrt hat, bleibt unter dem Schütze Michaels. Dieser geistige Kern ist auch wie ein Mittelpunkt für die Kräfte, welche die Wesen aus den wahren Hierarchien dem Menschen zusenden. Sie wirken bildend ein auf die irdische Form, und es wurde die menschliche Form mit ihrer Hilfe auf diese Weise ausgebildet, daß sie das zerbrochene Abbild des menschlichen Urbildes darstellt, statt eine tierische Gestalt zu zeigen.
Es ist auch dieser Kern, der fortdauert, wenn die vergängliche Form zerfällt und der Mensch durch den Tod schreitet; denn dieser Kern ist zwar gefallen in das Reich der Vergänglichkeit, indem er in eine irdische Form eingekerkert worden ist, aber seiner Natur und seinem Wesen nach gehört er dennoch dem Reiche der Ewigkeit an. Weil jener geistige Kern des Menschen sich so schwach erwiesen hat, daß er durch die irdische Form eingefangen werden konnte und von den Gesetzen und Eigenschaften, welche zu dieser Form gehören, beherrscht wird, so hat er, wenn die irdische Form zerfällt, nur wenig eigene Kraft und es ist ihm unmöglich, sich so hoch hinaufzuschwingen, daß er, von dem Einfluß der Erde befreit, sich zusammenfindet mit dem menschlichen Urbilde, das in überkosmischen Regionen weilt.
Als in der Erdentwicklung die Stimme Gottes wiederum klang bis in die Regionen der gefallenen Menschen: als Gottes Sohn hinunterstieg auf Erden, um die Menschheit zu retten, als das Wort unter den Menschen lebte, wurde der geistige Kern des irdischen Menschen so gestärkt, daß es ihm zukünftig möglich wird, die Vereinigung mit seinem himmlischen Urbilde zu erleben. Denn der Sohn Gottes bringt das Urbild des Menschen mit sich herab und erhebt das zerbrochene Abbild, den irdischen Menschen, weil er selbst als Erdenmensch eine irdische Form belebt; der irdische Mensch wird damit zu etwas anderem, als er vorher war. Es findet in und durch den Sohn Gottes die Vereinigung des himmlischen mit dem irdischen Menschen statt. So wie aber der himmlische Mensch dem Sohn Gottes folgt durch die höheren Regionen bis zur Erde und mit ihm verbunden bleibt, so soll der irdische Mensch Ihm nachfolgen und seine Gedanken und Werke auf Ihn richten. Das, was der Sohn Gottes als Mensch auf Erden durchlebt, soll dem Erdenmenschen vorbildlich für alle Zeiten die Richtung andeuten, nach welcher er das Einswerden mit dem himmlischen Menschen erreichen kann. Diese Vereinigung wird im Herzen des Sohnes vollzogen, weil Er selbst der Weg ist, der den gefallenen Menschen wiederum hinaufführt in die himmlischen Regionen.
Wenn die Erde im Ganzen betrachtet wird wie eine Form oder ein Körper, in welchem Lucifer wie vom Centrum aus tätig ist, so zeigt das Wesen dieser Form an sich eine Übereinstimmung mit den Bedingungen, die für die einzelnen Formen gelten, die sich aus ihr heraus entwickelt haben. Es wirken auch die vier Elemente an dem Aufbau und der Erhaltung des ganzen Erdenkörpers, nachdem der Mensch die Sphäre des Paradieses verlassen hat und die ganze Erde sich damit aus der Sonnenregion heraustrennte. Es wurde bereits bemerkt, daß vor diesem Ereignis die Elemente anders wirkten und das Element des Festen einen ganz anderen Charakter trug.
Es trennen sich die vier Elemente in ihrer Tätigkeit allmählich mehr voneinander ab und ein jedes von ihnen erhält sein besonderes Arbeitsfeld, obwohl sie sich gegenseitig durchdringen. Dasjenige, was vor dem Fall des Menschen auf Erden da war als Wärme und später als Feuer Element, tritt zunächst hervor bei der Bildung des vierten Schöpfungsraumes wie eine Wiederholung dessen, was zur Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes gehört, der nur aus Wärmestoff bestand; es bildet der heutige Planet Saturn davon noch einen Typus. Dieses Stadium der Entwicklung endigt, wenn die Wirkung des Lichtes für den vierten Schöpfungsraum eintritt, das später zum Luft-Element wird. Es entspricht dem einstmaligen zweiten Schöpfungsraum, von dem als Typus sich der heutige Jupiter abtrennte. Als das Element der Beweglichkeit auftritt, welches später zum Wasser-Element wird, tritt damit für den vierten Schöpfungsraum dasjenige ein, was der Ausbildung des dritten Schöpfungsraumes entspricht mit seiner großen Zerspaltung, dessen entsprechender Typus sich in der Gesamtheit der Asteroiden und dem Planeten Mars ausdrückt. Damit ist die Wiederholung von früheren Ausbildungen als Stadien in der neuen Entwicklung vorbei, und es steht nun der vierte Schöpfungsraum an sich da, der, als neues Centrum mit seiner Region, den Typus der heutigen Sonne trägt. Das, was nach dem Fall des Menschen und mit der Aussonderung des vierten Schöpfungsraumes aus seiner Region — oder der Erde aus der Sonne — als Element des Festen entsteht, ist zunächst in solcher Form da, daß es den Typus des Festen als centralisierendes Prinzip trägt, in welchem die Wärme, das Licht und die innere Beweglichkeit als Potentialitäten vorhanden sind.
Als dieses Prinzip durch den Fall des Menschen zum Element der Erde wird und damit an Stelle des geistigen Minerals das feste irdische Mineral-reich entsteht, trennt sich, mit dem Anfang jenes Prozesses, die Erde aus der Sonnenregion heraus und aus der Erde sondert sich der Mond ab.
Die inneren Planeten, d. h. die Planeten, welche ihre Bahnen haben zwischen der Erde und der Sonne, deuten hin auf das, was als Zukünftiges gelten muß; es kann gesagt werden, daß sie verbunden sind mit der Wirkung von drei höheren Elementen, die den Fall des Menschen nicht mitgemacht haben und sich nur in der Sonnenregion offenbaren.
Diese drei höheren Elemente stellen im Abbild die Kräfte dar, die der himmlische Mensch in sich trägt als Widerspiegelung der drei göttlichen Attribute. Sie können sich erst in der Zukunft offenbaren und die Wirkung der vier Erden-Elemente vergeistigen, wenn der himmlische Mensch sich wiederum vereinigen wird mit dem irdischen Menschen. Den Weg dazu zeigte der Sohn Gottes selbst durch sein Leben, Wirken und Leiden auf Erden.
Die vier irdischen Elemente sind auf solche Weise auf Erden tätig, daß das Element der Erde sich in all dem offenbart, was an fester Materie da ist; das Element des Wassers wirkt in allen flüssigen Substanzen auf Erden, das Element der Luft zeigt sich in den gasförmigen Substanzen, und das Element des Feuers ist überall da, wo durch Verbrennung Wärme entsteht oder wo Wärme an sich vorhanden ist. Wenn die Erde als physischer Körper betrachtet wird, so kann gesagt werden, daß die feste Materie ihr Knochensystem ist,  die flüssigen Substanzen ihr Blut, daß in diesem materiellen Körper sich gasförmige Substanzen befinden und daß die Wärme, welche innerhalb der Erde selber vorhanden ist, die eigene innere Temperatur dieses Körpers bildet.
Die Wirkung der Elemente im Umkreis der Erde zeigt sich in ihrer Luft- oder Dunsthülle. Wasser, Luft, Wärme sind auch da vorhanden, das  Element des Festen jedoch nicht. Diese drei Elemente durchdringen sich, und sind mehr miteinander verbunden und voneinander abhängig, als dies bei ihrer Tätigkeit in der Erde selber der Fall ist. Im Umkreis der Erde wirkend, sind sie nicht so unmittelbar unter dem Einfluß Lucifers als da, wo sie an der Erde selbst wirken; sie sind im Umkreis tätig als Diener von makrokosmischen Wesen, von Wesen der wahren Hierarchien und auch von solchen der luciferischen Scharen. Durch den Streit zwischen den makrokosmischen Wesen entstehen verschiedene Strömungen in dem Erden-Um kreis, welche die Bedingungen schaffen, nach denen die drei Elemente wirken können. Durch die Art und Weise, wie diese Elemente sich dann verbinden oder einander entgegenwirken, wird der Luftkreis der Erde in atmosphärischer Hinsicht beeinflußt und es entstehen die verschiedenen Witterungen. Diese Änderungen im Luftkreis der Erde sind aber auch abhängig von den Einwirkungen der anderen Planeten, insbesondere von der Sonne und vom Monde, da diese beiden Himmelskörper doch ursprünglich zum vierten Schöpfungsraume gehörten und mit ihm gänzlich verbunden waren.
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Der Tod

Zustände des Lebens innerhalb und außerhalb der irdischen Form.

Kapitel IX.

Als Lucifer sich nach dem Fall des Menschen, da die Erde sich von der Sonne trennte, im Centrum der Erde concentrierte, von wo aus er, wie eingeschlossen in die irdische Form, den Taten Michaels entgegenwirkt, blieb doch ein Teil seines Wesens außerhalb der Erdenform in den höheren Regionen seines Reiches erhalten. So wirkt Lucifer nicht nur innerhalb der Erdenform, sondern in all jenen Formen, die als Typen der Entwicklung früherer Schöpfungsräume ausgebildet wurden, ist er mit dem andern Teil seines Wesens bis an die Grenze seines Reiches, d. i. die Region des Fixsternhimmels tätig. Die Bahnen, in welchen sich die Planeten Saturn, Jupiter, die Asteroiden und Mars bewegen, und gleichfalls diese Planeten selber sind für Lucifers Taten erreichbar, weil sie sich in den Regionen des Kosmos befinden, obwohl sich da auch andere Kräfte offenbaren, die seinen Taten entgegenwirken.
Die vierte Region, in welcher insbesondere der Erzengel Midiael Lucifer bekämpft, ist auch für den letzteren ein Arbeitsfeld und solange sich Sonne, Mond und Erde als ein Ganzes da entwickelten, wirkte Lucifer vom Centrum dieses Gesamtraumes aus Michael entgegen. Als sich mit dem Fall des Menschen dann die Erde und der Mond von der Sonne absondern, ist Lucifer teilweise in der vierten Region tätig, wo er nach dem Gesetze des Dualismus auch mit der Sonne verbunden bleibt, von wo aus er bis in den Umkreis der Erde hinein wirken kann. So sind auch für ihn zugänglich jene drei Planeten, die sich zwischen Sonne und Erde in ihren Bahnen bewegen als Zeichen für das, was in der Zukunft erst sich offenbaren kann, wenn die Entwicklung der Erde in der Zeit abgelaufen sein wird.
Bei Lucifer selbst ist zu unterscheiden ein irdisch gewordener Teil seines Wesens und ein andrer, der sich im Makrokosmos und im Planeten-System bis zum Fixsternhimmel offenbaren kann. Wenn die Erde mit den vier Naturreichen, als Planet im ganzen System, als Mikrokosmos im Verhältnis zum Ganzen gedacht wird, dann kann gesagt werden, daß das Wesen Lucifers sich zerteilt hat in einen mikrokosmischen und einen makrokosmischen Lucifer, weil der erste vom Centrum der Erde aus bis in die vierte Region hinein wirkt, der zweite aber, der den Makrokosmos als sein Arbeitsfeld hat, bis in den Umkreis der Erde selbst tätig ist.
Lucifer im mikrokosmischen Aspekt wirkt vom Centrum der Erde aus, direkt ein auf alle Wesen, die in irdische Formen eingeschlossen ihr Leben auf Erden führen. Insoweit jene Formen durch ihre besondere Natur mit Eigenschaften verbunden sind, die schon zur seelischen Tätigkeit gehören, sind diese auch unter Lucifers Gewalt, denn sie beziehen sich auf die irdische Form.
Wenn der Mensch mit dem Tode sich allmählich aus der irdischen Form heraustrennt und die Erde auf diese Weise verlassen kann, daß er allmählich jene seelischen Kräfte, welche mit der irdischen Form zusammenhängen, von sich abstreifen kann, kommt er unter Einflüsse, die mit den makrokosmischen Wirkungen Lucifers zusammenhängen und auch unter die Gewalt jener Wesen, die sowohl zu den wahren Hierarchien, als auch zu den luciferischen Scharen gehören. Es hängt vom Leben des Menschen ab, das er, umkleidet von der irdischen Form, auf Erden geführt hat, welcher Art die Umstände sein werden, die er nach dem Tode vorfindet. Je mehr er sich seelisch mit jenen Kräften verbunden hat, die zur irdischen Form und zur äußeren Welt gehören, desto schwerer wird es ihm beim Tode sein, sich mit seiner Seele von der irdischen Form und der Erde selber zu trennen. Die * Erdenkräfte werden die Seele herunterziehen und ihre Flügel lähmen, so daß sie sich nicht erheben kann aus der Erdensphäre und wie ein flatternder Vogel unmittelbar an der Erdoberfläche verweilen muß.
Die Seele kann sich aber auch so fest mit der irdischen Form verbunden haben, daß sie gänzlich Lucifers Einfluß unterliegt und alle Erinnerungen an andere Regionen wie die der Erde selber, verloren hat. Dieses kann nur geschehen, wenn die Seele während ihres Erdenlebens zu einem Diener Lucifers geworden ist, und die Kräfte, die von Michael kommen,
befinden, obwohl sich da auch andere Kräfte offenbaren, die seinen Taten
entgegenwirken.
Die vierte Region, in welcher insbesondere der Erzengel Michael Lucifer
bekämpft, ist auch für den letzteren ein Arbeitsfeld und solange sich Sonne,
Mond und Erde als ein Ganzes da entwickelten, wirkte Lucifer vom Centrum dieses Gesamtraumes aus Michael entgegen. Als sich mit dem Fall des Menschen dann die Erde und der Mond von der Sonne absondern, ist Lucifer teilweise in der vierten Region tätig, wo er nach dem Gesetze des Dualismus auch mit der Sonne verbunden bleibt, von wo aus er bis in den Umkreis der Erde hinein wirken kann. So sind auch für ihn zugänglich jene drei Planeten, die sich zwischen Sonne und Erde in ihren Bahnen bewegen als Zeichen für das, was in der Zukunft erst sich offenbaren kann, wenn die Entwicklung der Erde in der Zeit abgelaufen sein wird.
Bei Lucifer selbst ist zu unterscheiden ein irdisch gewordener Teil seines Wesens und ein andrer, der sich im Makrokosmos und im Planeten-System bis zum Fixsternhimmel offenbaren kann. Wenn die Erde mit den vier Naturreichen, als Planet im ganzen System, als Mikrokosmos im Verhältnis zum Ganzen gedacht wird, dann kann gesagt werden, daß das Wesen Lucifers sich zerteilt hat in einen mikrokosmischen und einen makrokosmischen Lucifer, weil der erste vom Centrum der Erde aus bis in die vierte Region hinein wirkt, der zweite aber, der den Makrokosmos als sein Arbeitsfeld hat, bis in den Umkreis der Erde selbst tätig ist.
Lucifer im mikrokosmischen Aspekt wirkt vom Centrum der Erde aus, direkt ein auf alle Wesen, die in irdische Formen eingeschlossen ihr Leben auf Erden führen. Insoweit jene Formen durch ihre besondere Natur mit Eigenschaften verbunden sind, die schon zur seelischen Tätigkeit gehören, sind diese auch unter Lucifers Gewalt, denn sie beziehen sich auf die irdische Form.
Wenn der Mensch mit dem Tode sich allmählich aus der irdischen Form heraustrennt und die Erde auf diese Weise verlassen kann, daß er allmählich jene seelischen Kräfte, welche mit der irdischen Form zusammenhängen, von sich abstreifen kann, kommt er unter Einflüsse, die mit den makrokosmischen Wirkungen Lucifers zusammenhängen und auch unter die Gewalt jener Wesen, die sowohl zu den wahren Hierarchien, als auch zu den luciferischen Scharen gehören. Es hängt vom Leben des Menschen ab, das er, umkleidet von der irdischen Form, auf Erden geführt hat, welcher Art die Umstände sein werden, die er nach dem Tode vorfindet. Je mehr er sich seelisch mit jenen Kräften verbunden hat, die zur irdischen Form und zur äußeren Welt gehören, desto schwerer wird es ihm beim Tode sein, sich mit seiner Seele von der irdischen Form und der Erde selber zu trennen. Die Erdenkräfte werden die Seele herunterziehen und ihre Flügel lähmen, so daß sie sich nicht erheben kann aus der Erdensphäre und wie ein flatternder Vogel unmittelbar an der Erdoberfläche verweilen muß.
Die Seele kann sich aber auch so fest mit der irdischen Form verbunden haben, daß sie gänzlich Lucifers Einfluß unterliegt und alle Erinnerungen an andere Regionen wie die der Erde selber, verloren hat. Dieses kann nur geschehen, wenn die Seele während ihres Erdenlebens zu einem Diener Lucifers geworden ist, und die Kräfte, die von Michael kommen,
immerfort abgelehnt hat. Wenn eine solche Seele dann die irdische Form verlassen muß, zieht Lucifer sie zu sich heran und versetzt sie in sein Gebiet hinein, wo er wirkt im Erdencentrum. Eine solche Seele soll nach dem Tode den Weg mitmachen, den die irdische Form nehmen muß, welche durch ihre Auflösung wiederum mit der Erde vereinigt wird. Die Seele wird sich dann ebenso mit den seelischen Erdenkräften vereinigen; zwar löst sie sich nicht auf, wie die irdische Form, aber sie kommt völlig unter eine Herrschaft, die ihr jede Freiheit nimmt. Die Seele muß dann, statt auf der Oberfläche der Erde, wo die guten Kräfte einwirken, unter jener Oberfläche sein in dem Reich, wo Lucifer herrscht. Dieses Reich wird gewöhnlich als der Abgrund (Infernum) bezeichnet und besteht aus Regionen, die sich in verschiedener Entfernung vom Centrum selbst befinden und damit mehr oder weniger von Lucifers Macht durchdrungen sind.
Weil sich nach dem Sündenfall die Zustände auf Erden immerfort geändert haben, sowohl was die Erde selbst betrifft, als auch die Wesen, welche als Nachkommen des ersten gefallenen Menschenpaares in irdischen Formen lebten, so hat sich für diese Seelen der Weg, den sie nach dem Tode betreten, gleichfalls geändert. Es werden noch immer durch das Erdenleben selbst die Umstände bestimmt, in denen die Seele sich beim Tode befinden wird, doch sind die Arten dieser Zustände nach dem Tode anders geworden im Laufe der Zeiten.
Nachdem sich die Erde mit dem Fall des ersten Menschenpaares von der Sonnenregion entfernt hat, ist sie immer mehr aus ihrer früheren Umgebung herausgesondert worden und hat sich an sich gebildet. Durch das Element des Festen wird das Reich der Mineralien immer mehr verfestigt, und die Formen aller Naturreiche gestalten sich, jede nach ihrer besonderen Art, mit schärferen Umrissen aus ihrer Umwelt heraus. So steht jede dieser Formen mehr auf sich, abgetrennt von der Umgebung, und das seelische Leben, welches in sie eingekerkert ist, wird dadurch immer mehr auf sich selbst angewiesen. Insbesondere ist dies der Fall mit den menschlichen Formen, die den Typus des Eigenwillens tragen, weil das Prinzip des Eigenfühlens und das des Eigenwissens doch einen stärkeren seelischen Kontakt mit der Umwelt voraussetzt als das des centralisierenden Willens.
Es haben sich die Prinzipien des Eigen-Fühlens, und insbesondere das des Eigen-Wissens auch nicht so tief in die einzelnen Formen hineingelebt, wie es der Mensch mit seinem Fall getan hat; diese ersteren sind ihm nur gefolgt. Weil der Mensch mit seinem Fall in die Form, die den Typus des Eigenwillens trägt — jedoch auch mit dem des Eigen-Fühlens und EigenWissens verwandt ist — einen Teil seines Wesens hineinverlegt hat, das ursprünglich zu dem himmlischen Menschen gehörte, hat er diese Form so gestalten können, daß sie, als zerbochenes Abbild des wahren menschlichen Urbildes, doch einen individuell-menschlichen Typus für den Erdenmenschen darstellt. Eine jede der menschlichen Formen ist dadurch in gewisser Weise individualisiert worden; es wohnt außer dem die Formen des Erdenmenschen  universell-belebenden Prinzip des Eigen-Willens in ihr ein eigener geistiger Teil, der ursprünglich ebenbildlich ist und als solches über Zeit und Raum hinaus erhalten bleibt, solange nicht der Mensch selbst auch jenen Teil der Macht Lucifers übergibt und sich damit für immer die Möglichkeit der Befreiung von den Erden-Kräften nimmt.
Während also in jedem Erdenmenschen ein geistiger Kern eingefangen ist, der frei wird, wenn die Form zerfällt und sich über den Tod hinausretten kann, so gilt das nicht für die drei übrigen Naturreiche der Erde, die nur ein universell-belebendes seelisches Prinzip haben und bei welchen die einzelnen Formen nicht individualisiert sind durch einen in ihnen lebenden geistigen Kern. Einen Tod, so wie dieser für den Menschen eintritt, gibt es für die übrigen Naturreiche deshalb nicht; kein geistiger Kern kommt frei und bleibt für sich bestehen, wenn die einzelne Form zerfällt. Das universell-belebende seelische Prinzip zieht sich aus der vergehenden Form zurück und belebt die neu entstandene Form. Die irdischen Formen aus allen Naturreichen der Erde entstehen, bestehen und vergehen; das universell-belebende Prinzip ergießt sich in die Formen und fließt aus ihnen zurück, wie Ebbe und Flut am Meeresstrande. Aus jeder Form jedoch, die dem Menschenreiche auf Erden angehört, wird ein geistiger Kern frei, wenn der Tod für die Form eintritt. Der Weg, den jener geistige Kern nach dem Tode betritt, das Kleid, welches er um sich gewoben hat als seelisches Material, die Welt, in welche er sich hineinversetzt sieht: das alles wird sich als das Resultat ergeben aus dem, was er sich auf Erden errungen hat, während er mit einer irdischen Form verbunden war.
Alles dies ist aber auch zugleich verbunden mit dem Entwicklungszustand, in dem sich die ganze Erde befindet und durch welchen das Verhältnis der Erde in Bezug auf ihre Umgebung bestimmt wird. Die Erde hat sich mit der Bildung des irdischen Mineralreiches, welches nach dem Fall des Menschen anfängt, immer mehr verfestigt und aus ihrer mehr geistig gebliebenen Umgebung herausgesondert; dasselbe gilt von allen einzelnen Formen, die sich auf der Erde ausbilden. Die Folge dieser Verfestigung der Formen ist, daß das in den Formen eingeschlossene seelische Leben immer mehr von der Form als Teil der Erde abhängig wird und sich dadurch unmittelbar gebunden sieht an das, was auf dieser Erde, als der äußeren Welt, seine Umgebung bildet.
Da die Entwicklung der Erde in der Zeit verläuft, so ist während des ersten Zeitabschnittes, der direkt nach dem Fall des Menschen beginnt, die ganze Erde dem paradiesischen Zustand noch am nächsten, weil sie erst anfängt, sich herauszusondern. Die einzelnen Formen der verschiedenen Naturreiche sind plastischer und dehnbarer, d. h. bildsamer als sie sich später zeigen, und dadurch ist das in sie eingeschlossene Lebensprinzip in näherer Beziehung geblieben mit den höheren Regionen.1)
1) Neuerdings erkennt auch die Naturwissenschaft wieder den kolloidalen Zustand des Kosmos.

Die menschliche Form ist zwar wie der Kerker, in welchem der gefallene Teil des himmlischen Menschen, der sich zu tief in sie eingelebt hat, eingefangen ist, aber jener Teil fühlt sich in gewisser Weise dennoch mit der paradiesischen Region verbunden. Die Erde selber, auf der er leben muß, ist dem gefallenen Menschen
zunächst etwas Fremdes, und mit tiefer Wehmut fühlt der in ihm lebende geistige Teil, daß das Paradies, aus welchem er sich durch eigene Schuld vertrieben sieht, doch die wahre Heimat ist. So konnte der Mensch während der ersten Zeit nach dem Sündenfall geistig hineinschauen in die höheren Regionen, wo er einstmals lebte. Wie die Erde sich dann immer mehr heraustrennte aus der Sonnenregion und sich mit der Ausbildung des irdischen Mineralreiches nach und nach verfestigte, erlebten die irdischen Formen dieses mit, und der Mensch sah sich immer von der paradiesischen Region abgetrennt, während er auf Erden lebte. Selbst die Erinnerung an diese Region ging dem irdischen Menschen mehr und mehr verloren, wie auch die Schauung, das Erleben und Erkennen allmählich erlosch für alles, was sich nicht unmittelbar auf die Erde selbst bezog.
Es tritt dann eine Zeit ein, wo der Mensch, in der irdischen Form lebend, nur die geistig-seelischen Kräfte wahrnehmen kann, die auf Erden wirken; zunächst schaute er noch die Wirkung der hierarchischen Wesen in dem Umkreis der Erde, so wie sie die atmosphärischen Strömungen bewirken. Er nahm die Wesen der Elemente wahr, die als Wärme, Licht und Beweglichkeit im Luftkreis tätig sind und sich durch die Strömungen miteinander verbinden oder sich einander entgegenstellen.
Alle Kräfte, die der Erde angehören und die Wesen der Elemente, die tätig sind als Feuer, Luft, Wasser, Erde, offenbaren sich dem Menschen in ihrer Wirkung an der Erde selbst, an den Formen der Naturreiche und an seiner eigenen Form, welche alle durch die Wesen aufgebaut und zerstört werden, je nachdem diese sich verbinden oder von einander trennen bei ihrer Arbeit. So kann sich der Mensch sagen: „Vergänglicher als der Erdenmensch sind die Witterungen im Luftkreis der Erde, vergänglicher aber als die Erde selber ist die irdische Form in den Natur-Reichen und die, mit welcher der Mensch umkleidet ist."
Es tritt dann später eine Zeit ein, in welcher sich die Erde gänzlich als fester mineralischer Körper aus ihrer Umgebung abgesondert hat und wo die Grenze zwischen dem Erdenkörper und seinem Luftkreis stärker hervortritt. Die einzelnen Formen der 4 Naturreiche haben dann feste Umrisse angenommen, die sie früher nicht hatten, sie tragen den Typus des mineralischen Elementes an sich.
Es entschwindet dem Menschen, während er auf Erden lebt in der irdischen Form, allmählich die Wahrnehmung aller geistig-seelischen Kräfte, auch der, welche auf Erden in seiner Umwelt tätig sind; dafür aber hat sich in seiner irdischen Form dasjenige eingeprägt, was sich offenbart als zerbrochenes und auseinandergespaltenes Abbild der Organe, die beim himmlischen Menschen in Urbild da sind. Dadurch hat der Mensch Organe erhalten, welche, angepaßt an die ihn umringende Welt auf Erden, sich auf diese Welt concentrieren. Sie machen ihm alles, was sich an Formen und Gestaltungen aus der Erden-Materie gebildet hat, sichtbar und wahrnehmbar; sie sind aufgebaut durch die Zusammenwirkung der Elemente, die auch den irdischen Typus tragen als Erden-Feuer, Erden-Luft, Erden-Wasser und Erden-Materie.
Im Luftkreis der Erde sieht der Mensch das, was sich, wenn auch aus feinerer Materie gewoben, dennoch als zum Irdischen gehörig auf irgend welche Art, in irgendwelcher Form offenbart. Zwar sind jene Formen plastischer, dehnbarer und verwandelbarer als die, welche auf der Erde selber bestehen, weil im Umkreis der Erde das Erdenelement nicht vorhanden ist — aber dennoch ist die Offenbarung, die der Mensch wahrnimmt, immerhin auf eine sichtbare stoffliche Form angewiesen. Die Elemente zeigen sich da in feinerer Art als auf der Erde selbst; das irdische Feuer, das Wasser und die gasförmigen Stoffe werden im Luftkreis als Wärme, Feuchtigkeit, Beweglichkeit der Luft und als Licht empfunden.
Es hat der Mensch auch für die Wahrnehmungen dessen, was sich in verschiedener Art zeigt, verschiedene Organe ausgebildet. Dasjenige aber, was sich offenbart, gehört nicht zu den geistig-seelischen Lebens-Prinzipien selbst, die hinter diesen Offenbarungen liegen; es bezieht sich immer auf die Art und Form, die Resultat des Lebens-Prinzipes selber ist.
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Zustande der Seele nach dem Tode in den vorchristlichen Zeiten.1)
1 Es sei besonders nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die Ausführungen dieses Kapitels auf die esoterischen Verhältnisse in den Zeiträumen vor der Menschwerdung Christi abheben. Über die generellen Veränderungen, die Christus herbeiführte, wird in späteren Kapiteln gesprochen werden.

Kapitel X.

Durch die wichtigen Änderungen, die vom Sündenfall an mit der Erde und dem irdischen Menschen vorgehen, ist zu erwarten, daß die Umstände, die der Mensch vorfindet, wenn er die irdische Form beim Tode verläßt, gleichfalls wesentlich andere geworden sind. Auch der Aufbau und die Verwesung der irdischen Form finden auf eine Weise statt, die sich mit der Zeit ebenso verschiedenartig ausnimmt. Es hat sich aber durch den Fall des Menschen etwas ergeben, was für die Bedingungen der menschlichen Hierarchie im ganzen die weitestreichenden Folgen trägt. Wäre der Mensch der Verführung Lucifers nicht verfallen, so wäre nicht ein Teil seines Wesens eingekerkert worden in die irdische Form. Der Mensch wäre ein ewiges Wesen geblieben, das sich zeitlich mit der Form verbunden hätte, die durch Lucifer als Typus des Prinzips des Eigenwillens während der Entwicklung der ersten Schöpfung, schon vorbereitet war. Diese Form hätte dann der Mensch zum Träger des väterlichen Willens umgestalten und sie, wie das wahre Abbild seines himmlischen Urbildes, zu den höheren Sphären erheben können.
Im ersten Menschenpaar sind ursprünglich alle himmlischen Kräfte vorhanden, die das Wesen der menschlichen Hierarchie ausmachen; sie selber sind diese Hierarchie. Als aber durch den Fall das himmlische Urbild sich von ihnen abtrennt, gehen auch die wahren Kräfte jener Hierarchie dem Menschen verloren. Das Urbild des himmlischen Menschen bleibt an sich in den höheren Regionen bestehen, es zerteilt sich nicht, sondern bleibt in seiner Einheit da, so wie es ursprünglich war und immer sein wird, weil es im Reiche der Ewigkeit lebt.
Es war also ursprünglich in das erste Menschenpaar die Kraft des ganzen menschlichen Ur-Typus gelegt worden; diese Kraft war so stark, daß sie den Ersatz bilden konnte für die himmlischen Kräfte, die durch den Abfall der Engel, während der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes, in ihr Gegenteil verwandelt wurden.
Indem sich aber das himmlische Urbild des Menschen vom irdisch gewordenen, gefallenen Teil trennt, zerteilt sich die menschliche Hierarchie in einen himmlischen und in einen irdischen Teil. Das menschliche Urbild enthält die Hierarchie des himmlischen Menschen. Das zerbrochene Abbild trägt in sich den Teil, der sich mit der Erden-Entwicklung verbunden hat.
Dies ist der geistige Kern, der in der Form des Erdenmenschen eingeschlossen lebt und sich mit jenen Kräften umwoben hat, die zu dieser Form gehören.
Zunächst kann noch das erste Menschenpaar allein die Kräfte in sich tragen, die sich aus dem irdisch gewordenen Teil der menschlichen Hierarchie mit der Erde verbunden haben. Bald nach dem Fall aber ist das nicht mehr möglich; durch die Gegenwirkung der luciferischen Kräfte, die sowohl auf die Seele wie auf die Form wirken, tritt für die Form die Notwendigkeit der Zersplitterung ein, sodaß statt des Typus des Prinzips des Eigen-Willens, der als Einheit da ist, allmählich eine Vielheit von Formen entsteht, die alle diesem Ur-Typus entsprechen. In der Zeit, nacheinander, entstehen neue Formen, die sich von einander abtrennen und sich so vermehren. Lucifer gebraucht dazu jene Kräfte, die er vorher schon in die Form hineinverlegt hat; sie sind ihrer Natur nach niedriger als das Wesen des Menschen; durch seinen Fall aber hat der Mensch sich mit ihnen verbinden müssen. Die Bibel spricht daher davon, daß das erste Menschenpaar nach seinem Fall sich mit Tierhäuten bedecken sollte; tierisch und nicht menschlich ist die Wirkung jener Kräfte, welche durch seelische Impulse die Vermehrung der irdischen Formen herbeiführt.
Der geistige Kern im Menschen hat die Kraft nicht, sein Wesen aufrecht zu erhalten in den Wirbel von Kräften, die durch Lucifer in das Wesen der Form, in die der Mensch eingekerkert ist, hineingewoben sind, und in welcher das Prinzip des Eigen-Fühlens und des Eigen-Wissens innerlich wirkt, so wie es in der Außenwelt in der tierischen und pflanzlichen Natur tätig ist. Damit geht zusammen, daß der Geisteskern des Menschen, der aus höheren Regionen stammt, jene Kräfte, die sich aus der menschlichen Hierarchie mit der Erd-Entwicklung verbunden haben, und die zunächst in ihm waren, nicht mehr völlig in sich tragen kann, nachdem er eingekerkert worden ist in die irdische Form. Der Teil der göttlich-geistigen Kräfte, der sich mit den Erden-Kräften verbunden hat, und sich zunächst im Innern des ersten Menschenpaares einheitlich offenbarte, zerteilt sich über eine Unzahl von Menschen, die aus den beiden ersten Menschen entstehen im Laufe der Zeiten. Es enthält jeder dieser Menschen als geistigen Kern ein inneres Centrum, das sich zwar mit der Welt Lucifers verbunden hat, sodaß es mit Hüllen umkleidet ist, die jener Welt entstammen, das jedoch an sich von göttlichem Ursprung ist und der Ewigkeit angehört. Die geistigen Kräfte, welche den Fall des Menschen mitgemacht und sich mit der Erd-Entwicklung verbunden haben, leben sich dann nicht mehr in dem ersten Menschenpaar aus, sondern sie zerteilen sich über die Vielheit von Formen, die allmählich entsteht. Im Gegensatz zum himmlischen Urbild, das als Einheit bewahrt bleibt und alle himmlischen Kräfte der menschlichen Hierarchie in sich trägt, wird das Abbild, das auf Erden lebt, im Laufe der Zeit zersplittert in eine Vielheit.
Dieser Vielheit aber ist eine Grenze gestellt worden dadurch, daß sich nur ein bestimmtes Maß von Kräften aus der menschlichen Hierarchie mit der Erde verbunden hat. Weil mit jeder der Formen aber, welche der Mensch bewohnt, ein gewisses Maß von diesen Kräften als geistiger Kern verbunden sein muß, auf daß die Form den menschlichen Charakter tragen kann, so können diese Kräfte nur so zerteilt werden, daß eine bestimmte Anzahl von geistigen Kernen entsteht, die dann, auch wenn sie mit dem Tode die irdische Form verlassen, an sich da sind, weil sie ursprünglich dem Reiche der Ewigkeit angehören.
Sie überleben die Form, in die sie eingekerkert sind, sodaß sie, wenn diese Form vergeht, über den Tod hinaus erhalten bleiben. Wenn dieser geistige Kern des Menschen aber von der Form befreit wird, so bleibt er dennoch verbunden mit den seelischen Kräften, welche zu der Form gehören; wenn das grobe materielle Kleid ihm genommen wird, so ist er noch umkleidet mit den subtileren Kräften, die zur Erd-Entwicklung gehören. Auch diese müssen allmählich von ihm abfallen, bevor er sich als rein geistiger Kern erleben und in die Sonnenregion hinaufsteigen kann, wo er einstmals lebte, ehe ihn Lucifer verführt hatte.
Solange der Mensch, auf Erden lebend, noch hineinschauen kann in die höheren Regionen, die er verlassen hat, so lange hat jener geistige Kern, der in die irdische Form eingeschlossen ist, noch Nahrung aus der Sehnsucht nach der Wiederkehr zum Paradiese. Je mehr aber die irdische Form sich mit der Verfestigung der Erde gleichfalls verdichtet und der Mensch, während er auf Erden lebt, statt der höheren Regionen zunächst die Wesen und Kräfte wahrnimmt, die ganz zur Erd-Entwicklung gehören — sodann jene, die nur auf Erden wirken, bis er schließlich nur noch Organe hat, die ihn befähigen, die Formen seiner irdischen Umwelt wahrzunehmen, welche durch die Wesen der 4 Elemente aufgebaut sind, desto fester wird der geistige Kern mit der Erde verbunden, desto stärker ist auch die Wirkung der zur Form und zur Erde gehörenden Kräfte. Es wird dem Menschen dann immer schwieriger beim Tode, das Band zu lösen, das diesen geistigen Kern mit der irdischen Form verbindet, und die zu ihr gehörigen Kräfte, als das feinere Kleid, ebenso zu verlassen. Der Tod wird dem Menschen immer schmerzvoller im Laufe der Zeiten. Wenn anfänglich noch an Befreiung gedacht wurde, als der Erdenmensch nach den höheren Regionen sich sehnte, so nahm das Interesse für die Erde selber in dem Maße zu, daß der Mensch die Beziehung zum Geistigen verlor, bis zuletzt die Trennung von der irdischen Form und vom Leben auf Erden als etwas Tragisches betrachtet wird. Mit dieser Auffassung verbindet sich das noch schmerzvollere Erlebnis, welches auftritt, wenn der geistige Kern auch die an die Erde gebundenen Kräfte als das feinere Gewand ablegen muß. Dies ist der zweite Tod, der von dem erdgebundenen Menschen schmerzlicher empfunden wird als der erste Tod, weil die materielle Hülle nicht so fest mit dem geistigen Kern selber verwoben ist wie die zarte Hülle, die aus seelischen Kräften besteht.
Im allgemeinen ist also das Erlebnis des Todes für die Erden-Menschheit im Laufe der Erd-Entwicklung schmerzvoller geworden. Weil aber der Mensch ein individuelles Wesen ist durch den geistigen Kern, den er m sich trägt, so verbindet sich ein jeder Mensch während seines Daseins auf Erden auf eine bestimmte Weise mit den Kräften, die zu der materiellen und der
seelischen Hülle gehören. Die Umstände, die der Mensch dann vorfindet, wenn er durch den ersten und nachher durch den zweiten Tod hindurchgeht, sind abhängig von der Art und Weise, wie er sich als geistiger Kern zu seinen Hüllen gestellt hat, während er mit diesen verbunden war. So entstehen verschiedene Zustände nach dem Tode, die einen graduellen Unterschied zeigen in Bezug auf das schmerzvolle Empfinden selber und die Umstände oder die Umgebung, in welche der Mensch sich nach dem Tode hineinversetzt sieht.
Es ist schon erwähnt worden, wie der geistige Kern des Menschen beim Tode der Macht Lucifers völlig verfallen kann, wenn der Mensch während seines Lebens auf Erden sich immerfort den Einflüssen der Wesen aus den wahren Hierarchien widersetzt hat und die geistige Wirkung Michaels — durch die er den inneren geistigen Kern kraftvoll erhalten kann — nicht in sich aufnehmen wollte. Schon während seines Lebens auf Erden ist er dann ein Diener Lucifers geworden, indem er sich den seelischen Kräften, die zur irdischen Form gehören, völlig ergab. Wenn er dann mit dem Tode die irdische Form verlassen muß, so ist er in Bezug auf den geistigen Kern gänzlich mit den Erdenkräften verbunden, und dieser Kern ist dann so abgeschwächt worden, daß er sich nicht mehr von den zu Lucifer gehörigen Prinzipien des Eigen-Willens, Eigen-Fühlens und Eigen-Wissens trennen kann und ihnen Untertan sein muß. Vergessen hat dann der geistige Kern des Menschen seine himmlische Heimat und seinen göttlichen Ursprung. Weil er aber dennoch der Ewigkeit angehört, trägt er diese Eigenschaft auf solche Weise in das Zeitliche hinein, daß die seelischen Kräfte, welche zur vergänglichen irdischen Form gehören und deswegen nach dem Tode auch nur zeitlich ihn umkleiden sollen — um dann, gleich der materiellen Form, zu verfallen — durch ihr festes Band mit dem geistigen Kern aufbewahrt bleiben. Dann besteht der zweite Tod für ihn nicht mehr in dem Verlassen der seelischen Hülle, sondern der geistige Kern selber wird getötet, soweit er göttliche Eigenschaften enthält, die sich dann umkehren und die durch Lucifer ausgebildeten seelischen Prinzipien so verstärken, daß sie bleibend ihm zugehörig werden, wie seine eigene Natur. Dadurch wird der Mensch dann wie zum Abbild Lucifers und kann nur bestehen in dem Centrum, wo Lucifer selber tätig ist. Durch die starke Bindung an Lucifer wird er dann in die Erde selbst hineingezogen, die Oberfläche der Erde kennt ihn nicht mehr. Dies ist derjenige Zustand, welcher als Infernum oder Hölle bezeichnet wird.
Hat der Mensch sich hauptsächlich von einer der drei seelischen Kräfte beherrschen lassen, zum Beispiel vom Prinzip des Eigen-Wissens. sodaß der geistige Kern insbesondere unter die Macht dieses Prinzips und alles damit Verwandten geraten ist, so wird sich der Mensch nach dem Tode zwar unterhalb der Oberfläche der Erde befinden, aber doch in der Region, die dem Centrum am fernsten liegt; das Prinzip des Eigen-Fühlens und alles, was dazu gehört, bindet den Menschen an die mittlere Region innerhalb der Erde; durch das Prinzip des Eigen-Willens wird er in das Centrum selbst hineingezogen, da dieses direkt mit dem Herzen Lucifers, als antiväterlichem Centrum, verbunden ist. So ist die Hölle zerteilt in drei Hauptregionen.
Für jene Menschen, welche sich während des Erdenlebens ihren geistigen Kern erhalten haben, sind die Umstände, in die sie nach dem Tode kommen, abhängig von dem Grade, bis zu welchem sie sich mit den irdischen Formen und den dazu gehörigen seelischen Kräften verbunden haben. Ein festes Band zwischen den zur Erd-Entwicklung gehörigen Kräften und dem geistigen Kern macht die notwendige Trennung desto schmerzvoller; insbesondere wird die Zeit, welche ablaufen muß zwischen dem ersten Tod — oder der Ablegung der irdischen Hülle — und dem zweiten Tod — oder dem Zerfall der seelischen Form — eine Periode des Leidens sein. Es kommt dann noch hinzu, daß der geistige Kern immer eine Krafteinbuße erleidet, wenn er sich zu eng verbunden hat mit dem, was zur Erde gehört, weil ihm dadurch die Möglichkeit, sich in die höhere Region zu erheben, genommen oder doch sehr erschwert wird, wenn der zweite Tod eingetreten ist.
Der Tod ist demnach ein Heraussteigen des Menschen aus der irdischen Form, in die er eingekerkert ist als Erden-Mensch. Würde für den Erdenmenschen die Befreiung von der Form nicht eintreten, so würde er solange darin eingekerkert bleiben, als die ganze Erd-Entwicklung dauert; Lucifer würde diese Form erhalten, und der Mensch wäre in seinem geistigen Kern gänzlich mit ihr zusammengewachsen. Es sind die Kräfte Michaels, verbunden mit den Taten der wahren hierarchischen Wesen, welche die Form durch den Tod zerstören, damit der geistige Kern des Menschen nicht gänzlich mit der Erde selber vereinigt werde und nach der Periode der Verbindung mit der irdischen Form eine Befreiung eintreten könne.
Die Zeit, die zwischen dem ersten und dem zweiten Tod verläuft, ist dem Menschen umso qualvoller, je mehr er in seinem Erdenleben die seelische Hülle materiell verstärkt und dadurch seinen geistigen Kern eingeengt hat; sie dauert dann auch länger. Es wird dieser Zustand als der des Fegefeuers bezeichnet, in welchem die Läuterung des Menschen vor sich geht. Das Feuer ist das Element, das die Materie mit seiner Wirkung durchdringt und in einen reineren Zustand bringt. Es wird auch der Mensch durch das Fegefeuer gereinigt und erlöst von dem, was ihm an Erden-Kräften anhaftet, auf daß der geistige Kern, befreit von aller irdischen Unreinheit, an sich bestehen bleibe.
Weil eine engere Verbindung des geistigen Kerns im Menschen mit den zur Erde gehörigen Kräften immer auf Kosten des ersteren geschieht, so ist dann die seelische Hülle kraftvoller und dauerhafter geworden; der geistige Kern selber ist aber abgeschwächt. Nach einem schmerzvollen längeren Aufenthalt im Fegefeuer wird zwar endlich der geistige Kern des Menschen beim Eintreten des zweiten Todes von der Hülle befreit, doch fehlen ihm die Kräfte, sich in die höheren Regionen aufzuschwingen. Die Sonnenregion, in welcher der Mensch vor dem Fall im Paradies lebte, ist dem geistigen Kern nach dem Tode nur zugänglich, wenn er nicht durch seine Verbindung mit den ihm feindlichen Erden-Kräften abgeschwächt worden ist. Es bleibt der geistige Kern des Menschen nach dem zweiten Tode in den Regionen, welche zwischen der Sonnen-Region und der Erde selber liegen, wenn er nicht die nötigen aufwärts strebenden Kräfte behalten hat.
In diesen Regionen, zwischen Erde und Sonnen-Region, liegen die Bahnen der drei Planeten, die mit der Ausbildung von zukünftigen Entwicklungs-Zuständen verbunden sind. Sie sind genannt worden als Venus, Mercur, Vulcan.1)
1) Vulcan heißt im esoterischen Sinne jenes Centrum, das der Sonnenregion eigentlich schon angehört und als das Symbol des letzten, siebenten Schöpfungsraumes der Zukunft betrachtet wird, dessen Vorbild es ist.

Die Namen der auf Vulcan folgenden Planeten, von der Sonne ab gerechnet, sind im Laufe der Zeit miteinander verwechselt worden, sodaß derjenige Planet, der in der heutigen Astronomie den Namen Venus trägt, in früheren Zeiten, als die astrologische Bedeutung der planetarischen Centren im Kosmos noch bekannt war, den Namen Mercur getragen hat; der heutige Mercur wurde dazumal Venus genannt. So folgt in der Beschreibung von Dantes Paradies auf die Sphäre des Mondes die des Mercurs, dann die der Venus, während nach astronomischer Bezeichnung von der Erde aus zunächst der Mond, dann der Planet Venus und dann Mercur genannt wird, der entsprechenden Entfernung ihrer Bahnen gemäß. Es folgt in Wirklichkeit die Bahn des Planeten Mercur (früher Venus genannt) auf die des Vulcan; die Bahn der heutigen Venus (früher Mercur) liegt der Erde, um welche sich die Mond-Bahn befindet, am nächsten.
Wenn der Mensch nach dem zweiten Tode die Sonnenregion nicht erreichen kann, befindet er sich in jenen Zwischenregionen und bleibt der Erde näher oder ferner, je nachdem die Kräfte des geistigen Kerns mehr oder weniger abgeschwächt worden sind. So muß die Seele nach dem zweiten Tod in der Nähe der Erde verweilen, in der Region, welche der Mond-Bahn am nächsten gelegen ist, wenn sie ihre wahren geistigen Kräfte, die sie aufwärts führen sollten aus der Erden-Sphäre heraus, durch Verbindung mit den Kräften, die zur irdischen Form gehören, abgeschwächt hat. Zwischen Erde und Mond verweilt der Mensch in solchem Falle. Kann er sich weiter von der Erde trennen, so erreicht er die Region, in welcher die Bahn der heutigen Venus (des früheren Mercur) sich befindet; er befindet sich dann zwischen genanntem früheren Mercur und Erde. Wenn die Region erreichbar ist, in welcher die Bahn des heutigen Mercur (früher Venus) liegt, so lebt der Mensch nach dem zweiten Tode zwischen Mercur und Erde.
Wenn der Mensch aufsteigen kann bis zur nächsten Region, so gelangt er in die Region, in welcher, in der nächsten Nähe der Sonnen-Region, die Bahn des Planeten V u 1 c a n gelegen ist. Es kann diese Region wie ein Teil der Sonnenregion selbst betrachtet werden. Die Sonnenregion wird dann geschaut als das verlorene Paradies, die eigentliche Heimat des wahren Menschen. Ist dem geistigen Kern des Menschen soviel aufwärts strebende Kraft erhalten geblieben, daß er sich in die Sonnenregion hinaufschwingen kann, so erlebt er sich im Paradiese, in einem Zustand geistiger Glückseligkeit.
Mit der Verfestigung der Erde sind diese hinaufstrebenden Kräfte dem Menschen immer mehr genommen worden, sodaß es mit der Zeit immer weniger möglich wurde, sich nach dem zweiten Tode in die höheren Regionen zu erheben. Der geistige Kern wurde auch immerzu schwächer, nicht allein dadurch, daß er fester mit den Erden-Kräften verbunden wurde, sondern auch, weil die wahren menschlichen Kräfte, welche sich in die Erd-Entwicklung hineinbegeben haben, zuerst im ersten Menschenpaar concentriert vorhanden waren, sich dann aber allmählich über eine Anzahl Menschen verteilten. So entstand eine Vielheit von geistigen Kernen und auch die Vermehrung der irdischen Formen.
Zwar ist erwähnt worden, wie dieser Vielheit eine Grenze gesetzt ist, und jeder geistige Kern eine gewisse Potentialität an Kräften in sich enthält; es ist dadurch aber jeder geistige Kern an sich weniger kraftvoll, als er direkt nach dem Fall in den beiden ersten Menschen als den Trägern aller Menschheitskräfte vorhanden war.
So wird das Hinaufstreben im Menschen immer schwächer; immer mehr fesseln ihn die Erdenkräfte. Der Mensch behält auch nach dem zweiten Tode, als geistiger Kern, eine Neigung, die ihn veranlaßt, hinunterzustreben zur Erde. Statt der früheren Sehnsucht nach dem Paradiese, ergreift ihn dann eine Sehnsucht nach der Erde; der Mensch sehnt sich zurück zur Erde.
Jene Seelen, welche durch Lucifers Gewalt in die Regionen der Hölle hineingezogen sind, können diese Sehnsucht nicht befriedigen; sie sind gebunden innerhalb der Erde. Die Seelen, die sich im Zustand des Fegefeuers befinden, zwischen dem ersten und dem zweiten Tod, müssen warten, bis der letztere eingetreten ist; wenn aber der geistige Kern frei kommt, dann wird es abhängig von den aufwärts strebenden Kräften, ob ihre Neigung sie zu den höheren Regionen weist oder ob die Sehnsucht nach der Erde sie erfaßt und in ihrem Banne festhält, ein Vorgang, der sich in den verschiedenen Reincarnations- oder Wiederverkörperungslehren widerspiegelt und der für die vorchristliche Menschheit eine wesentlich andere Bedeutung hatte als für die Zeiten nach dem Erlösungstode Jesu Christi.
Von den Menschen, welche sich in den höheren Regionen befinden, bis in die vierte Region — oder die Sonnen-Region — hinein, in welcher sich die Erde als vierter Schöpfungsraum, verbunden mit der Sonne, befand vor dem Fall, lassen sich zunächst einzelne dazu verleiten, die Erdenregion nicht zu verlassen; andere fühlen sich hineingezogen in die zwischen Sonnen-Re gion und die Erde selber befindlichen Regionen und verbinden sich mit dem Centrum der betreffenden Region. Sie nehmen dann das Kleid an, welches aus der Materie gewoben ist, die zu diesem Centrum gehört, und beginnen in einen der Planetensphären zwischen der Sonnenregion und der Erde zu leben. Weil auch da Lucifer tätig ist, wenn auch auf andre Weise als auf Erden, so bleiben sie dem Einfluß Lucifers ausgesetzt; je näher aber der Planet, auf dem sie leben, der Sonnenregion ist, desto weniger wird der geistige Kern des Menschen durch die betreffende Form, mit der er sich umkleidet hat, in seiner Tätigkeit gehemmt; er kann sich dann freier entfalten. Die Kräfte aber, welche zu der Welt gehören, in der er lebt, und die ihm wie mit einer Hülle umgeben, sind auch weniger intensiv.
Wenn der geistige Kern des Menschen sich nach dem zweiten Tode bis in die Sonnenregion hinaufschwingen kann, so wird er sich im Paradiese erleben, so wie es vor dem Fall des Menschen war. Es ist aber ein gewaltiger Unterschied zwischen den Umständen, in welchen der Mensch vor dem Fall gewesen ist, und denjenigen, die er nachher vorfindet, wenn er auch ins Paradies hinaufsteigen kann. Der Mensch war vor dem Fall mit dem göttlichen Urbild verbunden als wahrer himmlischer Mensch. Das menschliche Urbild aber hat sich in die höheren Regionen zurückgezogen. Als geistiges Wesen, lebend in dem Herzen des Vaters und der Himmelsrose, offenbart es sich im Aspect des wahren menschlichen Urbildes, bis in die Region des Fixsternhimmels hinein.
Von dieser Region ist die Sonnenregion, als vierte Region, nur ein Abbild; der gefallene Mensch kann zwar mit seinem ewigen-geistigen Kern in diese hinaufsteigen, er kann sich aber nicht mit seinem wahren Urbild vereinigen. Nur im fernen Horizont kann der Reflex jenes wahren Urbildes ihm in Abbild erscheinen. So wie der Mensch das Paradies verlassen hat durch die Pforte, welche sich im Zeidien der Zwillinge — zwischen den beiden verbotenen Bäumen — befindet, so tritt er wiederum durch dieses Zeichen in die Sonnenregion ein. Weil einmal der Mensch die zweifachen Kräfte des Zeichens der Zwillinge in sich aufgenommen hat, nachdem das erste Mensdienpaar durch dieses Zeidien das Paradies verlassen mußte, kann er zwar als geistiger Kern wiederum in die Sonnenregion aufsteigen, nachdem er den zweiten Tod erlebt hat ; er wird aber die Veranlagung zu dieser Zweiheit in sich behalten.
Diese Zweiheit wird sich auch im Paradiese offenbaren und durch sie wird der Weg bestimmt, welchen der geistige Kern in der Zukunft gehen wird. Es machen sich im Menschen zweierlei Kräfte geltend, denn einerseits gehört er seinem geistigen Kern gemäß den höheren Regionen an, andererseits hat er sich mit der Erdentwicklung verbunden. Die Folge davon ist, daß der Mensch, nachdem er einige Zeit in der Sonnenregion verweilte, sich vor einen Wendepunkt gestellt sieht, wo sich ihm zwei Wege öffnen. Es hängt dann von den geistigen Kräften ab, die der Mensch, als geistiger Kern, sich trotz der Verbindung mit der Erde erhalten hat, welchen Weg er nehmen kann.
Lucifer ist in seinem makrokosmischen Aspect in den höheren Regionen seines Reiches tätig. So wirkt er auch in der Sonnenregion. Nach dem Fall des Menschen hat seine Kraft gerade in dieser Region zugenommen. Als der Mensch durch die Pforte der Zwillinge das Paradies verlassen mußte, war Lucifer die Möglichkeit gegeben, desto kraftvoller da hineinzudringen. Die Sonnenregion zerfällt dadurch in einen Teil, in welchem Michael gänzlich vorherrscht und in einem anderen in welchem Lucifer sich offenbaren kann. Vom Zeichen der Zwillinge bis zum Zeichen des Scorp i o n s ist der Mensch, der in die Sonnenregion hinaufsteigt, noch unter dem Einfluß Lucifers. Hat er aber die Prüfung bestanden, die ihn erwartet, wenn er das Zeichen der Waage durchschreitet, so steigt er aufwärts in den Teil der Sonnenregion, wo Michael herrscht.
Durch die Sonnenregion schreitet der Mensch, ausgehend von dem Zeichen der Zwillinge, weiter bis an jenen Punkt, wo das Zeichen der Waage sich befindet. Dieses Zeichen ist gelegen zwischen dem Sternbild der Jungfrau und dem des Scorpions oder Adlers. Hat der Mensch sich während seines Erdenlebens bemüht, die wahren Kräfte in sich aufzunehmen, welche aus den drei Himmelszeichen strömen: des Stieres, des Widders und der Fische, die gegenüber den Zeichen des Adlers, der Waage und der Jungfrau stehen, so hat er in gewisser Weise als Erdenmensch seine Aufgabe erfüllt. Mit dem Austritt aus dem Paradiese ist es doch die Aufgabe der Menschheit geworden, die drei Zeichen, welche dem der Zwillinge folgen, statt im Paradiese auf der Erde zu durchwandern und sich unter diesen schwereren Umständen die betreffenden Kräfte anzueignen, die er sich sonst im Paradiese selbst auf andere Weise hätte erobern können. In diesem Fall wird der geistige Kern des Menschen weiter hinaufstreben; gereinigt durch die Kräfte, die ihm aus dem Zeichen der Jungfrau zuströmen, erhält er die Gerechtigkeit, die als Eigenschaft der Waage ihm die Möglichkeit gibt, mit der aufwärtsstrebenden Kraft des Adlers sich hinaufzuschwingen zu dem Weiterschreiten durch die Sonnenregion, bis er zu der Pforte gelangt, wo er unter dem Zeichen des Wassermanns die erste Ahnung bekommt von dem, was ihm wie das Spiegelbild des wahren menschlichen Urbildes erscheint.
Der Erzengel Michael hütet diese Pforte, die hinausführt zu den drei höheren Regionen bis an die des Fixsternhimmels. Auch dann stehen dem Menschen zwei Wege offen; jedoch mit dem Unterschied, daß er in dem ersten Fall, als er das Zeichen der Waage durchschreitet, durch das Maß seiner inneren Kräfte gebunden ist, notwendigerweise einen bestimmten Weg zu gehen, während er bei der Begegnung mit Michaels in gewisser Weise wählen kann. Wenn der Mensch Michael begegnet, kommt er dadurch unter seinen Schutz; er wird ein Diener des Erzengels. Er kann die Pforte der Sonnenregion durchschreiten, um die höheren Regionen zu durchwandern, welche sich zunächst, im Vergleich mit der Sonnenregion, in Finsternis zeigen. Der Anblick aber, den er vom strahlenden Urbilde erlebt hat, leuchtet ihm vor, und es wird sein einziges Bestreben werden, diesem Urbild näher zu kommen, um sich endlich damit zu vereinigen. Dieses kann nur da geschehen, wo die Macht Lucifers endet; auf dem Wege dorthin wird er Lucifer in den drei höheren Regionen des Kosmos bekämpfen, da er sich in die Dienste Michaels gestellt hat.
Die andere Möglichkeit ist diese, daß der Mensch, wenn er dem Erzengel Michael begegnet, sich in dessen Scharen einreiht und, nachdem er den Anblick des Urbildes erlebt hat, als Diener Michaels die Sonnenregion nicht verläßt, um in die höheren Regionen hinaufzusteigen, sondern zurückschreitet, um von der vierten Region aus in die Erdentwicklung einzuwirken und auf solche Weise Lucifers Taten zu bekämpfen. In diesem Falle kann der Mensch sich sogar in die Regionen hineinbegeben, die sich zwischen der Sonnenregion und der Erde befinden, um da in irgend welcher Weise den Taten Michaels zu dienen.
Wenn der geistige Kern des Menschen so stark ist, daß er sich bis an die Pforte des Paradieses, die unter dem Zeichen des Wassermanns ist und durch Michael behütet wird, hinaufschwingen kann, so geht durch die Schauung des großen Erzengels von Angesicht zu Angesicht eine solche Verwandlung mit dem Menschen vor, daß er von diesem Augenblicke an als Diener Michaels dem mächtigen Erzengel folgt. Kehrt der Mensch dann in die niederen Regionen zurück durch die andere Pforte, welche unter dem Zeichen der Zwillinge liegt, so ist es, um Lucifer zu bekämpfen, nicht ihm zu dienen, wie er einstmals tat.
Anders ist es mit dem Menschen, der sich zwar hineinbegeben hat in die Sonnenregion, aber bei dem Entscheidungspunkte den andern Weg nehmen muß. Weil er sich die guten Kräfte aus den drei Zeichen des Stieres, des Widders und der Fische während seines Erdenlebens nicht genügend angeeignet hat, wird die andere Seite seiner zwiespältigen Natur sich geltend machen. Die Erdenkräfte werden noch Gewalt über ihn haben, sodaß er sich — wenn er den Entscheidungspunkt im Zeichen der Waage erreicht — nicht völlig verbinden kann mit den höheren Kräften der drei Zeichen: Jungfrau, Waage und Adler. Die himmlische Reinheit wird ihm nicht in solchem Maße eigen sein, daß er durch die Kraft der Gerechtigkeit die Adlerflügel erhalten kann zum weiteren Aufstieg. Es wird die Waage sich nach der einen Seite zu leicht, nach der anderen Seite zu schwer ergeben und durch diese Schwere wird er, statt Adlerflügel zu erhalten, wiederum mit jenen Kräften verbunden werden, die ihn notwendigerweise zurückführen zu der Erde selber; denn auch die Kräfte des Scorpions werden ihn verhindern, ein Leben im Geiste zu führen, ihn zwingen, die Sonnenregion zu verlassen und in die Erdgebundenheit zurückzukehren. So wiederholt er notwendigerweise den Fall des ersten Menschenpaares.
Es stehen dem Menschen also drei Wege offen, wenn er die irdische Form verlassen hat, und diese werden bestimmt durch die Art und Weise, wie der geistige Kern sich zu der irdischen Form und den Kräften, die mit ihr verbunden sind, während des Erdenlebens verhalten hat. Es kann der Mensch als Diener Lucifers in die Hölle hinabfahren, oder es kann für kürzere oder längere Zeit die Läuterung im Fegefeuer eintreten, nach welcher der geistige Kern sich dann mehr oder weniger weit von der Erde entfernt, sodaß er sich entweder in den Raum hinaufschwingt, welcher zwischen der Erde und der Sonnenregion liegt — oder in die vierte Region selber hineintritt. Endlich kann in dieser Region der geistige Kern sich hinaufschwingen bis zum Anblick des Reflexes des himmlischen Urbildes, das erst in der Region des Fixsternhimmels sichtbar wird, wenn er durch das Zeichen der Waage weiter aufwärts schreitet — oder es können ihn die Erdenkräfte erneut anziehen, sodaß er den Fall aus dem Paradiese heraus wiederholt.
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Die Führer der Menschheit. Initation

Kapitel XI
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Im Laufe der Zeit finden sich Menschen, welche die Kräfte ihres geistigen Kernes behalten, auch wenn sie mit den irdischen Formen umkleidet sind. Sie kommen in der Sonnenregion zur Anschauung des großen Erzengels und werden seine Diener. Durch die Pforte im Zeichen des Wassermanns in die höheren Regionen aufsteigend, suchen einzelne sich ihrem Urbild zu nähern und bekämpfen Lucifer in seinem makrokosmischen Aspect andere schreiten durch die Pforte, welche im Zeichen der Zwillinge liegt, in die niederen Regionen hinunter. Sie wirken dann von der Sonnenregion aus in die Erdentwicklung hinein oder von da aus, wo sich die Bahnen der Planeten zwischen der Sonnenregion und der Erde befinden; sie streiten gegen Lucifer in seinem mikrokosmischen Aspekt, so wie er in der Erde selber tätig ist.
Jene Menschen, welche mit den Scharen Michaels vereinigt sind, haben sich dadurch über die Daseinsebene der Erdenmenschheit erhoben; sie werden zu Führern der andern Menschen, denn sie versuchen, die Menschheit auf den Weg zu leiten, dem sie gefolgt sind. Gerade weil sie selber die Gefahren kennen, die durch die Kraft Lucifers für die Menschheit bestehen, sind sie insbesondere dazu vorbereitet, andere vor diesen Gefahren zu behüten. Sie vermögen sich auch auf der Erde zu manifestieren; geschieht dies, so nur deswegen, weil sie solches als ein Mittel betrachten, um die Menschen leichter zu führen, nicht aber, weil sie durch die Erdenkräfte angezogen werden.
So entstehen unter den Menschen, welche Diener Michaels geworden sind, zweierlei Typen: solche, die beim Anblick des Abbildes des himmlischen Menschen die Vereinigung mit dem menschlichen Urbilde suchen und auf diesem Wege Lucifer bekämpfen (sie wirken dabei nur dann auf den Menschen ein, wenn dieser als geistiger Kern in der Sonnenregion sich befindet) — und solche, welche beim Anblick des Abbildes des himmlischen Menschen zurückkehren, um von der Sonnenregion oder von einer niedrigeren Region aus den Streit mit Lucifer aufzunehmen, damit die durch ihn ausgebildeten Zerrbilder umgeformt werden in Abbilder des wahren menschlichen Prinzips.
Diese beiden Typen offenbaren sich als der des Priesters und der des Königs. Der erste strebt  den himmlischen Regionen zu  und sucht Verbindung mit dem Höchsten, indem er das Irdische meidet; für ihn besteht der Mensch als geistiger Kern, er spricht zum Paradiesischen im Menschen. Der zweite sucht auf Erden selber die Menschheit zum wahren Ziele zu führen. (In den christlichen Zeiten zeigen sich die beiden Typen auf eine unverfälschte Weise im betenden Mönch, der sich von der Welt abtrennt, und im streitenden Ritter, der in die Welt hinauszieht).
Als ein dritter Typus haben sich noch andere Wesen als Führer der Menschheit in die Erdentwicklung hineinbegeben. Es sind die Wesen, die mit den verschiedenen makrokosmischen Centren verbunden sind, die, als Wiederholung von früheren Entwicklungen und auch als Zeichen für zukünftige Entwicklungen, sich in den Planeten offenbaren. Einzelne Wesen der wahren Hierarchien, die eigentlich zu den verschiedenen Planeten gehören, haben sich auf solche Weise mit der Erdentwicklung verbunden, daß sie, durch Vermittlung des Menschen selber, darauf indirekt einwirken. Sie können sich nicht direkt mit einer irdischen Form auf die Weise umkleiden, wie der Mensch das vermag, weil die irdische Form zwar ein umgekehrtes und zerbrochenes Abbild, dennoch ein Ausdruck des ureigentlich menschlichen Prinzips ist. Es ist für solche Wesen aber möglich, sich mit den feineren Kräften zu verbinden, die zu den irdischen Formen gehören, jedoch nur in dem Fall, daß der geistige Kern des Menschen diese Kräfte durch seine Herrschaft über sie so umgebildet hat, daß sie kein Hemmnis mehr sind.
Jene Wesen aus den wahren Hierarchien, welche schon mit einem der besagten Planeten verbunden waren und sich dadurch in gewisser Weise aus den Hierarchien heraus, die über das ganze Reich Lucifers tätig sind, ausgesondert haben, können sich dann verbinden mit einem Menschen, der, nicht mehr durch die Kräfte des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens gehemmt, seinen geistigen Kern mit der irdischen Form umkleidet hat. Vermöge dieser Verbindung werden durch diese Wesen aus den höheren Regionen die wahren unverdorbenen Kräfte, welche die Wesen der wahren Hierarchien sich erhalten haben, als Abbild der drei göttlichen Attribute in den Menschen hineinversenkt. Aber nur eine von diesen drei Eigenschaften kann der Mensch jeweils erhalten, weil eine jede der Hierarchien nur eine bestimmte Eigenschaft in sich trägt. Auf diese Weise kann ein Wesen aus der Hierarchie der Engel, der Erzengel oder der Fürstentümer sich mit einem solchen gereinigten Menschen verbinden und in ihn die Kräfte der Liebe, der Weisheit oder der Stärke hineinversenken. Dann wirkt ein solches Wesen durch Vermittlung eines Menschen in die Erdentwicklung ein und verbindet bestimmte Kräfte aus den wahren Hierarchien mit den Erdenkräften, wodurch das Heil der Menschheit gefördert wird. Dieser dritte Typus offenbart sich in dem des Propheten. Wenn sich der Priester den himmlischen Mächten widmet, der König sich dem irdischen Wirken zuwendet, so steht der Prophet zwischen beiden. In ihm verbinden sich Himmel und Erde; in die Erdensphäre tönt die Stimme eines himmlischen Wesens hinein, das sich durch ihn kundgibt.
Diese drei Typen werden die Führer der Menschheit, die noch unter der Macht der Erdenkräfte steht. Diejenigen, die zum Typus des Priesters gehören und den Aufstieg in die höheren Regionen suchen, können
in diesen Regionen tätig sein und Lucifer bekämpfen. Einzelne erheben sich bis zur Grenze des dualistischen Kosmos in die Region des Fixsternhimmels; weiter können sie nicht hinaufsteigen. Da erblicken sie das menschliche Urbild, wie von Angesicht zu Angesicht, und schauen Michaels wahre Gestalt in voller Erhabenheit, Lichtfülle und Macht. Auch die Taten der Wesen aus den wahren Hierarchien und die Gegenwirkung der Diener Lucifers werden ihnen offenbart. Doch zeigt sich dabei, daß die Erde und die mit ihr verbundene Menschheit der eigentliche Mittelpunkt des gewaltigen Streites ist, der sich, während dieser Entwicklungszeit des vierten Schöpfungsraumes, zwischen Michael und Lucifer abspielt.
Hinunterschauend auf die verschiedenen Regionen im Reiche Lucifers bis zur Erde selber, die das Centrum seiner Tätigkeit bildet, steigen viele von denjenigen, die sich bis zu der Region des Fixsternhimmels erhoben haben, unter Führung des großen Erzengels wiederum hinunter in die Region der Erde, damit sie ihre himmlischen Kräfte zur Befreiung der Menschheit anwenden können. Sie werden dann der Erdenmenschheit zu Führern im Geiste; im Priester schauen sie den Menschen, während er auf Erden lebt, in seinem himmlischen Aspect, als den geistigen Kern, der ursprünglich der Ewigkeit angehört. Von dem Fall des Menschen durch Lucifers Verführung künden sie, von der Vergänglichkeit der irdischen Form, von der Gefahr des Sich-Hingebens an die Kräfte, welche zur stofflichen Form gehören, vom Leiden des zweiten Todes und endlich von der Möglichkeit des Todes für den ewigen Kern des Menschen, wenn er zum Diener Lucifers wird und dadurch in die Hölle gelangt; das alles führen sie vor die Seele des Menschen. Für sie besteht nur der geistige Kern als einzig wichtiges Element, und ihre Lehre hat als Grundprinzip die Überwindung und Abtötung — schon während der Mensch auf Erden lebt — desjenigen, was dieser geistige Kern durch den einstmaligen Fall aus dem Paradiese angenommen hat als jene irdische Form und seelischen Kräfte, die ihn an die Erde fesseln.
In der Lehre Buddhas ist diese Gesinnung in ihrem vorchristlichen Aspect enthalten, und er selber, der Königssohn Gautama, gibt in seinem Leben das Beispiel dazu, als er seinen Palast verläßt, zum Bettelmönch wird und endlich die Erleuchtung erhält unter dem Boddhibaum (d. i. Lebensbaum), durch welche ihm die göttliche Weisheit zu Teil wird. In der darauffolgenden Predigt von Benares offenbart er der Menschheit die Notwendigkeit, sich zu befreien vom Durst nach Dasein, hinaufzustreben über Leid- und Freudegefühl, damit sich der Mensch erlöse aus dem immer-beweglichen Rad der Wiedergeburt und frei werde von den irdischen Fesseln, sodaß er in das Nirwana eintreten könne. Das Nirwana wird betrachtet wie ein Zustand, in welchem sich der Mensch vereinigt mit einer über ihn erhabenen Einheit, sodaß er in diese aufgeht. Die Auffassung des Nirwana zeigt eine Übereinstimmung mit dem Zustand, in welchem sich der erste Mensch befunden hat vor dem Fall, als er noch im Paradiese lebte und als einziger Mensch, die ganze Menschheit umfassend, mit seinem Urbilde verbunden war.
Selbstverständlich ist es, daß in jener Zeit, wo der Sohn Gottes noch nicht auf Erden gelebt hat, wo also die zweite Schöpfung der Erde noch nicht vor sich gegangen ist, der Mensch bei seiner Befreiung aus den irdischen Fesseln den Weg zurücksuchte, den er seit dem Fall gegangen ist. Vor sich sieht er den Weg, der immer tiefer abwärts führt, der Erde zu; rückwärts schauen und den Weg zurücksuchen ist das einzige, was ihm bleibt. So wird ihm der paradiesische Zustand, wie dieser vor dem Fall war, zum Ideal und zum Ziel seines Strebens.
Dies ist der Grundzug, der sich in der alt-indischen Weisheit zeigt, die in Gautama Buddha in den späteren Zeiten (600 v. Chr.) ihren Nachklang hat. Zurückschauen zum ersten Menschen vor seinem Fall, als er in der Sonnenregion, im Paradiese, lebte, verbunden mit dem himmlischen Element: das lehrte der vorchristliche Führer des priesterlichen Typus die gefallene Menschheit. Der nachchristliche Priester führt die Menschheit nicht den Weg zurück zum verlorenen Paradiese, zum ersten Menschen vor seinem Fall, als Ideal; er kann die Menschheit auf ein höheres Ideal weisen, ja das höchste: Gottes Sohn Christus selber, der sich der Menschheit hingegeben hat mit dem zweiten Schöpfungsakt. Deshalb wird dann auch vom geistigen Kern des Menschen anders gesprochen, weil dadurch, daß das Wort Gottes auf Erden lebte, das wahre Urbild des Menschlichen sich dem irdischen Menschen genähert hat, sodaß der geistige Kern in jedem einzelnen Menschen eine größere Bedeutung erlangt. Die Möglichkeit der Vereinigung mit dem Urbilde tritt dann für jeden geistigen Kern ein, und die Notwendigkeit des Aufgehens der einzelnen Individualität in ein Ganzes oder in eine Gesamtheit, so wie es in der vorchristlichen Zeit gelehrt wurde als der Zustand des Nirwana, ist aufgehoben.
Es entsteht mit dieser Umgestaltung eine größere Strenge in der Lehre, die sich auf den Zustand nach dem Tode bezieht. Sollte in den vorchristlichen Zeiten darauf hingedeutet werden, daß der Mensch sich befreie von all dem, was ihn an die Erde fesselt, so muß in nachchristlichen Zeiten diese Lehre verschärft werden. Nicht nur alles, was die Menschheit seit dem Sündenfall als die Natur des alten Adam an die Erde bindet, soll sie ablegen, sondern auch alles, was ihr nach dem Zeitpunkt des zweiten Schöpfungsaktes vor dem alten noch geblieben ist und sich seitdem angehäuft hat.
Dadurch auch, daß der geistige Kern nach der zweiten Schöpfung mehr Kraft und Bedeutung erhalten hat und für jeden geistigen Kern die Möglichkeit sich ergibt, individuell sich mit dem menschlichen Urbilde zu vereinigen, sind die Folgen desto einschneidender und schlimmer, wenn der geistige Kern sich trotzdem den Kräften seiner Hüllen und damit den Kräften Lucifers hingibt.
Es zeigt deshalb die Lehre des priesterlichen Führers der vorchrist-
lichen Zeit kaum Andeutungen von Fegefeuer und Höllenstrafe, wie solche vom Zeitpunkte der zweiten Schöpfung an in der priesterlichen Lehre des Christentums zu finden sind. Wenn aber von der priesterlichen Lehre gesprochen wird, die nach dem Zeitpunkt der zweiten Schöpfung auftritt, so muß  in  Betracht  gezogen werden,   daß  die  drei  Typen  des  priesterlichen und des königlichen Menschen und des Propheten sich i n und durch Jesus Christus vereint haben, als der Gottessohn, das mensch-
gewordene Wort, unter den Menschen wohnte. Es kann deshalb von diesem Moment an im eigentlichen Sinne nur die Rede sein von dem prie sterlichen, königlichen und prophetischen Elemente in der Lehre des Christentums, die als die ewige Wahrheit, die der Sohn Gottes auf Erden gebracht hat, dasteht.
In den vorchristlichen Zeiten war es für das Bewußtsein der Menschen das Schmerzvolle, gebunden zu sein an die Erde, abgetrennt vom wahren geistigen Leben, und gemäß den alten Lehren den einstmaligen Fall durch Wiederverkörperung wiederholen zu müssen. Die christliche Lehre enthält als Zustand des größten Leidens: die Vorstellung der Abtrennung des Menschen von seinem himmlischen Urbild, welche dann eintritt, wenn der Mensch, während er auf Erden lebt, wo er das Wesen des Gottes-Sohnes in sich aufnehmen kann, sich von diesem abgewendet hat und sich mit seinen Hüllen — und dadurch mit Lucifer — verbindet. Auf der Erde ist seit der zweiten Schöpfung dem Menschen die Möglichkeit gegeben, sich mit den himmlischen Kräften zu vereinigen; nach dem Tode aber ist sein Zustand abhängig davon, ob er dieses während seines Erdenlebens getan hat, denn nach dem Tode ist ihm die Möglichkeit dazu genommen. Mit dem Fegefeuer und der Hölle sind Zustände bezeichnet, die eine zeitliche und eine dauernde Trennung des geistigen Kerns im Menschen von den himmlischen Kräften andeuten. Im Fegefeuer dauert die Trennung durch die Kraft der seelischen Hülle bis zu dem Momente, wo der zweite Tod eintritt. Hat sich der geistige Kern während des Erdenlebens gänzlich verbunden mit dieser Hülle, so ist dadurch die Verbindung mit den himmlischen Kräften ausgeschlossen; dieser Zustand wird als die Hölle bezeichnet.
So ist nach der zweiten Schöpfung das Leben auf Erden nicht mehr als der schmerzvollste Zustand zu bezeichnen, denn die Erde ist so geändert worden, daß der Mensch, auf ihr lebend, sich als ein neuer Mensch mit den himmlischen Kräften verbunden fühlen kann; denn nicht nur die Erde, sondern die ganze Erdenmenschheit hat sich durch das Leben des Gottes-Sohnes auf Erden erneuert.
Im Gegensatz zum priesterlichen Element, das als ein Grundzug der alt-indischen Weisheit gelten kann und als solcher die Lehre des Gautama Buddha durchdringt, offenbart sich der Typus des königlichen Prinzipes vornehmlich in der Lehre, welche die Weisheit des alten Persertums enthält. In ihr tritt die Anbetung des geistigen Wesens der Sonne hervor, wie ein Hinweis auf das, was der Mensch einstmals als Paradies gekannt hat, als er in der Sonnenregion lebte, wo Erde, Mond und Sonne noch vereint waren. In dieser Lehre aber ist ein Wissen enthalten von den Kräften, die dem Sonnenlicht und der Sonnenwärme entgegenwirken, als Finsternis und Kälte. Dieser Streit zwischen Ormuzd und Ahriman (Angromainyus), Licht und Finsternis, gibt ein Bild des Streites Michaels, so wie der große Erzengel von der Sonnenregion aus die Taten Lucifers bekämpft, der vom Centrum der Erde heraus im mikrokosmischen Aspect ihm entgegenwirkt. Ebenso wird hingedeutet auf die dualistischen Kräfte, die in der Sonne selber tätig sind.
In der Lehre des alten Persertums ist die Sehnsucht nach dem Zustand  des   „Nirwana"  nicht  enthalten;   es  besteht  vielmehr  die  Neigung, die Erde selber umzubilden zu dem, was sie ursprünglich hätte sein sollen, wenn sie mit der Sonne vereint geblieben wäre. So wie alle, die als Diener Michaels aus der Sonnenregion heraus zur Erde wiederkehren, um durch ihre Taten die Erde selber zu verwandeln, den königlichen Typus des heldischen Streiters darstellen unter den Führern der Menschheit, so lehrt das alte Persertum den Menschen, zur Sonne hinaufzustreben mit dem Innersten seines Wesens, um dann zurückzukehren auf die Erde und tatkräftig zu streiten gegen jene finsteren Kräfte, die sich dem geistigen Wesen der Sonne entgegenstellen. Die Priester im alten Persertum sind zu gleicher Zeit Könige, und die Weisheit, welche sie als Kenntnis von dem Wesen der Sonne und den himmlischen Kräften des Makrokosmos haben, wurde durch sie in Taten umgesetzt bei allem, was sie auf Erden leisteten. Diese Anwendung von Kräften aus dem Makrokosmos auf irdische Tätigkeit ist die Grundlage dessen, was sich später in dem alten Ägyptertum und bei den Chaldäern als Magie  und Astrologie entwickelt hat.
Der Sternendienst der Chaldäer bildet in ihrer geistigen Auffassung ein religiöses System, in welchem das priesterliche Element sich mit dem königlichen verbunden hat. Im alten Ägyptertum wird die Sternweisheit in eine konkretere Form gebracht und dadurch mehr den irdischen Verhältnissen angepaßt. Während der Chaldäer sich versenkt in die geistigen Wirkungen, die sich zwischen den Gestirnen und Planeten, Sonne, Mond und Erde hervortun wie eine makrokosmische Sprache, und den ganzen Sternhimmel betrachtet als die Form und den Ausdruck eines mächtigen makrokosmischen Wesens, hat sich der Ägypter mehr mit der äußeren Offenbarung der Gestirne selber beschäftigt. Auch hat er die Raumverhältnisse der verschiedenen Sterne untereinander in Betracht gezogen und sie in Beziehung zur Erde gebracht. Dasselbe hat sich bei der Anwendung von Kräften aus dem Makrokosmos auf die Erdenverhältnisse gezeigt Es ist die Magie, welche durch die Chaldäer geübt worden ist, doch in einer mehr geistigen Art als die, welche von den Ägyptern betrieben wurde, weil die erstere mehr mit dem religiösen, priesterlichen Element verbunden blieb, während die letztere sich mehr mit den irdischen Verhältnissen beschäftigte. Die Magie der Ägypter hat sich mit dem königlichen Element verbunden und ist damit mehr in Taten verwirklicht worden. Dadurch aber war sie einer größeren Gefahr ausgesetzt. Ist die Anwendung von makrokosmischen Kräften auf die Erdenverhältnisse im allgemeinen Sinne schon gefährlich — weil sowohl im Makrokosmos wie in der Erde selber Lucifer tätig ist — so steigert sich die Gefahr in dem Maße, als die Kräfte mit der Erde selber fester verbunden werden und sich auf sie beziehen. Es kann dadurch eine Anziehung entstehen zwischen Lucifer als makrokosmischem Wesen und Lucifer in seinem mikrokosmischen Aspect, wodurch diejenigen, die sich damit einlassen, völlig unter seine Macht geraten. Dieses ist auch der Fall gewesen mit der Magie des alten Ägyptertums, welche ursprünglich das Ziel hatte, die Kräfte aus den wahren Hierarchien und Michaels, des großen Erzengels, in die Erdensphäre hineinzubringen. Später aber verfiel diese Magie zu einem Mittel, durch das die Diener Lucifers und Lucifer selbst im makrokosmischen Aspect sich fester verbinden konnten mit dem im Centrum der Erde wirkenden Gegenpol.
Die Bemühung, Kräfte aus dem Makrokosmos heraus in die Erdentwicklung hineinzubringen, damit jene fördernd wirken, kann nur dann heilsam sein, wenn diejenigen, die sie ausüben, ihren Willen völlig dem göttlichen Willen hinopfern und wie ein Behälter und Vollstrecker des göttlichen Willens sind. Sie wirken dann wie ein Centrum, das, dem väterlichen Willen gemäß, seine Kräfte in einen bestimmten Umkreis ausstrahlt, den sie vorher gleichwie eine Peripherie um sich herumgezogen haben. Klar und hell soll auch diese Peripherie sein, da sie wie ein reiner Spiegel die in sie eingestrahlten Kräfte aufbewahren und in bildhafter Form zurückstrahlen soll, gleichsam ein Abbild der reinen Lichtjungfrau darstellend. Durch die Zusammenwirkung entstehen Wesen, die dann auf reine Weise, dem göttlichen Willen gemäß, tätig sein können und die Erdentwicklung fördern, weil der Wille Gottes durch sie wirkt. Sie sind die Abbilder von den Wesen der wahren Hierarchien.
Wenn derjenige, der Magie ausübt, statt des Centrums des urväterlichen Willens das luciferische Element des Eigenwillens in sich centralisiert, so wird die von ihm gezogene Peripherie gleichfalls das luciferische Element der Unreinheit, der Weibheit, in sich tragen statt des Wesens der reinen Lichtjungfrau, und seine ausgestrahlten Kräfte werden nicht klar gespiegelt werden. Dadurch entstehen Wesen, die als Abkömmlinge Lucifers übereinstimmen mit dem Wesen aus den luciferischen Hierarchien, die Zerstörung und Streit in die Erdentwicklung hineintragen.
Wenn durch Ausübung falscher Magie solch ein anti-göttliches Willenscentrum geformt wird, so ist derjenige, der dieses Centrum darstellt, wie ein Abbild von Lucifer selbst, so wie dieser vom Centrum der Erde aus wirkt. Seine Peripherie, die den Aspect der Weibheit (oder Sexualität: Sexualmagie!) trägt, zeigt sich wie das Bild Lucifers in seiner makrokosmischen Gestalt; es wird dann vom Makrokosmos aus in die Erde als Bilder und Wesen dasjenige zurückgestrahlt, was Lucifer vom Erdcentrum aus in diese makrokosmische Peripherie hineingestrahlt hat. — Insbesondere ist die Sphäre des Mondes diejenige Peripherie, die in Bildern und Wesen die luciferischen Erdenkräfte zurückspiegelt. Sie kann es nur teilweise tun, weil Michael sie beherrscht, da er den luciferischen Drachen überwunden hat.
Auch die Sphäre des Planeten Venus enthält in sich den weiblichen Aspect Lucifers. Als Gegenbild von dem, was sie einstmals werden soll in der Zukunft, was sich aber heute noch nicht offenbart, ist sie ein makrokosmischer Spiegel, von welchem die Kräfte des luciferischen Willenscentrums als Bilder und Wesen zurückgestrahlt werden. Es sind die feineren, subtileren Kräfte, welche in ihr gespiegelt werden; die Venussphäre bildet nicht die Peripherie des luciferischen Centrums der Erde, sondern in ihr spiegeln sich die Kräfte, welche Lucifer vom Centrum der Sonnenregion aus in sie hineinstrahlt. Es spiegeln sich in ihr die durch Lucifer entstellten, verdorbenen und zerbrochenen Kräfte aus der Sonnenregion, in der er durch den Fall des Menschen kraftvoller eindringen kann. So entsteht ein umgekehrtes Bild des Paradieses und so ist die Venussphäre erfüllt mit Bildern und Wesen, die ein luciferisches Schein-Paradies bilden, in welchem alles sich nur relativ und teilweise offenbaren und erleben kann. So wie die alten wahren Magier zum Ziel hatten, sich selbst und dadurch auch die Erde dem Wesen der reinen Lichtjungfrau näher zu bringen und ihrer Weisheit teilhaft zu werden — so verbindet jeder, der verkehrte (schwarze) Magie übt, sich selbst mit dem irdischen Lucifer und seinem makrokosmischen Gegenpole. Dies war der Fall in der Magie des späteren Ägyptertums; sie wurde mit dem luciferischen Element vermischt, indem sie mehr und mehr den Eigenwillen zum Ausgangspunkt nahm statt des göttlichen Willens.
Die Priester, die als Führer der Menschheit im alten Indien sich die Aufgabe gestellt hatten, den Weg zu zeigen, der zurückführt in die höheren Regionen, um die Menschen dadurch zu erheben, fanden Einzelne unter diesen Menschen, die mehr wie die andern dazu berufen schienen, auf jenem Weg zu folgen. Die Priester nahmen diese Einzelnen dann in ihre besondere Obhut und belehrten sie. Es wurden ihnen dann bestimmte Prüfungen auferlegt und wenn sie diese bestanden, konnten sie über geistige Tatsachen unterrichtet werden, die nur den Priestern bekannt waren. Es waren dies die Mysterien, in welchen Unterricht gegeben wurde bis an den Punkt, wo die sogenannte Einweihung folgen konnte. Mit dieser Einweihung wurde ein Zustand hervorgerufen, in welchem der Mensch unter Führung des Priesters als geistiger Kern seine irdische Hülle verlassen konnte und auch in gewisser Weise befreit wurde von der seelischen Hülle, die der Erde angehört. Die letztere sollte immer schon vorher so umgewandelt sein, daß sie völlig frei geworden war von dem Einfluß Lucifers; daher ging der Prozeß der Läuterung immer der Einweihung voran. Es erlebte dann der geistige Kern des Menschen das, was er sonst nach einem reinen Leben, nachdem der zweite Tod eingetreten wäre, erleben würde. Er stieg unmittelbar in die höheren Regionen hinein und schaute die geistigen Wesen der Hierarchien, so wie diese dem göttlichen Willen gemäß tätig sind; auch die ihnen entgegenwirkenden Diener Lucifers erblickte er. Das Reich des Kosmos mit den verschiedenen Regionen und die Schöpfungsräume, die sich da als die Planeten zeigen, wurde für ihn sichtbar bis an die zwölf Gestirne des Tierkreises 1),
1)  Richtig muß es Tyrkreis d. h. Gotteskreis heißen.die ihm ihr Wesen offenbarten.

Kehrte ein solcher Mensch wiederum in seine irdischen Hüllen zurück, dann hatte er die Weisheit erhalten, die dem Priester eigen war; dann konnte er als Eingeweihter selber ein Führer der Menschheit werden.
Im alten Persertum führten auch die Priester-Könige die Menschheit im allgemeinen, und einzelne Menschen insbesondere, zu den höheren Zielen. Die letzteren wurden ebenso in der Mysterienschule vorbereitet durch besondere Lehren, Prüfungen und Läuterungen, bis sie die Einweihung durchmachen konnten.
Der  geistige  Kern  des  Menschen  wurde  dann  ebenfalls  von  seinen Hüllen befreit und stieg hinein in die höheren Regionen. Es war insbesondere die Sonnenregion und das geistige Wesen der Sonne selbst, mit welchem sich der Mensch dann beschäftigte. Wohl lernte er die Wesen der wahren Hierarchien kennen und Lucifers Diener; die Sonne jedoch war der Mittelpunkt, um den sich alle Weisheit der persischen Einweihung bewegte. Das Wesen von Licht und Wärme, im Gegensatz zu Finsternis und Kälte, wurde solchen eingeweihten Menschen offenbart, wie es im ganzen Kosmos seinen größten Gegensatz bildet als Ormuzd und Ahriman. Er erlebte in der Sonnenregion die Zerteilung in die untere Hälfte, in der Lucifer wirkt, und in die obere, wo Michael tätig ist. Als Eingeweihter kehrte der Mensch, der solches erlebte, in seine leibliche Hülle zurück, er hatte sich den Rang des Priester-Königs erobert und konnte nicht nur lehren, sondern durch die errungene Weisheit die makrokosmischen Licht-und Wärmekräfte der Sonne in ihrer geistigen Art mit der Erde verbinden.
Schon für den persischen Eingeweihten war es nicht so leicht, in die höheren Regionen hinaufzusteigen, wie für den des alten Indiens. Auch war es schwieriger, den geistigen Kern von der seelischen Hülle zu befreien und dann die irdische Form zu verlassen. Weil sich die Erde und damit die irdische Form des Menschen nach seinem Fall immer mehr verfestigt und aus der kosmischen Umwelt herausgesondert hat, wurde der geistige Kern des Menschen mehr und mehr eingefangen in die Form, aus der Umwelt herausgetrennt und auf die Erde selber angewiesen. Dadurch ist die Trennung zwischen dem geistigen Kern und seinen Hüllen immer schwieriger geworden.
Konnten die Chaldäer- Eingeweihten (bei denen das priesterliche Element, verbunden mit dem königlichen, dieses letztere überwog) sich noch in die höheren Regionen des Kosmos hinaufschwingen, sodaß sie die geistigen Wesen erlebten, die als Hierarchien dem Willen Gottes gemäß wirken, und jene, die als Lucifers Diener im Makrokosmos tätig sind, und diese mit Gestirnen und Planeten verbinden, so war es bei den ägyptischen Eingeweihten, wie bei den persischen, insbesondere die Sonnenregion, in die sie sich hineinversetzt erlebten, wenn sie von ihren Hüllen befreit waren. Auch für sie war die Sonne das Centrum der Erlebnisse, die sie erfuhren, aber wieder in einem anderen Aspecte.
Der persische Eingeweihte erlebte die Sonne so, daß sie ihm vorkam wie ein Lichtkörper, hinter dem sich das Wesen des großen Sonnengeistes verbirgt als derjenige, der den ganzen Kosmos mit seinem Leben durchstrahlt. Es ist in dieser Anschauung eine Übereinstimmung mit dem, was sich einstmals in der zweiten Region des Kosmos ausbildete als die zweite Hülle, die dem Wesen des Gottes-Sohnes in umgekehrter Weise spiegelt. Auch die zweifache Wirkung von Licht und Finsternis dieses zweiten Schöpfungsraumes erlebte der persische Eingeweihte als Ormuzd und Ahriman.
Mit der ägyptischen Einweihung erhält die Sonne einen Aspect, der ein Bild zeigt von dem, was sich offenbarte, als der dritte Schöpfungsraum einstmals in der dritten Region ausgebildet wurde und die Spaltung in zwei Teile mit ihm vor sich ging. Das zweifache Prinzip von Centrum und Peripherie zeigt sich in den Kräften des Osiris und der Isis,  die, zuerst vereint, sich trennen müssen durch die Wirkung der feindlichen Kräfte: Typhon. Isis, suchend nach ihrem ihr genommenen Gemahl Osiris, ist ein Sinnbild für die Trennung zwischen dem Centrum und der sich um dasselbe bewegenden Peripherie. Die ganze Tragik dessen, was einstmals mit dem dritten Schöpfungsraum vor sich ging, ist in der Auffasung in idealisierter Form hineingelegt. Als einzige Hoffnung bleibt die Geburt des Horos, des Sohnes der Isis, wie eine Hindeutung auf die Zukunft, in der, mit der Entwicklung des vierten Schöpfungsraumes, der Mensch, als göttliches Geschöpf, den Fall der Engel wiedergutmachen sollte.
Die Magie *)
1)    Die Magie im Sinne der großen Ars Artium, Ars Regia oder Theurgia.

der Ägypter beschäftigte sich insbesondere damit, die Kräfte aus dem Makrokosmos herunterzuführen und mit dem zu verbinden, was seiner Form von Offenbarung nach zur Erde selber gehörte. So wurden  Krankheiten, mit denen der irdische Körper behaftet war, durch eine ma gische Beziehung zu Planeten und Gestirnen geheilt. Auch die Kräfte, die sich   in   den  Elementen  befinden,   wurden   durch   Magie dem Willen des Menschen Untertan gemacht. Aus  einer Magie,  die  ursprünglich  in Harmonie  mit  dem  göttlichen Willensprinzip   tätig  war,   entstand  allmählich  eine   andere,   welche durch den Menschen so angewendet wurde, daß sie seinem Eigenwillen gemäß wirksam und damit dem Dienste Lucifers geweiht war. Die Folge dieser Verkehrung offenbart sich dann in dem Untergang dessen, was die Menschheit zum Heil führen soll, und in der zunehmenden Macht, die Lucifer über die Menschheit gewinnt.
Der Mensch  hat  damit  vieles  von  dem  verloren,  was  als  aufwärtsstrebende Kräfte dem geistigen Kern angehört; statt dessen sind die luciferischen  Kräfte   des  Eigenwillens,  Eigenfühlens  und  Eigenwissens in seiner seelischen Hülle verstärkt worden. Dadurch wurde die     Möglichkeit des Hinaufschreitens in die höheren Regionen nach dem Tode für die große Mehrzahl der Menschen ausgeschlossen, und viele wurden zu Dienern Lucifers, der sie dann in die unterirdischen Regionen hineinzog. Dieser zeitliche Sieg Lucifers endete aber durch die Kraft des großen Erzengels, der ihm entgegenwirkte. Mit seinem göttlichen Schwerte teilte Michael das entzwei, was sich als Folge dieser Ereignisse entwickelt hatte. Es entstanden dadurch zwei Strömungen, wovon jede eine entgegengesetzte Richtung nahm und sich dann in der Zeit ausbildete, die der des  Ägyptertums folgt.
 In der einen Richtung wird das aufgenommen, was an geistigen Kräften im alten Ägyptertum vorhanden war. Es finden sich in dieser Richtung Menschen zusammen, die durch die Kräfte Lucifers am wenigsten verführt worden sind und Michael am nächsten stehen, indem sie nach dem Geistigen streben. In dem Wesen des großen Erzengels selber werden sie zu einer geistigen Einheit; aus ihr entwickelt sich dann später das Hebräische Volk. Die andere Richtung entfernt sich immer mehr von den höheren Regionen und strebt der Erde zu. Dort offenbart sich die Kraft des Formprin zipes, die dualistischer Natur ist, weil Lucifers Wirkung sich dort geltend macht, denn aus dem Teil der Sonnenregion, in welchem er wirken kann, nimmt er das Licht und verbindet es mit dem, was sich auf Erden als Formen ausbildet. Die Formen erhalten auch eine luciferische Schönheit, die das umgekehrte Bild der wahren geistigen Schönheit darstellt. Das Prinzip des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens wird in eine Form gebracht, die, vereint mit dem Wesen der Schönheit, sich in der Kunst offenbart.
In der Plastik des Griechentums kommt dann auch das in Bild gebrachte und mit Schönheit verbundene Prinzip des Eigenwillens zum Ausdruck, sowie in der griechischen Mythologie das Prinzip des Eigenfühlens, in der griechischen Philosophie das Prinzip des Eigenwissens (neben wahrem Fühlen und wahrem Wissen). Diese drei Prinzipien verbinden sich zu einer höheren Form in den Dichtungen der alten Griechen, sowohl bezüglich der Form des Rhythmus als dem Inhalt nach. Es liegt in diesem Inhalt verborgen ein inneres Wissen von dem Verluste der aufwärtsstrebenden Kräfte des geistigen Kernes im Menschen, wie ein schwacher Nachklang von dem, was das erste Menschenpaar hat fühlen müssen, als es sich auf die Erde angewiesen sah und das Paradies ihm verschlossen war.
In den ersten Zeiten des Griechentums war dieses Gefühl am stärksten vorhanden, wie das Voraussehen einer kommenden Zeit, in welcher die Menschheit sich mit allen inneren Kräften immer mehr auf die Erde selber concentriert und sich wie eins fühlt mit der irdischen Form. Der irdische und vergängliche Leib des Menschen wurde immer mehr der Mittelpunkt seiner Willensantriebe, Gefühle und Gedanken, und so wird dann die Kunst immer mehr im Dienste dieser bewegenden Kräfte angewendet. Sogar die griechischen Götter und Halbgötter werden in einer irdischen Form dargestellt, welche zwar idealisiert ist, doch alle Zeichen des Sündenfalls an sich trägt.
Die Kräfte, die im alten Ägyptertum noch, als von den himmlischen Gestirnen und den Planeten kommend, als makrokosmische Kräfte betrachtet wurden, erhalten im Griechentum zwar ihre Namen, jedoch werden sie in der Mythologie als halbgöttliche Wesen in einer menschlichen Form dargestellt, ausgerüstet mit allen irdisch-menschlichen Eigenschaften.
Während die Entwicklung des Griechentums unter der Zusammenwirkung der Kräfte Lucifers in seinem makrokosmischen und irdischen Aspect sich vollzog, offenbarte sich im Römertum insbesondere die mikrokosmische Seite der Wirkung Lucifers. Statt des imaginativen seelischen Elementes der Phantasie, die sich der irdischen Welt der Formen anpaßte und diese Formen in leuchtender Schönheit darstellen konnte, hat sich bei den Römern das praktische Element ausgebildet, das sich mehr beschäftigt mit dem, was der Erde selber angehört; dasselbe bildet die Form für die Verhältnisse, unter welchen die Lebensumstände auf Erden verlaufen sollen. Im Römertum entwickelt sich hauptsächlich das, was sich auf das gemeinschaftliche Leben des Menschen bezieht, als das Wesen des Staates, des Rechtes und des Krieges. Das Prinzip des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens offenbarte sich gleichfalls als eine Kraft, die sich mit den irdischen Verhältnissen und dem praktischen Leben beschäftigte. Die Menschen, welche damals in die höheren Regionen hinaufstreben konnten, waren nur gering an Zahl. Wenn aber Einzelne dazukamen, so konnten sie die Götter, die in der Mythologie dargestellt wurden, in ihrem wahren Wesen erleben; auch lernten sie das Wesen der wahren Hierarchie und die entgegenwirkenden luciferischen Diener kennen. Es war aber für sie alles wie mit einem Schleier überdeckt, durch den sie kaum hindurchzuschauen vermochten. Der griechische Eingeweihte erlebte den tragischen Zustand der Menschheit, ihre lichtlose Zukunft; er konnte nur die Hoffnung bauen auf das, was die Apollokräfte der Sonnenregion zu versprechen schienen von einer rettenden Kraft, die aus jenen himmlischen Regionen kommen mußte, die dem Menschen verschlossen waren, so als griffe die Hand Gottes selbst in die Erdentwicklung ein. Sophokles als Dichter, Plato als Philosoph sprechen jene Hoffnung auf das Kommen einer neuen geistigen Offenbarung in besonders ergreifenden Worten aus.
Wenn der damalige Eingeweihte auch diese Hoffnung in sich erlebte, so wußte er doch, daß die Erfüllung nicht hervorgehen könnte aus einem Volke, das auf solche Weise mit den abwärts gerichteten und zur Erde hinstrebenden Kräften verbunden war, wie die Griechen und die Römer. Für ihn bestand nur die Empfindung der Erwartung, der Hoffnung auf ein Schicksal, das die Menschheit vor dem geistigen Tode retten würde. Dieses aber wußte er, könnte nicht durch seine eigenen Götter geschehen; nur der Gott, für den diese Götter nur Geschöpfe sind, hat die Macht, die Auferweckung der Menschheit aus dem geistigen Tode zu vollbringen.
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Vorbereitung zur zweiten Schöpfung                   
Das Hebräische Volk                                    

Kapitel XII.

Jene Strömung, die damals die geistigen Kräfte des alten Ägyptertums in sich aufgenommen und, im Gegensatz zum Griechentum, die aufwärtsstrebenden Werdekräfte behalten hat, wird unter der direkten Führung des großen Erzengels Michael das Mittel, durch das die Menschheit und damit die ganze Erde neue, geistige Lebenskräfte erhalten kann. Es ist der Engel Gottes, Angelus Domini, Malek-Jahwe. Diejenigen aus der Menschheit, welche durch die Kräfte Lucifers am wenigsten verführt worden sind, werden in dem Wesen des großen Erzengels wie in einer geistigen Einheit verbunden; aus dieser entwickelt sich das hebräische Volk, das durch Gott auserkoren und berufen wird, die Rettung der Welt herbeizuführen.
Zwischen der ersten Schöpfung — die durch den Fall des Menschen sich in ihr Gegenbild verwandelt und dadurch zum geistigen Tod verurteilt ist — und der zweiten Schöpfung, die stattfindet, als der Gottes-Sohn, das Wort selbst, sich unter die gefallene Menschheit auf Erden begibt und die Ewigkeitskräfte des wahren himmlischen Urbildes in die Menschheit hineinbringt, sodaß diese Ewigkeitskräfte sich mit dem geistigen Kern im irdischen Menschen wiederum verbinden können, steht dieses Volk Gottes wie ein einziger Punkt, in welchem Tod und Leben, oder Vergangenheit und Zukunft, sich verbinden zur Gegenwart. Ausgeatmet ist das, was an Möglichkeit für geistiges Leben auf Erden da war als eine Erbschaft, ein Rest noch von dem, was die Menschheit und die Erde vor dem Fall in reicherem Maße besaßen. Da tritt als der Moment der Spannung der Zustand ein, zwischen Aus- und Einatmung, in dem die Hoffnung auf die Möglichkeit des Wieder-Einatmens verborgen liegt und damit der Glaube an die Möglichkeit des Weiterlebens.
Einstmals, als der Mensch als himmlisches Wesen noch den Rhythmus des göttlichen Odems in sich mitfühlte — als er noch im Herzen des Vaters lebte — da war der Moment der höchsten Spannung derjenige, in welchem er Gottes Antlitz unverschleiert schaute. Das Volk Gottes, das wie ein Symbol dieses Momentes in dem kritischen Punkte steht, wie die Folge der Vergangenheit und die Hoffnung für die Zukunft, ist auch dasjenige, welchem sich Gott unmittelbar offenbart. Es treten deshalb in diesem Volke die großen Propheten auf, für die Gottes Stimme hörbar und sein Angesicht wahrnehmbar ist. Durch Michael, den großen Erzengel, wirkt Gott selbst in dieses Volk ein, führt es und bestraft es, schützt es und zerstört es, wenn es Seinen Willen nicht beachtet.
Dieses Volk sollte ganz im Glauben leben an den einen Gott und in der Hoffnung auf das, was durch Vermittlung der Propheten verheißen wurde. Das Symbol der himmlischen Gerechtigkeit, die Waage, auf welcher an der einen Seite das strafende Schwert Michaels, an der anderen Seite das Herz Gottes ruht, ist diesem Volk gegeben, das selbst an dem Punkt des Gleichgewichtes stehend, den Schwerpunkt der Entwicklung nach der Seite hinüberführen soll, wo das Herz Gottes, wie ein ewiges Opfer, sich für die Menschheit hingibt. Durch das Schwert der Gerechtigkeit getrieben schreitet jenes Volk in eine Zukunft hinein, in der das Herz Gottes sich in seiner Mitte offenbart.
Mit dem Auftreten dieses Volkes ist ein ganz besonderer Zustand für die Menschheit eingetreten, wie die Vorbereitung zu der zweiten Schöpfung. Es berichtet das Alte Testament, wie der erste Ahnherr dieses Volkes, Abraham, die Gebote seines Gottes entgegennimmt und gehorcht, sodaß all das, was sich auf die Werdung und die Lenkung dieses Volkes bezieht, wie durch Gott selber angeordnet wird. So wie Gott einstmals im Paradiese zum ersten Menschen Adam sprach, als dieser noch auf Gottes Stimme hörte und die Gebote durch Vermittlung des Erzengels Michael empfing, so tritt nun der Augenblick ein, wo ein menschliches Wesen, und zwar ein gefallener Erdenmensch, sich zu dem Zustand erheben kann, daß die Stimme Gottes ihn unmittelbar erreicht und er die Gebote Gottes durch Vermittlung des Engels Gottes entgegennimmt.

Nicht wie der erste Mensch aber stellt sich dieser Erdenmensch dem Willen Gottes entgegen und läßt sich durch Lucifer verführen, sondern er bestrebt sich, dem großen Erzengel zu dienen und die göttlichen Befehle zu befolgen; denn der Mensch hat erfahren, welche bittere Früchte sein Fall ihm gebracht hat.
Wie einstmals Michael dem Menschen den Weg zeigen mußte, der aus dem Paradies zur Erde hinunterführt, als er sich von Gott entfernte durch seinen Fall und ihm die Worte zuklangen: „Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen", so erneuert Gott den alten Bund mit der Menschheit und löst den Sinn dieser Worte aus mit der Opferung des Brotes und des Weines, die Melchisedech, der Priester des allerhöchsten Gottes, als Mittler und Abgesandter dem Abraham bringt. Der Priester des Allerhöchsten bringt nicht nur Brot und Wein als ein Opfer dar; er erklärt dem Abraham die Bedeutung dieses Opfers wie als Hinweis auf die Zukunft, in der die größte himmlische Opferung dargebracht werden soll durch das menschgewordene Wort Gottes selbst, das Seinen Leib und Sein Blut als geistige und ewige Nahrung der Menschheit geben wird. So wird Abraham durch den Priester des Allerhöchsten Gottes eingeweiht in das Geheimnis der Zukunft als in das höchste Geheimnis; auch empfängt er die Einweihung in das, was Geheimnis der Vergangenheit ist und dadurch lernt er die Tiefe des menschlichen Falles seit der ersten Schöpfung ermessen.
Nach diesen Erlebnissen wird dem Abraham der Standpunkt offenbart, auf welchen er durch Gott gestellt worden ist; er erlebt sich in dem Moment des Erhobenseins, stehend in dem Augenblick der Gegenwart, der zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt. In diesem Zustand schaut er das Antlitz Gottes durch Vermittlung der Einweihung, welche ihm Melchisedech gegeben hat. Von da an versteht Abraham, wie er das Vertrauen, den Glauben und den Gehorsam zu Gott erhalten und bewahren soll, da die Ereignisse der Zukunft sich nach seinen Taten gestalten müssen. So kann er die Ergebenheit zu seinem Gott soweit durchführen, daß er nicht zurückschreckt, als ihm befohlen wird, seinen einzigen Sohn Isaak, als ein Opfer Gottes, zu töten. Das Alte Testament erzählt, wie Abraham von Gott für seine Ergebenheit belohnt wird.
Von der weiteren Führung des hebräischen Volkes wird im Alten Testament berichtet. Insbesondere tritt diese Führung zu Tage, als die Israeliten nach ihrem langen Aufenthalt in Ägypten ausziehen durch die Wüste unter Führung des Moses, des ersten und wahren Propheten Gottes, der die Gesetzestafeln von Gott selbst auf dem Berge Sinai erhält.
Es ist, als hätte das Volk Gottes die besten Geisteskräfte aus Ägypten mitgenommen, um auf diesen weiterbauend seine Entwicklung zu fördern. Die äußeren Sitten und Gewohnheiten soll es ablegen, weil es eigene, ihm und seine Sendung angepaßte Gesetze erhält. Das Volk selbst verfällt freilich immer wieder den alten Gewohnheiten der es umringenden heidnischen Völker als: Anbetung der Heidengötter, insbesondere des Baal und der Astarte als Sonnengott und Mondgöttin und auch der Götter der Planeten und Gestirne. Dadurch wird die Offenbarung des einen, wahren Gottes in diesem Volke geschwächt, der Bund zwischen dem Volk und seinem Gott wirkt weniger kraftvoll, und die Folge davon ist, daß das hebräische Volk öfters durch die feindlichen Heidenvölker im Kampfe geschlagen wird und endlich für längere Zeit in heidnische Gefangenschaft gerät in Babylon, dem Weltcentrum der Götzendienste. Dieser Götzendienst war wie ein Rest aus den früheren Zeiten, als die Menschen, die zur Einweihung gelangten, sich in die verschiedenen kosmischen Regionen erheben konnten und die Taten der Wesen aus den wahren Hierarchien und der ihnen entgegenwirkenden luciferischen Diener schauten. Der Mensch erlebte dann eine Vielheit von geistigen Wesen, die er Götter nannte und anbetete. Es war ihm damals unmöglich, sich in Beziehung zu fühlen zu dem einen Gott, der sich des hebräischen Volkes annahm und es vermittelst des Erzengels Michael führte; die erste Botschaft Gottes geschah durch Vermittlung Melchisedechs, als Abraham das Opfer des Brotes und des Weines und damit die Einweihung von dem Priester des Allerhöchsten Gottes entgegennahm. So bedeutete Götzendienst für das Volk Gottes einen Rückfall in überwundene Kultformen, weil es ja für ein größeres Ziel erzogen wurde.
Daß die Israeliten auch die Anbetung von Tieren den anderen Völkern nachahmten, zeigt sich in der Geschichte der Anbetung des goldenen Kalbes, während Moses auf dem Sinai die Gesetzestafeln von Gott erhält. Gerade diese Anbetung eines Kalbes deutet hin auf eine Übereinstimmung mit dem ägyptischen magischen Apis- oder Stierdienst. In den Gesetzen für das Volk Gottes aber werden Opferungen vorgeschrieben gerade solcher Tiere, welche bei den anderen Völkern vergöttlicht und angebetet werden, wie insbesondere des Stieres, an den der ägyptische Apisdienst anknüpft, und des Lammes oder des Widders, der Beziehung hat zu den griechischen Sagen von Jason mit dem goldenen Vließ und den Argonauten, obwohl auch das Lamm als Symbol dient für das wahre Lamm Gottes, das das Ziel aller Opferung ist und das Ende aller blutigen Opfer darstellt.
Im Gegensatz zum Kultus mit männlichen und weiblichen Göttern bei den anderen Völkern wird beim Volk Gottes das weibliche Element dem männlichen nicht gleichgestellt. Der allerhöchste einzige Gott der Hebräer zeigt sich im positiven Aspecte der Kraft und des feurigen Zornes, wie eine Offenbarung des väterlichen Centrums selbst. Das urmütterliche Element und die damit zusammenhängende negative, spiegelnde Kraft offenbaren sich in keiner solchen Weise, denn das wahre Wesen der reinen Lichtjungfrau konnte sich damals nur in den höheren Regionen der Himmelsrose offenbaren; in dem Reiche Lucifers war statt dessen die zerbrochene Spiegelung entstanden als das weibliche Element. Dieses war unter dem Einfluß Lucifers geblieben bis zu dem Zeitpunkte, da die Kräfte der reinen Lichtjungfrau sich mit der Erdentwicklung verbinden können, indem sie sich in eine Erdenform, die den äußeren Typus der Weiblichkeit an sich trägt, hineinversenken. Dieses geschieht, als die heilige Jungfrau, die Mutter Gottes, auf Erden lebt. Sie ist der reine Spiegel Gottes, in und durch sie strahlt das wahre Wesen der himmlischen Jungfrau in die Menschheit ein. Durch die Jungfräulichkeit Marias wird die Weibheit Evas erlöst, das weibliche Element kann wiederum zum Wesen der reinen Lichtjungfrau werden und sich aus dem Dienste Lucifers befreien.
Lucifer wirkt ins männliche Element ein, insoweit es sich mit dem weiblichen verbindet und es in seinen Dienst stellt, so wie es Lucifer selbst während der Entwicklung des dritten Schöpfungsraumes getan hat im makrokosmischen Sinne; das weibliche Element ist dadurch sein Spiegel geworden und bleibt es, bis die Jungfrau die Schlange zertritt und den Mond, das Symbol der weiblichen Peripherie, unter den Füßen hat. Durch die Evangelien ist die Erlösung des weiblichen Elementes aus dem Dienste Lucifers in der Persönlichkeit der Maria Magdalena in konkretem Sinne geschildert, die als bekehrte Sünderin zur Dienerin der Jungfrau Maria wird und unter denen ist, die dem Gottmenschen in Treue und Liebe als seine Jünger anhängen. —
Wird der ganzen Menschheit mit der zweiten Schöpfung, dadurch daß das Wort Gottes sich verkörpert, die Erlösung vom Falle gebracht, so erhält die Menschheit insbesondere da, wo das weibliche Element in ihr wirkt, wiederum die ursprüngliche Reinheit durch die Lichtjungfrau. Erst dann kann der Mensch das Wesen des Gottes-Sohnes wie in klarer Reinheit des inneren Lichtes widerspiegeln. Es wird deshalb für alle Zeiten, von dem Moment der zweiten Schöpfung an, die wichtige Bedingung für diejenigen, die ein reiner Seelenspiegel Gottes sein wollen, in welchem sich das Wort Gottes als der Gottmensch Christus offenbart, der Reinheit der Lichtjungfrau nachzustreben.
Mit der zweiten Schöpfung, als das menschgewordene Wort sich verkörpert, wird auch die Kraft des urväterlichen Centrums in der auferstandenen ersten Schöpfung offenbarer. Die ganze Erdentwicklung erhält dann ein neues Centrum, und der geistige Kern im Menschen wird so gestärkt, daß er zu einem wahren Abbild des göttlichen Centrums werden kann. Das verdorbene seelische Element, welches der Mensch durch seinen Fall in Eigenwillen und Eigenwissen als seelische Hülle tragen muß, wenn er die irdische Hülle annimmt, wird durch die klare Reinheit der Lichtjungfrau, als auch sie ihre Kräfte in die Erdentwicklung und in das Innere des Menschen hineinbringt, so umgestaltet, daß die verdorbenen seelischen Kräfte sich in ein seelisches Element verwandeln, das die reine Spiegelung des geistigen Centrums bewirkt. Dadurch kann der Mensch seit der zweiten Schöpfung in seinem inneren Wesen ein Abbild der Himmelsrose darstellen, obwohl er äußerlich als Mensch auf Erden lebt. Durch Vermittlung der Jungfrau Maria und des Gottmenschen Jesus Christus hat sich die Himmelsrose hinuntergesenkt auf die Erde und sich der Menschheit kundgetan. Das urväterliche Centrum, der Mittler Christus, und das Wesen der Lichtjungfrau haben sich offenbart, denn in dem Sohn lebt auch der Vater, mit dem Er eins ist. Seitdem ist im Innersten des Menschen ihre leise Stimme wahrnehmbar für diejenigen, die sich abwenden von den lockenden und betäubenden Tönen, die aus der Welt Lucifers dringen und stattdessen auf das Wort Gottes lauschen, das in ihren Herzen lebt.
Das Volk der alten Inder und später die Anhänger der Lehre Buddhas strebten darnach, sich in die Sonnenregion zu erheben und aufzugehen in dem Leben dieser Region, die, als Abbild der Region des Fixsternhimmels, dem zerbrochenen Wesen des urmütterlichen Elementes entspricht. Sie stellten sich als höchstes Ziel, aufzugehen in das Wesen, das als Peripherie der reine Spiegel des urväterlichen Centrums ist.
Die Völker, welche nach den alten Indern und vor den Hebräern lebten: die Perser, Chaldäer und Ägypter, haben sich in Bezug auf ihr Streben zur geistigen Vollkommenheit darauf verlegt, die göttliche Weisheit, die sie durch das Erleben der höheren Regionen erlangen konnten, in den Dienst der irdischen Entwicklung zu stellen. Im Gegensatz zu den alten Indern und den späteren Hebräern strebten sie nicht darnach, die urväterlichen Kräfte als Peripherie zu spiegeln, sondern sie stellten sich selbst wie ein Abbild des Centrums dar und suchten ihre Peripherie dadurch zu bilden, daß sie entweder in kleinerer oder größerer Entfernung vom Centrum einen bestimmten Umkreis um sich herum zogen. Dieser dient dann zum Spiegel, in den die Kräfte, die sie aussandten, aufgefangen und zurückgestrahlt wurden. Gewöhnlich wurde der Umkreis im Kosmos zwischen den Gestirnen gezogen und die zwölffache Zerteilung des Kreises angenommen, als Abbild des Fixsternhimmels. Weil diese zwölffache Zerteilung da war, konnten die zurückgestrahlten Kräfte sich nur wie in einem zerbrochenen Spiegel stückweise offenbaren. Es wurde immer einer von den zwölf Teilen wie zu einem Brennpunkt, durch welchen die Widerspiegelung geschah, sodaß derjenige, der das Centrum darstellen wollte, immer nur die Weisheitskräfte aus einem der zwölf Gestirne erhalten konnte. Um die Weisheitskräfte, die von allen zwölf Gestirnen ausstrahlten, zu erhalten, war es dann notwendig, daß sich zwölf verschiedene Individualitäten zum Centrum stellten, die in Wesen und Veranlagung zwölffach verschieden von einander waren, sodaß sie als zwölf Centren ganz verschieden magisch tätig sein konnten; jeder bildete dabei auf besondere Weise seinen Umkreis und enthielt einen Teil der Sternenweisheit. Wie allmählich diese Art Magie unter den Einfluß Lucifers geriet, ist vorher schon erwähnt worden. Auch das hebräische Volk ist immer wieder von Lucifer versucht worden, den Sternendienst und die damit verbundene Magie der umwohnenden Völker zu betreiben, anstatt sich als der reine Spiegel des einen Gottes zu erhalten, der in ihrer Mitte wohnte.
Das hebräische Volk sollte wie die Peripherie sein, in der sich der einzige Gott als väterliches Centrum offenbarte. In Glaube und Hingabe sollte dieses Volk die Kräfte, die als Gebote aus dem väterlichen Willenscentrum in sie eingestrahlt wurden, in Reinheit widerspiegeln und in Taten verwirklichen. So offenbarte sich diesem Volke das Wesen Gottes zuerst in seiner urväterlichen Kraft durch Vermittlung der Propheten, insbesondere des Moses. Dann tritt später eine Zeit ein, wo das Wesen der Lichtjungfrau sich verbindet mit der Jungfrau Maria, wie über einer menschlichen Form schwebend. Als das Wort sich dann verkörpert und der Sohn Gottes durch Vermittlung der Jungfrau Maria in menschlicher Natur erscheint, ist sie wie der Spiegel und die Peripherie des sich auf Erden offenbarenden göttliche Centrums des Wortes, das in sich die Kräfte des urväterlichen Centrums und auch die Kräfte der urmütterlichen Peripherie trägt.
Es zeigt sich, wie das Wesen der Himmelrose sich allmählich mehr mit der Erde verbindet dadurch, daß es sich immer mehr in das hebräische Volk hineinlebt. Zunächst offenbart sich die Kraft des urväterlichen Centrums durch Vermittlung des Erzengels Michael dem Volke, dann auch durch die Propheten. Diese aber tragen in sich Wesen aus den Hierarchien der Engel. Erzengel oder Fürstentümer. So offenbart sich Gott, wenn Er mit ihnen redet, nicht direkt, sondern durch Vermittlung jener Wesen aus den höheren Hierarchien redet Gott mit den Propheten.
Als das Wesen der Lichtjungfrau seine Kräfte in die Menschheit hineinbringt, geschieht das mehr in unmittelbarer Weise, indem diese Kräfte sich mit einer Jungfrau, die das Wesen eines Engels in sich trägt, seelisch verbinden und ihre irdische Form umschweben. Mit der Verkörperung Christi wird die irdische Form gänzlich durchdrungen und umgeben vom Wesen des Gottes-Sohnes und von Anfang an durch seine Kräfte aufgebaut. Das Wesen der jungfräulichen Mutter ist die Peripherie, der Spiegel, in welchem sich das neue Centrum im physischen Sinne bildet, so wie es als geistiges Centrum sich in dem seelischen Spiegel der Lichtjungfrau zurückgestrahlt sieht. So hat die Jungfrau Maria dem Gottes-Sohn gegenüber die Aufgabe übernommen, welche bisher die Hebräer als ganzes Volk ihrem Gotte, in seinem Aspecte des urväterlichen Centrums, gegenüber hatten. Auf sie ist übertragen worden all das, was vorher die Mission des Volkes Gottes war, als Vorbereitung zur Fleischwerdung des Wortes. In dem Momente, da ihr der Wille Gottes offenbart wird durch den Erzengel Gabriel und sie sich diesem Willen hinneigt, nimmt sie den Auftrag des ganzen hebmischen Volkes auf sich. Dadurch nimmt sie die Stellung ein, die vorher dem Gottesvolke gehörte, denn, indem die Mission dieses Volkes auf sie übergeht, wird sie in die Gegenwart gerückt, während jenes Volk, in Bezug auf seine Aufgabe, in die Vergangenheit zurücktritt. Alles, was das ganze Volk Gottes bis dahin geleistet hat, nicht ohne auf mannigfaltige Weise den Versuchungen Lucifers zu verfallen, wird durch die eine Jungfrau in Vollkommenheit vollendet. An sie kann Lucifer in keiner Weise herantreten, denn ihre Schützerin ist das Wesen der reinen Himmelsjungfrau selbst und vor ihrem Licht muß alle Finsternis weichen. In diesem Lichte wird Lucifers wahres Bildnis offenbar und obwohl er weiß, daß jene, die Gottesmutter werden und für alle Zeiten Jungfrau sein soll, ihm seine Dienerin Eva entreißen und die weibliche Schlange samt den Mondkräften zertreten wird, so kann er, durch das Licht der Reinheit geblendet, seine Kräfte ihr gegenüber nicht anwenden.
Da tritt wiederum in der Erdentwicklung ein Zeitpunkt ein, währenddessen der weitere Verlauf der Umstände sich an ein einziges menschliches Wesen knüpft, das, als Ergebnis der Vergangenheit in der Gegenwart stehend, die Zukunft aus sich hervorgehen läßt. Wie einstmals Abraham sich erlebt hat, stehend in dem Moment der Erhobenheit, welcher wie die Gegenwart zwischen Vergangenheit und Zuk u n f t liegt, als er das Antlitz Gottes unverschleiert schaut und ihm Melchisedech, der Priester des Allerhöchsten Gottes, das Geheimnis der Vergangenheit und der Zukunft, des Falles und der Erlösung der Menschheit offenbart — so sieht sich Maria, die Jungfrau, gleichsam in den Moment der Erhobenheit gestellt, als durch die Botschaft des Erzengels Gabriel die Mission der Vorbereitung zur Fleischwerdung des Wortes auf sie übertragen wird. Auch sie schaut das Antlitz Gottes unverschleiert und wird erleuchtet über Vergangenheit und Zukunft, als einstmaligen Fall und kommende Erlösung der Menschheit; auch sie nimmt, wie Abraham, den Willen Gottes als Führung an. Der Erzengel Gabriel ist der Botschafter, welcher gesandt wird zur Jungfrau, mit der sich das Wesen der Lichtjungfrau verbunden hat. Er ist derjenige, der den Taten Lucifers entgegenwirkte während der Entwicklung des dritten makrokosmischen Schöpfungsraumes, als der Sturz der Engel stattfand und, als Gegenbild der reinen Himmelsjungfrau, die weibliche Schlange — der Spiegel Lucifers — entstand. Durch Gabriels Wirkung sind aus dieser Entwicklung trotz des Sturzes der Engel dennoch reine jungfräuliche Kräfte erhalten geblieben; so ist e r der Schützer jener Kräfte, die mit dem Wesen der Lichtjungfrau verbunden sind und wird der Bote, der den Willen Gottes der Jungfrau überbringt.
Die Jungfrau Maria ist die Mittlerin, durch welche die zweite Schöpfung ihren Anfang nimmt. Aus ihr geht der Gottes-Sohn Christus als der Menschensohn hervor, als der zweite Adam, der das Urbild des himmlischen Menschen in sich tragt und der geistige Vorfahre der wahren Menschheit ist, gleichwie der erste Adam, durch seinen Fall, als der Vorfahre des Erdenmenschen dasteht. Dadurch, daß der Gottes-Sohn Christus als der Menschensohn Jesus der Sohn der Jungfrau wird, ist auf umgekehrter Weise das wiederholt worden, was vor dem Fall des Menschen geschah, als Eva aus der Seite, wie aus dem Herzen des ersten Menschen Adam hervorging.
Damals ist es das Weib Eva gewesen (in welchem das seelische Element über das geistige herrscht), das den seelischen Spiegel Lucifer zuwandte, sich zuerst von ihm verführen ließ und wider den Willen Gottes handelte. Bei der zweiten Schöpfung ist es die Jungfrau Maria, die, umstrahlt vom Wesen der Lichtjungfrau (in dem seelischen Weisheit-Element, das sich mit ihr verbunden hat), den Willen Gottes in Reinheit widerspiegelt, als der Bote Gabriel zu ihr gesandt wird. Und so wie durch ihren Fall Eva das Mittel wird, durch welches die Verführung Lucifers auch Adam überwältigt, sodaß sie die Schuld trägt am Falle der Menschheit, so wird Maria als der reine Spiegel des göttlichen Willens die Mittlerin, durch welche die Erlösung der Menschheit eintreten kann, da der zweite Adam, der Menschensohn Jesus, aus ihrem Herzen hervorgeht.
Gleichwie Eva dasteht im Paradiese, beim Anfang des Falls, am Ausgangspunkt des Weges, der abwärts führt zur Erde, als die Mutter der Erdenmenschheit, so deutet die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, als die Trägerin des Bildes der himmlischen Jungfrau — jedoch auf der Erde stehend — den Anfang des Weges an, der von der Erde ausgehend die gefallene Menschheit wieder aufwärts führen wird zu den himmlischen Regionen. Durch Vermittlung Evas zerbricht die ursprüngliche Einheit des Menschen, sodaß die Trennung des himmlischen vom irdisch-gewordenen Teil auftritt. Maria ist die Mittlerin, durch welche das himmlische Urbild des Menschen sich wiederum mit der Erdenmenschheit verbindet — als das menschgewordene Wort sich verkörpert und Gottes-Sohn hinuntersteigt auf Erden.

Ende des ersten Teils.
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Die zweite Schöpfung Trinitas

Kapitel I.

Die göttliche Dreifaltigkeit, die in ihrem Wesen eine Einheit ist, hat sich, wie im Abbild, zunächst als die himmlische Triade, die ebenso eine Einheit bildet in der Himmelsrose, offenbart. Die Triade zeigt sich in dem urväterlichen Willens- oder Kraftcentrum, der urmütterlichen Peripherie oder dem Weisheitsprinzip und dem Mittler Christus, der das Wesen der Liebe ist und die urväterliche Kraft mit der urmütterlichen Weisheit in Liebe zur Einheit bringt.
Das Herz der Himmelsrose ist das urväterliche Centrum, von welchem das göttliche Leben und der Wille Gottes ausstrahlen; die Peripherie ist der Spiegel, der die Kräfte des Centrums durchleuchtet mit dem Weisheitselement und sie dann zurückstrahlt. Der Urvater ist der Mittelpunkt der ersten Offenbarung und das Abbild, in welchem das Gesicht des Vaters aus der Trinität vorzugsweise gespiegelt worden ist. Der Urvater offenbart sich in der Peripherie, die als Weisheitsspiegel ein Abbild des Antlitzes des Heiligen Geistes ist. Es ist das Antlitz des Vaters in Vereinigung mit dem des Heiligen Geistes der ersten Offenbarung, die als Spiegelung der Trinität entsteht, unmittelbar zugewandt worden.
Auf diese erste Offenbarung — die Himmelsrose — folgt die Ausbildung der niederen Regionen, als Lucifer die himmlischen Regionen verläßt und ein Reich für sich formt. Alles, was durch seine Wirkung entsteht, zeigt das Wesen der himmlischen Triade in umgekehrter Weise wie in einem zerbrochenen Abbild. Sein Reich besteht aus einem Gegenbild der Himmelsrose, die den Regionen der Ewigkeit angehört. Dadurch, daß die Ewigkeit zerbrochen ist in das zeitliche Element von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, kann sich nichts zu gleicher Zeit völlig offenbaren, sondern alles erscheint nacheinander, dem Gesetze der Zeit gemäß. Es wird das Gegenbild der Himmelsrose durch dieses Gesetz so zerbrochen, das sich ihre Einheit in eine Vielheit verändert, die nur nach einander in der Zeit ein Dasein führen kann.
Als endlich Lucifer sich bemüht, in der vierten Region seines Reiches das Anti-Centrum der himmlischen Rose zu bilden, und den Fall des Menschen bewirkt, ist dadurch der Mensch aus den Händen Gottes und Seines Dieners Michael in die Hände Lucifers geraten. Von diesem Centrum sendet er seine Kräfte aus und als die Peripherie seines Centrums strahlt der Teil seines Wesens die Kräfte zurück, welcher durch alle Regionen bis an den Fixsternhimmel wirken kann im makrokosmischen Aspecte. Die luciferischen Hierarchien wirken zwischen diesem Centrum und seiner Peripherie; der irdisch gewordene Mensch ist mit diesem Centrum verbunden worden,
so wie er als himmlischer Mensch im Herzen des Ur-Vaters lebt. So hätte Lucifer für die Zeit, in welcher der vierte Schöpfungsraum besteht, ein Gegenbild formen können von der Himmelsrose selbst, wenn nicht auch in diesem Reiche die Diener Gottes immer tätig gewesen wären. Sie können, von dem Herzen des Urvaters ausgehend, dieses kosmische Reich betreten; das Reich der Himmelsrose aber ist Lucifer unerreichbar, und dadurch sind die Diener Gottes doch am Ende stärker als er.
Bis zu der Zeit, da die zweite Schöpfung stattfindet, ist es beständig das Ziel Lucifers, das Gegenbild der Himmelsrose zu gestalten, und immerzu wird er darin zurückgehalten durch die Kräfte des Erzengels Michael, der mit seinen Taten umbildend und zerstörend einwirkt, je nachdem es die Notwendigkeit verlangt.
Immer noch ist die erste Schöpfung in Bezug auf die Erde und den ersten Menschen wie abgeleitet und ausgehend von der Himmelsrose zu betrachten, wenn sie auch in den dualistischen Regionen des Kosmos verläuft und deshalb der Gegenwirkung Lucifers ausgesetzt ist. So ist auch bei der ersten Schöpfung, die ihren Ursprung in dem urväterlichen Centrum der Himmelsrose hat, das Angesicht des Vaters in der Trinität noch immer der Himmelsrose zugewandt in Vereinigung mit dem des Heiligen Geistes, der sein Abbild hat in dem Weisheitsspiegel der urmütterlichen Peripherie oder der Lichtjungfrau.
Die zweite Schöpfung tritt ein als Folge einer Änderung, die sich in der Trinität selber so darstellt, daß das Antlitz des Sohnes, in Vereinigung mit dem des Heiligen Geistes, statt des Angesichtes des Vaters, sich der Himmelsrose zuwendet.
Was dieser Umwendung zugrunde liegt ist nicht zu erfassen; es kann nur geahnt werden, wie der Sohn, von unendlicher Liebe erfüllt, vereint mit dem Heiligen Geiste, sich der absterbenden Schöpfung zuwendet und sich nach ihr hinneigt. Christus, der Mittler, tritt durch diese Wendung so hervor, daß Er, der bisher die urväterliche Kraft mit der urmütterlichen Weisheit in Liebe vereinte, nun selber zum strahlenden Centrum wird. Dieses Centrum erhält seine Kräfte zurückgestrahlt, nachdem sie mit dem Wesen der Lichtjungfrau durchleuchtet worden sind. Verbunden mit dem urväterlichen Centrum, mit dem Er eine Einheit bildet, und dennoch an sich seiend, wird der Gottes-Sohn Christus das neue Centrum, welches dadurch, daß das Angesicht des Sohnes sich der Himmelsrose zugewandt hat, die Einstrahlung der Trinität in ihrer ganzen Fülle, Kraft und Gewalt in sich erhält.
Während die größte Machtfülle bisher vom urväterlichen Centrum in lebendig-schaffender Kraft ausströmte — weil das Angesicht des Vaters in der Trinität der Himmelsrose zugewandt war und das urväterliche Prinzip als Abbild sich in seiner schaffenden Kraft offenbarte, so erhält nun Christus die Fülle der Macht, die er dann in die Peripherie hineinstrahlt.
Es sind aber nicht die schaffenden Willenskräfte des urväterlichen Prinzips, die er ausströmt; sein Wesen ist die Liebe. Die ganze Schöpfung, zunächst die Himmelsrose, nimmt dadurch einen anderen Aspect
an. Die bisher tätige schaffende Kraft wird beherrscht durch die Kraft der Liebe, die, statt Neues zu schaffen, das Geschaffene mit ihrem Wesen durchlebt und durchtönt. Es ist der göttliche Wille in die göttliche Liebe übergegangen, und durch das Wort wird der Wille und die Weisheit Gottes offenbart.
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Die Offenbarung des Sohnes.

Kapitel II.

Als nach Lucifers Fall die himmlischen Chöre, die lebendigen Blätter der Himmelsrose, in die Regionen des dualistischen Reiches hineinwirken, damit auch da der göttliche Wille durchgeführt werde, ist schon Christus als Erlöser dort tätig. Sein Leben tönt als das Wort, die lebendige Stimme Gottes, in jede Region dieses Reiches hinein, insbesondere da, wo Er sich mit dem besonderen Centrum verbindet, das in einer jeden Region ausgebildet wird. Es ist beschrieben worden Wie das Wort, als Stimme Gottes, während der Ausbildung des ersten Schöpfungsraumes sich unter die Fürstentümer begibt, die durch Lucifer dazu verführt wurden, sich zu tief in die Formen hineinzuversenken, die durch ihn im ersten Schöpfungsraum entstanden sind. Da tritt Christus als der Erlöser auf, der die Verführten zurückführt, sie wie die Stimme Gottes mahnend, sie erinnernd an das, was als Gottes Wille dem Willen Lucifers entgegengestellt ist.
Auch während der zweite Schöpfungsraum ausgebildet wird in der zweiten Region, tönt das Wort in der Mitte der verführten Erzengel, und als der dritte Schöpfungsraum sich entwickelt hat und die Engel stürzen, ist auch da der Mittler Christus mit den Verirrten; als die Stimme Gottes ruft Er sie zurück in die himmlischen Regionen.
Es hat das Wort durch alle Hierarchien geklungen, die, dem Willen des Urvaters gemäß, im Kosmos tätig sein sollten, als der Mittler während der Ausbildung des dritten Schöpfungsraumes den gefallenen Engeln die Erlösung gebracht hat. Die Hierarchien, die, als Abbild der urväterlichen himmlischen Chöre (welche die lebendigen Blätter der Himmelsrose darstellen), tätig sind, gehören dem Wesen Christi an; sie sind mit Seinem Leben durchdrungen worden als Er in ihrer Mitte weilte und können die „Christlichen Chöre" (Christi Legiones) genannt werden, im Gegensatz zu den ihnen entgegengestellten luciferischen Dienern.
Es steigt der Gottes-Sohn hinab und durchdringt die hierarchischen Wesen, die dadurch Anteil nehmen an seinem Wesen; sie sind wie das Echo des Wortes, wie die Saiten der makrokosmischen Harfe, auf welcher das Wort Gottes ertönt.
Als der vierte Schöpfungsraum ausgebildet wird und die erste Schöpfung, welche durch die urväterlichen Kräfte geschah, mit dem Fall des Menschen gleichsam auch ihren Fall erlebt — nimmt die Macht Lucifers immer mehr zu und er kann seinen Willen immer weiter durchführen, weil er in den Menschen selber seine Stütze findet.
Es ist die urväterliche Willenskraft, die die erste Vorbereitung zur zweiten Schöpfung vornimmt; das hebräische Volk wird durch den Willen des einen Gottes geführt und erzogen, der dem Volke, vermittelst des großen Erzengels Michael und der Propheten, zustrahlt. Doch ist das Wesen des Mittlers schon bemerkbar; es zeigt sich insbesondere in der Gnade und in der Verzeihung, die Gott dem abirrenden Volke immer wieder gewährt, sobald es Reue zeigt. So offenbaren sich in dieser Zeit der Vorbereitung die beiden Prinzipien, als die urväterliche Willenskraft, mit der Liebe des Mittlers abwechselnd. Auch da zeigt sich das Symbol der Waage, auf welcher auf der einen Seite das Schwert der urväterlichen Gerechtigkeit, au! der anderen Seite das opferbereite Herz des Mittlers liegt.
Als sich das Angesicht des Sohnes aus der Trinität der Himmelsrose zuwendet, erhält der Mittler Christus die ganze Fülle von Macht und Gewalt der Trinität in sich gespiegelt, weil die drei Personen der Trinität eine Einheit sind. Der Mittler wird dann inniger noch verbunden mit dem Angesicht des Sohnes. Es ist so, als stiege der Sohn und mit Ihm die beiden anderen Personen der Trinität herab zur Eins-Werdung mit dem Mittler Christus und würden dadurch unmittelbar in der Himmelsrose anwesend, gleichwie sie es bisher im Abbild waren. Die Himmelsrose wird unmittelbar durchsetzt von dem Wesen der Trinität, ihr Wesen wird dadurch verewigt; vom himmlischen Abbild der Trinität ist sie zum göttlichen Urbild geworden. Das urväterliche Willenscentrum vereinigt sich mit dem Angesicht des Vaters, gleichwie die urmütterliche Peripherie — als Lichtjungfrau und Weisheitsprinzip — mit dem Wesen des Heiligen Geistes unmittelbar verbunden wird.
Der Sohn, der sich mit dem Mittler Christus vereinigt und sein eigenes Wesen zu dem Christi gemacht hat, verbindet sich insbesondere mit dem Wesen des Heiligen Geistes, indem Er sich der Lichtjungfrau zuwendet. Sie spiegelt Sein wahres Wesen auf solche Weise zurück, daß die Spiegelung wie das Urbild des Sohnes dasteht. Dieses Urbild ist das seelische Kleid, ohne welches der Abstieg in die niederen Regionen nicht möglich ist.
Es steigt der Mittler Christus hinunter durch die drei himmlischen Sphären. Das Empyreum erhält neues Leben, der Kristallhimmel neue Bewegung, als das lebendige Wort, der Sohn, sie durchschreitet. Als Er die Region des Fixsternhimmels betreten hat, ist es der Ostpunkt — die Himmelsrichtung, die unter dem Schutz des großen Erzengels Michael steht — in die der Sohn insbesondere seine Kräfte ergießen kann. Denn Michael steht dem Wesen Christi am nächsten; er ist der Streiter, der dem Sohn den Weg bahnte, indem er, gleichwie der Vorläufer und der treue Kämpfer, mit den Kräften der göttlichen Triade Lucifer entgegenwirkte, bis der Sohn selber kam, um diesen Kampf weiter zu führen.
So   wie   Michael,   der   große   Erzengel,   die   östliche   Himmelsrichtung hütet und seine Kräfte durch die Constellation des Wassermanns in den Kosmos hineinströmen läßt, als Vorläufer Christi, so folgt ihm der Sohn und strahlt sein Leben in den Kosmos hinein an dem östlichen Punkte, welcher zwischen der Constellation der Fische und der des Widders
gelegen ist. Nicht nur die wahren menschlichen Kräfte aus der Constellation des Wassermanns fließen dann in die niederen Regionen ein, sondern die Kräfte der Gnade und der reinen vollkommenen Opferungstrahlen durch die Constellationen der Fische und des Widders oder Lammes mit dem lebendigen Worte, Christus, in das Reich Lucifers hinein.
Die geistige Sonne, das wahre Centrum des ewigen lebendigen Gottes, steigt am Ostpunkte auf und verkündet den ersten Tag, mit dem das Reich der Liebe, Gnade und Erlösung seinen Anfang nimmt, denn durch diese Sonne, leuchtend, klingend und lebendig, strahlt das Wesen der Trinität unmittelbar in die niederen Regionen hinein.
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Das Hinabsteigen  Christi  durch die Reihen der Hierarchien bis auf die Erde    

Kapitel III.

Wenn der Gottes-Sohn Christus durch die verschiedenen Regionen des Kosmos sein Leben bis in die dritte Region ergießt, indem Er, als die Stimme Gottes, sich den verführten Engeln offenbart und in ihrer Mitte lebt, so zeigt Er nicht unmittelbar die Größe und Gewalt seines Wesens, sondern Er umhüllt sich mit dem Kleide, welches den verschiedenen Regionen angemessen ist. Nachdem den verführten Engeln die Möglichkeit der Erlösung gebracht ist, hat Christus die verschiedenen Reihen der Hierarchien durchschritten, welche als Abbild der himmlischen Chöre, der lebendigen Blätter der Himmelsrose, im Kosmos tätig sind. So wie er während der Ausbildung des ersten Schöpfungsraumes unter den Fürstentümern lebte, mit der Gestalt umkleidet, die damals die der Fürstentümer war, so auch umhüllt Er sich im zweiten Schöpfungsraume mit der damaligen Form der Erzengel, und im dritten Schöpfungsraume erscheint Er in der Gestalt, die den Engelwesen eigen ist. Jedesmal, wenn Er aus den himmlischen Regionen den Kosmos betritt, schreitet er durch die Reihen der Hierarchien, die dem väterlichen Willen gemäß dort tätig sind und als die Christlichen Chöre bezeichnet wurden. Es geht der Gottes-Sohn durch die Reihen der Seraphim bis zu den Fürstentümern, als der erste Schöpfungsraum ausgebildet wurde, und als der zweite da ist, verläßt Er wiederum die himmlischen Regionen und durchschreitet die Reihen der Seraphim bis zu den Erzengeln. So auch steigt Er hinunter durch die Reihen aller hierarchischen Wesen bis zu den Engeln, während der dritte Schöpfungsraum sich entwickelte.
Jedesmal, wenn Christus die Reihen der verschiedenen Hierarchien durchschreitet,  nimmt  er  jeweils  jene  Gestalt  an,   die  den  betreffenden Wesen entspricht. So offenbart Er sich in den Reihen der Seraphim in seraphischer Gestalt; zwischen den Cherubim in der Gestalt eines Cherubs. Es wissen die hierarchischen Wesen, daß das Wort unter ihnen tönt; weil die Stimme Gottes sich in der Gestalt offenbart, die sie kennen als Ausdruck ihres eigenen Wesens, können die verschiedenen Reihen der Hierarchien dadurch das Wort in entsprechender Weise verstehen.
Wenn aber der Gottes-Sohn den Rückweg betritt, nachdem er die Erlösungsbotschaft gebracht hat und wiederum durch ihre Reihen aufwärts fährt zu den himmlischen Regionen, dann erst verstehen sie nicht nur das Wort in ihrer eigenen Sprache, sondern sie erkennen das Wesen des Wortes in seinem umfassenden Sein. Denn unverhüllt steigt der Erlöser wiederum hinauf zur himmlischen Heimat, und dadurch erhalten die Hierarchien den Anblick seines Wesens und erkennen Ihn als das lebendige Wort, Christus, als ihren Führer.
Seitdem das Angesicht des Sohnes in der Trinität sich der Himmelsrose zugewandt hat und dadurch der Mittler mit dem Sohne Eins wird, ruht auf Ihm die ganze Macht und Gewalt der Trinität. Nun ist Sein Wesen so strahlend und gewaltig, daß es sich in den niederen Regionen nur offenbaren kann, wenn es beim Durchschreiten der hierarchischen Reihen mehr als zuvor verhüllt wird.
Selbst die Christlichen Chöre würden es nicht ertragen können, den Sohn unverschleiert in seinem wahren Urbild zu schauen. Erst nachdem die Hierarchien wie von oben herab dem zugeschaut haben, was auf Erden sich ereignete, während der Sohn in einer irdischen Natur und Gestalt als Mensch lebte, als sie das Mysterium auf Golgatha in gewisser Weise miterlitten und das Wunder der Auferstehung miterlebt haben, können die Legionen Christi die Kraft erhalten, die wahre Anschauung des Sohnes zu ertragen. So steigt der Sohn, seinem wahren Wesen nach unerkannt von den Hierarchien, durch ihre Reihen hinunter bis zur Erde; so fährt er wiederum zum Himmel, anerkannt und angebetet in seiner Herrlichkeit, durch die Reihen der Legionen Christi zurückkehrend zu dem Vater, von dem er ausgegangen ist.
Der Sohn, der mit dem Vater Eins ist und sein Angesicht der Himmelsrose zugewandt hat, steigt durch die Reihen der Seraphim abwärts in die niederen Regionen. Seine Gestalt ist wie die eines Seraphs, das Wort ertönt der Sprache der Seraphim gemäß innerhalb ihrer Reihen. So geht der Sohn weiter durch die verschiedenen Chöre bis zu den Engeln. Überall ist Er wie der Einfachste, der Demütigste unter den verschiedenen Wesen, und daran erkennen die Hierarchien, daß es das Wort, die Stimme Gottes ist, die in ihrer Mitte klingt und zu jeder der verschiedenen Reihen in der für  sie  verständlichen  Sprache   redet.   Christus,   das   lebendige   Wort,   die Stimme Gottes, wird durch jede der Reihen von hierarchischen Wesen auf die Weise anerkannt, daß deren Führer Ihm dient, Ihn begleitet bis an die Grenze ihrer bestimmten Region und Ihn in der darauffolgenden Region den Wesen daselbst ankündigt.
Als das lebendige Wort, der Sohn Christus, das Reich der Engel durchwandert hat und in das folgende Reich eintreten will, da kündigt der Führer der Engel, Gabriel, den menschgewordenen Sohn im Menschenreiche an. Das reinste, erhabenste Wesen, das, unter den Menschen lebend, dem Engelreiche am nächsten kommt, bildet den Übergang beim Hinüberschreiten des Wortes von dem Engelreiche in das der Menschen. So geschieht die Verkündigung des Engels Gabriel an die Jungfrau Maria.
Das Hinuntersteigen Christi durch die hierarchischen Reihen bis zum Menschenreich ist gleichwie eine Melodie mit neun Accorden; es ist die Stimme Gottes, die auf neunfache Weise ertönt. Als der Mensch hinunterstürzte durch seinen Fall, da klang es wie eine Klage, wie ein Totengesang, denn vergessen und in Disharmonie verwandelt wurde damit die ursprüngliche Melodie, die in den himmlischen Regionen immerzu klingt.
Beim Hinabstieg des göttlichen Wortes selbst klingt die Stimme Gottes auch bis in die niederste Region hinein; es trägt der Sohn die vergessenen Töne in sich und bringt sie der gefallenen Erdenmenschheit wieder. Wiederum sind es die Engelchöre, die den Gottes-Sohn begleiten, als Er zum erstenmal das Reich der Menschen betritt, als Er, wie der Einfachste unter den Menschen, in der Höhle zu Bethlehem geboren wird. Sie offenbaren sich den einfältigen Hirten, damit diese dem neugeborenen Gottes-Sohn Huldigung bringen, da Er auf Erden angekommen ist als das Jesus-Kind.
Die Stunde Seines Erscheinens auf Erden ist die der Mitternacht, die Zeit, in welcher die größte Finsternis herrscht, wo alle Lebenskräfte auf Erden ihre größte Schwäche erleben; zugleich aber der Augenblick, wo der Aufstieg zum Licht wiederum beginnt und neue Kräfte ihren Anfang nehmen. Es ist der Zeitpunkt, der örtlich Beziehung hat zu der nördlichen Himmelsrichtung. Wie einstmals Lucifer zwischen der Constellation der Zwillinge und der des Krebses aus der Region des Fixsternhimmels herausgefallen ist in die niederen Regionen, so soll der Erlöser die Erde an der Stelle betreten, die mit der nördlichen Himmelsrichtung verbunden ist und die in der Zeit die Stunde der Mitternacht darstellt. Der Gottes-Sohn, als das Kind Jesus, wird in die Krippe gelegt. Mit der Krippe ist auf die Constellation des Krebses hingedeutet, welche auch mit dem gleichen Namen bezeichnet wird.
Von der Region des Fixsternhimmels aus betritt der Gottes-Sohn, Christus, die kosmischen Regionen in östlicher Himmelsrichtung an dem Punkt, der zwischen der Constellation der Fische und der des Widders oder des Lammes liegt. Das Wesen der Gnade und der Opferung ist mit diesen Constellationen verbunden; und diese Kräfte bringt Christus in die niederen Regionen hinein.
Die beiden Constellationen der Jungfrau und der Waage, die denen der F i s c he und des Widders gegenüberstehen, werden die Vermittler, durch die Christus sich auf Erden offenbart. Es ist die Jungfrau die Mittlerin für die Verkörperung des Wortes; es ist das Gottes-Volk, stehend in dem Moment des Erhobenseins, das Symbol der W a a g e. Die mit beiden Constellationen verbundenen Kräfte der Reinheit und der Gerechtigkeit werden dadurch in die Erdentwicklung hineingebracht.
Das Reich, wo Lucifer wirkt, betritt Christus von der Region des Fixsternhimmels aus in der östlichen Himmelsrichtung; die Erde aber betritt er an dem Nordpunkt. Vom Osten nach dem Norden gehend durchschreitet der Gottes-Sohn die Constellationen des Fixsternhimmels, von der Constellation der Fische an, durch die des Widders, des Stieres, der Zwillinge, bis an die des Krebses. Durch die verschiedenen Regionen steigt er hinunter bis in die vierte Region, die, als das Paradies, ein Abbild der Region des Fixsternhimmels mit den zwölf Zeichen des Tierkreises darstellt, in welchen sich die Kräfte der zwölf himmlischen Constellationen spiegeln. So betritt Er die Erde an dem Nordpunkte im Zeichen des Krebses.
Auf die Jungfrau ist die Mission des Gottes-Volkes übergegangen, als sie die Botschaft des Erzengels Gabriel annahm und sich dem Willen Gottes fügte. Sie ist die direkte Mittlerin, durch welche das Wort sich verkörpert Es sind die Kräfte der Reinheit, die sich insbesondere offenbaren, als das Kind Jesus durch die Jungfrau geboren ist. Das himmlische Symbol der Reinheit erscheint im Aufgangspunkt, während das Kind Jesus in der Krippe liegt; in der Stunde der Mitternacht steht das Zeichen der himmlischen Jungfrau in der Morgenröte, am Ostpunkte, wo der neue Tag anfängt.
Der Mensch, der durch das Zeichen der Zwillinge die vierte Region, oder das Paradies, verlassen hat, nachdem Lucifer ihn verführte, soll jene Kräfte, welche mit den Zeichen des Stiers, des Widders und der Fische verbunden sind, sich nunmehr, statt im Paradiese, auf Erden aneignen. Für ihn führt der Weg durch jene Zeichen bis zu dem des Wassermanns aufwärts in der Richtung von dem Nordpunkte nach dem Osten. Dies ist der Erdenweg, derjenige, der dem Erdentag angemessen ist. Er ist mikrokosmisch, weil er sich bezieht auf die Bewegung der Erde selbst; von der Erde aus gesehen gehen die Sonne und Gestirne täglich auf und unter. Christus nimmt den Weg der Sterne; er schreitet vom Ausgangspunkte im Osten durch die Regionen in der Richtung nach dem Norden hin; es ist der Weg, der auf das Erdenjahr Beziehung hat; er ist makrokosmisch, denn dieses (das Erdenjahr) wird durch die Bewegung der Erde um die Sonne bestimmt. Es nimmt die Sonne, von der Erde aus gesehen, dann ihren jährlichen Gang durch die zwölf zodiakalen Gestirne. Er durchschreitet die Constellationen, von welchen sich der Mensch auf Erden mühsam die Kräfte aneignen soll. Es kommt Christus dem Menschen auf seinem Wege entgegen und bringt gerade die den Menschen fehlenden Kräfte aus diesen Constellationen auf die Erde.
Der himmlische Weg, den Christus nimmt, ehe Er auf Erden erscheint, geht von Osten aus dem Norden zu. Wenn aber Christus auf Erden erschienen ist als das Kind Jesus, dann geht auch Er den Erdenweg vom Norden bis zum Osten. Während Er im Zeichen des Krebses oder der Krippe geboren wird, ist es das Zeichen des Widders, in dem die Opferung des Lammes Gottes geschieht.
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Der Gottt-Mensch Christus, auf Erden lebend          

Kapitel IV.

Wie die himmlische Lichtjungfrau dem Gottes-Sohn das seelische Kleid webt, mit welchem Er durch die verschiedenen Regionen hinuntersteigt, so ist die Jungfrau Maria die Vermittlerin, durch die der Gottes-Sohn das irdische Gewand erhält. Da sich das Wesen der himmlischen Lichtjungfrau mit der irdischen Jungfrau Maria verbunden hat, können auch die Kräfte des Heiligen Geistes sie durchleuchten, weil diese Kräfte mit dem Weisheitsprinzip — oder der Lichtjungfrau — inniger verbunden wurden, als das Angesicht des Sohnes in der Trinität sich mit dem Mittler Christus vereinigt hatte. Es ist das Wesen des Heiligen Geistes, das die Jungfrau Maria erfüllt und sie zur Gottes-Mutter macht; zum erstenmale offenbart sich sein Wesen unmittelbar in die Erdensphäre hinein.
Dem Wesen des Heiligen Geistes und dem Wesen des Sohnes — verbunden mit der himmlischen Lichtjungfrau, dem Weisheitsprinzip, als der Jungfrau Maria und dem Kinde Jesus, dem Erlöser — bringen die drei morgenländischen Könige ihren Tribut, als sie, von fernen Landen hergekommen, der jungfräulichen Mutter und dem göttlichen Kinde Huldigung und Anbetung erweisen. So opfern sie ihre Gaben, Weihrauch, Gold und Myrrhe, als Symbol der besten Kräfte, die sie bisher gepflegt haben, als die Weisheit, die Liebe und die Stärke; denn sie wissen, daß das Beste, was sie geben können, nur ein Abbild ist von dem, was mit der Geburt Christi auf Erden in seinem wahren Wesen offenbart wird. Denn die Weisheit, die Liebe und die Stärke, welche die drei Könige oder Magier kennen, sind verbunden mit dem Wesen des urväterlichen Centrums, der urmütterlichen Peripherie und des Mittlers als des Botschafters zwischen beiden, gleichwie diese göttliche Triade sich in der Himmelsrose offenbart hat, ehe sich das Angesicht des Sohnes aus der Trinität der Himmelsrose zuwandte und sie vom Abbild zum Urbild machte. Die Weisheit der drei Magier bezog sich nur auf das Abbild des Heiligen Geistes, ihre Liebe auf den Mittler, ihre Stärke nur auf das Abbild des Vaters aus der Trinität; so knieten sie und beteten die höheren Kräfte an, welche nun direkt einwirken auf Erden.
Das, was den drei Königen durch den sie führenden Stern offenbart wurde, war dem König der Finsternis verborgen geblieben. Wohl war es Lucifer bekannt, daß eine ungemeine Wirkung in den kosmischen Regionen vor sich ging und eine ungekannte Macht sich seinen Taten auf Erden entgegenstellte, doch war ihm nicht entdeckt worden, wo sich jene Kraft insbesondere mit der Erde verbunden hatte, welches Wesen diese Kräfte in sich concentrierte. Es war ihm nur ungefähr Zeit und Ort bekannt, da diese Kraft auf Erden tätig sein konnte. Daher wurde durch Lucifer der Kindermord veranlaßt, den er seinem Diener, dem König Herodes im Lande Judäa, inspirierte.
Um dieser Gefahr zu entgehen, wird das Kind Jesus durch die Jungfrau Maria in das Land Ägypten gebracht. Wie einstmals Moses das Gottes-Volk
aus diesem Land herausführte und das Beste an geistigen und materiellen Gaben mit sich nahm, was dem Volke der Ägypter eigen war, so kehrt Christus und seine jungfräuliche Mutter zu diesem Volke zurück. Wie eine Gabe des Gottes-Volkes, wie die Erfüllung seiner Mission, die anfing mit dem Auszug aus Ägypten, lebt der Sohn und die Jungfrau eine kurze Zeit in dem Lande Ägypten. — An die Stelle der Isis und des Kindes Horus tritt die Jungfrau mit dem Gottes-Sohn, wie die Lösung jener großen Tragik, welche, als Hinweis auf den früheren Fall der Engel im dritten Schöpfungsraum, in der Osiris-Isis-Horus-Legende dargestellt wird.
Gleichwie sich das Wesen des Heiligen Geistes zum erstenmal unmittelbar der Jungfrau Maria kundgibt bei der Verkündigung durch den Erzengel Gabriel, so offenbart sich der Sohn unmittelbar durch den Knaben Jesus, als er im zwölften Jahre seines Lebens in dem Tempel zu den Priestern und Schriftgelehrten redet. Jene übernatürliche Erklärung der Heiligen Schriften, jene göttliche Wahrheit, durch Ihn weisheitsvoll ausgesprochen, ist das Wesen des Sohnes, das Wort selbst, das zu den Priestern redet. Wenn auch die gelehrten Priester dem Knaben nicht die Anbetung und Opferung bringen, wie es die drei weisen Könige einstmals dem Kinde taten, so bleibt doch der Knabe auch für sie eine Veranlassung zu Ehrfurcht und heiligem Staunen, denn auch sie wissen, daß zum erstenmale solche Weisheit, solch göttliche Wahrheit, ausgesprochen wird, und daß alles frühere Wissen und Erkennen der göttlichen Wahrheiten nur ein Abbild darstellt von dem, was durch den zwölfjährigen Knaben gegeben wird.
Zwei Angesichte der Trinität haben sich unmittelbar geoffenbart: das Angesicht des Heiligen Geistes und das des Sohnes. Das Angesicht des Vaters offenbart sich dann, als der Knabe Jesus zum Menschen Jesus herangereift ist und im dreißigsten Lebensjahre die Taufe durch Johannes den Täufer empfängt.
Als letzter aus der Reihe der Propheten des GottesVolkes — jener unmittelbaren Diener Gottes, durch welche Er zum Volke sprach — steht Johannes der Täufer da, von vielen verehrt, von einzelnen angesehen als der wiedererschienene Prophet Elias.
Als das verkörperte Wort, der Sohn, in der Gestalt des Menschen Jesus zu dem letzten der Propheten tritt, da spricht durch den Johannes der Gott, der das hebräische Volk zu seiner Mission geführt hat, und Johannes erkennt den Sohn als die Erfüllung dessen, was durch die Propheten und durch ihn selbst, den letzten der Propheten, nur vorbereitet werden
konnte. Er, als letzter der Propheten, gibt das Zeugnis seines Wissens, als er spricht: „Dieser war es, von dem ich gesagt habe: „Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen; denn Er war eher denn ich" (Joh. 1, 15) und als er, Jesum schauend, sagt: „Siehe das Gottes-Lamm, welches der Welt Sünde trägt" (Joh. 1, 29).    
Gleichwie die drei Könige und die Priester Ihn anerkannt haben, so auch neigt sich der letzte der Propheten vor dem Sohn; auch er weiß, daß nun ein neues Reich anbricht für die Erde, daß das Himmelreich auf die Erde gekommen ist.
Der letzte der Propheten ist der Vorläufer Christi auf Erden. Gleichwie der große Erzengel Michael der Vorläufer des Sohnes im Himmel ist, indem er das Reich des Sohnes dadurch vorbereitet, daß er seine Kräfte in die Erdentwicklung einstrahlen läßt und immerzu Lucifer bekämpft, so ist der Vorläufer Christi auf Erden ein irdisches Abbild des großen Erzengels, in welchem das Wesen Michaels gespiegelt wird. Es ist Johannes der Täufer der wahre Mensch, derjenige, der den Typus des wahren Menschen in sich trägt, so wie dieser sich darstellt ohne Lucifers Einfluß in dem Wesen des großen Erzengels Michael. Als solcher ist Johannes der Täufer mit den Kräften der Constellation des Wassermanns verbunden; er selber ist der Mann, der das Wasser der Reinigung der Menschheit spendet durch die heilige Taufe mit dem Jordanwasser, das, durch seine Kraft gesegnet, den Sinn der Menschen ändern kann.
Der besondere Tod des Johannes des Täufers zeigt, wie Lucifer auf der Erde selber wirkt. Durch die List der weiblichen Schlange, die mit ihren Kräften die Sinne des Königs Herodes bestrickt hat, wird die Enthauptung des Propheten bewirkt. Salome mit ihrem Tanz ist das Mittel, welches Lucifer dient, um seine Rache zu vollführen an dem, der in sich das Wesen spiegelt seines großen Gegners Michael, durch den im makrokosmischen Aspecte die weibliche Schlange überwunden worden ist.
Als das Wort in der Gestalt des Menschen Jesus zu Johannes dem Täufer tritt, um die Taufe an sich geschehen zu lassen, da spricht der Gott des hebräischen Volkes in dem letzten der Propheten, als dieser das Wesen des Sohnes erkennt. Bei Vollziehung der Taufe tritt der Moment ein, wo zum erstenmale das Angesicht des Vaters aus der Trinität unmittelbar offenbart wird; da öffnen sich die Himmel, der Heilige Geist läßt sich hernieder auf den Sohn in der Gestalt der weißen Taube, und die Stimme des Vaters selbst wird vernommen, so wie Er spricht zu seinem Sohne. Die heilige Trinität in Ihrer Einheit offenbart sich in diesem Momente zum erstenmale auf Erden; von da an ist der Sohn derjenige, auf welchem die Kräfte der Trinität einheitlich ruhen. Das Angesicht des Sohnes der Erde zugewandt, gleichwie es in den himmlischen Regionen der Fall ist, schreitet der Gott-Mensch Jesus auf Erden weiter. Es beginnt nach der Johannes-Taufe, als auch das Angesicht des Vaters auf Ihm geruht hat, Seine öffentliche Lehre, durch welche Ihn die Menschheit erkennen lernen soll, gleichwie die Könige, die Priester und die Propheten, als die früheren Führer der Menschheit, es ehedem taten. Denn, wie die drei Typen — der des Priesters, des Königs und des Propheten — sich in dem Gott-Menschen zur Einheit zusammenschließen, will der Sohn die ganze Erdenmenschheit in sich aufnehmen, damit sie einheitlich erlöst werde aus den Fesseln Lucifers.
Dem König der Finsternis war es nicht verborgen geblieben, daß der Mensch Jesus eine Kraft in sich trug, die überall und immerzu das Reich der Finsternis bedrohte und Lucifer selbst entgegenwirkte. Lucifer fühlte in Ihm das Wesen des Mittlers, das ihm wohl bekannt geworden war, da es in den verschiedenen  Regionen  unter  den  verführten  Fürstentümern,  Erzengeln und Engeln schon gewirkt hatte und nun auch im vierten Schöpfungsraum unter den verführten Menschen lebte. So konnte Lucifer von dem Wesen des Mittlers etwas erfassen, wenngleich auch nur in zerbrochener Weise. Das Wesen der Trinität, das sich mit dem Mittler direkt verbunden hatte, als das Angesicht des Sohnes aus der Trinität sich der Himmelsrose zuwandte, war für Lucifer gänzlich unverständlich geblieben. Höchstens konnte Lucifer sich so zurückerinnern in der Zeit, daß in ihm eine Gedankenform auftauchte, die dem Wesen der Himmelsrose entsprach in ihrem dreifachen Aspect, welches nur ein Abbild der Trinität darstellte, so wie Lucifer die Himmelsrose vor seinem Fall gekannt hatte.
Weil Christus in das Reich eingetreten war, worin Lucifer herrschte, indem Er sich als Mensch Jesus mit einer irdischen Form umkleidet hatte, konnte auch Lucifer zu Ihm treten und Ihm zureden. Als dann nach der Taufe die volle Kraft der göttlichen Trinität sich auf den Gottessohn Christus herniedergesenkt hatte — als der Gott-Mensch sich in die Wüste in Einsamkeit begibt, und diese Kraft sich in Ihm völlig entfaltet zur weiteren
Offenbarung auf Erden — da tritt an Ihn der Widersacher, Lucifer, heran und redet Ihm zu. Die dreifache Kraft, welche er in dem Gott-Menschen fühlt, will Lucifer in seinen Dienst gestellt sehen. So bittet er denn Christus, aus dem, was nach dem Fall des Menschen sich zum festen Reiche der Mineralien verdichtet hat — aus den Steinen — jene Nahrung herzustellen, durch  welche die Bedürfnisse der irdischen Menschenform befriedigt werden: das Brot. Nicht aber um die irdische Form zu ernähren und zu pflegen, ist der  Gottes-Sohn auf Erden gekommen, sondern um dem geistigen Menschen himmlische Nahrung zu bringen; und so antwortet Er: „Nicht von Brot allein lebt der Mensch, sondern von einem jeglichen Wort, das aus dem Mund Gottes kommt."
Zum zweitenmale tritt der Widersacher heran und bittet den Gott-Menschen, sich von der Zinne des Tempels der Heiligen Stadt hinunterzustürzen, damit sich die Wahrheit zeige von dem, was geschrieben steht: „Die Engel sollen ihn tragen." Einstmals stürzte sich Lucifer selber von der Höhe der himmlischen Regionen hinunter in die Finsternis; so bittet er den Gott-Menschen, seinen Fall nachzuahmen, so wie es der Mensch getan hatte. Das drittemal zeigt Lucifer dem Gottmenschen sein ganzes Reich, nicht nur die Erde, sondern alle Regionen, die dazu gehören, und will das ganze Reich Ihm geben, wenn der Gott-Mensch sich vor Lucifer neigen und ihn anbeten will. Christus aber verweist auf den wahren Gott, und so muß Lucifer zurücktreten.
Von da an beginnt Christus seine Lehren der Menschheit zu geben und
ihre Krankheiten mit seiner göttlichen Kraft zu heilen. Aus den einfachsten unter den Menschen erwählt er sich seine zwölf Jünger, die gleichsam eine Peripherie bilden, in die Er als Centrum Sein Wesen ergießen kann. Rein und einfältig sind die Zwölf, welche Ihn umringen, und ein jeder von ihnen strahlt die Lehre und die göttliche Kraft des verkörperten Wortes auf eine bestimmte Weise zurück. Die Zwölfe sind der reine seelische und menschliche Spiegel, in dem sich das Wesen des Gott-Menschen abbildet. Dadurch erhalten diese Zwölf in sich die göttliche Kraft Christi und können auch sie lehren und heilen.
Immer klarer und kraftvoller läßt der Gott-Mensch Sein Wesen in den reinen seelischen und menschlichen Spiegel hineinstrahlen und die Zwölfe, die das seelische Weisheitsprinzip in sich tragen, werden dadurch immer empfänglicher für das Wesen des Heiligen Geistes, das mit diesem Prinzip verbunden ist.
Sowie zunächst die Zwölfe der Spiegel sind, in dem das Wesen des Gott-Menschen sich unmittelbar offenbaren kann, so will Christus seine Kräfte in die ganze Menschheit einstrahlen, auf daß auch sie das reine Abbild Seines Wesens in sich erhalte und es dann mittels ihrer eigenen Seelenkräfte zurückstrahlen könne. Jenes zerbrochene seelische Element, das durch Lucifer hervorgerufen wurde als das Gegenbild des väterlichen Willensprinzips im Eigenwillen, als das Gegenbild der Liebe des Sohnes im Eigenfühlen und als das Gegenbild der Weisheit der Lichtjungfrau im Eigenwissen, wird durch die dreifache göttliche Kraft, die in dem Gott-Menschen lebt, zum Vorbild zurückgeführt überall da, wo die Menschheit das Wesen Christi in sich aufnehmen will.
Das Wesen Christi in sich aufnehmen kann die Menschheit nur durch Glauben, denn wenn sie glaubt, so stellt sie sich, gleich einem reinen Seelenspiegel, in welchem Er sein Wesen offenbaren kann, dem Gott-Menschen gegenüber. Dann werden auch Seine Kräfte, gleichwie im Abbild, zurückgestrahlt. Es werden alle Krankheiten, welche in der irdischen und in der seelischen Hülle des Menschen auftreten weil in ihnen Lucifer wirkt, dann geheilt. Der erste Tod, der der irdischen Form, wird durch die Kraft des Gott-Menschen sichtbar besiegt, da die Toten durch Ihn auferweckt werden, gleichwie Er auch der Menschheit für den zweiten Tod Heilung bringt. Denn der geistige Kern im Menschen wird mit Seinen Kräften erfüllt und bildet den Anknüpfungpunkt zwischen dem Erdenmenschen und dem Urbild des himlischen Menschen. Durchstrahlt mit den dreifachen Kräften des Gott-Menschen, auf dem das Wesen der Trinität ruht, wird das Bündnis zwischen Erden-Mensch und himmlischem Urbilde möglich; doch kann sich dieses nur durch die Vermittlung Christi vollziehen im Herzen des Sohnes, denn Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben; durch Ihn nur kann der Mensch zu Gott kommen.
Es wandelt Christus während dreiunddreißig Jahren auf der Erde umher und die dreifaltige Kraft Gottes strahlt durch den Sohn in die Menschheit ein, bis die Zeit erfüllt ist, da der Gott-Mensch alle Sünden der Welt auf sich genommen Bat, welche von der Menschheit allmählich abgeleitet und ihr entzogen werden und nun in ihrer ganzen Größe, Last und Schuld auf Ihm allein ruhen. Dann ist die Zeit gekommen, wo Christus nicht nur im geistigen, sondern auch im physischen Sinne sich der Menschheit opfert als das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt.
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Opferung Christi                  
Kapitel V.

Der Opferung des Lammes Gottes für die Menschheit geht voran das Abendmahl, das Christus mit den Zwölfen als Ostermahl hält. Da opfert Er sich den zwölf Aposteln, indem Er durch die Verwandlung von Brot und Wein sie an Seinem Leibe und an Seinem Blute teilnehmen läßt. Durch die Fußwaschung wird ihnen die Reinigung gegeben, durch die sie inniger mit dem Gottes-Sohn verbunden werden. Denn die Fußsohlen — jene Teile des menschlichen Körpers, die ihn insbesondere mit der Oberfläche der Erde verbinden und die fast fortwährend dem Centrum der Erde, oder dem Herzen Lucifers zugewandt bleiben, — werden dann durch die milde Hand Christi vom irdischen Staub gereinigt, als Er sich in Demut so im Dienste seiner Jünger betätigt. Gleichwie der Leib und das Blut Christi als unvergleichliches Vermächtnis an die ganze Menschheit die Jünger bleibend durchdringt von dem Augenblick an, da sie Ihn in sich aufnahmen, so auch bleibt die reinigende Hand Christi wie eine Kraft, die sich zwischen ihren Fußsohlen und der Erdoberfläche schützend bewegt, wenn sie über die Erde schreiten.
Kein schmerzvolles Opfer ist diese Gabe Christi an seine Jünger, denn sie wird in Liebe gegeben und mit Liebe empfangen. Doch wird auch da der Kreis der Zwölfe zerbrochen durch die Gewalt Lucifers, indem er einen von den Zwölfen an sich reißt. Denn seitdem Lucifer aus den himmlischen Regionen herunterstürzte, hat er die Macht behalten, in jede Peripherie so einzuwirken, daß eine Spaltung in ihr auftreten kann. Es war der Judas das geeignete Werkzeug, dessen Lucifer sich hierzu bedienen konnte. Wäre es aber nicht der Wille des Gottes-Sohnes gewesen, daß es also geschehen solle, so wäre Lucifers Macht nicht dazu imstande gewesen, jenen zwölffachem Umkreis zu zerbrechen. Weil Christus gekommen war um sich der Menschheit zu opfern und die Zeit der Opferung seines physischen Leibes heranrückte, so sollte Er aus dem kleinen Kreis seiner Jünger heraustreten und die ganze Menschheit zu seiner Peripherie machen, aufdaß in ihr das Wesen seines Opfers sich widerspiegeln könne und das Abbild davon in ihr aufbewahrt bleibe, solange die Erde besteht.
Als der Menschensohn Sich Seinen Jüngern geopfert hatte, indem Er ihnen Seinen Leib zur Speise und Sein Blut zum Tranke hingab, nahte der Moment zur Vorbereitung der Opferung für die Menschheit. Diese Opferung sollte zunächst für jenes Volk geschehen, in dessen Mitte sich das Wort verkörperte; das Volk, welches durch den einen Gott vermittelst der Propheten geführt, die Mission hatte, die Verkörperung des Gottes-Sohnes vorzubereiten, sollte auch die Opferung des Leibes und des Blutes Christi anschauen und das Wesen jenes Opfers widerspiegeln. Gleichwie das Opfer von den Jüngern in Liebe empfangen war, so sollte auch das Volk, zu dem der Mensch Jesus gehörte, Christi Opfer in Liebe entgegennehmen. Das Volk der Hebräer hatte aber schon gezeigt, daß es nicht einheitlich war in Bezug auf das Verständnis für das Wesen und die Lehren Christi. Insbe sondere waren es jene, welche falsche Priester des Volkes darstellten, als das Gegenbild des wahren priesterlichen Typus, die sich als Gegner aufwarfen und schließlich die wahren Diener Lucifers wurden.
Nicht aus dem Volke der Hebräer sollten diejenigen sein, die sich bei der Opferung Christi betätigten. In dem Volk der Hebräer, zunächst aber nicht durch dieses Volk sollte das Opfer geschehen. Als das Volk aber selbst das Opfer verlangte und sich dabei betätigte, hat sich die Hand Gottes schwer auf dasselbe gelegt. Jenes Volk, das vorher das auserkorene Volk Gottes gewesen ist, welchem Gott immer bereitwillig Verzeihung schenkte, wenn es sich nach vielerlei Sünden bekehren wollte, hat dann den Fluch Gottes auf sich geladen. Wie Staub vom Winde auseinander gejagt, wandert es seit dieser Zeit auf Erden, ohne Heimat, ruhelos wie Ahasver ; denn das Zeichen Kains, des Brudermörders, trägt es auf der Stirne, bis die Hand Gottes dieses abwischen wird.
So mußte denn die Opferung des Leibes und des Blutes Christi eine schmerzvolle sein, weil sie wohl in Liebe gegeben, aber nicht mit Liebe empfangen werden konnte. Verständnislosigkeit des Volkes machte es zu willigen Dienern Lucifers, und es wurde mit Gewalt genommen, was als Gabe sollte gegeben sein. Dadurch wurde diese freiwillige Gabe des Leibes und des Blutes Christi zu einem gewaltsamen Mord des hebräischen Volkes. Wäre durch die Römer, welche Heiden waren, dieser Mord geschehen, ohne Zutun der Hebräer, so wäre das Opfer Christi gleichwie eine Gabe den Hebräern zugekommen; die Hebräer aber taten das, was sie früher schon zu Moses Zeiten getan hatten: sie verbanden sich mit den Heiden und widersetzten sich so dem Willen des wahren Gottes, der sie führte und schützte. So auch überlieferten die Hebräer den Menschensohn, der aus ihrem eigenen Volke stammte, den Römern.
Als Christus seinen Leib und sein Blut den Jüngern bei dem Abendmahl hingereicht hatte, rückte die Zeit der großen Opferung für die Menschheit immer näher. Der Gottmensch begab sich nach Gethsemane auf den öl-berg, zur Vorbereitung für das Opfer. Gleichwie Christus Brot und Wein nahm, diese durch sein Wesen verwandelte in Seinen Leib und Sein Blut und den Jüngern reichte, so auch sollte nun der Menschensohn Seinen eigenen Leib und Sein Blut wie das Brot brechen, wie den Wein fließen lassen und es dann der Menschheit reichen. Dazu war notwendig, daß der Gottes-Sohn sich aus dem Menschen Jesus so zurückzog, daß der Körper Jesu für ihn gleichwie ein äußerer Gegenstand wurde, wie das Brot beim Abendmahl, welches durch die Hand Christi gebrochen und ausgeteilt worden war. In der Höhle zu Gethsemane wurde jener furchtbare Streit, der durch diese Trennung entstand, durchgekämpft, denn es blieb der Mensch Jesus dann zurück, von der Kraft des Gottes-Sohnes verlassen, auf sich tragend alles Leid und alle Sünden der Erde, die sich seit dem Fall des Menschen aus dem Paradiese angehäuft hatten.
Gleichwie in dem ersten Menschen Adam die Erbsünde ihren Anfang genommen hat, so auch konnte diese Ursünde nur durch einen einzigen Menschen getilgt werden. Dieser Eine, der die Gewalt und Wucht der Sünde für die ganze Menschheit auslösen wollte, hatte dies dadurch in seiner Macht, weil er selber frei von allen Sünden war.
Der Gottes-Sohn zog sich mehr in das Wesen der göttlichen Trinität zurück und wandte sein Antlitz gewissermaßen von dem Menschen Jesus ab. Da trat der Moment ein, wo der Widersacher in den mannigfaltigsten Gestalten und auf die verschiedenartigste Weise an den Menschen Jesus herantreten konnte. Da Jesus, als Mensch, in freiwilliger Knechtgestalt die Form des irdischen Menschen trug, so wie diese durch Lucifers Einfluß einstmals entstellt wurde, konnte Lucifer dem Menschen Jesus fühlen lassen, wie in jedem Glied der menschlichen Form, auf verschiedene Art, seine Kräfte wirken. Auch die seelischen Kräfte, die zur irdischen Form Beziehung haben und als Eigenwille, Eigenfühlen und Eigenwissen dem göttlichen Willen, der göttlichen Liebe und Weisheit durch Lucifer entgegengestellt sind, wurden durch den Widersacher wie ebensoviele Waffen ausgenützt, um den Menschen Jesus zu bekämpfen, als er sich zum Sühnopfer der Menschheit geben wollte. Nicht nur die verdorbenen seelischen Kräfte, die zur irdischen Menschenform gehören, sondern alle Sünden, welche, durch sie veranlaßt, von der Menschheit begangen waren seit dem Sündenfall, sollten durch die Kraft des Menschen Jesus ausgelöst und umgewandelt werden in die dreifache Geistes-Kraft, die der Mensch, als Abbild Gottes, in sich tragen kann.
Über sich das Wesen der göttlichen Trinität, unter sich und u m sich herum alle Schrecken und Sünden der Welt mit Lucifer als ihrem Urheber, wurde der größte Kampf auf Erden gestritten, durch göttliche Liebe veranlaßt, in göttlicher Weisheit geführt, und mit göttlichem Willen unternommen. Daß der Mensch Jesus in diesem Kampfe Sieger geblieben ist, wird insbesondere hervorgehoben mit den Worten: „Vater, nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe". Damit ist das Prinzip des Eigenwillens, das sich im Menschenreich speziell auslebt — gleichwie im Tierreich das Eigenfühlen, im Pflanzenreich das Eigenwissen — zerbrochen und in das göttliche Willensprinzip verwandelt worden. Im Menschenreich ändern sich dann gleichfalls, als Folge davon, die beiden schwächer wirkenden Prinzipien des Eigenfühlens und des Eigenwissens. Da wo die Kraft Lucifers in der menschlichen Form insbesondere stark wirkt: im Blute, wird das Blut durch den Kampf des Menschen Jesus für die irdische Menschheit so verwandelt, daß es zu einem reinen Saft wird, in dem, statt Lucifer, das Wesen des Heiligen Geistes wirkt.
Einstmals konnte Lucifer die menschliche Form zerbrechen und in ihr das Blut verdichten zum Gegenbild dessen, was im himmlischen Urbild des wahren Menschen der lebendige Odem und das Leben Gottes ist, das vom Herzen des Vaters — als Urcentrum der Himmelsrose — ausgehend und in Ihn wiederkehrend durch den himmlischen Menschen miterlebt wird. Derjenige, der den Fall des Menschen wieder gutmacht, an dem Er selber keinen Anteil hat, sollte die vollkommene Verwandlung des leiblichen Blutes in die ursprüngliche geistige Lebenskraft als Mensch vollbringen. Daher hat auf Gethsemane der Erlöser der Menschheit bei Seinem Kampfe für die Auslösung der Sünden der Welt, Sein Blut ausschwitzen müssen, gleichwie es später, zu wahrer Lebenskraft verwandelt, am Kreuze fließen sollte.
Von einem aus den Zwölfen dem Volke der Hebräer, welches durch die Priester aufgehetzt worden war, überliefert, wird der Gott-Mensch Jesus Christus zur Opferung hingeführt. Gebrochen wie das Brot wird der Leib des Erlösers; sein Blut fließt wie der Wein, den Jüngern beim Ostermahl hingereicht. Gehöhnt, gemartert und geschlagen wie der Elendeste unter allen Menschen auf Erden, läßt sich der König der Himmel demütig zum Kreuzestod führen, damit die Menschheit nicht dem geistigen Tode entgegenschreite. Zur selben Zeit, als sich auf Erden inmitten der Griechen ein Kultus entwickelte mit alldem, was die irdische vergängliche Form des Menschen betrifft — samt den durch Kunst in Form gebrachten seelischen Kräften, die zu dem irdischen Körper des Menschen gehören als Eigenwillen, Eigenfühlen und Eigenwissen — wird durch den Gott-Menschen der Leib und das Blut wie Brot gebrochen und wie Wein gespendet.
Im Gegensatz zum Kultus der irdisch-menschlichen Form und aller seelischen Kräfte, die damit verbunden und deshalb von Lucifer verdorben sind, hat der Gott-Mensch sich den Körper geißeln und zerreißen lassen und so die Zeichen des Elendes und der Vergänglichkeit der Form, auch in Bezug auf ihren äußeren Anblick, der Menschheit vorgehalten. Verspottet und gehöhnt, in Blöße und Elend dastehend, aller irdischen Schönheit beraubt, in himmlischer wahrer Schönheit strahlend, bildet er das ewige Ideal und zeigt den Weg, welchen der irdische Mensch zu gehen hat, wenn er das ewige Leben erlangen will. Dem Willen des Vaters gleichwie dem des Sohnes gemäß betritt der Mensch Jesus den Leidensweg, der auf Gethsemane seinen Anfang nimmt.
Als Jesus vor den Römer Pilatus geführt wird, auf daß die Anklage gegen ihn gerechtfertigt werde, zeigt sich in dem Stillschweigen Jesu gegenüber Seinem Richter, daß das, was in der römischen Kultur als Recht entwickelt worden ist, vor ihm nicht gelten kann. Er schweigt und läßt auch hier den Willen des Vaters geschehen. So wird er hingeführt zur Geißelung und dann auf das Drängen des hebräischen Volkes, das durch seine Priester aufgehetzt worden war, zur Kreuzigung. Dem Willen des Volkes gemäß, wird Barabbas freigegeben; es haben die Hebräer sich damit vom Gott-Menschen abgewandt und sich dem Typus des Barabbas-Menschen zugekehrt, da sie ihn selber erwählt haben.
So wird die „Via Dolorosa" zum Calvarien-Berg betreten und das nicht verstandene Opfer, aus göttlicher Liebe gebracht, mit Hohn, Spott und Grausamkeit entgegengenommen von jenen, die diese Opferung mit Liebe und Ehrfurcht widerspiegeln sollten in ihren Seelen. Doch auch aus dem Volke, das den Gott-Menschen kreuzigte, sind einige Getreuen hervorgegangen (die Jünger nicht mitgerechnet) die sein Wesen in ihre Seelen aufnahmen und dann später von ihm Zeugnis gaben.
Der Mensch, der als Jungfrau Maria die erste Verkündigung der Botschaft aus dem Engelreiche entgegennahm und, verbunden mit dem Wesen der Lichtjungfrau, als Gottes-Mutter den Gottmenschen auf seinem Gang auf Erden mit innersten Seelenkräften überallhin begleitete, war auch ein Sprößling des hebräischen Volkes. Die Widerspiegelung des Wesens des Gottes-Sohnes in dem Wesen der Lichtjungfrau und die Spiegelung des Gott-Menschen in der Seele der jungfräulichen Gottes-Mutter einten sich auf Erden in ein Mit-Erleben Marias eines jeden Leides, jeden Kampfes, auch jeder Glorie Jesu in der Seele. Auch sie duldet den Kampf in Gethsemane seelisch mit, auch für sie ist die „Via Dolorosa" eine seelische und physische Tatsache, und so steht sie unter dem Kreuze und in ihrer Seele spiegeln sich. alle Leiden Jesu, wie im Abbild. Die göttliche Liebe, die das Opfer veranlaßt und den glorreichen Sieg über den Tod für die Menschheit errungen hat, findet auch in der Seele Marias ihren Nachklang, denn sie nimmt an der Opferung teil, da in ihrer Seele dieses Opfer mitdargebracht wird.
So war die „Via Dolorosa" zum Calvarienberg der letzte Gang auf Erden für Ihn, der als Einfachster, Demütigster unter den Menschen wandelte. Still, schweigsam war Er Seines Weges gegangen, während Er auf Erden lebte; Seine heiligen Fußsohlen berührten die Erde, und jeder Seiner Schritte war wie ein Segen. Seine jungfräuliche Mutter kannte Ihn; die Menschen aber wußten von nichts, bis zur Zeit, da Er zu ihnen sprach von dem Reiche der Himmel, von ihrer Heimat, die auch Seine Heimat war; bis Er ihre Leiden heilte und ihre Sünden auf sich nahm.
Die himmlischen Wesen, auch die Engel, hatten Ihn anerkannt als den Gottes-Sohn; nur die Menschen hatten so gänzlich ihre wahre Herkunft vergessen, daß sie nicht den erhabenen himmlischen Wanderer erkannten, der als Bote Gottes zu ihnen kam. Die hierarchischen Reihen hatten Ihn bei Seinem Durchgang durch ihre Regionen eingeholt und hingebungsvoll begleitet bis an die Grenze der nächstniedrigen Region. So hatte Gabriel, als Bote aus dem Engelreiche, den Gottes-Sohn angekündigt im Menschenreich. Hier aber wurde dieser zunächst nur von einzelnen erkannt und durch Unwissenheit und Bosheit von der Menge aus ihrer Region vertrieben mit dem Kreuzestod. Es begleitete Ihn auch da diejenige, die der höheren Region, der Engel, am nächsten war, diejenige, die ihn auch hineingetragen hatte in das Reich der Menschen. So stand, begleitet von einigen der Besten unter den Menschen, die Mutter Jesu am Kreuze und lebte seelisch Sein Hinübertreten aus dem Menschenreiche in das Jenseits des Todes mit.
Der Leib Jesu war wie das Brot geopfert worden, und mit dem Leiden, welches an diesem Leibe geschah, wurde durch den Gottmenschen den verschiedenen Gliedern des irdischen Menschenleibes eine andere Bedeutung gegeben, als sie vorher hatten, da sie unmittelbar unter Lucifers Gewalt waren. Das durch den Fall zerbrochene und auseinandergerissene Zerrbild der ursprünglichen Form des paradiesischen Menschen erhielt durch das, was der Gott-Mensch freiwillig an Seiner irdischen Form durch die Geißelung, Dornenkrönung und den Kreuzestod erlitt, den ursprünglichen Typus wiederum eingeprägt. Gleichsam ein Abbild des paradiesischen Menschen wurde in die irdische Form hineingebracht, wie der Typus des wahren lebendigen Menschen, der den schon dahinsterbenden Menschentypus für die Zukunft ersetzen soll. Die blutige Geißelung des Leibes, die blutige Dornenkrönung des Kopfes weisen hin auf die notwendige Auslösung dessen, was Lucifer innerlich und äußerlich an der irdischen Menschenform verdorben hat, und was die Erdenmenschheit dann, vermittelst jener Form, an Sünden auf sich geladen hat. Christus wollte die irdische Menschenform nicht nur erlösen und befreien von dem unmittelbaren Einfluß Lucifers, sondern Er wollte die erlöste Form aus dem Reiche des Vergänglichen in das Reich der Ewigkeit hinüberführen. An jener irdischen Form, die Er selber trug, wollte der Gott-Mensch zunächst das vollbringen, was sich dann weiter für die ganze Menschheit ergeben sollte.
Im dualistischen Kosmos, wo die Zeit herrscht, kann das, was sich offenbart, nur in der Zeit nacheinander erscheinen. In der Region des Fixsternhimmels, in der das Zeitliche zwar anfängt sich geltend zu machen, in der es aber noch nicht herrscht, ist die Zwölfzahl die Grundzahl, weil die Offenbarung noch im Raume nebeneinander d. h. gleichzeitig geschieht. In der ersten kosmischen Region wird dadurch, daß sich alles in der Zeit nach einander offenbart, statt im Raume nebeneinander und gleichzeitig, die Zahl Zwölf in zerbrochener Weise gespiegelt. Sie zerteilt sich so, daß die Zahl Sieben dann die Grundzahl aller Offenbarung wird, wobei sich dann ein Fünffaches ausschließt, welches zwar da ist wie im Raume, daß sich aber nicht in Einheit mit den Sieben offenbaren kann, weil das Gesetz der Zeit es von der Sieben zahl abtrennt.
Die irdische Form des Menschen ist auch nach dieser Siebenzahl aufgebaut worden und zwar auf solche Weise, daß der irdische Leib die vier Kräfte der Elemente in sich trägt und die seelischen Kräfte, die zur irdischen Hülle Beziehung haben; denn die seelische Hülle des Menschen besteht aus den drei Kräften des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens. Verbunden mit der irdischen Form ist die Wahrnehmung von all dem, was sich außerhalb dieser Form als Umwelt im Raume befindet. Diese Wahrnehmung geschieht vermittels der Tätigkeit der fünf Sinnesorgane, welche halb physisch, halb seelisch in ihrer Wirkung, innerhalb des menschlichen Körpers vorsichgeht, indem sich der Mensch mit seiner Umwelt in Verbindung setzt. So besteht im Reiche des Zeitlichen ein siebenfaches Geoffenbartes, welches sich vermittelst einer fünffachen inneren Tätigkeit in Verbindung stellt mit der räumlich abgetrennten Umwelt, die aber gleichzeitig da ist.
Wie alles durch Lucifers Wirkung auf umgekehrte Weise entsteht, so ist auch hier das Verhältnis zwischen Raum und Zeit in umgekehrter Weise offenbar, indem der Mensch und seine von ihm im Raume abgetrennte Umwelt in Bezug auf das Zeitliche übereinstimmen und verbunden sind bei der Wirkung der fünf Sinnesorgane. Vermöge dieser Tätigkeit der Sinne konnte Lucifer seine Wirkungen auf den Menschen ausüben. Der geistige Kern des Menschen, lebend in der irdischen Hülle, ist auf diese Weise insbesondere dazu verführt worden, sich abhängig zu machen von seinen irdischen und seelischen Hüllen dadurch, daß er sich zu eng mit beiden verbunden hat. Der Mensch vergaß dann, daß diese Beziehung des irdischen Menschen mit seiner Umwelt vermittels der irdischen Sinne im Zeitlichen stattfindet, sodaß sie nicht bleibend sein kann, trotzdem in gewisser Weise das Siebenfache vermittels des Fünffachen scheinbar eine räumliche Einheit darstellt.
Der gekreuzigte Gott-Mensch will die irdische Menschenform, nachdem Er sie erlöst hat aus der unmittelbaren Wirkung Lucifers, hinüberführen in das Reich der Ewigkeit. Das, was sich als siebenfach darstellt im Reiche des Zeitlichen, sollte ein Fünffaches zugefügt erhalten, das sich im Reiche des Vergänglichen nicht offenbart und das aus dem Reiche der Vergänglichkeit hinausführt. Die fünffache Tätigkeit der Sinne, welche die irdische Form mit ihrer Umwelt verbindet und den geistigen Kern gefangen hält, sollte durch eine andere fünffache Kraft überwunden werden, die den Menschen, statt ihn zu binden an die Welt Lucifers, freimachen und hinaufheben kann in das Reich der Ewigkeit. Diese fünffache Kraft strömte, wie ein neues befreiendes Element, der Menschheit zu, als das Blut des Gott-Menschen aus den fünffachen Kreuzeswunden floß. Auf fünffache Weise strömten der Erdenmenschheit Ewigkeitskräfte zu, die von dem Momente an verbunden werden können mit den siebenfachen Kräften der zeitlichen Hüllen, die in dem Reiche der Zeit entstehen, da sind und vergehen. Dadurch, daß der Gott-Mensch seinen irdischen Leib auf solche Weise verleugnete, daß er ihn Gewalt erleiden ließ und dann dem Tode übergab, konnte er die wahren Gotteskräfte, die zum ursprünglichen Menschen gehört hatten, ehe er das Paradies verließ, wiederum mit der irdischen Menschenform verbinden. Nur durch Opferung und Abtötung der Kräfte, welche unter Lucifers Gewalt stehen, werden die göttlichen Kräfte erkämpft. Daher hat der Gott-Mensch auf Gethsemane im einsamen Seelenkampf für die Erdenmenschheit die Möglichkeit errungen, die durch Lucifer verdorbenen Kräfte des Eigenwillens, Eigenfühle n s und Eigenwissens umzuwandeln in die dreifache Kraft des göttlichen Willens, der göttlichen Liebe und der göttlichen Weisheit.
Jene luciferischen Wirkungen, die in der irdischen Form ihren Ausdruck finden, sollen am physischen Leibe selber erlöst werden. So verleugnet der Gott-Mensch seinen irdischen Leib und läßt an ihm all das geschehen, was in klarem Widerspruch steht zu dessen Pflege und Erhaltung. Es wird dann die irdische Form für die Menschheit verbunden mit den himmlischen Kräften, die ursprünglich zum Menschen im Paradiese gehörten, und von ihnen durchdrungen. Alles das, was der Gott-Mensch geistig-seelisch auf Gethsemane erlitten hat, kehrt zur Menschheit wieder als erleuchtende, geistige und seelische Gnadenkraft; alles, was der Gott-Mensch an seinem physischen Leib ertragen hat an Schmerzen, Leid und Kummer von der Gefangennahme bis zum Kreuzestod, wird der Menschheit in Bezug auf ihre irdische Form zum Heile, da die Form dadurch die Möglichkeit der Vergeistigung erhalten hat und verewigt werden kann, wenn all das, was zur Wirkung Lucifers gehört, an ihr getötet worden ist.
Hätte einstmals der Mensch im Paradiese auch von dem zweiten der verbotenen Bäume genommen, wie er es beim ersten Baum getan hat, so würde seine irdische Form, so wie sie durch Lucifer zum Zerrbild geworden war, auf Erden die Ewigkeitskräfte auf diese Weise erhalten haben, daß sie sich, während des langen Verlaufs der Erdentwicklung, stets erhalten hätte.
Der Gott-Mensch verbindet die Ewigkeitskräfte mit der irdischen Form auf solche Weise, daß diese Form, befreit von den Wirkungen Lucifers und geläutert von aller irdischen Materie, bei ihrem Austritt aus dem Reich des Zeitlichen eintreten kann in das Reich der wahren Ewigkeit. Sterbend im Reiche Lucifers, wird sie im Reiche Gottes auferweckt.
Nach der Kreuzigung Christi hat der irdische Menschenleib zwar äußerlich dieselbe Form behalten, jedoch ist in ihm hineinversenkt worden das wahre menschliche Urbild wie ein unsichtbares geistiges Gebilde. Der geistige Kern des Menschen, lebend in der irdischen und seelischen Hülle, ist dann verbunden mit dem unsichtbaren Urbilde und dadurch der Macht der Hüllen weniger ausgesetzt. Er wird sich aber dieses Urbildes nur bewußt, wenn er dem großen Beispiel des Gott-Menschen folgen und sich den himmlischen Kräften hingeben will auf Kosten derjenigen Kräfte, die zu seinen Hüllen gehören. Der irdische Mensch in ihm soll geopfert und getötet werden; er soll das seelische Gethsemane erleben, damit er auch den zweiten Tod auf Erden selber durchmacht. Dann erst erlebt der geistige Kern des Menschen die Vereinigung mit dem Urbilde, durch die er mit den himmlischen Regionen verbunden wird.
Im ersten Teil dieses Buches ist die Form beschrieben worden, welche der Mensch im Paradiese trug: wie drei leuchtende Kreise als Abbild der himmlischen Triade, verbunden mit dem Antlitz, das ein Abbild Michaels darstellt und mit den vier ursprünglichen Zerspaltungslinien, durch welche die vier Himmelsrichtungen entstanden sind, die das große Himmelskreuz formen. Das mit der Dornenkrone bedeckte Haupt Christi, die Wunden seines Leibes, der auf den Kreuzeslinien ruht und, nach den vier Himmelsrichtungen deutend, von der Erde erhoben wird, zeigen, um welchen Preis die Kräfte und die Form des menschlichen Urbildes der Erdenmenschheit, in irdischen Formen lebend, wiedergegeben worden sind. Mit jedem Tropfen Seines Blutes hat Er die Menschheit aus der Macht Lucifers befreit; die Menschen aber, welche dieses Opfer miterlebten, wußten nichts von der himmlischen Gabe, die von jenem Momente an der Menschheit bleiben sollte bis an das Ende der Erdentage.
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  Die Erlösung durch das Opfer Christi.                        

Kapitel VI.


Der Menschheit, als der Krone der Schöpfung auf Erden, wurde das Opfer Christi gebracht, aber auch für die ganze Erde hat dieses Opfer hohe Bedeutung. Der ganze Erdenkörper wurde auf gewaltige Weise durch den leiblichen Tod des Erlösers beeinflußt. Gleichwie in innerlicher Erschütterung bewegte sich der Erdenkörper und tat sich auf; zerrissen und zerspalten wurden die Stellen, welche nähere Beziehung hatten zu dem Orte der Kreuzigung; die Oberfläche änderte ihr Gesicht und erschien in einer neuen Form. Derjenige, der als Fürst der Finsternis im Innersten der Erde thront, erfuhr zum erstenmale die Macht und die Gewalt des Gottes-Sohnes, der das Wesen der Trinität in sich vereinte, bei Seiner Befreiung aus dem irdischen Menschenleibe. Durch den Kreuzestod strahlen die Kräfte Seines Wesens nun hinaus nach den vier Himmelsrichtungen, von der Erde, als kosmischem Centrum, durch alle Regionen dieses Reiches, bis in die Region des Fixsternhimmels hinein. Gleichwie in den höheren Regionen einstmals die Zerspaltungslinien aufgetreten waren durch den Fall Lucifers, so wurde dann das Reich, wo Lucifer wirkt, selbst mit der Kraft und Gewalt des Gottes-Sohnes zerspalten und durchdrungen. In Furcht und Zorn erbebte der Erdenkörper als das durch Lucifer belebte Centrum im Kosmos, und durch alle Regionen tönte der Widerhall jener Furcht. So wurde das Licht der Sonne getrübt, der Himmel verfinsterte sich, überall herrschte Angst und Schrecken, als der Menschensohn am Kreuze starb.
An dem Orte auf der Oberfläche der Erde gekreuzigt, welcher in unmittelbarer Beziehung steht zu dem Centrum der Erde, strahlt Christus einerseits die Kräfte Seines Wesens durch alle Regionen des kosmischen Reiches hinaus und andrerseits tritt Er, gleichwie individualisiert in dem menschlichen Urbilde, in jene drei Regionen ein, welche unterhalb der Erdoberfläche sind. Da tritt Er Lucifer im Innersten seines Reiches entgegen, erlösend jene Seelen, welche da hineingezogen wurden, jedoch für Rettung zugänglich sind.
Bis in die letzte Region, in das Herz Lucifers, geht Christus hinein, erlösend und befreiend, wo Er kann, die Seelen, welche Ihn in diesen höllischen Regionen als den Erlöser erkennen. Die Kraft Lucifers wird dadurch gebrochen; im Herzen tief verwundet muß er sein Herzblut fließen lassen.
Von dem Momente an kann Lucifer zwar immer noch die menschlichen Seelen mit seiner Gewalt ergreifen und nach dem Tode in die unterirdischen Regionen hineinziehen, wenn sich dieselben während der Zeit, die sie auf Erden lebten, gänzlich in seinen Dienst gestellt haben. Doch kann die Seele gegen ihren Willen nicht mehr festgehalten werden, denn die Tore der Hölle sind zerbrochen durch den Gang Christi und neben den Weg, der zur Hölle hineinführt, ist für die Seele ein neuer Weg gelegt worden, der sie wiederum hinaufführen kann. Eine unmittelbare Verbindung, gleich einer Stufenleiter, ist durch den Erlöser hergestellt worden zwischen den niederen und den höheren Regionen. Dieser Weg, durch das Fegefeuer gehend, wird die Seele dann allmählich wiederum hinaufführen zur Erlösung.
Die Wunde, dem Herzen Lucifers geschlagen durch die Macht und Gewalt des Gottes-Sohnes, ist gleichwie ein neues Centrum im Erdencentrum selber. Ein furchtbares Leiden ist damit Lucifer zugefügt, wie der Anfang einer immer weiter wirkenden Kraft, die wie ein feindliches Element seinem Wesen entgegengestellt ist. Das Wort Gottes ist ihm gleichwie ein feuriges Schwert in das Herz gedrungen, als Es in den drei Regionen der Hölle ertönte und diese mit Seinem Wesen durchlebte. Wie eine schmerzvolle Hindeutung ruft Es die Erinnerung wach an das, was einstmals war, als Lucifer, das erste Geschöpf Gottes, noch in den himmlischen Regionen lebte.
Der gekreuzigte Gott-Mensch ist für Lucifer gleichwie ein Vorwurf; die Linien des Kreuzes zeigen ihm, was er durch seinen Fall zerbrochen hat, was dann für ihn verloren ging, und wie durch Christus nunmehr seine Macht als Fürst dieser Welt durchbrochen worden ist, vom innersten Centrum aus bis zur äußersten Peripherie. So ist das Zeichen des Kreuzes und das Kruzifix, von jeher und von jener Zeit an, besonders für Lucifer und seine Diener ein Memento an den Fall Lucifers und seine Verwundung durch die Macht und das Opfer Christi.
Das Wort Gottes sollte nicht nur von der auf Erden lebenden Menschheit vernommen werden, sondern auch von denjenigen, die durch den Tod zwar als Menschen das Erdenleben verlassen hatten, aber statt hinaufzusteigen in die höheren Regionen, noch tiefer hinuntergesunken sind. So stieg das Wort hinunter in die Erde bis zum Mittelpunkte und tönte durch die Sphären der Gefallenen, welche da lebten. Nach der Kreuzigung verweilte Christus einen Tag in jeder der drei Regionen der Hölle. Dann erst wurde Er in Lichtform wiederum sichtbar für die, welche Ihm anhingen, während Er auf Erden unter den Menschen in menschlicher Gestalt gelebt hatte. Die, welche unter den Erdenmenschen gleichwie eine neue geistig-see-lisch-auferweckte Menschheit bildeten, in der das Wort lebendig geworden war, konnten Zeugen sein der Auferstehung Christi, des Sieges des Gott-Menschen über den Tod.
Die Evangelien verkünden, wie am dritten Tag nach dem Kreuzestod Jesu das Grab leer gefunden wurde. Das Matthäus-Evangelium beschreibt (Kap. 28, 1—8), wie ein großes Erdbeben geschah und der Engel des Herrn vom Himmel herabkam, den Stein von der Türe des Grabes hinwegwälzte und mit denjenigen redete, die gekommen waren, den Herrn zu suchen.
Dieser Engel des Herrn war derselbe, der als der Bote Gottes das he-bräische Volk durch die Wüste geführt hat und durch Moses geschaut wurde; es ist Michael, der, nachdem der Gott-Mensch den Tod besiegt hat, vom Himmel unmittelbar zur Erde hinuntersteigt und sein Reich nunmehr auf Erden gründen kann. So steht im Matthäus-Evangelium, wie der Engel des Herrn den Stein von der Türe des Grabes wälzte und sich darauf setzte. Nach diesem spricht er zu den Menschen, die gekommen waren, weil sie, geistig-seelisch durch das Wort erleuchtet, von der Auferstehung wußten. Zum erstenmale kann der große Erzengel Michael, als Diener Christi, einen Platz auf Erden einnehmen und zu den Menschen reden, da sein Herr ihm den Weg bahnte zur Erde, gleichwie er es seinem Herrn vorher tat, indem er von der Sonnenregion aus seine Kraft in die Erdentwicklung einfließen ließ und die Taten Lucifers von da aus bekämpfte. Und wiederum erbebt die Erde gleichwie beim Kreuzestod Jesu, wenn auch in geringerem Maße; das Centrum von Lucifers Reich erbebt in Furcht und Zorn, da Lucifer seinen Gegner Michael nunmehr auf Erden selber weiß.
Von dem Augenblick an, da der Gott-Mensch den Weg gegangen war durch die drei Regionen der Hölle und Lucifer durch die Gewalt des Wortes, gleichwie mit einem feurigen Schwerte, die Herzwunde geschlagen wurde, ist dem großen Erzengel die Macht gegeben, bis in das Herz Lucifers einzudringen und im Centrum der Erde die Kraft der Trinität, die von nun an dort als neues Centrum tätig ist, zu hüten und zu schützen gegen die sie umgebenden luciferischen Kräfte.
Gleichwie ein göttlicher Kern inmitten der absterbenden Umgebung, die ihn wie ein feindliches Element bekämpfen und ersticken will, ruht im Erdcentrum die Kraft der Trinität, im Wesen des Gott-Menschen concentriert und durch Michael geschützt.
Der auferstandene Gott-Mensch Christus offenbarte sich der von ihm geistig auferweckten Menschheit, indem Er sie durch Sein sichtbares Erscheinen und Wandeln in ihrer Mitte von der Wirklichkeit Seines Sieges über den Tod überzeugte. So war Er in dem unmittelbaren Umkreis der Erde, wie an ihrer Oberfläche, tätig, denn nicht nur erleuchtete Er immer mehr die Seelen, die sich zu Ihm bekannten und als Menschen auf Erden lebten, sondern Seine Kraft ergoß sich auch in die Sphären, welche die Erde direkt umgeben. Die Seelen, die schon den ersten Tod durchschritten hatten und vermittels ihrer seelischen Hülle an die Erde gebunden blieben, in deren unmittelbaren Umgebung sie des zweiten Todes harrten, wurden durch die Kraft Christi in Bezug auf ihren geistigen Kern so gestärkt und durchleuchtet, daß sie sich von der bedrängenden Hülle befreien konnten und den zweiten Tod wie ihre Erlösung durchmachten.
Als das Wort Gottes in dem Reiche der Lebendigen und Toten tönt und der Gottes-Sohn überall das Lösungswort gesprochen hatte, betrat Er den Weg, welcher Ihn durch die Reihen der Hierarchien wiederum zum Vater zurückführte. Gleichwie Er vom Vater gekommen war, ging Er wiederum zum Vater zurück. Die Erleuchteten, Auferweckten unter den Menschen, Seine Getreuen, sahen Ihn in den Himmel auffahren.
Es ging das Wort — als der Gott-Mensch — durch die hierarchischen Reihen hinauf bis zum Throne des Vaters und bildete die Brücke, welche vom Mittelpunkte der Erde aus hinaufführt bis zu dem Vater. Der Sohn, der seinen Ausgangspunkt aus der Trinität genommen hatte, kehrte wiederum in die Trinität zurück als der Sohn, der zugleich der Gott-Mensch Christus ist und die Trinität als Einheit in sich hat.
Es ist die Brücke zwischen Abgrund und Himmel gebildet worden, sodaß die tiefstgefallene Menschenseele vermöge dieser Leiter zurückkehren kann in die himmlischen Regionen, wenn sie es wahrhaftig will. Der Gott-Mensch hat den Weg gebahnt, das Wort Gottes tönte hinunter und klang wiederum hinauf und bildete auf seinem Weg eine lebendige leuchtende Stufenleiter, auf welcher die himmlischen Wesen auf- und niedergehen. Denn nicht nur für die Menschen war der Aufstieg zum Vater möglich geworden — es war auch nach dem Durchgang des Wortes für die hierarchischen Wesen, welche als Christi Legionen im Kosmos tätig sind, leichter geworden, hinaufzusteigen bis zum Throne Gottes und dann wiederum herabzusteigen zu den Menschen.
Auf das Wort Gottes, welches durch alle hierarchischen Reihen klang, konnte jede der Hierarchien antworten mit ihrem eigenen Ton. Als dann das Wort Gottes — nachdem Es als Christus in dem Menschenreiche gelebt hatte — mit neuer Herrlichkeit und Glorie, wie im Gott-Menschen concentriert, Seinen Rückweg nahm, da offenbarte sich die Allmacht der Trinität in dem Wesen des Gott-Menschen einheitlich durch alle Hierarchien hindurch, bis es sich mit der Himmelsrose vereinte, die vom Abbilde zum Urbild in der Trinität geworden war.
Das Wesen des Sohnes, der als Angesicht der Trinität mit Ihr eine Einheit bildet, hat gleich wie ein Stern Seine Bahn beschrieben durch das ganze Universum hindurch, und diese Bahn ist das Reich, in welchem Er von da an immer anwesend bleibt. Es  sprach  das lebendige  Wort,  der Sohn Gottes, zur Erdenmenschheit: „Ich bin bei Euch bis an das Ende der Welt".
So wie Er im Himmel zur Rechten des Vaters sitzt, so ist Er auch mit Seinen Legionen bei der Erde und bei der Menschheit; bis in das Herz Lucifers er streckt sich seine Macht.    •    *    *

Nachdem der Gott-Mensch Christus zum Himmel hinaufgefahren war, hat er, gleich einem Boten, den Tröster zu den Seinigen gesandt, von dem Er vor der Kreuzigung zu den Zwölfen gesprochen hatte. Als die Jünger und die, welche zu den Erleuchteten unter den Menschen gehörten, am Pfingstfeste zusammen waren, da senkte sich der Heilige Geist — als der von Christus versprochene Geist der Wahrheit — auf die Anwesenden hernieder und goß sein Wesen über sie aus.
Von dieser Zeit an beginnt die eigentliche Tätigkeit der Jünger, die durch Taufen, Heilen und Predigen die Zahl der Bekenner Christi vermehren, sodaß sich dann die ersten christlichen Gemeinden formen. So finden sich die zusammen, welche als Diener Christi auf der Erde in der Weise wirken, wie die Legionen Christi in den höheren Regionen, mit denen sie dadurch verbunden werden. Ausgehend von den Jüngern Christi, denen Er mit eigener Hand beim letzten Ostermahle das Brot und den Wein reichte, von Ihm verwandelt in Seinen Leib und Sein Blut, wodurch sie Seines eigenen Wesens teilhaft wurden, entsteht die erste christliche Gemeinde, welche durch das Wesen des Sohnes und durch die Kraft des Heiligen Geistes immer mehr zunimmt.
Während sich Christus unter Seinen Jüngern auf Erden befand, formten die Zwölfe gleichsam den seelischen Spiegel, in dem das Wesen des Gott-Menschen sich einheitlich abbildete. Ein jeder von ihnen aber trug in sich ein Abbild des Wesens Christi, das seiner Seele angepaßt war. Es waren unter den Zwölfen vornehmlich zwei, die das Wesen des Gott-Menschen rein und kraftvoll in sich spiegelten und in die Christus deshalb seine Kräfte in vollkommenerer Weise ergießen konnte als in die andern. Zwischen diese beiden, Petrus und Johannes, hatte sich Christus gesetzt beim letzten Abendmahl.
In der Seele Petri spiegelt sich das Wesen des Gottes-Sohnes auf solche Weise, daß Christus von der dreifachen Kraft der Trinität, die in Ihm einheitlich ist, d i e Kraft insbesondere mit der Seele Petri verbinden kann, welche vom Angesicht des Vaters ausgeht. So erhält Petrus das Bild des Vaters aus der Trinität, verbunden mit dem des Sohnes, in seinem Innersten am stärksten eingeprägt. Er ist der Fels, auf den Christus bauen wird, der sichere Grundstein und damit der Ausgangspunkt für das, was sich weiter entfalten sollte.
In der Seele des Johannes wird der Gottessohn so abgebildet, daß Christus das Wesen des Heiligen Geistes aus der Trinität auf besondere Weise mit diesem Abbild verbinden kann. Johannes hat das Bild des Sohnes, vereint mit dem des Heiligen Geistes aus der Trinität, in seinem Innersten am stärksten ausgeprägt. So hat auch Johannes eine besondere Beziehung zur Gottes-Mutter, da sie das Wesen der Lichtjungfrau in sich spiegelt, die mit dem Heiligen Geist verbunden ist; noch vom Kreuze herab besiegelt Christus jenes Band und verstärkt es für die Zukunft indem er seiner Mutter sagt: „Siehe, das ist Dein Sohn" und zu dem Jünger: „Sieh, das ist Deine Mutter".
Es geht von Petrus, wie von einem lebendigen Centrum, alle Tätigkeit aus, welche sich bezieht auf die Organisation und die Ausbreitung der verschiedenen Gemeinden Christi; wie auch jene Arbeit, die in diesen stattfindet und in der er durch den Heiligen Geist geführt wird. Daher kann Petrus betrachtet werden wie der erste Hohepriester der Kirche, die durch seine Vermittlung, als eines Jüngers und Dieners Christi, entstanden ist.
Johannes ist verbunden mit einer mehr innerlichen Linie der Tätigkeit: seine hauptsächliche Arbeit ist nicht nur das Organisieren der Gemeinde. Durch die Kraft des Heiligen Geistes stiftet zwar auch er Gemeinden, predigt auch er; sein eigentliches Hauptwerk aber ist das Schreiben des Johannes-Evangeliums und der Apokalypse; da spricht durch ihn der Heilige Geist in voller Gewalt, verbunden mit dem Wesen des Sohnes. Gleichwie Petrus als erster Kirchenvater betrachtet werden kann, so kann Johannes als erster Seher und Mystiker der Kirche angesehen werden, als erster unter denen, die das innere Leben der Kirche darstellen und von dem Herrn geliebt sind.
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Die erste christliche Gemeinde, die sich allmählich zur Kirche des Sohnes entwickelt hat und als solche, vermittels der Zwölfe und insbesondere des Jüngers Petrus, vom Gottes-Sohn ausgeht, nimmt ihren Anfang bei dem letzten Ostermahle, als Christus den Jüngern Seinen Leib und Sein Blut darreichte. Das Opfer auf Golgatha knüpft sich unmittelbar daran als die Fortsetzung der Opferung, den Zwölfen beim Abendmahle gebracht; die Opferung des Gott-Menschen am Kreuze ergoß ihre Wirkungen über die ganze Menschheit und sollte zunächst für jenes Volk geschehen, welchem der Gott-Mensch Jesus Christus als Mensch angehörte.
Das Blut Christi, von der Stirne des Erlösers und aus den vier Kreuzigungswunden nach den vier Himmelsrichtungen fließend, gleichwie die vier Lebensströme im Paradiese, führte der Menschheit und der Erde himmlische Lebenskräfte zu und brachte die Erlösung, zunächst für jene unter den Menschen, welche in irgendwelcher Weise mit dem Gott-Menschen verbunden gewesen waren, während Er auf Erden lebte. So erlöste Er damit diejenigen, die Ihn in ihrer Seele anerkannt hatten und auch die, welche zu dem Volke der Hebräer gehörten und in irgendwelcher Weise Beziehung zu Ihm hatten. Durch das unwissende Volk der Hebräer war der Ruf zur Kreuzigung erhoben worden und das Opfer, das freiwillig gebracht werden sollte, wurde auf grausame Weise gefordert; dadurch konnte dieses Volk das Opfer nicht in richtiger Weise seelisch entgegennehmen. Das Opfer Christi aber war sowohl den Zwölfen, wie den Seinigen im weiteren Kreise, durch den Gott-Menschen selber, gleichwie persönlich, überreicht worden, damit es in der Zukunft von den Seinigen auf andere übergehen könne, die dann auch der Erlösung teilhaftig würden. So hat alles, was mit diesem Opfer zusammenhängt, eine unmittelbare Beziehung zum Gottes-Sohn, zum Gott-Menschen Jesus Christus, der die Macht der Trinität in Sich vereint.
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Außer den vier durch die Kreuzigung entstandenen Wunden des Gott-Menschen, der nach dem Willen der Hebräer mit beiden Händen und Füßen an das Kreuz genagelt war, trug der Leib Christi noch die fünfte Wunde an der rechten Seite, welche Ihm erst nach dem Tode beigebracht wurde durch den Lanzenstich des Römers Longinus. Diese letzte Verwundung Christi hat nicht nur Beziehung zur Kreuzigung und zum Volke der Hebräer, welches die Kreuzigung verlangte, sondern noch eine andere tiefe Bedeutung. Durch den römischen Soldaten verursacht, nachdem sich das Mysterium des Todes Christi in der Mitte seines Volkes abgespielt hat, steht die letzte leibliche Verwundung an sich da und ist nicht unmittelbar verbunden mit den himmlischen Lebenskräften, die, wie das Abbild der vier Ströme des Paradieses, vermittels der Kreuzeslinien nach den vier Himmelsrichtungen sich ergossen, während der Erlöser, ehe der Tod eingetreten war, noch am Kreuze hing.
Gleichwie die Kreuzigungswunden die Erlösung brachten für alle, die auf irgendwelche Weise mit dem Gott-Menschen selber verbunden waren, sei es, daß sie Ihn seelisch anerkannten, oder, daß sie zu demselben Volke gehörten wie Er, so wurde mit der Wunde, welche durch den Lanzenstich des Römers entstand, ein neuer Strom des geistigen Lebens mit der Erde und der ganzen Menschheit vereint. Denn durch diese Wunde ergoß sich das Blut und das Wasser aus dem Herzen Christi, und damit wurde die Erlösung herbeigeführt für alle, die zwar nicht direkt mit dem Gott-Menschen Jesus durch seelisches Verständnis, oder auf andere Art, verbunden waren, aber dennoch als Menschen zum Gott-Menschen Beziehung hatten und zu Ihm gehörten. Nicht nur für das Volk der Hebräer, sondern für die ganze Menschheit und die ganze Erde war damit die Erlösung gegeben.
Die Seitenwunde Christi, durch den Soldaten als Angehörigen des römischen Volkes verursacht, brachte insbesondere auch die Erlösung für die Heidenvölker. Die Götzendienste und die magischen Kulte jener Völker, welche schon zu der Zeit, als Moses das hebräische Volk durch die Wüste führte, vor dem Einen Gott als verwerflich befunden waren, wurden gleichsam mit dem Wasser aus der Herzwunde Christi gereinigt und mit seinem Blut erlöst. Die alte Weisheit, die Magia, in den vorchristlichen Zeiten der Schatz der Menschheit, welcher ihr, gleich wie eine Erbschaft, noch geblieben war aus all dem, was sie mit ihrem Fall verloren hatte, welche aber immerzu geringer wurde und dem Volke der Hebräer ferne bleiben sollte, weil es das Neue vorzubereiten berufen war, wurde durch das Wasser der Herz-wunde Christi gereinigt und erhoben. Weil das Blut Christi zum wahren geistigen Lebensprinzip verwandelt worden war in den lebendigen Odem, das Leben Gottes, das als Heiliger Geist aus der Trinität Vater und Sohn verbindet, so konnte diese alte Weisheit, die Magia, sich verwandeln in das, was ihr eigentliches Urbild ist: in das Licht des Heiligen Geistes.
Gleichwie vom Gottes-Sohn die neue Linie ausgeht, die beim letzten Abendmahle ihren Anfang nimmt, als Christus eigenhändig den Jüngern die Opferung Seines Leibes und Seines Blutes vermittels des Brotes und des Weines übergibt, so findet die Reinigung, Erneuerung und Verwandlung einer schon bestehenden Linie statt durch die Kraft des Wassers und des Blutes aus dem Herzen Christi, nachdem er auf Golgatha das Opfer gebracht hat und der Tod eingetreten war.
Aus der ersten Linie entwickelt sich durch Petrus und die andern Jünger die erste christliche Gemeinde und die Kirche des Sohnes, welches
für die ganze Menschheit gegeben worden ist. Die zweite Linie ist nicht so direkt verbunden mit dem Gottes-Sohn in dem Aspecte des Gott -Menschen, so wie Er, lebend unter den Menschen auf Erden, war. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt da, wo der Gottes-Sohn als Mensch den Kreuzestod schon erlitten hat und die Worte: „Es ist volbracht" schon ausgesprochen sind. Die Herrlichkeit und die Gewalt des Gottes-Sohnes im übermenschlichen Aspecte, vereint mit dem Vater und mit dem Heiligen Geist — das Leben und der Odem Gottes — spricht sich in dieser Linie aus. Das Wesen des Heiligen Geistes in seinem höchsten Aspecte ist mit dieser zweiten Linie verbunden; sie kann daher nicht unmittelbar der ganzen Menschheit offenbar werden.
Beim Anfang und Ursprung der zweiten Linie sind diejenigen anwesend, die, mit dem Heiligen Geiste verbunden, diesen in sich erleben können in seinem höchsten, innersten Sein; so stehen unter dem Kreuze: die Mutter Gottes und der Jünger Johannes; sie sind wie Hüter jener neuen Linie, die unter ihren Augen den Anfang nimmt. Das Herzblut Jesu wird aufbewahrt in einem Gefäß, das von dem Momente an durch den lebendigen und hochheiligen Inhalt die erste Reliquie ist, das Centrum und der Ausgangspunkt von all dem, was mit dieser zweiten Linie verbunden ist.
Dieses Gefäß wird als dasselbe bezeichnet, aus welchem Christus beim letzten Abendmahle den Zwölfen das Brot und den Wein gereicht hat nach der Verwandlung in Seinen Leib und Sein Blut. Die innere Verbindung der beiden Linien ist dadurch angedeutet, daß sie — zwar in der Zeit verschieden — dennoch das gleiche heilige Gefäß, zum Ausgangspunkt haben. Dieses Gefäß mit dem Blute Christi, das den Odem und das Leben Gottes, als den Heiligen Geist, enthält, ist das Symbol des Herzens Christi. Es war zuerst unter jenen Menschen, die durch ihre seelischen Eigenschaften mit dem Herzen Christi vereint sein konnten und die Kraft hatten, es zu hüten und zu pflegen als das kostbarste Gut.
Es wird in den Evangelien eine Persönlichkeit erwähnt, die, obwohl mit den hebräischen Priestern verbunden, dennoch ein wahrer Jünger Christi war: Joseph von Arimathia. Anknüpfend an das alte Weisheitsgut der hebräischen Priester, war er zum Diener Christi geworden. In seiner Seele wurde die alte Weisheit erleuchtet und verwandelt durch den Heiligen Geist. Deshalb wurde er zum Hüter des heiligen Graal.
Gleichwie er den Leib Christi wie ein kostbares Gut schützte und hütete, da er diesen von dem Römer Pilatus übernahm und in seine Grabstätte legen ließ, so wird Josef von Arimathia später der Hüter des lebendigen Herzens Christi, und sein Name bleibt mit dem heiligen Gefäß verbunden. An dieses Gefäß, als Symbol des Herzens Christi, knüpfen sich zunächst die Namen der Persönlichkeiten, welche auf die innigste Weise mit dem Gott-Menschen zusammenhängen: die Mutter Gottes, durch deren Vermittlung Er in Menschengestalt das Menschenreich auf Erden betrat, der Jünger Johannes, den der Herr lieb hatte, und derjenige, der dem irdischen Leib Christi die letzte Ehre erwiesen hat, indem er die Grabstätte bereitete: Joseph von Arimathia.
So hat Christus ein vierfaches Opfer gebracht:
die Opferung für die Zwölfe;
das Opfer am Kreuze für die Seinigen und das Volk, das die Mission
hatte,  die Möglichkeit seiner  Geburt auf Erden vorzubereiten; die Opferung Seines Herzblutes am Kreuze, für die ganze Erdenmenschheit und die ganze Erde dargebracht, gleichwie ein geistiges und leibliches Opfer, nachdem Er durch den Tod gegangen war; und das Opfer des Hinunterfahrens in die drei Regionen der Hölle. Hieran schloß sich sein Aufenthalt auf Erden oder im Umkreis der Erde nach der Auferstehung bis zur Himmelfahrt, aufdaß die Seelen, welche nach dem Tode mit der Erde verbunden blieben, auch an der Erlösung teilnehmen konnten.
Der Gottes-Sohn brachte die Erlösung von allen Sünden und Schwächen der Menschheit, die sich seit dem Fall immerzu an die erste Sünde angereiht hatten, bis zur Zeit, da Er als Gott-Mensch unter den Menschen lebte und den Tod erlitt.
Seitdem Christus mit der Himmelfahrt die Seinigen in der sichtbaren Form verlassen hat und zu dem Vater zurückkehrte, ist Er trotzdem mit der Erde und der Menschheit — sei es auch in unsichtbarer Form — verbunden geblieben. Dadurch kann jeder Mensch das Wesen Christi in seiner Seele erleben und diese zum reinen Spiegel Gottes machen, in welchem sich die göttliche Trinität, vermittels des Sohnes, abbildet. Es muß der Mensch dann den Seelenspiegel so wenden, daß er sich der Welt Lucifers abkehrt und mit voller Andacht, Hingabe und Geisteskraft sich auf das Wesen Gottes concentriert. Damit wird von der Seele auf umgekehrte Weise dasselbe getan, was einstmals durch die Verführung Lucifers der Mensch im Paradiese tat, als er sich vom Wesen Gottes abwandte und sein Interesse an der äußeren Welt den Anfang nahm, wodurch die Seele zum Spiegel Lucifers wurde.
Gleichwie die ganze Menschheit durch ihre Erlösung ihr Gleichgewicht zurückerhielt, sodaß sie selbst die Wahl treffen kann, nach welcher Seite sie den Schwerpunkt legen will — nach der linken Seite, der düsteren vorchristlichen Zeit — oder nach der rechten Seite, wo das Licht und die Liebe des Gottes-Sohnes sich mit ihr vereinigt, so ist jeder einzelne Mensch in d i e Waage gestellt worden, weil Christus für die ganze Menschheit und für jeden einzelnen sich opferte, und ein jeder hat, seitdem Christus auf Erden lebte, nunmehr die Wahl, schon als Erdenmensch sich seelisch mit dem Wesen Christi zu vereinigen oder ein Seelenspiegel Lucifers zu sein.
Weil Lucifer, trotzdem er verwundet wurde, noch immerzu tätig ist und seine Werke, durch die er die Menschheit und den einzelnen Menschen verführen möchte, von mannigfaltiger Art sind, so schwankt die Waage, auf welcher sich die Menschheit befindet, im Laufe der Zeit bald nach der linken, bald nach der rechten Seite.
Diese Schwankungen sind von zweierlei Art; es ist entweder die Menschheit selber, die in Bezug auf ihr inneres seelisches Leben die rechte Seite verläßt, oder es sind die äußeren Umstände, die zeigen, daß Lucifer mit seinen Scharen das Gleichgewicht zerstört und sich bemüht, die linke Seite herunterzubringen. Denn so oft der Schwerpunkt auf die rechte Seite der Waage gelegt ist, wird von Lucifer versucht, ein Gegengewicht zur linken Seite aufzustellen. Dieses Gegengewicht ist immer der Gegensatz
zu dem, was zur Rechten gegeben worden ist, damit die wahre geistige Kraft durch die Wirkung Lucifers neutralisiert werde.
Schon in den ersten nachchristlichen Zeiten zeigt sich die Gegenwirkung Lucifers in den äußeren Umständen, welche als die Christenverfolgungen, insbesondere bei den Römern, auftreten und das Werk der Apostel mit Zerstörung bedrohen. Daß diese Schwankungen aber nur von äußerer Art sind, zeigt sich an der inneren Stärke und seelischen Kraft, mit welchen die Jünger und Nachfolger Christi den Martertod erleiden für ihren Glauben.
Seelische Schwankungen offenbaren sich erst in späteren Zeiten, als  viele den Glauben verlieren, sich von der christlichen Gemeinde lossagen und sich zu einem anderen Glauben bekennen. Die christlichen Gemeinden selber zeigen dieses Schwanken, als sie sich, im Gegensatz zu den Worten des Erlösers: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt", als Hauptziel stellen, ein irdisches Reich zu stiften.
Die Kraft des Gottes-Sohnes bleibt jedoch am Ende immer siegreich und wird nur im zeitlichen Aspecte scheinbar in den Hintergrund gebracht, sie ist dennoch da und offenbart sich wiederum, wenn die Möglichkeit kommt; denn diese Kraft ist e w i g, während Lucifer nur in der Zeit wirken kann und seine Wirkung deshalb stets durch das Gesetz der Zeit unterbrochen wird.
Die erste Linie, die, vom letzten Abendmahle ausgehend, die Arbeit der Apostel als Diener und Vermittler Christi und derjenigen zeigt, die ihre Nachfolger sind, trägt einen öffentlichen Charakter, weil sie für die ganze Menschheit zeugt und für alle Zeiten das Bündnis mit dem Gottes-Sohn, vermittels der Apostel und ihrer Nachfolger, darstellt, durch das Empfangen der heiligen Taufe und die Teilnahme an dem Eucharistischen Mysterium.
Von der zweiten Linie, die als Centrum das heilige Gefäß als Symbol des Herzen Christi hat, ist weniger offenbart worden. Es wird erwähnt, wie Joseph von Arimathia ein Gefäß, den Kelch mit dem heiligen Blute Christi, mitten unter heidnische Völker trägt und diese mit der Kraft und Gewalt des Heiligen Geistes in Beziehung bringt, aufdaß sie statt der heidnischen
Magie und Götteranbetung das Wesen des Heiligen Geistes, verbunden mit dem Gottes-Sohn und dem Vater, erkennen und annehmen. Das Herzblut Christi, das die Erlösung der ganzen Erdenmenschheit und insbesondere der heidnischen Völker herbeiführte, sollte in die Länder jener Völker getragen werden, die, ferne von dem Orte lebend, in dem der Gott-Mensch sich geopfert hatte, von der Tat des Opfers und der Möglichkeit der Erlösung keine Kenntnis hatten. Gleichwie ein lebendiger Bote ging dieses heilige Gefäß, als     Symbol des Herzens Christi, zu den Völkern Europas, auch Indiens, und die Spuren jenes Ganges werden hier und dort noch gefunden in den Legenden vom heiligen Graal.
Auch mit dieser Linie sind Schwankungen verbunden, die durch das Gegengewicht Lucifers das Gleichgewicht der Waage stören. Insbesondere ist die Kraft des Herzblutes Christi eine Macht, für die Lucifer den Gegensatz unmittelbar bilden kann, weil auch er eine Herzwunde trägt. So stellte er sein Herzblut dem des Gottes-Sohnes entgegen und versuchte die Kraft des heiligen Graal durch die des Anti-Graal zu vernichten.
In Gegensatz zur Kraft des Heiligen Geistes stellte Lucifer die Kraft der falschen Magie. Statt des Abbildes des Heiligen Geistes — des Weisheitselementes, der wahren Sapientia, der reinen himmlischen Lichtjungfrau, der Schützerin des heiligen Gefäßes — führte Lucifer das unreine weibliche Prinzip herbei, das Abbild und die Vermittlerin der falschen Magie, die weibliche Schlange, die ihm — seit dem Fall der Engel im dritten Schöpfungsraum — als Spiegel seines Wesens dient. Sie ist der Gegensatz der Lichtjungfrau, und als solcher die Dienerin des Herzens Lucifers; sein Herzblut enthält, statt des Lebens und des lebendigen Odems Gottes, Verwesungskräfte, Verderbnis und geistigen Tod.
In Richard Wagners Werk „Parsifal" wird ein Bild von Lucifers Taten gegeben in dem Wirken Klingsors. Die weibliche Schlange, das unreine weibliche Element, verbunden mit dem Wesen der luciferischen Magie, wird in Kundry verkörpert. Amfortas und Parsifal zeigen die beiden Seiten der Waage; Amfortas wird durch Kundrys, der Dienerin Klingsors, Einfluß nach der linken Seite hinuntergezogen, als Überwinder Kundrys, wirft die Waage nach der rechten Seite hin, sodaß durch ihn auch der verwundete Amfortas geheilt und Kundry erlöst wird. Diese Erlösung Kundrys ist zugleich ihr Tod, und Parsifal, als Erlöser, führt notwendigerweise ihren Tod herbei, gleichwie Michael die weibliche Schlange im makrokosmischen Aspect der Gewalt Lucifers entzog, sie dadurch erlöste und ihr zugleich den Kopf zertrat.
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Vom heiligen Graal                

Kapitel VII.

Die Herzwunde, welche Lucifer trägt, seitdem Christus in Menschengestalt auf Erden gelebt und den Tod überwunden hat, nimmt Lucifer einen Teil seiner Kraft, mit welcher er immerzu dem Willen Gottes entgegenwirkt, um sein eigenes Reich zu verstärken. In Bezug auf das, was Lucifer geworden ist, seitdem er die himmlischen Regionen verlassen hat, wird damit seine Macht gebrochen. Michael, der große Gegner Lucifers, ist zum Hüter dieses neuen Centrums bestellt worden und dadurch mit Lucifer in unmittelbarere Verbindung getreten. Da Lucifer in Michael sein eigentliches Urbild sehen muß, als das, was er hätte sein können und sein sollen, wenn er nicht durch seinen Fall sich in den Abgrund gestürzt und in das Gegenbild Michaels verwandelt hätte, so ist es beständig seine Absicht, Michael, als den lebendigen Vorwurf, zu bekämpfen und zu vernichten.
Als der Gott-Mensch sich unter die Erdenmenschheit begibt, welche, nach dem Fall aus dem Paradiese, unter Lucifers Gewalt geraten ist, so muß Er zunächst dieser Menschheit, insoweit sie das Wesen Lucifers in sich abbildet, die Herzwunde schlagen.
In der Gestalt des Menschen Jesus hält Er der Menschheit das Bild vor von dem, was sie eigentlich hätte sein sollen und sein können, wenn sie sich nicht durch Lucifer hätte verführen lassen. Wie der lebendige Vorwurf steht der Mensch Jesus da, indem er zeigt, was der Mensch seinem Urbilde nach innerlich ist. Der Unterschied zwischen diesem Bilde und dem, was aus dem verdorbenen Abbilde geworden ist, was der Mensch sich selber nennen muß, bewirkt die schmerzvolle Verwundung im Innersten seines Wesens. Als mit Lucifer verbundenem Menschen wird ihm die Herzwunde geschlagen; dadurch aber, daß ihm das himmlische Urbild entgegentritt, wird eine innere Verbindung möglich zwischen dem himmlischen Urbild und dem irdischen Abbild des Menschen. Es findet der Gott-Mensch den Eingang in das Herz eines jeden Menschen, denn in der Herzwunde wird Christus ein Platz bereitet.
Es ist also nicht nur von dem Herzen Lucifers aus der Weg gelegt worden, der aus den Regionen der Hölle zu den höheren Regionen zurückführen kann, sondern im Herzen eines jeden Menschen befindet sich das neue Centrum, das durch den Mittler Christus ein wahres Abbild der Trinität sein kann.
So wie Christus die Menschheit innerlich verwundete in Bezug auf ihre verdorbene Natur, welche als die irdische Form und die seelische Hülle des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens — das umgekehrte Prinzip des göttlichen Willens, der göttlichen Liebe und der göttlichen Weisheit — den geistigen Kern des Menschen umgibt, und damit diesen geistigen Kern mit dem Wesen der Trinität verbunden hat, so erhält Christus äußerlich dieselbe Wunde an der irdischen Hülle mit der Kreuzigung und erlebt sie seelisch in Gethsemane. Denn dadurch nur konnte Er die Erlösung bringen, daß er jene Wunden, welche die Menschheit innerlich erhalten mußte als Bedingung der Erlösung, auf sich nahm und für sie tragen wollte. Denn so wie Er die luciferische Natur der Menschheit zerbrach, sollte auch das zerbrochen werden, was Er, der Gott-Mensch, als menschliche Hülle angenommen hatte, da Er Mensch unter den Menschen war. Das menschliche A bb i 1 d wurde gekreuzigt, damit das menschliche Urbild auferstehe.
In der Gestalt dieses menschlichen Urbildes fährt Christus hinunter in die drei Regionen der Hölle. So wie Christus, während Er auf Erden ist, das himmlische Urbild der Menschheit mit dem irdischen Abbild vereinigt, indem er die Kräfte des Urbildes in die Erden-Menschheit einströmen läßt, so nähert sich Michael, als Christus die drei Regionen der Hölle durchschreitet, dem Herzen Lucifers als himmlisches Urbild dessen, was Lucifer ohne seinen Fall hätte sein können. Die Seiten- oder Herzwunde, welche Christus nach dem Kreuzestode an Seiner irdischen Hülle am Kreuze trug, ist das Zeichen der Erlösung für die ganze Menschheit und der Erde selber.
Das Blut Christi, welches, gehütet durch Joseph von Arimathia, in dem durch seinen Inhalt geheiligten Kelch den Heidenvölkern gebracht wird, ist das äußere Symbol dessen, was in dem Herzen eines jeden Menschen, sowie im Centrum der Erde als heiliges Gefäß vorhanden ist, seitdem Christus das Leben und den Odem Gottes, gleichwie sein eigenes Wesen dort hineingelegt hat.
Weil dieses Heiligtum so einen direkten Gegensatz zu seiner Umgebung bildet, da es in die von Lucifer beeinflußten Menschenherzen und als äußerliches Symbolum inmitten der Heidenvölker gestellt ist, die insbesondere von Lucifer beherrscht werden, kann der Weg zu diesem heiligen Gefäß nur durch Kampf und vielerlei Streit führen. Wäre es nicht so, daß der mächtige Michael der Hüter jener göttlichen Kräfte ist, welche durch Christus in das Centrum der Erde hineingelegt wurden, und daß der getreue Joseph von Arimathia, als Hüter des heiligen Graal, unmittelbar unter dem Schutz des großen Erzengels Michael stünde, so hätte Lucifer den Sieg errungen und das im Centrum seines Reiches aufgestellte Gefäß mit dem heiligen Inhalt in seine Gewalt gezogen.
Da es Lucifer nicht gelingen konnte, das wahre Symbol des Herzens Christi zu zerstören, hat er diesem wahren Symbol ein anderes gegenübergestellt, welches das Symbol seines eigenen Herzens ist und, als solches, entgegengesetzte Kräfte enthält. Es ist damit die Quelle gegeben für den Dualismus, der sich überall zeigt, wo noch irgendwelche Hinweise in Bezug auf die Geschichte des heiligen Gefäßes vorhanden sind. Die meisten der Legenden vom heiligen Graal tragen die Spuren der Taten Lucifers und seiner Diener, als die verführerische, halb mystische, halb ästhetische Zauberei, welche mit dem heiligen Gefäß verbunden wird. In der Legende von Merlin und in der romantischen Färbung, welche insbesondere durch die Troubadoure des zwölften Jahrhunderts die Graal-Legenden erhalten haben, offenbart sich das. Denn ein größerer Gegensatz als zwischen der Stimmung jener Legenden und dem Wesen des wahren Gefäßes, d. h. des Abendmahlkelches mit dem Herzblute (sanguis realis) Christi, welches, als Symbol des Herzens Christi, unmittelbar das Bild des Erlösers am Kreuze hervorruft, ist wohl nicht zu denken.
Was an Legenden über den heiligen Graal vorhanden ist, wird gewöhnlich in drei Teile eingeteilt. Der erste Teil ist der Roman vom Graal; in diesem wird erwähnt die wunderbare Reise des Joseph von Arimathia mit dem heiligen Gefäß über das Meer bis Großbritannien, nachdem er im Oriente vermittelst des Heiligtums das Christentum verbreitet und den religiösen Orden des „Viereckigen Tisches" gestiftet hat für die mystische Kommunion des heiligen Graal. Nach manigfaltigem Streit und vielerlei Überwindungen geht die heilige Reliquie auf der Insel selbst verloren.
Die Hüter oder Priester vom heiligen Graal zeichnen sich aus durch Strenge und Reinheit; sie sind Asketen, und die Bedingung zur Schauung des Graal ist Jungfräulichkeit. Auf Joseph folgt sein Neffe Alain als Hüter des Graal.
Im zweiten Teil der Legenden vom Graal, im „Roman von Merlin", wird der Runde Tisch als ein Orden von Rittern beschrieben, den der König Uther-Pendragon, auf Rat Merlins des „Zauberers", in England errichtet, um die verlorenen Reliquien wieder zu finden. König Uther, und nach ihm sein Sohn König Arthur, haben zwölf Paar Ritter, die den Versuch machen, die Reliquien zu finden. Sie lassen sich aber durch ihre Freude an Turnieren und Abenteuern davon abbringen. Nur Parceval wird König vom Graal in einzelnen Legenden, während andere Galahad als solchen nennen, nachdem sich der Betreffende durch viele Kämpfe und Prüfungen dazu würdig zeigte. Dieser Weg zum Graal wird in dem dritten Teil der Graal-Legenden beschrieben.
Während der erste Teil der Legenden vom Graal sich mit der Geschichte Josephs von Arimathia beschäftigt und einen durchaus religiösen Charakter trägt, ist der zweite Teil — der Roman Merlin — von einem anderen Geist durchdrungen. Die Geschichte von Joseph von Arimathia bis zur Zeit, da die heilige Reliquie verborgen wird, knüpft direkt an den Kreuzestod Christi und das heilige Blut des Erlösers an. Lucifers Wirkung offenbart sich da, wo, nach vielerlei Kämpfen und Überwindungen, dennoch das heilige Gefäß vor den Blicken der Menschheit verborgen werden muß, weil die Menschen nicht rein genug sind, um es in ihrer Mitte zu behalten.
Im zweiten Teil der Legenden, dem „Roman von Merlin", ist die Wirkung Lucifers schon deutlicher zu sehen in dem Geist, der da auftritt. Auch sind es nicht mehr Priester, sondern Streiter, Ritter, die an der Tafelrunde teilnehmen. Der religiöse Orden des „Viereckigen Tisches" für den mystischen Dienst des heiligen Gefäßes, welchen Joseph von Arimathia als Erinnerung an das heilige Abendmahl im Orient stiftete, hat schon dem „Runden Tisch", der „Tafelrunde" am Hofe des Königs Platz gemacht, welcher statt von Priestern von den weltlichen Rittern besetzt wird. Das heilige Gefäß befindet sich nicht in ihrer Mitte.
Merlin der Zauberer, geboren aus der Verbindung einer reinen Jungfrau mit Lucifer, trägt eine Doppel-Natur in sich, indem er die Macht der Zauberei und Magie mit dem Streben zum Guten vereint. Diese dualistische Natur ist seinem ganzen Wirken eingeprägt. Das Suchen nach dem heiligen Graal, angefangen mit der Einstellung der „Tafelrunde", endet mit Rittertum und Frauendienst, mit Kampf und Abenteuer. Am Hofe des Königs Arthur erscheinen die Ritter mit ihren Damen und führen ein Leben des weltlichen Genusses. Es wird von König Arthur einerseits erwähnt, wie er viele Länder durchreist, viele Heiden zum Christentum bekehrt; anderseits aber wird sein Hof allmählich zum Centrum aller weltlichen Vergnügen. Merlin hat seine dualistische Natur seinem Werke eingeprägt und er — der Zauberer, dem alles bekannt war, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wußte — läßt sich von einer Fee „Viviana" einkerkern mittels magischer Formeln, welche er sie selbst gelehrt hat.
In Tennysons Werk „Die Idyllen des Königs" (The Idylls of the King) wird die Persönlichkeit des Königs Arthur (oder Artus) als vollkommen bezeichnet. Merlin wird geschildert als derjenige, der den König erzieht und ihm dann Gelegenheit gibt, seine Aufgabe zu erfüllen. Von Merlin erhält König Artus sein wunderbares Schloß und sein Schwert „Excalibur" und die ersten Anweisungen zur Errichtung der Tafelrunde. Dann aber ist und bleibt der König der Held, um den herum sich alle weiteren Erereignisse abspielen, bis er endlich, verraten und verlassen von der Königin Ginevra und dem mächtigen Ritter Lancelot, umgeben von einem aus Rittern und Damen bestehenden Hofe, für den das weltliche Vergnügen Hauptsache ist, verwundet durch seine Feinde, verschwinden muß, so wie der heilige Graal selbst den Menschenblicken entrissen worden war.
In Tennysons Schilderung des heiligen Graal ist es nicht Perceval, der als König des Graal gekrönt wird. Der heilige Graal wird da im geistigen Aspecte beschrieben wie eine himmlische Vision, zuerst durch eine heilige Nonne, die Schwester Percevals, geschaut. Perceval geht zwar aus, den heiligen Graal zu suchen; er schaut ihn auch, doch ist er nur Zuschauer des Ereignisses, als Galahad, erleuchtet vom heiligen Graal, den Weg hineinfindet in die himmlische Stadt, welche die Heimat des Graal ist und woselbst er zum König gekrönt wird. Perceval kehrt dann zurück an den Hof des Königs Artus und verbringt den Rest seines Lebens in einem Kloster.
Im dritten Teil der Graal-Legenden, „das Wiederfinden des Graal", ist Parsifal der Held, der den Sieg erlangt und König des Graal wird. Parsifal wird aber auf verschiedene Weise charaktrisiert. In einzelnen der Legenden stellt er das Ideal von Reinheit, Mut und Kraft dar und kommt dem Typus der Priester des Graal nahe, welcher von Joseph, Alain und Galahad dargestellt ist.
Chrestien de Troyes im 12. Jahrhundert beschreibt Perceval, seiner Zeit gemäß, als Ritter und Helden von mannigfaltigen Abenteuern mit Rittern und Damen und läßt ihn die Ehe schließen mit seiner Geliebten Blanche-Fleur. Die Bedingung der Jungfräulichkeit zur Erwerbung des heiligen Graal wird von dem Troubadour Chrestien des Troyes nicht anerkannt.
In Richard Wagners Meisterwerk ist das Bild Parsifals ungetrübt durch irdische Leidenschaft wiedergegeben. Innere Reinheit und Torheit in Bezug auf irdische Erkenntnis sind die hervorragendsten Eigenschaften seines Wesens. Wie anknüpfend an das letzte Abendmahl — an das heilige Gefäß, das den Zwölfen von Christus selber dargereicht wurde, und an das Opfer Christi, der Menschheit auf Golgatha gebracht — klingen die Worte bei der Enthüllung des heiligen Graal: „Nehmet hin Mein Blut, nehmt hin Meinen Leib, aufdaß ihr Mein gedenket". Doch ist auch da der heilige Graal nur als ein schwaches Abbild geschildert von dem, was er einstmals war in den ersten Zeiten nach Christus.
Parsifal ist der letzte König des heiligen Graal, welcher öffentlich erwähnt wird. Lohengrin, der Schwanenritter, ist nicht König des Graal genannt; er steht in Beziehung zu den Helden der Kreuzzüge, wie zu Gottfried von Bouillon. Das heilige Gefäß mit seinem Inhalt, dem nach dem Kreuzestod darin aufgefangenen Herzblut Christi, steht in direkter Verbindung mit dem heiligen Grabe des Erlösers. Als das heilige Gefäß verschwunden war, weil es niemanden gab, der es zu hüten und zu pflegen wußte, da wurden die Herzen derer, die vom heiligen Graal wußten, nach dem Grabe Christi hingezogen. Die Kreuzzüge nach dem heiligen Land fingen an. Die Kreuzritter aber, die im Anfang an ihren drei Gelübden: der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams, treulich festhielten und dadurch würdig waren, die Überwindung der Heiden zu vollbringen, ließen sich allmählich zur Übertretung dieser Gelübde verführen. Dadurch wurde die geistige Kraft, der sie den Sieg verdankten, von ihnen genommen, weil sie sich der Befreiung des heiligen Grabes unwürdig gezeigt hatten.
Vom heiligen Gefäß selber ist nichts mehr bekannt, weil die heilige Reliquie verborgen wurde, als die Menschheit sich unwürdig gezeigt hat, sie zu schauen. Wenn die heilige Reliquie auch unsichtbar wurde, so ist sie dennoch da und ihre Wirkung bleibt. Derjenige, der die Bedingung des heiligen Graal erfüllen kann, wird den Weg zu ihm finden. Wenn in der Zukunft sich die Menschheit als würdig erweist, dann kann der heilige Graal wieder offenbar werden; — sie soll das Wesen Christi im Herzen tragen, dann wird das heilige Gefäß mit dem Blut des Erlösers, als Symbol des Herzens Christi, ihr wieder gegeben werden.1)
1) Die beste wissenschaftliche Bearbeitung des gesamten Materials der Gralsage gibt das Werk von Prof. W. Golther: „Parzival und der Gral". Ein mystische Betrachtung desselben Themas im Sinne der Weisheit gibt die Schrift „Der Tempel des heiligen Graal als Dichtung und Wahrheit" von Dr. L. Kobilinski-Ellis.

Gleichwie Lucifer dem heiligen Symbol des Herzens Christi, als dem neuen Centrum der Kräfte Christi auf Erden, ein Anti-Centrum gegenüberstellt, so ist es auch sein Bestreben, das zu zerstören, was die Kräfte des neuen Centrums zurückstrahlt und die Peripherie formt. Diese Peripherie, welche zugleich einen Schutz bildet zwischen dem Centrum und der äußeren Umgebung, wird dargestellt von zwölf Dienern, die — gleichwie ein Abbild der zwölf Jünger Christi — den reinen seelischen Spiegel bilden können, welcher die vom Centrum ausstrahlenden Kräfte in sich aufnimmt und in reinem, leuchtendem Abbilde widerspiegelt.
Wie die zwölffache Peripherie, von den Jüngern Christi geformt, einstmals zerbrochen wurde durch den Verrat des Judas, so lag auch hier die Gefahr vor, daß dem Abbild dieser zwölffachen Peripherie Ähnliches widerfahren würde. Es ist unter den Zwölfen, die das heilige Gefäß umringen, immer einer, der mehr als die anderen der Gefahr unterliegt, dem Einfluß Lucifers zu verfallen, durch den Platz, den er unter den Zwölfen einnimmt. Er soll deshalb mit besonderen Kräften ausgerüstet sein, damit er nicht nur das heilige Gefäß als Centrum, sondern auch die Peripherie vor der Einwirkung Lucifers bewahren könne.
Die zwölffache Peripherie ist ein Abbild der zwölf Gestirne aus der Region des Fixsternhimmels, und jeder von den zwölf Hütern des heiligen Gefäßes steht mit den Kräften aus eines diesen Gestirnen in unmittelbarer Verbindung.
Weil sich das Symbol des Herzens Christi auf der Erde und im Centrum vom Reiche Lucifers befindet, sollen auch die sieben Centren, die sich als die sieben Planeten in den verschiedenen Regionen des Kosmos unterhalb der Region des Fixsternhimmels befinden, durch sieben Diener dargestellt werden. Diese sind unmittelbar mit den Planeten verbunden, da sie die Kräfte in sich spiegeln, welche durch die christlichen Hierarchien und die Erzengel, als Hüter jener Planeten, Lucifer und seinen Scharen entgegenwirken.
Als zweite Peripherie, innerhalb der ersten, ist sie siebenfach, da sie die kosmischen Regionen, wo die Zeit herrscht, abbildet. Die, welche zu ihr gehören, haben auch die Aufgabe einer größeren Tätigkeit in Bezug auf die äußere Welt, als die Zwölfe. Sie sind mehr mit der materiellen Welt verbunden, während die Zwölfe die Grenze darstellen zwischen dem Kosmos und den himmlischen Regionen.
So stellen die Hüter des heiligen Gefäßes ein Abbild dar des makrokosmischen Umkreises der Erde, indem sie das Gefäß, als Symbol des Herzens Christi, in ihre Mitte stellen, gleichwie das Abbild des neuen irdischen Centrums, in welches die Macht der Trinität vermittels des Gottmenschen einwirkt. Auf Erden steht das heilige Gefäß, den Anknüpfungspunkt bildend zwischen Himmel und Erde. Die Sieben und die Zwölf umringen es, als Symbol der sieben Planeten und der zwölf Gestirne des Fixsternhimmels. Unmittelbar über diesen offenbart sich das Wesen der Lichtjungfrau, als der hohen Schützerin des heiligen Graal.
Mit dem göttlichen Blute Christi verbindet sich dann die Macht der göttlichen Trinität. Sichtbar offenbart sich den Hütern des Gefäßes der Weg, welchen Christus als Verbindung zwischen dem neuen Centrum auf Erden und der göttlichen Trinität hergestellt hat. Der Inhalt des heiligen Gefäßes leuchtet wie lebendig; ein Strahl des himmlischen Lichtes, wie von oben herab fallend, verbindet sich mit dem leuchtenden Inhalt. Die weiße Taube (Columba miraculosa), das Symbol des Heiligen Geistes, wird inmitten des Lichtes offenbar und Christus, vereinigt mit dem Wesen des Vaters, erscheint den Zwölfen, die als Peripherie den seelischen Spiegel bilden, in welchem sein Abbild sich einprägt.
So sind die Vorgänge in den Mysterien des heiligen Graal; sie sollten die alten heidnischen Mysterien ersetzen, die sich auf den Makrokosmos, die Gestirne und Planeten, bezogen und in denen die Wesen, die damit verbunden waren, angebetet wurden als höchste göttliche Prinzipien. Das Centrum, von dem diese heidnischen Mysterien ausgingen, war das Wesen der Erde, so wie es war, ehe Christus Seine Kräfte da hineinbrachte. In manchen heidnischen Mysterien wurde daher ebenso ein Gefäß aufgestellt, welches aber ein Symbol des Herzens Lucifers war. Daher wurde es manchmal mit Menschenblut gefüllt und zu magischen Zwecken gebraucht. Dieses luciferische Gefäß durch das christliche zu ersetzen und die Ceremonien, welche sich auf Sternendienst bezogen, zu centralisieren in das heilige Gefäß, gleichwie in einen neuen Mittelpunkt, aufdaß der Sternendienst in den Dienst Christi gestellt wurde, — das gehört zu den Aufgaben der Mysterien des heiligen Graal.
Die Ursache, weshalb gerade das heilige Symbol des Herzens Christi allmählich zum Mittelpunkt einer Unmenge chaotischer Legenden und Erzählungen geworden ist, welche mehrfach die wahre Bedeutung dieses Heiligtums entweihen und einen direkten Gegensatz zu diesem bilden, ist wohl darin gelegen, daß die Menschheit allmählich anfing, dem heiligen Gefäß an sich einen höheren Wert zu geben als seinem hochheiligen Inhalt selber. Die sichtbare Form des Heiligtums wurde über die geistige Kraft gestellt, welche in ihr enthalten war. Statt sich geistig zu dem Standpunkt zu erheben, auf dem das wahre Verständnis für das Symbol des Herzens Christi in der menschlichen Seele auftreten kann, hat die Menschheit versucht, jenes heilige Symbol nach dem Maß ihres eigenen Verständnisses zu erklären. Sie hat es dadurch herabgezogen bis zu dem Punkte, wo es ein Centrum sein konnte für verschiedene Taten, Wünsche und Geschehnisse, die meistens einen mehr oder weniger weltlichen Charakter trugen.
So kann gesagt werden, daß das heilige Gefäß, welches in die Welt Lucifers getragen worden ist, von der Menschheit mit den Augen betrachtet wurde, die gewissermaßen zur Welt Lucifers selber gehören. Als Folge davon kann der Mensch das wahre Wesen des heiligen Graal weder schauen noch verstehen, weil er lernen muß, dazu das geistige Auge zu verwenden. Darum ist das heilige Gefäß mit phantastischen Gebilden umringt worden, welche auch aus der Welt Lucifers genommen sind. Sie formen einen Gegensatz zu dem wahren Inhalt des Gefäßes, ähnlich dem der luciferischen Umgebung gegenüber dem heiligen Symbol des Herzens Christi. Nur demjenigen wird daher das wahre Mysterium des heiligen Graal offenbar, der gelernt hat mit dem geistigen Blick zu schauen und die Welt Lucifers in ihrem wahren Wesen zu erkennen.
Gleichwie der Mensch nach dem Sündenfall hinunterstieg in die Welt, wo Lucifer herrscht — auf die Erde — und die Gestalt seines wahren Urbildes zerspalten und zerbrochen wurde, so ist auch das heilige Symbol des Herzens Gottes da, wo es nicht in seiner wahren Gestalt, seiner göttlichen Natur nach, aufgefaßt wurde, von der Menschheit in die niederen Regionen des Verstandes hinuntergezogen worden; dadurch zeigt es, statt der ursprünglichen Gestaltung, ein zerbrochenes und verderbtes Abbild der Bedeutung seines wahren Wesens.
Es ist beschrieben worden, wie sich beim Menschen nach dem Sündenfall  das  physische  Herz,  als  das  Abbild  des  wahren  geistigen  Centrums seines Wesens, gebildet hat. Weiter projiziert sich dieses Centrum im oberen Teil des Menschen, welcher unter Michaels Einfluß steht, in das Gehirn; in dem unteren Teil des Menschen, der Lucifers Wirkung mehr ausgesetzt ist, entstehen die Organe, in welchen sich die Tätigkeit des Gehirns vom oberen Teil des Menschen spiegelt. So muß in dem zerbrochenen Abbilde des menschlichen Urbildes das Herz als Hauptcentrum betrachtet werden, während die zwei anderen Centren eine Projektion bilden und die Wirkung des Hauptcentrums auf zweierlei Weise veräußerlicht wird.
Im wahren menschlichen Urbilde aber bleibt das einheitliche Centrum bestehen und ist die Zerspaltung, die als Ergebnis des Falls auf Erden nur für die niederen Regionen der Offenbarung besteht, nicht vorhanden.
Vom heiligen Symbol des Herzens Gottes kann dasselbe gesagt werden. Im wahren geistigen Aspecte ist es da als das eine wahre Symbol des lebendigen Herzens Christi. Sobald aber die Menschheit vom heiligen Gefäß unterrichtet wird und sich nicht zum geistigen Verständnis und zur mystischen Schauung der Reliquie aufschwingt, zieht sie die Gestalt des heiligen Gefäßes in ihre niedere Vorstellungswelt hinein. Dadurch entsteht ein irdisches Abbild der wahren Gestalt und dieses entwickelt sich zum zerbrochenen Zerrbilde. Es zerteilt sich dieses Zerrbild weiter und, wie beim menschlichen Abbilde, entstehen aus dem einen wahren Centrum Projek tionen, durch welche die Wirkungen des Hauptcentrums auf zweierlei Weise veräußerlicht wird.
Aus dieser Zerspaltung der einstmalig einheitlichen Betrachtung des heiligen Graal in drei Hauptlinien gehen die Verschiedenheiten und chaotischen Auffassungen hervor, die sich alle um das heilige Gefäß gruppieren. Das Verständnis dieser drei Centren: des wahren Mittelpunktes und der zwei Projektionen, auch hier nach oben und nach unten, gibt der Ariadne-Faden durch das Labyrinth der Sagen, Legenden und Dichtungen verschiedenster Art, welche das heilige Gefäß umgeben. Als Symbol des lebendigen Herzens Christi ist der heilige Graal zunächst beschrieben worden in den Legenden, welche — unmittelbar anknüpfend an das Mysterium von Golgatha und den Abendmahlkelch, in dem das Herzblut des Erlösers aufbewahrt wurde — sich auf Joseph von Arimathia beziehen. Die in dem Werk von Robert de Borron erwähnte Legende, daß Jesus selbst Joseph im Gefängnis erscheint und ihm verkündigt, was weiter mit dem heiligen Gefäß geschehen soll — die Aufgabe, die heilige Reliquie inmitten der Heidenvölker zu tragen, aufdaß auch sie dadurch die Kraft des Christentums erfahren mögen — und weiter die Mahnung, daß nur drei verschiedene Menschen nacheinander Priester des heiligen Graal sein durften — als Abbild der Trinität Gottes —, dies alles zeigt hin auf die ursprüngliche und centrale Auffassung des heiligen Gefäßes, als des wahren ewigen Symbols des lebendigen Herzens Christi, unmittelbar verbunden mit dem auferstandenen Gott-Menschen Jesus Christus, der dem ersten Priester und Hüter dieses Heiligtums seinen Willen kundgibt. Von diesem heiligen Graal wird in keinen der späteren Graallegenden mehr gesprochen.
Von diesem heiligen Gefäß wird erwähnt, daß es von Engeln gepflegt und gehütet wurde in den himmlischen Regionen in jenen Zeiten, da die Menschen auf Erden noch nicht durch die Taufe gereinigt und gewürdigt waren, es zu übernehmen.
Ehe der Gottmensch auf Erden lebte, als Er, auf Seinem Weg zur Erde, die Chöre der Hierarchien durchwanderte, waren es die Engel, deren himmlische Regionen dem Menschenreich am nächsten liegen, die das innerste Wesen des Gottes-Sohnes, das Herz Gottes, in ihrer Mitte hatten, ehe es sich für die Erde offenbarte. Als sich dann unter den Erdenmenschen solche fanden, die durch die heilige Taufe Anteil am Gottes-Sohn erlangt hatten, war das wahre Wesen Christi — das Herz Gottes — inmitten dieser Menschen anwesend. So konnten die, welche ihr eigenes innerstes Wesen mit dem des Gottmenschen verbanden, wie es Joseph von Arimathia tat, das Symbol des lebendigen Herzens Christi, den heiligen Graal, hüten und pflegen.
Wie der heilige Graal unter heidnische Völker getragen wird, wie er aber hernach verschwinden muß vor den Blicken der Menschen, weil diese sich als unwürdig erweisen, die heilige Reliquie in ihrer Mitte zu behalten, das alles wird noch weiter in den Legenden beschrieben, die sich auf Joseph von Arimathia beziehen. Damit ist all das, was auf das heilige Gefäß deutet als Symbol des Herzens Gottes, beendet. In keiner der mannigfaltigen Auffassungen über die Bedeutung des heiligen Graal ist weiter noch die Rede von dem Gefäß als einer christlichen Reliquie, durch welche die Kraft und das   Leben   Christi   in   den   heidnischen   Völkern   wirkt   als   das   lebendige Herz Christi. Der heilige Graal, gedacht als das wahre ewige Centrum göttlicher Kraft, welches inmitten der Menschheit geblieben ist, seitdem der Gott-Mensch auf Erden lebte, knüpft sich als solches unmittelbar an das letzte Abendmahl, das durch den Erlöser mit seinen Aposteln gehalten wurde; ebenso nehmen von hier aus die Taten der Apostel ihren Ausgangspunkt. Der Abendmahlkelch, in welchem das erste Opfer der Eucharistie von Jesus selbst gebracht wurde, wird als derselbe Kelch betrachtet, in dem Joseph von Arimathia das Herzblut Christi aufbewahrt hat. Das wahre innere Verständnis des heiligen Graal bringt ihn zusammen mit dem geheiligten Kelch der ersten christlichen Gemeinde, wie auch die Aufgabe Josephs von Arimathia und die der Apostel dasselbe Ziel hat: die Verkündigung des Christentums und die Bekehrung der Heiden. Wo das wahre geistige Verständnis der heiligen Reliquie auftritt, da wird die Einheit zwischen Abendmahlskelch und dem heiligen Graal sich offenbaren, gleichwie die Einheit des Strebens den Worten Christi gemäß das Evangelium allen Völkern zu verkündigen.
Anders ist es, wenn die esoterische Hauptlinie verlassen wird und die beiden anderen Centren sich geltend machen, welche die Veräußerlichung der Kräfte des ursprünglichen Centrums darstellen. Diese beiden Centren sind wie zwei Pole, durch welche die Kräfte des wahren Centrums sich in zerbrochener Weise offenbaren. Sowie beim Menschen die Zerspaltung des Herz-Centrums nach oben in das Centrum des Gehirns, nach unten in das der Pudenda auftritt, so entstehen aus der Hauptlinie des heiligen Graal, welche als die des Herzens bezeichnet worden ist, zwei Linien, von welchen die eine verglichen werden kann mit einer Projizierung der Hauptlinie nach oben, während als Gegenpol eine andere nach unten auftritt.
Nachdem der heilige Graal für die Blicke der Menschen verborgen ist, erscheint später im Laufe der Zeiten eine Offenbarung des heiligen Gefäßes, welches dann nicht mehr als ein Symbol des Herzens Gottes aufgefaßt werden kann, mit dem, was sich im Menschen als die höchste, geistige Tätigkeit des Gedanken-Schaffens ausnimmt: Gedanken, welche sich nicht auf die Welt Lucifers beziehen, sondern unmittelbar aufwärtsstreben und sich in die himmlischen Regionen erheben. Mit solcher Gedankenkraft, die sich zur göttlichen Weisheit hinbewegt, ist jene Erscheinung des heiligen Graal verbunden; sie offenbart sich der Menschheit wieder als Veräußerlichung der göttlichen Kraft des eigentlichen Centrums, des Herzens Christi, nachdem das wahre Symbol aufgehört hat  sichtbar da zu sein.
Nicht wie das Symbol des Herzens Christi sollte jene zweite Offenbarung des heiligen Graal von drei auserlesenen Priestern durch die Welt getragen werden, sondern an einem festen Ort auf Erden sollte der heilige Graal stehen und geschützt werden vor der Außenwelt durch diejenigen, die ihn hüten konnten. So wird dann von der Burg des heiligen Graal gesprochen, von jener Burg, die, gleichwie ein Adlernest auf hohem Felsen ragend, nur umringt ist von den Himmelswolken und umgeben von einer überirdischen Stille. Sowie im Kopf des Menschen, erhoben über alle anderen Teile seines Organismus, in geheimnisvoller Stille die Erschaffung solcher Gedanken vor sich geht, welche, ohne Anregung von äußeren Sinneseindrücken, sich nur auf die himmlische Weisheit richten, so ragt die Graal burg empor über ihre irdische Umgebung, auf hohen Felsen gebaut, abgetrennt von der äußeren Welt und ungestört von Eindrücken aus derselben.
In dieser Burg wurde das heilige Gefäß bewahrt, welches das Blut Christi enthält. Ist mit dem centralen Symbol des heiligen Graal, als Herz Gottes, jene Kraft zu verbinden, die von dem urväterlichen Centrum ausstrahlt und seine eigene Peripherie bildet, so hat die zweite Offenbarung des heiligen Graal Beziehung zu jenen urmütterlichen Kräften, die als Peripherie das Wesen der himmlischen Lichtjungfrau offenbaren. Daher kann auch das erste Symbol als wahres Centrum überallhin getragen werden und in eine verschiedene Umgebung, wie in eine Peripherie, seine centralen Kräften ausgießen als das Herz Christi. Das zweite Symbol aber soll selbst centralisiert werden; es soll als seine Umgebung ein festes Centrum haben, in dem es tätig ist und durch welches es auch geschützt wird gegen weitere Expansion und der damit verbundenen Gefahr der Zerspaltung.
So wird der heilige Graal, als Symbol der geistig-schaffenden Gedankenkraft, in der Graalburg aufbewahrt. Wie Michael der Hüter des heiligen Graal ist, seitdem Christus sich auf Golgatha der Menschheit opferte, so ist Michael wiederum Hüter der zweiten Offenbarung des heiligen Graal, welche verbunden ist mit der Kraft des geistigen Gedanken-Schaffens im Menschen. Im Menschen wirkt diese Kraft vermittels des edelsten Teiles im Gehirn im oberen Teil des Organismus, der insbesondere unter Michaels Einfluß steht, im Gegensatz zum unteren Teil, in dem Lucifer stärker wirkt. Es ist das Wesen der himmlischen Lichtjungfrau, vereint mit der Kraft des Heiligen Geistes, welches zur zweiten Offenbarung des heiligen Graal Beziehung hat, und ihre Kräfte verbinden sich mit denjenigen des großen Erzengels Michael, des Hüters des heiligen Gefäßes.
Die erste Offenbarung des heiligen Graal als des Herzens Christi vermittelt das ewige Leben, die Auferstehung in Christus. Der Gottes-Sohn, vereint mit dem Vater, strahlt vermittels jenes Centrums göttliche Liebe und geistiges Leben in den Kreis derjenigen ein, zu denen es hingetragen wird. Mit der zweiten Offenbarung des heiligen Graal ist die Kraft des Lichtes verbunden; sie ist durchleuchtet mit der göttlichen Weisheit, dem Wesen der Lichtjungfrau, und strahlt durch die göttliche Liebe des Sohnes. Mit ihr vereinigt ist die Kraft des Heiligen Geistes, die sich in der Gestalt der weißen Taube offenbart. Aus himmlischen Regionen senkt sich die Taube herunter auf das heilige Gefäß, wie einstmals bei der Jordan-Taufe auf das Haupt des Gott-Menschen Jesus Christus, gleichsam die Verbindung zwischen Himmel und Erde darstellend.
Der heilige Graal, als Symbol der göttlichen Weisheit, durchleuchtet mit dem Wesen der himmlischen Lichtjungfrau, hat eine unmittelbare Beziehung zur lichtvollen Peripherie der Himmelsrose und zu den drei himmlischen Regionen des Empyreums, des Kristall-Himmels und des Fixstern-Himmels, letztere mit der zwölffachen Einteilung. Daher müssen die, welche als Hüter und Pfleger des heiligen Gefäßes in der Graalburg verweilen, ein Abbild der zwölf himmlischen Constellationen darstellen, sodaß zwölf Hüter da sind, von welchen ein jeder die besonderen Kräfte aus einem der   zwölf  Gestirne   in  sich   spiegelt.  Vereinigt   sind   sie   ein  Abbild   des Lichtes der Weisheit, in welchem sich das Wesen der himmlischen Lichtjungfrau offenbart, indem jeder für sich das Abbild des großen Hüters des heiligen Gefäßes darstellt, sodaß das Wesen Michaels sich in ihm spiegelt. Reinheit, Standhaftigkeit oder Treue und die völlige Hingabe aller Kräfte in opferfähiger Entsagung, das waren die ersten drei Bedingungen, welche die zwölf Hüter des heiligen Graal zu erfüllen hatten, da sie die Kraft der himmlischen Lichtjungfrau und den Starkmut Michaels in sich spiegeln sollten.
Es ist weiter oben erwähnt worden, daß noch eine zweite Peripherie da war, welche in siebenfacher Zerteilung ein Abbild der sieben Centren darstellte, die als Planeten im Kosmos gebildet wurden durch die Wirkung Lucifers und die entgegenwirkenden Taten der Diener Gottes. Das heilige Gefäß nicht so unmittelbar umgebend, hatten die, welche einen Teil dieser siebenfachen Peripherie ausmachten, die Aufgabe, die Wirkung der göttlichen Boten in sich zu spiegeln, so wie diese Lucifer bekämpfen. Gleichsam das Abbild jener göttlichen Boten darstellend, sollten diese sieben Diener des heiligen Graal, gleich Boten, von Zeit zu Zeit in die Welt hinausziehen mit dem Ziele, für irgend welchen bestimmten Zweck die Taten Lucifers auf besondere Art zu bekämpfen. Jeder dieser sieben Boten ist verbunden mit dem Wesen eines der großen Erzengel, die auf einem der im Kosmos gebildeten Centren oder Planeten den großen Widersacher bekämpfen. Hatte ein solcher Bote, mit den Kräften des betreffenden Erzengels bewaffnet, seinen Zweck erfüllt, dann kehrte er in die Graalburg zurücks wo er teilnahm an jenen Mysterien des heiligen Graal, die ihm Kraft verliehen, neue Taten zu vollbringen.
Diese Mysterien waren der mystische, ceremonielle Dienst des heiligen Graal. Die Zwölf und die Sieben, als Abbild der zwölf Gestirne und der sieben Planeten, bildeten hierbei den kosmischen Umkreis, in den das heilige Gefäß als leuchtendes Centrum gestellt war. Dieses zeigt eine gewisse Übereinstimmung mit den vorchristlichen Mysterien, insbesondere mit den chaldäischen und ägyptischen. Auch da wurde durch den Priester ein Abbild der zwölf Gestirne und der sieben Planeten dargestellt, doch wurde in diesen Mysterien die Anbetung der kosmischen Kräfte und magischer Sternendienst gepflogen.
Die magischen Priester letztgenannter Mysterien stellten gemeinsam die Peripherie dar, und jeder von ihnen war Träger der Kräfte aus einem der zwölf Gestirne oder von einem der sieben Planeten; auch da wurde ein Centrum angenommen, in dem die kosmischen Kräfte der Gestirne sich vereinigten und das wiederum als Mittelpunkt Kräfte in die Peripherie hineinstrahlte. Doch konnte jener Mittelpunkt nur ein Centrum von magischen Kräften sein; das heilige Gefäß, welches das reale Blut des Erlösers enthält, war in den vorchristlichen Mysterien noch nicht vorhanden. Auch jene Mysterien bezogen sich weniger auf die Region des Fixsternhimmels und die urmütterliche Peripherie als auf die Weltseele, die Magna Mater.
Es konnte sich das Wesen der himmlischen Lichtjungfrau damals nicht auf solche  Weise  offenbaren,  wie  dies  in  den christlichen Mysterien des heiligen Graal geschah. Erst mit der zweiten Schöpfung vereinte sich das Wesen des Heiligen Geistes mit dem der Lichtjungfrau, als sich das Angesicht des Sohnes aus der Trinität der Schöpfung zugewandt hatte; dann erst, als Folge davon, lebt der Gottes-Sohn als Mensch auf Erden und erhält das Wesen der Lichtjungfrau ihr Abbild auf Erden in der jungfräulichen Mutter des Gott-Menschen.
So enthalten die ägyptischen Mysterien den Kultus der Wesen, an deren Stelle in den christlichen Mysterien des heiligen Graal, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist treten. Die ägyptische Isis, welche in Verbindung mit O s i r i s, ihrem durch Typhon zerstückelten Gemahl, die Tragik darstellt, die nach dem Fall der Engel mit dem dritten Schöpfungsraum entstand, dadurch, daß die Peripherie sich von dem Centrum getrennt hatte, enthält, im höchsten Aspecte aufgefaßt, den Hinweis auf die himmlische Lichtjungfrau, die leuchtende wahre Peripherie. O s i r i s hat Bezug auf das urväterliche Centrum, das wie eine Quelle des geistigen Lebens dasteht. H o r o s, der Sohn der Isis, deutet auf eine Vorherfühlung des Kommens des Gottes-Sohnes Christi als Menschen-Sohn auf Erden.1)

1) Es bestand ein großer Unterschied zwischen dem ursprünglichen, viel mehr mystischen und dem späteren eher magischen Charakter der alten ägyptischen Weisheit.


Weil sich die Kräfte der göttlichen Trinität erst mit der Erde verbunden haben vermittelst des Gott-Menschen Christus, so sind die drei Personen der ägyptischen Mysterien aufzufassen in Verbindung mit dem Wesen des urväterlichen Centrums, der urmütterlichen Peripherie und des Mittlers, noch als Bote zwischen diesen beiden Prinzipien, so wie es bei der ersten Schöpfung war, ehe sich die Kräfte der Trinität in dem Gott-Menschen Christus  vereinten und durch Ihn  unmittelbar  mit  der  Erde  verbunden
wurden.
♦    *    *
Sowie in den vorchristlichen Mysterien, die sich auf Magie und Sternendienst bezogen und in jener Zeit gebräuchlich waren, da die Taten Lucifers sich kraftvoll offenbarten, lag auch für die christlichen Mysterien des heiligen Graal die Gefahr nahe, daß Lucifer sich auch dort einmischen würde. In den ägyptischen Mysterien hatte in späteren Zeiten das Prinzip des Eigenwillens bei der Ausübung der Magie die Überhand gewonnen. Statt sich als die Diener Gottes zu betrachten, die, dem göttlichen Willen gemäß, die Kräfte der Weisheit in Verbindung bringen sollten mit den irdischen Verhältnissen, war die Mehrzahl der ägyptischen Magier dazu gekommen, sich die Ausbreitung ihrer Macht zum Ziele zu setzen und mit dieser Macht zu herrschen über andere. Dadurch konnte damals Lucifer seine Kraft erst recht geltend machen und den Niedergang der wahren Mysterien herbeiführen.
In den Graal-Mysterien war, an Stelle des magischen Centrums, zwar das göttliche Centrum des heiligen Gefäßes mit dem realen Blute des Erlösers gestellt worden, als Anknüpfungspunkt für die Offenbarung des Heiligen Geistes, statt der früheren Ausübung der Magie; doch war es insbesondere Lucifers Ziel, zu diesen christlichen Mysterien dasselbe Verhältnis zu gewinnen, wie er es einstmals den ägyptischen Mysterien der späteren Zeiten des Unterganges gegenüber hatte. Es waren die Mysterien des heiligen Graal von Anfang an fortwährend und auf das heftigste den Angriffen Lucifers ausgesetzt. Die Graalsburg war für Lucifer wie die immer lebendige irdische Offenbarung der Wunde, welche ihm durch den Opfertod Christi im Herzen zugefügt war.
Es war dem Widersacher schon gelungen, die Menschheit soweit zu beeinflussen, daß sie sich als unwürdig erwies, das heilige Gefäß als Symbol des lebendigen Herzens Christi zu schauen, sodaß es für die Blicke der Menge unsichtbar wurde. Die zweite Offenbarung des heiligen Gefäßes, als Symbol der höchsten Weisheitskraft unmittelbar verbunden mit dem Wesen der Lichtjungfrau, war seiner Gegenwirkung nicht weniger ausgesetzt. Seitdem mit dem Fall Lucifers die vier Zerspaltungs-Linien entstanden waren, ist ihm die Macht geblieben, in jede Peripherie so einzuwirken, daß eine Art Zerspaltung auftreten kann. Bei jedem zwölffachen Umkreis ist diese Möglichkeit da und wirkt sich auch meistens aus. Selbst unter den Aposteln Christi gab es einen, der in jenem zwölffachen Kreis die Stelle einnahm, wo der Widersacher einwirken konnte. So war es auch mit den Mysterien des heiligen Graal; es kam die Zeit, wo auch der Einfluß Lucifers in jener zwölffachen Peripherie auftrat. Die wahren Mysterien des heiligen Graal wurden entweiht, die Kraft des heiligen Gefäßes gebrochen; kein Anknüpfungspunkt konnte es mehr sein zwischen den himmlischen Regionen und der Erde; die Taube stieg nicht mehr herab aus geistigen Höhen. Es mußte der heilige Graal mit denen, die den wahren Mysterien treu geblieben waren, wiederum für die Blicke der Menschheit verschwinden. Verborgen auch wurde der Menschheit von dem Momente an die Kunde des heiligen Gefäßes und der Mysterien, die sich auf dasselbe beziehen.
In dieser Zeit trat unter jenen Menschen, welche diesen Verlust im Innersten ihrer Seele empfinden konnten, das Bedürfnis auf, sich hinzubegeben an den Ort auf Erden, der die Heimat des heiligen Symbols war. Die Kreuzzüge nach dem Heiligen Land, nach dem Grabe des Erlösers, fingen an. Es wurde dann das Grab Christi die wertvolle Reliquie, die aus den Händen der Heidenvölker genommen werden sollte. Diese Auffassung gab die Veranlassung zu den Kreuzzügen.
Das Schaffen geistiger Gedanken im Menschen kann durch Interesse an der Welt der Sinne zur Tätigkeit des weltlichen Denkens herabsinken, sodaß der Mensch, durch Lucifer verführt, seine Gedankenkraft mit der äußeren Welt ausschließlich verbindet. Das Symbol des höchsten Weisheitselementes, als Spiegelung des Heiligen Geistes, herabzuziehen auf das Niveau weltlicher Weisheit, die Kraft des Symbols des heiligen Gefäßes für seine Welt zu gewinnen, das war das Ziel Lucifers. Aufs neue trat die Wiederholung ein dessen, was vorgegangen war, als er den ersten Menschen im Paradiese verführte. Die Gewinnung größerer Offenbarungskraft, Ausbreitung und Erweiterung der Tätigkeit, verstärkte Anpassungs-Möglichkeit der himmlischen Weisheits-Kräfte an die irdischen Verhältnisse, das war es, was Lucifer den Hütern und Dienern des heiligen Graal schilderte, als die Resultate einer näheren Beziehung der Mysterien zu den irdischen Verhältnissen.
Die siebenfache Peripherie, welche mehr Beziehung hat zu der äußeren Welt als die zwölffache, da sie das Abbild der sieben Planeten darstellt, konnte durch die Sinnenwelt leichter dazu verführt werden, sich zu tief in sie einzuleben. Die sieben Boten, welche von Zeit zu Zeit, ihrer Aufgabe gemäß, die Graalburg verließen und in die Welt hinauszogen, konnten durch Verführung jener Welt eher an sie gekettet werden, da sie in dem Gebiet von Lucifer selbst tätig waren. Sie waren Träger der Kräfte der großen Erzengel, die den Taten Lucifers entgegenwirken; zugleich aber stellten sie das Abbild eines der Centren dar, in welchem sich der Streit zwischen einem der Erzengel und Lucifer abspielte. Es hätte Lucifer innerlich auf diese sieben Boten wirken, und sie gänzlich in seine Macht erhalten können, wenn es ihm gelungen wäre, seine Kräfte in ihnen dermaßen zu stärken, daß die Kraft des Erzengels dadurch überwunden würde. Dieses aber war Lucifer nicht möglich; dennoch wußte er es soweit zu bringen, daß in diesen sieben Boten eine dualistische Natur auftrat, sodaß sie nicht nur von dem Wesen eines der Erzengel beeinflußt wurden, sondern auch das Wesen Lucifers in ihnen wirkte.
Diese sieben Boten weilten in der Welt, da sie sich an diese gekettet hatten, als die Burg des heiligen Graal mit denen, welche treu geblieben, für die Blicke der Menschheit verschwand. Je nachdem sich jeder einzelne der sieben Boten in höherem oder geringerem Maße von Lucifer verführen ließ, war die Erinnerung und Sehnsucht an das verlorene Geistesgut in ihnen wachgeblieben oder erloschen. Diese von Lucifer verführten und seinem Einfluß ausgesetzten sieben Boten stellen den Typus der in der Welt umherirrenden Ritter dar, die nach dem für sie verloren gegangenen heiligen Graal suchen. Dieses Suchen ist veranlaßt durch eine Erinnerung an frühere Zeiten und entstammt jenen Kräften der Seele, die dem Wesen des Erzengels dienen wollen; zu gleicher Zeit aber sind es Abenteuer, Frauendienst und Kampfeslust, die sich in der Seele regen, wenn die Kräfte Lucifers wirken. Dem Gottesboten, dem großen Erzengel dienend, sucht ein solcher zerbrochener Bote des ihm verschwundenen Graal: Religion; als Diener Lucifers aber sucht er die Abenteuer des weltlichen Rittertums.
In den mittelalterlichen Legenden der „Tafelrunde", die sich um den heiligen Graal bewegen, zeigt sich dieses dualistische Element immer in denjenigen, die auf die Suche nach dem Graal ausgehen. Die mannigfaltigsten Verführungen aus der Sinnenwelt treten ihnen dann entgegen, welche sie nur teilweise überwinden; insbesondre ist die weibliche Schlange das immer kraftvolle Mittel zur Verführung im Dienste Lucifers.
Sowie in diesen Legenden ein Bild gegeben wird von dem Typus des gefallenen einstmaligen Boten des heiligen Graal — durch Lucifer verführt und seelisch gekettet an die Sinnenwelt, wie einstmals die ersten Menschen an die Erde — so ist in jenen Legenden auch ein Hinweis zu finden auf das, was aus der zwölffachen Peripherie der Hüter und Pfleger des heiligen Gefäßes geworden ist, nachdem es Lucifer gelungen war, in diese Peripherie hineinzuwirken. Dadurch, daß ein Teil der zwölffachen Peripherie der Hüter, statt sich nur als den Spiegel des heiligen Gefäßes zu betrachten, allmählich dazu kam, auf die Worte Lucifers zu hören, angefangen bei dem Punkte, an welchem seine Stimme zunächst in diesen Um kreis hineinklingen konnte, kehrte sich der seelische Spiegel teilweise von dem geistigen Centrum ab und wandte sich der Welt Lucifers zu. Dasselbe geschah, was einstmals mit den ersten Menschen, zunächst mit Eva, dann mit Adam vor sich ging, als ihre Seelen sich vom Geistigen abwandten, nachdem sie durch die Schlange verführt worden waren.
Von den zwölf Hütern des heiligen Graal ließen sich indessen nicht alle durch Lucifer beeinflussen; die meisten blieben dem hohen Ziele ihrer Mission getreu. Es waren aber einzelne, welche meinten, daß eine nähere Beziehung zur äußeren Welt am Ende bessere Ergebnisse für die Erdenmenschheit bringen würde. Durch diese Verschiedenheit in dem einstmals einheitlichen Kreis zerbrach die Peripherie und trennt sich in zwei Teile, von welcher jeder einer anderen Richtung zustrebte. Diejenigen, die den wahren Mysterien des heiligen Graal getreu blieben, mußten für die Blicke der Menschheit verschwinden, sodaß diese letztere von dem wahren Mysterium und dem heiligen Graal selbst, als Symbol des himmlischen Weisheits-Elementes — der Lichtjungfrau — nichts mehr erfahren konnte. Die andren aber, die nähere Beziehung zur äußeren Welt erstrebten, hatten in sich wie einen Abglanz der wahren Mysterien behalten, wie auch ein Abbild der Graalburg und des wahren Gefäßes. Mit diesem Wissen traten sie dann in die Welt hinaus, sodaß in weiteren Kreisen auf Erden eine Offenbarung des Symbols des Graal stattfand.
Von diesem Graal ist in den mittelalterlichen Legenden die Rede, wenn von dem kranken Graal-König Amfortas erzählt wird, der verwundet war, wie einzelne Legenden berichten, durch die Lanze, mit welcher dem Erlöser auf Golgatha einstmals die Herzwunde zugefügt wurde. Mit den Wunden aber, die der Gott-Mensch an Seinem Leibe trug, und mit Seinem Tod am Kreuze erlitt Lucifer die innere Wunde; die Lanze, durch welche die leibliche Verwundung des Erlösers bewirkt wurde, hat eine direkte Beziehung zur Verwundung Lucifers im geistig-seelischen Aspecte. Amfortas, der kranke König desjenigen Graal, der mit den Kräften Lucifers verbunden wurde, ist, nach jenen Legenden, durch die Lanze verwundet und gelähmt worden, welche indirekt die Kräfte Lucifers gelähmt hat durch das auf Golgatha geflossene Herzblut des Erlösers.
Titurel, als erster Graal-König, nach ihm Frimutel, dann Amfortas, wie sie in den Legenden beschrieben werden, deuten auf das allmähliche Hinschwinden der geistigen Kräfte, die mit dieser Offenbarung des heiligen Graal verbunden waren. Der weltliche durch Lucifer bewirkte Einfluß zeigt sich überall in den Beschreibungen, die sich auf die Burg des Amfortas beziehen, in welcher sich der Graal befindet. Wie einstmals die wahre Graalburg, ist auch sie „Montsalvat" genannt, doch schon die Tatsache, daß von dem Geschlecht der Graal-K ö n i g e die Rede ist, bezeichnet die weltliche Richtung, der gefolgt wurde. Beschreibungen von goldenen und silbernen Geräten mit kostbaren Edelsteinen, welche sich in der Umgebung des Graal befinden, des weiteren ein ganzer Hof von Jungfrauen und Knappen, die den Graal begleiten, dies alles gibt ein deutliches Bild von der Art und Weise, wie das irdische Element das himmlische verdrängt hat. Noch deutlicher offenbart sich dieses in der in den Legenden geschilderten Tatsache, daß der Graal von einer Jungfrau getragen und von 24 Jungfrauen
begleitet wird. Die zwölf würdigen ernsten Hüter und Pfleger des wahren Graal, die das heilige Gefäß wie eine Peripherie umgaben in den wahren esoterischen Mysterien, sind hier ersetzt worden durch die 24 Jungfrauen in reichen Kleidern, von welchen eine das Abbild der Lichtjungfrau darstellen möchte, da das Gefäß durch sie getragen wird. Diese Jungfrauen, zu zwei und zwei gehend, bilden eine Darstellung der Kräfte aus den zwölf Gestirnen, von denen Lucifer das Gegenbild formte, sodaß im ganzen zwölf dualistische Kräfte entstanden, die auch mit der Zahl 24 angedeutet sein können.
Alles, was in den mittelalterlichen Legenden vom Graal erzählt wird, gibt den Hinweis auf die Tatsache, daß die wahren Mysterien des heiligen Gefäßes der Menschheit wiederum verborgen wurden und daß sich an Stelle derselben ein weltlicher Graal-Kultus offenbarte. Statt der Mysterien des heiligen Graal, durch welche die Hüter und die Diener des Gefäßes geistige Stärkung und Nahrung erhielten, wird in den Graallegenden eine offene Mahlzeit beschrieben in einer kostbaren, ästhetischen Umgebung, gehalten in der Anwesenheit von Jungfrauen, Knappen und Rittern. Auch ist von der Form und Kostbarkeit des Gefäßes mehr die Rede, als von seinem Inhalt. Dieser Graal spendet weltliche Gabe überall, wo er hingetragen wird; weltlicher,  irdischer Segen ist mit ihm verbunden.
Der wahre heilige Graal, als Symbol des Herzens Christi, oder als Symbol des höchsten Weisheits-Elements, des Wesens der himmlischen Lichtjungfrau wird denjenigen, die ihn hüten und ihm dienen, die Fülle geistiger Gabe schenken; es wird jedoch von jedem Hüter und Diener dieses heiligen Graal hinsichtlich seines göttlichen Inhalts völlige Hingabe und Verzicht auf alle weltlichen Gaben verlangt. Denn dies nur steht im Einklang mit den Worten Christi: „Wenn jemand mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Luc. 9, 23).
Es geben die Graal-Legenden auch ein Bild der Wirkung Lucifers, wo diese an sich, ohne irgend welche Beziehung zum wahren Graal, auftritt. Die Taten Klingsors auf „Chastelmarveil", auch „Chastelmortel" genannt, offenbaren in unverhüllter Weise die Kraft Lucifers. Was von Klingsor durch schwarze Magie, Zauberei und andere böse Kräfte hervorgerufen wird, hat seinen Ausgangspunkt in dem, was einstmals als der Gegenpol des wahren Graal gewirkt hat. Sowie der wahre Graal das Symbol des geistigen Gedanken-Schaffens im Menschen, des himmlischen Weisheits-Elementes der Lichtjungfrau ist, so steht das, was sich als Gegenpol offenbart, in Beziehung zu den Kräften, die sich im Menschen in den Sexualorganen ausleben und mit dem Wesen luciferischer Magie, der schwarzen Magie und der weiblichen Schlange verbunden sind.
So ist in den Graal-Legenden die Burg des Amfortas und die des Klingsor beschrieben; eine dritte Schilderung ist dem Hof des Königs Artus gewidmet. Das Suchen nach dem heiligen Graal durch die Ritter der Tafelrunde, verbunden mit der Jagd nach weltlichen Abenteuern, tritt da erst recht hervor. Gibt die Beschreibung der Burg des Graal-Königs einen Hinweis auf das, was durch die Verführung Lucifers aus einzelnen der einstmaligen Hüter des Graal wurde, welche der zwölffachen Peripherie angehört hatten, so zeigt sich in dem Typus der Ritter am Hofe des Königs Artus die dualistische Natur der durch Lucifers Einfluß gefallenen, einstmaligen Diener und Boten des heiligen Graal, welche die siebenfache Peripherie darstellten. Der Hof des Königs Artus hat keine unmittelbare Beziehung zum Graal; die Ritter der Tafelrunde ziehen hinaus in die Welt, den Graal zu suchen, weil dieser sich nicht in ihrer Mitte befindet. König Artus selbst ist über jenes dualistische Element erhaben; in ihm hat die Kraft Michaels den luciferischen Drachen besiegt; daher erhält er das Wunderschwert, das eine Kraft besitzt, mit der er alle Gegner überwinden kann. Mit seinem Hofe aber ist es anders; anfangend mit der Königin Ginevra, die sich dem Ritter Lancelot hingibt, macht sich das dualistische Element auf solche Weise geltend, daß die Kräfte Lucifers endlich die Überhand gewinnen. Das Suchen nach dem Graal hört auf; das weltliche Treiben wird immer stärker, bis alles auseinander fällt und der König selber, verwundet und einsam, verschwindet.
Die Graal-Legenden stimmen alle überein in der Tatsache, daß der kranke Graal-König Amfortas nur geheilt werden kann durch die Kräfte Parsifals, des reinen Toren. Erzogen im Walde, fern von allen Menschen, ohne Wissen von der Welt Lucifers, rein im Herzen und dem Dienst Gottes ergeben, kann nur Parsifal dem Graal-König Heilung bringen, weil dieser verwundet und gelähmt ist durch die Verbindung mit den in der Welt wirkenden Kräften Lucifers. Denn gerade, weil Parsifal das Treiben der äußeren Welt fremd blieb, konnte sich in ihm die Kraft Michaels ungetrübt durch die luciferische Gegenwirkung entfalten. So stellte Parsifal ein Abbild Michaels dar, wie einstmals ein jeder der Zwölfe in den Mysterien des heiligen Graal.
So wirkt die Kraft Parsifals, des reinen Toren, wie eine Gegenmacht zu Lucifers Einfluß auf den Graal. Wenn auch in vielen der Legenden Parsifal dennoch behaftet wird mit der dualistischen Natur des irrenden Ritters, sodaß er nicht nur als Retter des Graal dargestellt, sondern auch in viele ritterliche Abenteuer verstrickt, in einzelnen Legenden auch zur Ehe gebracht wird, so gibt es auch noch andere Überlieferungen, in welchen er im wahren Lichte geschildert wird als der unschuldige reine Tor, unverdorben durch die Welt und deshalb im Stande, durch das Element der Reinheit, durch göttliche Ergebenheit und geistige Kraft, die Wirkung Michaels dem luciferischen Einfluß entgegenzustellen, dadurch Amfortas zu heilen und die Verbindung des Graal mit dem himmlischen Weisheitselement wiederherzustellen, so wie das einstmals war unter dem ersten König Titurel. 1)
1) Es besteht noch eine Reihe von halb legendarisdien Überlieferungen mit politischer Färbung, die alle Aspecte der Graalweisheit widerspiegeln. Manche davon sind mit den Geheimnissen des Heiligen Römischen Reiches und mit der sogenannten „eisernen Krone" Karls des Großen verbunden. Die Sagen erzählen, wie in dieser Krone, dem Labarum des Mittelalters, ein eiserner Nagel vom Kreuze Christi eingeschmiedet war.

Der Name Hohenstaufen, vom Worte „Stauf" (Kelch) abgeleitet, also „der hohe Kelch" deutet auf den heiligen Kelch, den heiligen Graal hin. Die Stimmung, die aus dem „Parsifal" R. Wagners, des großen Bayreuther Meisters, spricht, ist in ihrem Ernst und ihrer Würde eine wahre Erquickung nach dem weltlichen, abenteuerlichen, fast sinnlichen Ton, der im allgemeinen in den mittelalterlichen Legenden des Graal hervortritt, insoweit diese sich auf Parsifal beziehen. Die Legenden, die von Joseph von Arimathia erzählen, wie z. B. jene Robert de Borrons, haben einen mehr ernsten Ton, doch siegte mit der Renaissance-Kultur die äußere Version der Graalsage bis auf den großen Umschwung, der durch R. Wagners Meisterwerk hervorgerufen wurde.
In R. Wagners „Parsifal" wird die Burg des kranken Königs Amfortas beschrieben, auch Parsifals Anblick des Graals. Die Tatsachen führen zwar zurück auf die mittelalterlichen Legenden, dennoch ist die Gesinnung und die Auffassung dieser Tatsachen wie eine Erinnerung an das, was einstmals die wahren Mysterien des heiligen Graal waren, als sich der Einfluß Lucifers noch nicht eingemischt hatte. Auch ist in Wagners „Parsifal" der Graal nicht umringt von dem weltlichen Gefolge der 24 Jungfrauen. Die Abenteuer Parsifals sind so dargestellt, daß sie mehr den Charakter von Prüfungen tragen, in welchen Parsifal seine Kräfte zeigen soll. Klingsors Zaubergarten, Kundrys Wahn und die übrigen Begegnungen, die dem Sucher nach dem Graal entgegentreten, stellen alle nur Hemmnisse dar, die überwunden werden müssen, ehe Parsifal die Heilung des kranken Königs und die Rettung des Graal vollbringen kann. Das Vergnügen der Ritter an Kampf und Abenteuer, die Selbstverständlichkeit, mit welcher der Graal von weltlichem Reichtum, von Pracht und Sinnlichkeit umringt wird — nach den Beschreibungen der meisten mittelalterlichen Legenden — hat bei R. Wagner einer ernsten, würdigen Gesinnung Platz gemacht, die übereinstimmt mit einem richtigen Verständnis des wahren Gefäßes und seines hochheiligen Inhalts. So wird symbolisch esoterische Weisheit in Form der Ars sacra gegeben.
Wenn auch die wahren Mysterien des heiligen Graal dem Anblick der Menschen entzogen werden mußten in den Zeiten des Mittelalters, so gab es trotzdem immer wahre Sucher nach dem heiligen Graal inmitten der Menschheit. Nicht wie die Ritter irrten diese Menschen umher, das Suchen nach dem Graal mit weltlichen Abenteuern vereinigend. In Einfalt und göttlicher Ergebenheit suchten diese Menschen das Symbol des Herzens Christi, des höchsten Weisheits-Elementes, als des Wesens der Lichtjungfrau, das der äußeren Welt verborgen war, in ihrem innersten Wesen zu finden. Als Einsiedler und Mönche lebten sie, abgetrennt von dem Treiben der Welt, wie Asketen und Heilige, in denen das innere Licht Gottes aufleuchten und sich offenbaren konnte. Das Symbol des Herzens Christi wurde in den Herzen solcher Menschen lebendig, das Wesen der Lichtjungfrau offenbarte sich in ihnen. Die dreifachen Gotteskräfte, welche durch den Gott-Menschen in das Herz eines jeden Menschen hineingelegt worden sind durch das Opfer Christi, wurden in ihnen auferweckt.
Es stehen diese Menschen da, inmitten des weltlichen Treibens wie das ewig-menschliche Ideal, als wahre Nachfolger Christi, ein Beispiel und eine Mahnung für die, welche sich nicht bis zu ihrem Standpunkt erheben können. Es zeigt sich dieses Ideal gerade im Mittelalter wohl am stärksten in dem Wesen des heiligen Franziskus von Assisi. Es wird in seinen Lebens beschreibungen erzählt, wie er als Jüngling sich hingezogen fühlte zum Leben des weltlichen Rittertums, sein Gefallen an reicher Kleidung, seine Freude an ritterlichem Kampf und Festlichkeiten im Kreise seiner Freunde. Als dann die Stimme Christi vom Kreuze herab zu ihm gesprochen und er das Leben weltlicher Freude eingetauscht hat gegen das strenge Leben des Bettelmönchs, hat er das weltliche Rittertum in ein geistiges verwandelt. Ein Sucher nach dem heiligen Graal in sich ist er geworden; zum heiligen Gefäß wird er selber, denn die weiße Taube, das Symbol des Heiligen Geistes, läßt sich auf ihn hernieder. In seiner Seele lebt das Wesen der Lichtjungfrau, in seinem Herzen lebt Christus. Das Blut des Erlösers, als der hochheilige Inhalt des Gefäßes, gibt sich an ihm kund, als er die Stigmata an den Händen und Füßen und auch die Herzwunde Christi an seinem Leibe erhält.
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Die heilige Kirche Christi                      

Kapitel VIII

Unmittelbar von dem Gottmenschen Jesus Christus ausgehend, so wie Er als Mensch unter den Menschen lebte, nimmt die erste Linie des göttlichen Planes der Erlösung ihren Ausgangspunkt beim letzten Ostermahl, als Christus den Zwölfen eigenhändig Seinen Leib und Sein Blut darreichte. Wie von Hand zu Hand wird dieses eucharistische Opfer Christi weitergegeben; innig und unmittelbar ist die Beziehung zum Gott-Menschen, welche durch die erste Linie entsteht. Die Apostel wiederum spenden ihrerseits das Opfer als den Leib und das Blut Christi weiter an diejenigen, die den Gottes-Sohn in Christus anerkennen und an Ihm teilhaben wollen.
Als sich im Laufe der Zeiten die christlichen Gemeinden formen und das Christentum immer mehr zunimmt, wird die Kette, welche vom heiligen Abendmahl Christi mit den Zwölfen ausgeht, zwar länger, dennoch bleibt sie ungebrochen in ihrer Einheit bestehen. Das Opfer Christi, von Hand zu Hand weiter gereicht, bleibt in seiner ursprünglichen Kraft erhalten. Dasselbe ist der Fall mit der Taufe; sie geht wie die übrigen Sakramente ebenso in der Überlieferung weiter als die Fortsetzung dessen, was Christus seine Jünger lehrte.
Inmitten der Menschheit und für die Menschheit auf Erden wirkt diese erste Linie. Ihr Ziel ist deshalb nicht, bis in das Centrum der Erde und der Hölle einzudringen, um da mit Lucifer zu kämpfen; statt dessen will sie in das Herz eines jeden Menschen eindringen und die göttlichen Kräfte, durch das Opfer Christi am Kreuze dort hineingebracht, stärken und beleben, aufdaß die Wirkung Lucifers im Menschenherzen abgeschwächt und endlich überwunden werde. Sie will die Kraft der Hölle dadurch brechen, daß sie die Menschenherzen während des Lebens auf der Erde der Gewalt Lucifers entzieht.
Während die zweite Linie, die vom heiligen Graal mit dem Herzblute Christi ausgeht, ein Abbild darstellt des neuen Centrums im Kosmos, umringt von den sieben Centren, den Planeten, und den zwölf Constellationen aus der Region des Fixsternhimmels — wie das große makrokosmische Gefäß, in welches die Kraft der göttlichen Trinität hineinstrahlt — so hat die erste, vom heiligen Abendmahl ausgehende Linie keine solche Verbindung mit den Planeten und Gestirnen.
Statt von dem Centrum der Erde, geht die erste Linie von dem aus, was als neues Centrum in die Menschheit und in das Herz eines jeden Menschen durch Christus selber gelegt worden ist, und verbindet dieses unmittelbar mit dem Wesen der göttlichen Trinität, vermittelst des gleichen Weges, den der Gottmensch nahm, als Er bei der Himmelfahrt durch die Reihen der
christlichen Hierarchien wiederum hinaufstieg zum Vater. Diejenigen, welche wahre Nachfolger Christi werden innerhalb der christlichen Gemeinden, verbinden sich auf diesem Wege unmittelbar mit dem Erlöser. Nachfolger    
Christi zu werden, den schmerzvollen Tod zu erleiden, so wie Er ihn erlitten hat, hernach zu Ihm zu gelangen und sich mit Ihm zu vereinigen: das war auch das Ziel, welches den Märtyrern ihre große Kraft gab, insbesondere in
den ersten christlichen Zeiten.
Die christlichen Gemeinden finden sich im Laufe der Zeiten zur christlichen Kirche zusammen. In ihr wird die hierarchische Ordnung eingeführt, gleichwie ein Abbild der himmlischen Hierarchien. Jene, welche das Lebensmark der Kirche Christi auf Erden sind: die Heiligen, die aus ihr hervorgehen, steigen den direkten Weg aufwärts durch die Reihen der Hierarchien Christi und leben inmitten der Chöre von Engeln, Erzengeln, Cherubim und Seraphim; sie vereinigen sich mit dem Wesen Christi schon während sie noch als Menschen auf Erden sind. Unter den vielen, welche dieses erreicht haben, sind besonders bemerkenswert der heilige Dominikus und der heilige Franziskus, da der erste die Weisheit eines Cherubs, der letzte die Liebe eines Seraphs in seinem Wesen trug. Der heilige Franziskus, dem der gekreuzigte Heiland in der Gestalt eines Seraphs erscheint auf dem Berge La Verna, erhält unmittelbar nach dieser Vision die Stigmata als Zeichen seiner Einswerdung mit Christus.
Wenn auch aus der großen Menge der Menschheit verhältnismäßig wenige schon während des Erdenlebens den Weg, der durch die Reihen der Hierarchien führt, so weit aufwärts gehen können, daß sie zur Einswerdung mit Christus gelangen — so haben diejenigen, die sich zur Kirche Christi hingezogen fühlen, doch das innere Bestreben, dem Gottmenschen — der für die Menschheit lebte und starb auf Erden — als dem höchsten Ideal nachzufolgen. Durch die sieben heiligen Sakramente der Kirche werden die Kräfte, die der Mensch auf diesem Wege braucht, in ihm gestärkt, denn diese Sakramente sind die Fortsetzung und zugleich Erneuerung dessen, was die Apostel von Christus selbst empfangen haben, während Er auf Erden mit ihnen war.
Gleichwie die Mutter Gottes einstmals unter dem Kreuze stand auf Golgatha, leidend mit ihrem Sohne und anbetend den Gottes-Sohn, den Gekreuzigten, so lebt und wirkt die heilige Kirche Christi, stehend unter dem Kreuze, das ihr Kraft und Schutz verleiht, voller Andacht und Erinnerung an das Opfer Christi. In dem Kirchenjahr wird der Verlauf des Lebens des Gott-Menschen auf Erden jährlich gefeiert. Die Kirche selbst ist der Ausdruck und die Folge dieses Lebens; und jeden Tag, gleichwie die Sonne aufgeht und täglich der Erde ihre belebende Kraft spendet, wird die Opferung des Leibes und des Blutes Christi in der Eucharistie durch die heilige Messe wiederholt; es ist die geistige Gnadenquelle, die immerfort der Menschheit zufließt in der Fortsetzung und Erneuerung des einstmalig gebrachten Opfers beim letzten Abendmahle und auf Gogatha.
Während die Bruderschaft des heiligen Graal die Jungfrau Maria, als die Schützerin des Heiligen Gefäßes, insbesondere im makrokosmischen Aspecte verehrt als die himmlische Lichtjungfrau, die vom Heiligen Geiste erleuchtete Trägerin des Weisheits-Prinzipes, erkennt die Kirche Christi sie auch in dem Aspecte der jungfräulichen Mutter Gottes an, die, als Mensch auf Erden lebend, das Leiden ihres Sohnes, des Gottmenschen, miterlitten hat. Die Kirche Christi erkennt das Wesen des Gott-Menschen, so wie Er unter den Menschen lebte und starb, insbesondere an; dasselbe gilt von der Gottes-Mutter. So wird die Jungfrau Maria als die Muttes Gottes betrachtet und nach ihrem Tode zugleich als die Himmelskönigin, die himmlische Lichtjungfrau, angesehen, welche, über alle Hierarchien erhoben, ihren Platz an der Seite des ewigen Gottmenschen einnimmt.
Weil Lucifer in alles, was sich auf der Erde offenbart, seine Wirkung hineinmengt, so machte er auch seinen Einfluß in der Kirche Christi geltend, gleichwie er es in der Bruderschaft des heiligen Graal tat. Die letztere aber war der Gewalt Lucifers in viel größerem Maße ausgesetzt als die erstere, weil sie, mit dem Herzen Lucifers selber verbunden, darin kämpfend tätig war. Gleichwie die Kirche Christi Lucifer bekämpft, da wo er in der Menschheit und in dem Herzen jedes einzelnen Menschen wirkt, so streitet die Bruderschaft des heiligen Graal mit Lucifer selbst, der vom Centrum der Erde aus tätig ist. Diejenigen aus der Kirche Christi, die den Weg aufwärts gehen, welcher durch die Reihen der Hierarchien zur Einswerdung mit Christus führt, haben zu kämpfen gegen die luciferischen Kräfte in ihrem eigenen Wesen und gegen die luciferischen Hierarchien, die den Legionen Christi entgegenwirken. Die, welche aus der Bruderschaft des heiligen Graal als Hüter des heiligen Gefäßes gestellt sind, müssen bei ihrem seelischen Aufstieg Lucifer nicht nur im Centrum des Erdenplaneten bekämpfen, sondern auch noch auf andere Weise. Da ein jeder dieser Hüter das Symbol eines bestimmten Planeten oder einer bestimmten Constellation des Fixsternhimmels darstellt, so ist ein jeder Hüter dazu berufen, Lucifer in dem Aspecte zu bekämpfen, den er in dem betreffenden Centrum hat. Die Kräfte, die verbunden sind mit dem betreffenden Planeten oder der Constellation, strömen den Hütern zu; sie aber sollen die von Lucifer herrührenden Wirkungen zurückstoßen und solche Kräfte, die Lucifer in diesen makrokosmischen Centren entgegenwirken, in ihre Seele aufnehmen und widerspiegeln. Diese göttlichen Kräfte aus den Planeten und Gestirnen, durch die Taten der großen Erzengel und der Legionen Christi der Erde zuströmend,
sollen die Hüter des heiligen Gefäßes in ihre Seelen aufnehmen und bewahren, sodaß sie einen Anknüpfungspunkt für diese Kräfte auf Erden bilden.
In Bezug auf diese verschiedenen Centren, gleichsam in den Organen seines makrokosmischen Leibes, muß Lucifer von den Hütern des heiligen Graal bekämpft werden; dadurch ist dieser Kampf concreter und heftiger als jener, der gegen die luciferischen Hierarchien und die Kräfte Lucifers im Menschenherzen geführt wird. Auch setzt dieser erstere voraus, daß die luciferischen Kräfte in den Herzen derjenigen, die als Hüter des heiligen Graal bestellt werden, schon überwunden sind; denn unmöglich wäre es, Lucifer im makrokosmischen Sinne zu bekämpfen, wenn er noch im Mikrokosmos anwesend ist. Daß diese schwere Bedingung nicht erfüllt wurde, zeigt sich in der Tatsache, daß der heilige Graal den Blicken der Menschheit sich entzog. Er kann deshalb nur in Verborgenheit wirken, bis sich Menschen finden, die seiner würdig sind. Die Kirche Christi hingegen, die der Menschheit und den einzelnen Menschen den Weg aufwärts zeigt vom eigenen Herzen aus und unmittelbar verbunden ist mit Christus, auch im Aspecte des Gott-Menschen, so wie Er auf Erden lebte und starb, konnte der Menschheit offenbar bleiben. Die Bruderschaft des heiligen Graal nimmt ihren Ausgangspunkt auf Golgatha nach dem Kreuzestod Christi und erkennt Christus mehr im Aspecte des Gottes-Sohnes; weil aber die Menschen nicht reif waren, den Gottes-Sohn zu verstehen, mußte der heilige Graal den Blicken der Menschheit entschwinden.
So wie Lucifer den Legionen Christi seine hierarchischen Diener gegenübergestellt hat, konnte er auch da einwirken, wo, als Abbild der himmlischen Hierarchien, die hierarchische Ordnung in der Kirche bestand. Zerbrechen konnte er diese nicht, doch konnte er in die Herzen der Menschen, die als Vertreter himmlischer Wesen da waren, einzudringen versuchen. Auch konnte Lucifer viele von den Menschen, die sich schon vorgenommen hatten, Nachfolger Christi zu werden, dazu verführen, sich statt dessen in seine Gewalt zu begeben.
Ausgehend von dem Gott-Menschen, wirkend inmitten der Menschheit, ist die Kirche Christi für die ganze Menschheit gegeben. Von Christus und den Zwölfen ausgehend, sollte sie sich im Verlauf der Zeiten über die Erde verbreiten. Daher lehrt sie, daß sie, welche keinen Anteil an dem Gott-Menschen haben und diesen nicht in sich aufnahmen, während sie auf Erden lebten, aus den Händen Lucifers nicht gerettet sein können.
Jene große Arbeit des Predigens zur Bekehrung, welche, von den Aposteln angefangen, immerzu fortgesetzt worden ist durch viele Jahrhunderte hindurch und sich erstreckt bis in die entferntesten Gegenden der Erde, findet ihren Ursprung in dieser Lehre.
Als jedoch im Verlaufe der Zeiten viele Menschen sich von der hl. Kirche Christi abtrennnten und auch neue Gemeinden begründeten, in welchen Auffassungen gepredigt wurden, die von jenen der ursprünglichen Kirche abwichen, da wurde der Eifer der Bekehrung in manchen, die zur Kirche Christi gehörten, so groß, daß sie keine Mittel scheuten, die Menschen zurückzubringen. So mischte sich in den ursprünglich heiligen Eifer für das Wohl der Menschheit der Einfluß Lucifers hinein und verwandelte jenen Eifer vielfach in Fanatismus und Feindschaft gegenüber jenen, die eine andere Auffassung vertraten.
Die Kirche Christi, die das neue Centrum, das der Gott-Mensch in die Menschheit und in das Herz eines jeden Menschen hineingelegt hat, pflegen und hüten soll, hat die Aufgabe, die Menschheit dem Gottes-Sohn und der Trinität näher zu bringen. Gleichwie die Menschheit selbst an die Erde gebunden, erheben die kirchlichen Gebäude ihre Stimmen, schallt das Läuten ihrer Glocken zum Himmel empor und strecken sie gleichsam die Hände zum Himmel hinauf, Gnade erflehend. Auf Erden stehend und hinaufschauend zum Himmel, ist die Kirche Christi das Symbol des Erdenmenschen selber. Sie erinnert den Menschen daran, daß er, durch seinen Fall an die Erde gebunden, dennoch hinaufschauen soll und durch die Kraft des Glaubens der Gnade Gottes teilhaft werden kann.
Wenn der Mensch durch den Tod geht, begleitet ihn des Glaubens Kraft bis zu einer gewissen Grenze und kann die Kirche Christi ihm noch Hilfe geben. Während der Zeit, welche vergeht zwischen dem ersten und dem zweiten Tod, wenn der Mensch durch das Fegefeuer hindurchgeht, kann durch die Kraft des Gebetes die Kirche Christi seinen Zustand zum Guten beeinflussen.
Der Mensch, welcher sich während seines Erdenlebens den Kräften Lucifers so hingegeben hat, daß er sein Diener geworden ist und dadurch nach dem Tode in die Regionen der Hölle hineinversetzt wird, kann durch die Kraft der hl. Kirche Christi allein nicht aus diesen Regionen befreit werden. Die Möglichkeit der Befreiung aus dem Herzen Lucifers läge wohl in der Allmacht Gottes, doch hat die Kirche Christi, für die Menschheit auf Erden gegründet, nicht die Mission, in die Regionen der Hölle einzuwirken. Sie kann den Menschen, während er auf Erden lebt, nur auf die Gefahren der Hölle hinweisen, ihn warnen und schützen davor, indem sie das göttliche Centrum im Menschenherzen stärkt.
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Zustand   der Seele  nach  dem Tode  in der christlichen Zeit              

Kapitel IX.

Seitdem der Gott-Mensch auf Erden unter den Menschen lebte und starb, den Tod überwunden hat und wiederum zum Himmel aufgefahren ist zum Vater, ist der Weg, den der Mensch nach dem Tode durchzumachen hat, in solcher Weise geändert worden, daß der Mensch, nachdem er den zweiten Tod bestanden hat, nunmehr in die drei höheren kosmischen Regionen aufwärts steigen kann. Dadurch kann der Mensch nicht nur die Sonnenregion erreichen, in der er das Abbild des himmlischen Paradieses erblickt, welches der Region des Fixsternhimmels angehört, sondern er kann sich geistig aufschwingen bis in die Region des Fixsternhimmels selbst.
Nach dem ersten Tod, wenn der geistige Mensch noch mit der seelischen Hülle umringt ist, soll er alles ablegen, was ihn noch als Erdenmensch an die Erde heftet. Je nachdem, wie eng der Mensch, als geistiges und gotteben-bildliches Wesen, sich mit der subtileren Erdenhülle verbunden hat, wird sein Zustand zwischen dem leiblichen oder ersten Tode und der Ablegung der subtileren Hülle beim zweiten Tode schmerzvoller und von längerer Dauer sein.
Das geistige Bewußtsein des Menschen ist, nachdem Christus auf Erden lebte, intensiver und umfassender geworden als es vorher war, da der Mensch durch die Verbindung mit den himmlischen Kräften des Urbildes vom geistigen Kern zum geistigen Wesen wurde. Die Zustände nach dem Tode lebte er dadurch bewußter und intensiver durch. So kann er auch seinen Aufstieg in die höheren Regionen bewußt durchleben. Hat er sich aber zu stark mit seiner feineren seelischen Hülle verbunden, dann ist der Zustand zwischen dem ersten und dem zweiten Tod ein schmerzvoller, weil er auch mit erhöhtem Bewußtsein durchlebt wird.
Während der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Tod lebt der Mensch sein irdisches Leben seelisch wiederum durch, mit dem Momente, da es mit dem Tode abgeschnitten wurde anfangend, bis an den Zeitpunkt seiner irdischen Geburt. Gleichsam rückwärts durchlebt er seelisch jenen Erdenweg, den er in der irdischen Hülle auf der Erde selber durchmachte. Damit der Mensch auch das in seinem wahren Wert schätzen lernt, was er sich auf Erden durch sein Denken, Fühlen und Wollen angeeignet hat, erlebt er dieses Denken, Fühlen und Wollen mit den Ergebnissen, die damit verknüpft sind, in seine unmittelbare Umgebung projiziert, als die aus der Außenwelt an ihn herantretenden Wirkungen. Während der Mensch sein Erdenleben so zurückerlebt bis zur ersten Kindheit, durchschreitet er verschiedene Perioden, die wie Zeiten-Sphären in Beziehung stehen zu den makrokosmischen Centren, welche die Erde umgeben.
Von der Erde ausgehend, durchlebt er diese Perioden seines Lebens zurück bis an den Kreis der äußersten Planetensphären (Saturn) wie das Spiegelbild der großen Zeiten-Sphären in seinem eigentlichen Erdenleben.
Wenn so das Leben zurückerlebt worden ist und keine weiteren Beziehungen zur Erde selber die Seele gebunden halten, dann kann der Augenblick des zweiten Todes eintreten, in dem der Mensch die seelische Erdenhülle ablegt und nunmehr als geistiges Wesen den unmittelbaren Umkreis der Erde verläßt. Hinaufstrebend durch die Mond-Sphäre, Merkur-Sphäre und Venus-Sphäre zur Sonnenregion, wird der Mensch die Pforte des Paradieses in dieser vierten Region durch das Zeichen der Zwillinge wiederum betreten. Von hier kann er die Sonnenregion weiter durchschreiten bis an das Zeichen des Wassermanns, wo Michael ihm den Durchgang in die drei höheren Regionen freiläßt.
Die Sonnenregion, die der Mensch durch das Zeichen der Zwillinge betritt und bis an das Zeichen des Wassermanns durchschreitet, kann — seitdem Christus sich mit der Erde verbunden hat — vom Menschen auf solche Weise durchgangen werden, daß er jene Zeichen durchläuft, die zu den Kräften Beziehung haben, die er sich nach dem Sündenfall auf der Erde während der vor-christlichen Zeiten aneignen sollte. Durch das Wesen Christi
hat die Kraft der Sonnenregion sich im geistigen Sinne mit der Erde vereinigt, sowie einstmals vor dem Sündenfall Sonne und Erde vereint waren. Daher kann der Mensch, der einstmals die Sonnenregion im Zeichen der Zwillinge verlassen hat und nach seinem Fall die Kräfte der drei folgenden Zeichen: des Stieres, des Widders und der Fische, welche er nicht in der Sonnenregion durchschritten hat, sich auf Erden mühsam aneignen sollte, nun auch diese Zeichen nach seinem Tode in der Sonnenregion selber durchgehen.
Vom Ostpunkt ausgehend, kam Christus der Gottes-Sohn in jene kosmischen Regionen, wo Lucifer wirkt, und durch die Gestirne der Fische, des Widders und des Stieres gehend betrat er im Zeichen des Krebses die Erde, indem er die Kräfte jener Constellationen auf die Erde brachte. So kann der Mensch in den christlichen Zeiten die Sonnenregion auch vom Zeichen der Zwillinge an durch die Zeichen des Stieres, des Widders und der Fische durchschreiten bis an das Zeichen des Wassermanns, statt den Weg zu gehen, der früher durch die Zeichen Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Adler, Schütze, Steinbock bis zu dem des Wassermanns führte. Wenn so der Mensch das Zeichen des Widders durchgeht, dann wird im gegenüberliegenden Zeichen der Waage gewogen, inwieweit in ihm als geistiges Wesen die Sehnsucht nach dem himmlischen Urbilde das Interesse an der verlassenen Erde überragt, und darnach wird das Bewußtsein und Verständnis für die höheren Regionen bestimmt. Die Regionen des Mars, des Jupiter und des Saturn liegen für ihn offen, wenn er die Sonnenregion verlassen hat.
Durchschreiten kann der Mensch als geistiges Wesen diese höheren Regionen, nachdem durch Christus das menschliche Urbild mit dem irdischen Abbild verbunden worden ist. Das, was in den vor-christlichen Zeiten als geistiger Kern des Menschen nach dem Durchgang durch den zweiten Tod frei wurde, ist, seitdem der Gott-Mensch auf Erden lebte, durch seine Vereinigung mit den Kräften des menschlichen Urbildes zu einem geistigen Wesen geworden und kann vermittelst jener Kräfte bis in die Region des Fixsternhimmels aufwärtssteigen, in welcher sich das wahre Urbild offenbart.
Es hängt aber von dem Erdenleben des Menschen ab, wieweit er den Aufstieg zur Region des Fixsternhimmels bewußt durchmachen kann. Hat sich der Mensch, während er auf Erden war, zusehr verbunden mit der irdischen oder mit der seelischen Hülle, welche zur Erde gehört, dann ist dadurch sein wahres geistiges Wesen innerlich geschwächt worden. Durch sein Interesse für die Erde, die er nunmehr verlassen hat, ist die wahre Sehnsucht zum himmlischen Urbilde in ihm getrübt, und so wird er zwar den Aufstieg machen, aber nicht das wahre Interesse an den höheren Regionen in sich erwecken können, das ihm das bewußte Verständnis für diese geben kann. Doch wird er sie durchschreiten und durch die Region des Fixsternhimmels, welche er bei der Constellation der Zwillinge betritt, bis an den Punkt gelangen, der, unter der Constellation des Wassermanns gelegen, von dem großen Erzengel Michael geschützt wird, der sich in dieser Region erst in seiner wahren Gestalt offenbart.
Hat sich der Mensch schon während seines Erdenlebens nach der Vereinigung mit dem himmlischen Urbilde gesehnt, sodaß er als Folge davon nach dem Tode bewußt bis in die Region des Fixsternhimmels aufsteigt, so wird er in der Constellation des Wassermanns das himmlische Urbild der Menschheit erschauen und erleben. Michael wird sich zeigen in seiner wahren Gestalt und, diese durchdringend und umgebend, aus unendlichen Höhen herunterstrahlend, wird das Wesen des Gottes-Sohnes, Christus, sich offenbaren. Hineinschauend in das Empyreum erhält der Mensch den Eindruck vom Wesen der Himmelsrose, in der die göttliche Trinität unmittelbar anwesend ist.
Das geistige Wesen des Menschen erblickt die himmlischen Reiche, die einstmals seine Heimat waren und es in der Zukunft wieder sein können bezw. sein sollen. Bestrahlt vom Lichte der himmlischen Weisheit, erschaut das geistige Wesen des Menschen seine eigene Finsternis, welche besteht aus all dem, was ihn noch ferne hält vom himmlischen Ideal. Das Wesen Christi, als des Sohnes Gottes, ist ihm wie ein Versprechen dessen, was durch die Gnade Gottes zu erlangen ist, wenn die mühsame Pilgerfahrt zur geistigen Vollkommenheit, die den Menschen zu Gott zurückführt, beendet sein wird; wenn er sich durch die Gnade des Vaters und die Liebe des Sohnes geistig mit Christus vereint erleben wird, eins mit Gott selbst im Sohne.
Schuldbewußt fühlt sich da der Mensch, denn ihm ist offenbart, daß der Sohn Gottes seinetwegen auf die Erde hinunterstieg, damit die Rettung der Menschheit und eines jeden einzelnen Menschen ermöglicht würde. Es fühlt der Mensch, daß er zur Tilgung seiner Schuld den Spuren des Heilandes zu folgen und aus freiem Willen den Weg zu gehen hat, den E r einstmals nahm, damit die innere Finsternis im Menschen erleuchtet werde und er sich dem großen Ideal nähere.
Der Mensch, der das geistige Verständnis durch seine Anhänglichkeit an die verlassene Erde getrübt hat, wird den Aufstieg in die höheren Regionen nicht bewußt machen können und dadurch das himmlische Urbild des Menschen gleichwie verschleiert schauen, ohne völliges Verständnis. Dadurch, daß ein gewisses Haften an der Erde noch in seinem geistigen Wesen vorhanden ist, wird ihm nicht die Wahl gelassen sein, aus eigenem freien Willen den Rückweg in die Regionen des Universums zu nehmen, sondern er wird durch die Kraft des eigenen Wesens gleichsam aus den höheren Sphären in die niederen Regionen zurückfallen, bis er wiederum zur Erde selber gelangt.
Auch kann es vorkommen, daß der Mensch nach seinem zweiten Tode eine besondere Beziehung erhält zu einer der verschiedenen Planeten-Sphären, welche er im Kosmos durchschreitet, ehe er die Region des Fixsternhimmels erreicht. Dadurch kann er in der betreffenden Planeten-Sphäre aufgehalten werden, sodaß er in dieser Sphäre verweilt und den weiteren Aufstieg unterläßt. Ist diese Beziehung weniger stark, sodaß der Mensch die Freiheit behält, seinen Aufstieg weiter zu nehmen, dann kann es sein, daß er auf dem Rückweg, den er von der Region des Fixsternhimmels aus notwendigerweise wieder betreten muß und der wiederum durch die verschiedenen kosmischen Regionen hinunterführt bis zur Erdensphäre, in der betreffenden Planeten-Sphäre bleibt und den Weg zur Erde nicht weiter verfolgt.
Jene Menschen, welche, wie die Heiligen und die wahren Nachfolger Christi auf Erden, schon während ihres Erdenlebens  den Weg aufwärtsgehen zur Vereinigung mit dem himmlischen Urbilde, erhalten von Christus selber ihre besondere Mission zur Erlösung ihres Selbstes und der Menschheit. Sie werden schon auf Erden der Segen und die Zuversicht anderer und können durch den Willen Gottes nach ihrem Tode in irgend einer der höheren Regionen eine Aufgabe erhalten. Zu den Legionen Christi werden sie gehören, nachdem sie das irdische Leben beendet haben, und als solche werden sie dem großen Werk des Erlösers dienen.
Das wahre seelische Gewand, das der Geist des Menschen durch seine himmlische Mutter, die Lichtjungfrau erhält, ist aus den Kräften des Empyreums, des Kristallhimmels und des Fixsternhimmels gewoben, in welch letzterem die zwölf Geister des Universums wirken. Die Wirkung jener Geister spiegelt sich in den zwölf Constellationen des Fixsternhimmels wieder, welche wiederum ihr Abbild in den zwölf zodiakalen Zeichen der Sonnenregion haben. Indem die Sonne, von der Erde aus gesehen, in einem Jahr die zwölf zodiakalen Zeichen durchläuft, wird die besondere Kraft, die mit einem jeden dieser Zeichen verbunden ist, durch diesen Gang der Sonne auf der Erde selber tätig, und wirkt auf alle Wesen der Naturreiche die auf Erden leben, ein. Dasselbe findet täglich statt, wenn die zwölf Zeichen, wie auch Sonne, Mond und Planeten, durch die Bewegung der Erde am Horizonte aufsteigen und untergehen.
In dem Umkreis der Erde, sowie auf Erden selbst, spiegeln sich jene zwölffachen Kräfte. Sie haben ihren Einfluß auf den Bau der irdischen Hülle des Menschen, welcher durch Vermittlung einer irdischen Mutter geschieht. Der Aufbau der irdischen Hülle stimmt in den Hauptzügen für alle Menschen überein, doch sind die besondren Bedingungen, unter welchen er stattfindet, für jede einzelne Hülle verschieden. Er ist von der seelischen  Hülle, welche der Mensch zuerst angenommen hat, abhängig.
Ist jener Aufbau der irdischen Form so weit, daß er ohne Vermittlerin weiter stattfinden kann, sodaß die irdische Hülle nun für sich selbst da ist, so bleibt der Zeitpunkt, in welchem sie zum erstenmale, abgetrennt von der irdischen Mutter, selbständig den ersten Atemzug tut, von großer Bedeutung für ihre weitere Entwicklung. Mit diesem ersten Atemzug nimmt die irdische Form nicht nur die materielle Luft aus dem Umkreis der Erde in sich auf, sondern sie verbindet sich auch mit den Erdenkräften selber und mit jenen Kräften, welche sich in dem Umkreis der Erde spiegeln, als die Kräfte der zwölf zodiakalen Zeichen, der Sonne, des Mondes und der Planeten.
Die bestimmte Art und Weise, in welcher jene Kräfte sich zueinander und zur Erde selber verhalten während des Momentes, da die irdische Form selbständig wird und den ersten Atemzug tut, bildet sich ab in jener Form. Dadurch wird ihr ein bestimmter Typus aufgeprägt, der wie der Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung dasteht. Auf dieser Tatsache beruht die Astrologie und das Herstellen von Horoskopen, welche die Himmelskarte angeben für den Zeitpunkt der Geburt des Menschen und für den bestimmten Ort auf Erden, wo diese stattfand. Da der Moment des ersten Atemzuges aber meistens unbekannt bleibt, so werden viele Fehler in diesen Berechnungen vorkommen müssen, weil der Ausgangspunkt vielfach unrichtig ist. Als Resultat werden dann zwar die Stellungen von Sonne, Mond und Planeten im Verband mit den zodiakalen Zeichen in den Hauptzügen richtig sein, doch wird der Stand der zodiakalen Zeichen in Bezug auf die vier Punkte des Horizontes O. S. W. N. nicht genau berechnet werden können. Durch die Stellungen von Sonne, Mond und Planeten zueinander und zur Erde, und ihren Stand in den zwölf zodiakalen Zeichen, sowie durch das Verhältnis der zwölf Zeichen zur Erde ist die bestimmte Art der aufeinanderwirkenden Kräfte mannigfaltig und immerfort wechselnd in der Zeit. Unter diesen Wirkungen werden den irdischen Formen die verschiedenen Typen aufgeprägt.
Weil der Aufbau der irdischen Form vermittelst einer irdischen Mutter eine bestimmte Zeitperiode dauert, so ist der Moment der irdischen Geburt und dadurch der besondere Typus, welchen die Form aufgeprägt erhält, abhängig von der Zeit, in welcher der Mensch die Sonnenregion verläßt und mit der seelischen Hülle umkleidet wird, womit der Aufbau der irdischen Hülle anfängt. Vom Beginn dieses Aufbaues bis zu dem Augenblick, da die irdische Form für sich da ist, durchwandert die Sonne — von der Erde aus gesehen — neun zodiakale Zeichen.
Gleichwie der Mensch vor seinem Fall im Paradiese vom Zeichen des Wassermanns bis zu dem der Zwillinge neun himmlische Zeichen — als Abbild der neun Constellationen — durchschritten hat, von der Pforte, durch die er die Sonnenregion betrat, bis an jene, durch welche er sie verlassen mußte, um sich die Kräfte der drei übrigen Zeichen auf Erden selber anzueignen — so geht der Aufbau seiner irdischen Hülle, das Resultat seines Falles, auf solche Weise vor sich, daß die Sonne sich inzwischen durch neun zodiakale Zeichen bewegt, und er in seiner seelischen Hülle während jener Zeit im Umkreis der Erde sich für das kommende Erdenleben vorbereitet. Die drei übrigen Zeichen muß der Mensch auf Erden in seiner irdischen Form durchleben. Während diese drei Zeichen in Bezug auf die Sonnenregion für die Menschheit als Einheit immer dieselben sind, als Stier, Widder, Fische, weil der erste Mensch das Paradies durch die Pforte im Zeichen der Zwillinge in einem bestimmten Momente verlassen hat, so wechseln die Zeichen, welche die Sonne während des Aufbaues der irdischen Form durchläuft, weil auch der Zeitpunkt, an dem ein Mensch die seelische Hülle annimmt, für alle verschieden ist.
Ein Abbild des Falles aus dem Paradiese zur Erde wird jedesmal dargestellt, wenn ein Mensch die seelische Hülle annimmt und der Aufbau der irdischen Hülle anfängt; in diesem Aufbau, vermittelst einer irdischen Mutter, wiederholt sich der damalige Gang des Menschen durch die Sonnenregion hindurch. Nur muß dabei beachtet werden, daß das, was als Typus für die ganze Menschheit gilt, für jeden einzelnen Menschen unter dem Einfluß verschiedener zodiakaler Zeichen vor sich geht, sodaß Differenzen entstehen. Der erste Mensch betrat die Sonnenregion im Zeichen des Wassermanns und durchwanderte das Paradies durch die Zeichen des Steinbocks, des Schützen, wo er die Tier- und Pflanzen-Urbilder kennen lernte, sowie sie vor dem Fall waren. Dann kam er an das Zeichen des Adlers oder des Skorpions und wurde von der Schlange verführt. Dadurch mußte er in dem nächsten Zeichen — der Waage — seinen Fall er leben, sodaß er sich umkehrte. Darnach führte sein Weg durch das Zeichen der Jungfrau; aber infolge seiner Umkehrung konnte er die Kräfte aus diesem Zeichen nicht mehr richtig in sich aufnehmen. So ging es auch mit den Kräften aus den folgenden Zeichen. So verlor er die jungfräulichen Kräfte, die urväterlichen Kräfte, die ihm aus dem Zeichen des Löwen zufließen sollten, und die urmütterlichen Kräfte, welche in dem Zeichen des Krebses verborgen liegen. Als zerbrochener, zweifacher Mensch mußte er dann durch das darauffolgende Zeichen der Zwillinge das Paradies verlassen, sich mit dem Tierfell bekleiden und auf die Erde hinuntersteigen.
In der Zeit, in der die irdische Form des Menschen vermittelst einer irdischen Mutter aufgebaut wird, wiederholt sich das, was mit dem ersten Menschen einstmals im Paradiese vor sich ging. Insbesondere offenbart sich das Abbild des einstmaligen Falles und der Umkehrung des Menschen in der Waage, welche in der Mitte zwischen dem Wassermann und den Zwillingen liegt, in der Umkehrung der irdischen Form während der ersten Hälfte der Zeit des Aufbaues, wenn auch der Organismus anfängt zu leben. Das Herz bereitet sich dann vor, das eigene Leben als Erdenmensch, welches mit der Geburt des Menschen seinen Anfang nimmt, zu entwickeln.
Immer noch ist es die Aufgabe des Menschen, sich während des Erdenlebens Kräfte anzueignen, welche mit drei zodiakalen Zeichen verbunden sind. Von dem Zeichen ausgehend, in welchem im Zeitpunkt der Geburt die Sonne steht, muß er sich die Kräfte der folgenden drei Zeichen aneignen. Jene Kräfte, welche mit dem Durchgang der Sonne durch neun zodiakale Zeichen der irdischen Form einverwoben sind, muß der Mensch dann während seines Erdenlebens noch ergänzen durch die Kräfte aus den drei übrigen Zeichen. Ausgehend von der Stellung der Sonne bei seiner Geburt, wird er sich im Leben mit den Kräften aus den hierauf folgenden Zeichen in Beziehung fühlen und auf diese Weise den Kreis vollenden können, ehe er seine irdische Hülle mit dem Tode ablegt.
Da die zwölf Zeichen des Zodiakus als Abbild der zwölf Constellationen auf vierfache Weise die Triade der göttlichen Kräfte spiegeln, welche sich beim Menschen geistig ausdrücken als Weisheit, Liebe oder Schönheit und Stärke oder Kraft und in seiner Seele zu Glaube, Liebe und Hoffnung werden, indem sie sich im Erdenmenschen selber als Denken, Fühlen und Wollen ergeben, so wird der Mensch, während er auf Erden lebt, diese dreifache Kraft verstärken müssen vermittelst jener drei bestimmten zodiakalen Zeichen, welche gerade für ihn, durch den Zeitpunkt seiner Geburt, besondere Bedeutung erhalten.
Weil sich die Kraft der Trinität, nachdem der Gottes-Sohn auf Erden lebte, unmittelbarer mit der göttlichen Triade verbunden hat, kann der Mensch dann während seines Erdenlebens nicht nur die Kräfte der göttlichen Triade in sich ausbilden, sondern vermittelst der Kräfte, welche durch Christus in das Herz eines jeden Menschen hineingelegt wurden, kann er sich immer mehr mit dem Wesen der göttlichen Trinität verbinden.
Das Wesen der Trinität in sich zu verstärken und sich mit ihm zu vereinigen, das ist die Aufgabe eines jeden Menschen während seines Erdenlebens, seit Christus durch sein Leben auf Erden diese dreifache Gotteskraft mit der Menschheit verbunden hat.
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Das letzte Gericht über die Erde.

Kapitel X.

Die Zeit, in welcher Christus Sein Leben auf Erden durchlebt, liegt gerade in der Mitte der Erdentwicklung; es ist wie der Moment der Gehoben h e it, welcher zwischen der ausgeatmeten Vergangenheit liegt und der Zukunft, die noch eingeatmet werden soll. Dadurch wird der Schwerpunkt der Entwicklung nunmehr aus der Vergangenheit in die Zukunft hinein verlegt. Die erste Schöpfung, welche sich auf der absterbenden Linie befindet, ist dann ersetzt worden durch die zweite Schöpfung, welche mit der auflebenden Linie verbunden ist. Es ist in das absterbende Element ein neues Element hinein gebracht worden.
Da in der ersten Schöpfung die schaffende Kraft des Vaters aus der Trinität hauptsächlich tätig ist, sodaß zunächst die Himmelsrose entstand und dann als Folge von Lucifers Fall das Universum, so wie es sich darstellt, so kann die erste Schöpfung als die Offenbarung des Vaters betrachtet werden. Die zweite Schöpfung trägt einen mehr innerlichen Charakter; sie tritt auf wie eine Erneuerung des Universums, da dieses von Lucifer entstellt worden ist. So wirkt die zweite Schöpfung in die erste hinein; sie ist die Folge von dem, was mit der ersten Schöpfung vor sich ging. Es folgt die Tätigkeit des Sohnes aus der Trinität auf die des Vaters, als sich zur zweiten Schöpfung das Angesicht des Sohnes dem Universum zuwendet.
Durch den Fall Lucifers und die Gegenwirkung Michaels ist aus der ersten Schöpfung, aus der Himmelsrose, ein Reich entstanden, das sich in der Zeit entwickelt. Dadurch ist im Kosmos, wo Lucifer wirkt, alles vergänglich. So war auch in Bezug auf die Erde alles im Absterben begriffen gerade in der Zeit, als Christus unter den Erdenmenschen erschien, aufdaß Er die Auferstehungskräfte auf die Erde bringen könne.
Inmitten des alten absterbenden Elements entsteht dadurch ein neues, belebendes, geistiges Prinzip, welches aber eine innerlichere Natur hat als das schon bestehende. Die Folge davon ist, daß, äußerlich betrachtet, das alte Element noch immer am kraftvollsten erscheint, da es die Natur der äußeren Offenbarung mehr an sich hat als das neue Prinzip, das mehr innerlich wirkt. Gleichwie die zweite Schöpfung in die erste hineinwirkt, so ist die Kraft des Sohnes innerlich tätig in die schon bestehende Erde selber und in die auf ihr lebende Menschheit. Sie wirkt wie göttliche Liebeskraft in der Erde und in der Menschheit, sowie im Herzen eines jeden Einzelnen.
Die Menschheit und der einzelne Mensch kann diese Christuskraft, obwohl sie innerlich wirkt, dennoch nicht so offenbaren, daß sie sich dem alten absterbenden Element in Bezug auf seine irdische Hülle gewachsen zeigt. In Bezug auf seine seelische Erdenhülle ist dieses leichter, da sie auch einen inneren Charakter trägt. So können die Kräfte des luciferischen E igenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens durch die eines wahren Wollens, Fühlens und Denkens, in denen sich das dreifache Wesen Gottes abbildet, beherrscht werden.
So wirkt auf Erden in den christlichen Zeiten innerlich das neue Lebenselement, während sich das alte Element mehr äußerlich offenbart. Es entstehen dadurch zweierlei Wege, von welchen der eine zum geistigen Leben führt, der andere aber dem geistigen Tode entgegengeht. Der Streit dieser entgegengestellten Elemente miteinander zeigt sich während der christlichen Zeiten immerfort auf Erden und in der Menschheit. Er läßt die Schwankungen der Waage entstehen, die schon erwähnt wurden, in Bezug auf die Entwicklung des Christentums.
Notwendigerweise aber muß das neue lebendige Prinzip am Ende über das alte absterbende Element siegen. Es wird allmählich im Laufe der Zeit die Kluft zwischen beiden immerzu größer werden, da ihre Richtungen auseinander laufen. So wird allmählich eine neue Menschheit aus der alten herauswachsen, gleichwie aus jedem einzelnen Menschen ein neuer Mensch. Eine wahrhaft christliche Menschheit wird hervortreten aus der von Lucifer verführten Menschheit und ein christlicher Mensch aus jedem gefallenen Erdenmenschen.
Auch in Bezug auf die Erde selber wird dasselbe geschehen; eine neue durchchristete Erde wird aus der alten Erde hervorgehen, da der Gottmensch die dreifache Gotteskraft in das Erdentum hineingebracht hat. Durchgeistet und durchlebt von dieser Kraft, wird die christliche Erde, als das neue Jerusalem, sich aus dem luciferischen Centrum heraustrennen, welches dann weiter die absterbende Linie verfolgen wird, bis es als makrokosmischer Leichnam in Staub auseinander fällt. Denn Lucifer selbst wird immer noch den Streit gegenüber dem Gottes-Sohn weiter führen, da er dem Wesen der göttlichen Trinität nicht Untertan sein will. Doch wird er nimmermehr imstande sein, auf solche Weise zu wirken, wie er es auf Erden vermochte; seine Kraft ist durch die Herzwunde gebrochen worden. Er muß die Linie verfolgen, welche zum Absterben führt, da er sich dem neuen Lebenselement entgegenstellt.
Gleichwie sich in Bezug auf die Erde eine Trennung ereignen wird zwischen der neuen christlichen Erde und der alten luciferischen Erde, so wird auch innerhalb der Menschheit eine Spaltung entstehen zwischen dem einen Teil der Menschheit, welcher sich mit dem neuen geistigen Element verbindet, das Wesen des Gottes-Sohnes in sich aufnimmt und dadurch verchristlicht wird, und dem anderen Teil, der an dem alten, absterbenden Element haften wird, mit Lucifer verbunden bleibt und dadurch dem geistigen Tode entgegengeht.
Die Teilung der Menschheit in eine christliche und eine luciferische Menschheit wird zu gleicher Zeit geschehen wie die Abtrennung des neuen Jerusalems, der christlichen Erde, aus der luciferischen Erde, dem alten Babylon. Die christliche Menschheit wird dann verbunden werden mit der verklärten Erde und ihren Wohnsitz finden in dem neuen Jerusalem. Die luciferische Menschheit wird bleiben mit der alten luciferischen Erde, dem alten Babylon, und mit ihr verbunden dem geistigen Tode entgegengehen.
Die luciferische Menschheit hat sich dem Gottes-Sohn entgegengestellt und ist dadurch unmittelbar in die Gewalt Lucifers geraten. Wenn dann die Zerteilung der irdischen Menschheit stattfindet, so werden die, welche sich mit Lucifer gegen Christus  verbunden haben,  sich zu ihrem Herrn und zur alten Erde hingezogen fühlen; den Gottes-Sohn Christus aber werden sie nicht kennen. Jene Menschen, welche sich verchristlicht haben, sind dadurch innerlich wie ein Teil Christi selber geworden. Er lebt in ihnen, gleichwie sie in Ihm leben. Vereint mit dem Gottes-Sohn, werden sie auf der neuen, verklärten Erde das Leben im Geiste weiterführen.
Dies ist die Scheidung der Menschheit, die beim letzten Gericht über die Erde mit dem Erscheinen des Gottes-Sohnes als König und als Richter geschehen wird. Den Tag und die Stunde des Gerichts aber kann niemand wissen außer dem Vater.
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Die neuen makrokosmischen Hüllen in der fünften, sechsten und siebten Region des Kosmos

Kapitel XI.

Mit Lucifer vereinigt — auch wenn die Erde zu Staub geworden und auseinander gefallen ist — bleibt der Teil der Menschheit, welcher Christus nicht anerkannt hat. Während der entsprechenden Ruhezeit, welche wie eine Weltennacht zwischen dem Moment des Absterbens einer alten Hülle und des Entstehens einer neuen liegt, ist jene luciferische Menschheit in einer solchen geistig-seelischen Verfassung, daß sie, in das seelische Erleben Lucifers eingehüllt, wie in halbbewußtem Zustand alles mitempfindet und auch in sich widerspiegelt, was Lucifer selbst durchlebte.
Weil diese Menschheit nicht die Kräfte ihres himmlischen Urbildes in sich aufgenommen, vielmehr diese von sich abgestoßen hat, ist ihr geistiges Bewußtsein abgeschwächt. Statt vom geistigen Kern zum geistigen Wesen zu werden durch die Kräfte des Gottes-Sohnes, hat sie nicht nur jene Kräfte zurückgewiesen, sondern auch den geistigen Kern so abgeschwächt, daß sie, in Bezug auf geistiges Erleben, nun von Lucifer völlig abhängig geworden ist. Diese luciferische Menschheit hat die Entwicklung von der irdischen, gefallenen Menschheit zur verchristlichten Menschheit verpaßt und ist dadurch weniger menschlich geworden, als sie vorher war; denn sie hat sich weiter vom himmlischen Urbilde entfernt, als sie jemals vorher gewesen ist.
Diese luciferische Menschheit soll den neuen Raum bevölkern, welche ausgebildet werden soll. Dieser fünfte Raum zeigt in gewisser Weise eine höhere Ausbildung als der vierte; die Menschheit aber, die ihn bewohnen wird, ist auf eine niedrigere Stufe gekommen als die Erdenmenschheit. Als Folge davon kann diese luciferische Menschheit nur in der Form einer Tier-Menschheit erscheinen und so den fünften Raum bewohnen.
In Bezug auf diese Ausbildung des fünften Raumes hat Lucifer nicht mehr dieselbe Freiheit, die ihm vorher gegeben war bei der Entstehung der früheren Schöpfungsräume. Die Kraft seines Wesens ist innerlich geschwächt worden, nachdem Christus die Macht der göttlichen Trinität durch Sein Wesen mit dem ganzen Kosmos verbunden hat. Auch der Typus für den fünften Schöpfungsraum wurde während der Entwicklung des dritten schon angelegt, als der Fall der Engel geschah und der Erzengel Gabriel aus dieser Entwicklung den Urtypus der reinen jungfräulichen Himmelskräfte herausgehoben hat, im Gegensatz zum weiblichen Element, welches damals durch Lucifer  gebildet  wurde.
So sind die Kräfte der himmlischen Lichtjungfrau mit diesem fünften Weltbilde verbunden. Lucifer aber ist mit seinen Kräften gleichfalls tätig und formt da, wo es ihm möglich ist, die umgekehrten Bilder der göttlichen Kräfte. Der Teil der Menschheit, welcher unter seine Gewalt geraten ist, kann sich nicht mit den himmlischen Kräften der Lichtjungfrau verbunden fühlen, denn durch die luciferischen Kräfte entwickelt er sich zu einer Tier-Menschheit im fünften Schöpfungsraum. Dieser aber wird aus feinerer Materie gebildet werden als der vierte, und so werden alle Formen, welche sich in ihm entwickeln, aus dieser feineren Substanz bestehen, auch die Formen, in welchen jene Tier-Menschheit leben wird.
Als der Gott-Mensch Jesus Christus während der Entwicklung der Erde als viertes Schöpfungsstadium das himmlische Urbild des Menschen mit dem irdischen Abbild verbunden hat, indem Er die Kräfte des Urbildes in die Erden-Menschheit hineintrug, haben sich auch jene drei Elemente, die mit der Sonnenregion vereint blieben, als sich die Erde aus ihr heraustrennte, mit der Erde verbunden. Jene drei höheren Elemente haben Beziehung zum menschlichen Urbilde, gleichwie die vier irdischen Elemente zum irdischen Abbilde. Die irdischen Elemente, welche durch den Fall des Menschen in mehr verdichteter Form aufgetreten sind, werden von den drei geistig gebliebenen Elementen durchsetzt und durchdrungen. Mit der Trennung aber des Teiles der Erde, der mit Lucifer bleibt, von jenem, welcher vermittelst der Kräfte des Gottes-Sohnes zum neuen Jerusalem wird, bleiben diese vier irdischen Elemente mit der luciferischen Erde, dem alten Babylon, verbunden; die drei höheren Elemente aber vereinigen sich mit dem verklärten Erdenteil.
Als göttliche Weisheit, göttliche Liebe und göttliches Dasein, stellen sich die Kräfte jener geistigen Elemente dar. Sie spiegeln in sich die Kraft der himmlischen Jungfrau als leuchtendes Element, die Kraft des Wortes als tönendes Element und die Kraft des Urvaters als Lebenselement. Wenn sich der fünfte Schöpfungsraum ausbildet, ist die Kraft jener höheren Elemente mit ihm verbunden, insbesondere das Element des geistigen Lichtes, welches dem Wesen der himmlischen Lichtjungfrau entspricht. Dadurch offenbart er sich in einer geistigeren und durchleuchteteren Form als die Erde, trotzdem Lucifer überall, wo er kann, diesem Licht entgegenwirkt.
Die Tier-Menschheit lebt in den entsprechenden Formen auf jenem fünften Schöpfungsgebilde. Das, was als Tierreich, Pflanzenreich und Mineralreich bisher auf Erden gelebt hat, wird nun um eine halbe Stufe erhöht sein, sodaß das, was sich als Tierreich auf der Erde auslebte, nunmehr sich zur Tier-Menschheit hinzugesellen und den niedrigsten Teil der Tier-Menschheit ausmachen wird. Das irdische Pflanzen-Reich wird zum tierartigen Pflanzenreich werden, und das Erden-Mineral zur pflanzlich-mineralischen Substanz. So werden für jedes Natur-Reich die Lebensbedingungen  erhöht sein, indem die entsprechenden Formen für jedes Reich bildsamer werden; das Mineral erhält eine größere W a c h s t u m s möglichkeit, seine Form wird plastischer, die Pflanze wird eine größere EmpfindungsMöglichkeit haben; das Tier ein größeres Verständnis und Erkenntnis- Vermögen und die Substanz, aus welcher das ganze fünfte Schöpfungsgebilde besteht, wird lebendiger und verwandlungsfähiger sein als die der Erde.
Auch wird durch Einwirkung des Wesens der Lichtjungfrau das männliche und weibliche Element nicht mehr in solcher Weise auftreten, wie es auf Erden sich offenbart, denn dieses Element wird ausgeglichener sein. Der Ausdruck „Tier-Menschheit" deutet nicht auf eine tierische Natur hin, sowie sie auf Erden auftritt, sondern er weist darauf hin, daß jene luciferische Menschheit das wahre menschliche Element verloren hat, und mehr in das Empfindungsleben ihrer eigenen Natur verstrickt worden ist. Ihr geistiger Kern ist so abgeschwächt, da er die Entwicklung zum geistigen Wesen abgelehnt hat, daß er den Kräften der seelischen Hüllen und damit Lucifers Wirkung Untertan geworden ist.
Der Umkreis dieses fünften Schöpfungsraumes wird von großer Wichtigkeit sein; denn von diesem Umkreise aus werden jene Wesen auf den Raum einwirken, welche zu dem Teil der Menschheit gehören, der sich mit Christus vereinigt hat. Diese Wesen werden zu den Legionen Christi gehören und wie die Engel einwirken auf die Tier-Menschheit. Sie werden Hüter und Retter jener luciferischen Menschheit sein und als Diener Christi den Versuch machen, jene Menschheit zu erlösen.
Christus selber wird das göttliche Erlösungswort auch in jene Menschheit tönen lassen. Es wird in ihrer Mitte erscheinen und Seine göttlichen Kräfte nach den vier Himmelsrichtungen ausströmen lassen. Und wiederum wird sich jener fünfte Raum spalten, gleichwie die Menschheit, die in ihm lebt; denn ein Teil von ihr wird durchdrungen werden von dem Wesen des Gottes-Sohnes und der Lichtjungfrau und wird sich aus dem anderen herausheben, der nun der Vernichtung entgegengeht, verbunden mit dem Teil der Menschheit, der wiederum Lucifer verfallen ist. Der erlöste Teil der Menschheit aber wird sich mit Christus und Seinen Legionen vereinigen und im Lichte der himmlischen Jungfrau leben.
Wenn für den fünften Schöpfungsraum die Entscheidung getroffen worden ist, geht der Teil, der unter Lucifers Macht bleibt, seiner Vernichtung entgegen. Dabei befindet sich die Menschheit, die sich nicht mit dem Wesen des Gottes-Sohnes verbunden hat. Wenn dann der fünfte Raum vergeht, so tritt eine Periode der Ruhe ein, und nach dieser wird ein neuer Raum ausgebildet. Die luciferisch gebliebene Menschheit, die im fünften Raum schon zur Tiermenschheit herabgesunken ist, verliert immer mehr die Beziehung zum wahren menschlichen Urbilde, indem sie sich gänzlich unter Lucifers Einfluß stellt und dadurch in seinem Wesen alles miterleben muß, was mit Lucifer selbst vorgeht. Ihr menschliches Bewußtsein wird dadurch so abgeschwächt sein,  daß sie nicht nur in Bezug auf das  Willens-Element von Lucifer abhängig ist, wie die Tier-Menschheit der fünften Hülle, sondern auch in Bezug auf das Fühlen keine individuelle Kraft mehr hat. So wird die Menschheit, welche den sechsten Raum bewohnen muß, in Bezug auf ihr Bewußtsein einen solchen Grad von Dumpfheit (Passivität) entwickeln, daß dieser nur verglichen werden kann mit dem Pflanzenleben der heutigen Erde, in welchem nur noch das Prinzip des dumpfbewußten Eigenwissens wirkt.
Unter dieser Menschheit wird sich noch ein niedrigeres Reich befinden, welches sich wie ein tierisches Mineralreich ausnimmt; ein pflanzenartiges Menschen-Reich und ein tierartiges Mineralreich wird also in diesem Schöpfungsraume bestehen.
In seinem Umkreis wird die Menschheit tätig sein, welche sich zu den Legionen Christi hinzugesellt hat. Es werden dann alle, welche im vierten Raum mit dem Wesen Christi vereint wurden, auf eine Art wirken können, welche der Hierarchie der Erzengel entspricht, während jene Menschheit, die sich aus der Tier-Menschheit des fünften Raumes herausgehoben hat, dann wie die Hierarchie der Engel tätig sein kann.
Die Materie des sechsten Schöpfungsgebildes wird in noch subtilerer Form ausgebildet werden als die des fünften und dementsprechend auch die Einzelformen, welche auf ihr leben. Gleichwie es im fünften Schöpfungsraum insbesondere das geistige Licht- Element ist, das sich von den drei geistigen Elementen vorzugsweise offenbart, so ist es im sechsten das geistige Element des Klanges, welches den ganzen Raum durchsetzt und auch die Formen, die sich in ihm entwickeln.
Für diesen sechsten Raum ist der Urtypus während der Entwicklung des zweiten schon herausgehoben worden als das Element der Liebe, des göttlichen Fühlens, im Gegensatz zum Prinzip des Eigenfühlens, welches Lucifer damals ausgebildet hat und das seinen Ausdruck dann später auf der Erde im Tierreich findet.
Das Element der Liebe ist das Wesen des Gottes-Sohnes selbst, und Er, als das ewige Wort, findet Seinen Ausdruck in dem geistigen Element des Klanges. So wird der ganze sechste Raum mit den einzelnen Formen, die in ihm leben, durchklungen sein von dem Wesen des ewigen Wortes selbst. Lucifer aber wird dem Wesen dieses Wortes überall entgegenwirken, indem er sich bemüht, die göttliche Harmonie in Disharmonie zu verzerren. Es wird dann Lucifer gelingen, einen Teil der Menschheit für sich zu behalten und eine eigene räumlich begrenzte Welt aus dem Ganzen herauszusondern, auf welcher er seine Tätigkeit weiterführen wird.
Christus aber wird inmitten der Menschheit im sechsten Raume leben und auch da Seine Kräfte nach den vier Himmelsrichtungen ausgießen.
Von diesem sechsten Raume wird ein Teil unter der Herrschaft Christi sein, verbunden mit dem Teil der Menschheit, der sich zu den Legionen Christi hinzugesellt hat; der andere Teil aber wird mit Lucifer bleiben und allmählich absterben samt der Menschheit, die mit Lucifer vereint geblieben ist. Weil aber der sechste Raum mit dem Wesen des Gottes-Sohnes durchdrungen ist, das als das ewige Wort alles durchklingt, kann Lucifer nur eine Gegenwirkung hervorrufen, indem er einen starken Willensimpuls in sich entwickelt, mit welchem er sich bewußt dem göttlichen Worte entgegen stellt. Die Menschheit, unter welcher das Wort lebt, ist wie von selbst darauf angewiesen, Ihm zu folgen, um durch Seine Kraft gerettet zu werden. Nur dann, wenn diese Menschheit sich mit Hilfe Lucifers unempfindlich macht für den Klang des ewigen Wortes, kann sie sich vom Gottes-Sohn abwenden. Diejenigen allein, die nicht gerettet sein wollen, werden sich während der Entwicklung des sechsten Schöpfungsraumes zu Lucifer bekennen und sich mit ihm aussondern. Die andern werden von dem Gottes-Sohn der Erlösung zugeführt.
Der Teil der Menschheit, welcher sich Lucifer zugewendet hat, macht den weiteren Prozeß des Absterbens dieses sechsten Erdbildes mit. Nachdem die neue Weltennacht dann überstanden ist und ein neuer Raum in der nächsthöheren Region des luciferischen Reiches entsteht, wird jene Menschheit mit dieser siebenten Epoche verbunden. Jene Menschheit aber, die auf der Erde das Prinzip des Willens eingebüßt hat und im fünften Raume in Bezug auf das Prinzip des F ü h 1 e n s unter Lucifers Macht geraten ist, wird dann während der Entwicklung der sechsten Weltzeit auch das Prinzip des Eigenwissens verlieren, da dieses ebenso unter Lucifers Gewalt kommt.
So wird diese Menschheit, wenn sie im siebenten Raume erscheint, hinsichtlich aller geistig-seelischen Kräfte nur noch einen Teil von Lucifer selbst ausmachen. Sie wird nur solche Kräfte haben, die verglichen werden müssen mit den Mineralien auf der heutigen Erde, in welchen das geistig-seelische Leben nicht vorhanden ist. Die Menschheit der siebenten Raumzeit wird zugleich den Lebensstoff bilden, aus welchem deren Materie besteht.
Der Urtypus für dieses letzte Dasein in der siebenten und höchsten Region des Kosmos ist schon während der Entwicklung des ersten Schöpfungsraumes aus diesem herausgehoben worden, als durch Lucifer das Prinzip des Eigenwillens damals veranlagt wurde. Von den drei geistigen Elementen offenbart sich in Bezug auf diese Erdenstufe insbesondere das Element des Lebens, welches mit dem urväterlichen Centrum, aus dem alles Leben hervorgeht, verbunden ist. Es trägt die siebente Schöpfungsstufe den Typus des urväterlichen Willens und ist mit dem göttlichen Leben durchsetzt, daher hat Lucifer nur wenig Gewalt über sie. Im Umkreis derselben werden diejenigen Wesen tätig, die einstmals zur Erden-Menschheit gehörten und durch Vereinigung mit Christus sich zu Seinen Legionen hinzugesellt haben. Sie wirken ähnlich wie die Fürstentümer oder Archai unter den hierarchischen Wesen. Die durch den Gottes-Sohn Erlösten aus der Menschheit der fünften Erdenstufe können dann wie die Erzengel aus den kosmischen Hierarchien tätig sein. Die, welche auf der sechsten Hülle noch zur Menschheit gehört haben, werden dann wie die Engel einwirken können.
Damit die mit der siebenten Erdenstufe verbundenen Menschen erlöst werden, wird der Gottes-Sohn sich auch in diesen letzten Schöpfungsraum unter jene Menschheit begeben und seine Lebenskräfte nach den vier Himmelsrichtungen wie in Kreuzesform ausstrahlen. Lucifer aber wird das Reich, welches er sich einstmals im Kosmos geformt hat, verlassen müssen. Neue Wirkräume wird er sich nicht ausbilden können und so muß er, durch den Gottes-Sohn besiegt, seine Lebenskräfte nach den vier Zerspaltungslinien, welche einstmals durch seinen Fall entstanden sind, ausströmen. Als gefallenes Geschöpf Gottes, welches, zu einem Zerrbild seines himmlischen Urbildes geworden, im Reiche der Vergänglichkeit weiterlebt, soll Lucifer in Bezug auf das Zeitliche vergehen. Nur in jenen Regionen, die nicht mehr zum dualistischen Kosmos gehören, sondern im Abgrunde, der tief unter den niedrigeren kosmischen Regionen liegt, wird dann weiter sein Dasein sich fortsetzen.
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Das makrokosmische Gefäß.
Kapitel XII

Der dualistische Kosmos und die sieben Schöpfungsräume, die in diesen verschiedenen Regionen ausgebildet werden, stellt sich dar wie das makrokosmische Gefäß, dessen äußere Form in der Zeit entsteht, besteht und vergeht. Alles das aber, was von himmlischen Kräften an diesem Gefäß gearbeitet worden ist, weil immerzu göttliche Boten dem Willen Gottes gemäß Lucifers Taten entgegenwirkten, gehört dem Reiche der Ewigkeit an, obwohl es in der Zeit wirksam ist. Es bleiben in den himmlischen Regionen die Taten der wahren Hierarchien, der großen Erzengel und Christi selber wie mit goldenen Buchstaben als die geistige und himmlische Schrift zu lesen. Wenn dann die äußere Offenbarungsform vergehen wird, so bilden die Taten der göttlichen Boten eine geistige Form, gleichwie eine heilige Schrift, in welcher all das, was als wahres göttliches Sein im Kosmos lebte, aufgezeichnet ist.
Diese ewige Schrift wird, gleichwie das in der Apokalypse bezeichnete Buch, mit den sieben planetarischen Siegeln geschlossen sein und nur das Lamm Gottes, Christus, wird es eröffnen können. Dieses heilige Buch ist das in die himmlischen Regionen erhobene Urbild von dem, was sich im kosmischen Reiche als das große makrokosmische Gefäß in der Zeit offenbart. Es ist wie das geistige Gefäß, dessen heiliger Inhalt aus allen wahren göttlichen Kräften besteht, die einstmals in der Welt wirksam waren und welche durch das Opfer und das Blut Christi vollendet worden sind.
Gleichwie das heilige Buch mit den sieben Siegeln nur durch das Lamm Gottes eröffnet werden kann und nur von denjenigen erkannt wird, die zum Lamm Gottes gehören, kann das geistige Gefäß auch nur von solchen erkannt und geschaut werden, die berufen sind dazu, den wahren göttlichen Kräften zu dienen. Auch sollen sie, als wahre Nachfolger Christi, bereit sein, das Opfer Christi an sich selbst zu wiederholen.
Die Erdenmenschheit schaut die sieben planetarischen Centren am Himmel, gleichwie das Symbol des makrokosmischen Gefäßes. Doch kann sie die letzten drei Regionen noch nicht durch die entsprechenden Centren belebt sehen, weil diese Centren sich erst in Zukunft in den ihnen entsprechenden Regionen nacheinander ausbilden werden, wenn die Erde zur Vergangenheit gehören wird. Dafür schaut dann der Erdenmensch in der Gegenwart die drei Planeten, welche zwischen Erde und Sonne ihre Bahnen haben.
Das geistige Gefäß mit dem göttlichen Inhalt kann auch in der Gegenwart geschaut werden, da es in den himmlischen Regionen besteht, wo Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sich zur ewigen Einheit zusammenschließen. Wenn der Erdenmensch sich über die zeitliche Welt zu erheben weiß, indem er sich erlebt wie mit seinem ewigen Urbilde vereinigt, dann kann das himmlische Gefäß mit dem göttlichen Inhalt ihm zur Wirklichkeit werden. Dann ist auch er einer von denen, die zum Lamm Gottes gehören und durch Christus an dem wahren Inhalt des himmlischen Buches teilnehmen werden.
Von der Erden-Menschheit, die beim letzten Gericht durch Christus den Weltenrichter, zur linken und zur rechten Seite gestellt wird, gehen zwei Wege aus, die sich in der weiteren Entwicklung immer mehr auseinandertrennen. Schon mit der Ausbildung des fünften Schöpfungsraumes entsteht an der linken Seite die Tier-Menschheit, an der rechten Seite die Engel-Menschheit, die schon nicht mehr auf der Erde selbst lebt. Auf der sechsten Stufe ist an der linken Seite eine Menschheit, die nur ein dumpfes Bewußtseinsleben führen kann, sowie dieses sich im irdischen Pflanzenreich offenbart; an der rechten Seite ist als höchstes Element eine Erzengel-Menschheit tätig. Auf der siebenten Stufe besteht von der linken Seite ausgehend das lebendige Mineral aus dem, was einstmals auf der Erde zur Menschheit gehört hat; an der rechten Seite ist eine Menschheit da, die wie die hierarchischen Wesen der Archai tätig sein kann.
Zur linken Seite steht eine luciferische Menschheit, welche gleichwie Lucifer selbst immer mehr geistig absterben muß; zur rechten Seite sind die gestellt worden, welche eine christliche Menschheit darstellen, als die neugeborene Menschheit, die im Christus auferstanden ist und dem ewigen Leben entgegenschreitet.
Lucifer erlebte seinen Fall und offenbarte sich im Kosmos, ehe der Mensch in dieses Reich hineingestellt wurde als göttlicher Bote. Ehe die Menschheit war, war Lucifer schon; er stellt die große Vergangenheit dar für die Erdenmenschheit. Mit dem Fall des Menschen hat sich der Mensch mit dieser Vergangenheit verbunden und sie wurde Gegenwart für ihn in dem Momente, wo Lucifer sein Herr geworden ist. Da war die Menschheit selber mit Lucifer, und Lucifer blieb mit der Menschheit bis an den Zeitpunkt, wo der Gottes-Sohn sich mit der Menschheit verband. Seitdem ist Christus mit der Menschheit und bleibt mit ihr vereint. So kann der Erdenmensch sich sagen: Lucifer war, ehe die Menschheit erschien, aber dann hat diese Menschheit sich Lucifer ergeben und dadurch ist Lucifer in der Menschheit gegenwärtig geworden; er lebt in ihr und sie erlebt ihn in sich. Christus aber hat sie gerettet und erlöst, indem Er sich ihrer angenommen hat.
Lucifer ist für die Menschheit Vergangenheit und Gegenwart gewesen, ehe der Gottes-Sohn in der Menschheit gegenwärtig wurde und ihr die Zukunft sicherte. Für die Erden-Menschheit sind zwei Wege geöffnet worden, seitdem sich die Kraft Christi der Kraft Lucifers in der Menschheit selber gegenübergestellt hat; sie kann den Weg des Gottes-Sohnes gehen oder auch kann sie mit Lucifer verbunden bleiben.
Immer mehr und mehr werden diese beiden Wege auseinandergehen und die Erden-Menschheit wie in zwei Reiche zerteilen, von welchen das eine ein höheres, das andere ein niederes Menschenreich sein wird. Immer deutlicher wird der Unterschied sich offenbaren zwischen denen, die dem Gottes-Sohn angehören und denen, die sich noch zu Lucifer bekennen. Wenn dann auf Erden selber dieser Unterschied sich zeigt, wird sich für den Zustand des Menschen nach dem Tode eine noch viel schärfere Unterscheidung ergeben. Die Verführung durch Lucifer ist seit dem Sündenfall des Menschen bestimmt und unvermeidlich; die Möglichkeit der Erlösung ist mit dem Opfer Christi der Menschheit gegeben. Gleichwie an jeden Menschen die Verführungen Lucifers herantreten werden auf die verschiedensten und mannigfaltigsten Weisen, sei es durch die Eindrücke der Außenwelt vermittelst der Sinnesorgane, sei es innerlich durch die seelischen Kräfte des Eigenwillens, Eigenfühlens und Eigenwissens (welche die wahre, dreifaltige Gotteskraft des göttlichen Willens, der göttlichen Liebe und der göttlichen Weisheit immerfort bekämpfen), so ist auch in einen jeden Menschen durch den Gottes-Sohn seit dessen Erlösungstod die Kraft des wahren himmlischen Urbildes hineingelegt worden und hat der Geist und die Seele eines jeden Menschen das Bild des Gottes-Sohnes Christus eingeprägt erhalten.
Der Mensch pflegt seine irdische Form und unterhält sie in ihrem Wesen durch die Nahrung, welche er aus der Umwelt zu sich nimmt. Die seelischen Kräfte, die zur irdischen Hülle gehören, werden von den verschiedenen Eindrücken genährt, welche dem Menschen durch Vermittlung der Sinnesorgane aus der Außenwelt zukommen und die er dann innerlich geistig-seelisch verarbeitet. Die irdische und die leib-seelische Hülle des Menschen werden durch die materielle Welt ernährt, da auch sie zur luciferischen Welt gehören.
Jener geistige Kern im Menschen aber, welcher seit dem Sündenfall in den Hüllen eingeschlossen ist, kann nicht in der Welt die Nahrung finden, welche seinem Wachstum förderlich ist. Dieser geistige Kern wurde deshalb immer schwächer und der Mensch kam immer mehr unter Lucifers Gewalt bis zu dem Momente, wo durch die Kraft Christi jener Kern die geistige Nahrung erhalten hat, die ihn von einem bloßen geistigen Kern zum geistigen Wesen machte, in welchem die dreifache Gotteskraft verborgen liegt.
Dieses geistige Wesen des Menschen wird durch Verbindung mit dem Gottes-Sohn erhalten, denn die Kraft Christi ist wie die himmlische Nahrung zur Erhaltung seines Wesens, auch während sich der Mensch in dieser Welt befindet. Wenn der Mensch sich nicht bestrebt, dieser himmlischen Nahrung teilhaft zu werden, und stattdessen nur seine irdische, und insbesondere seine seelische Hülle auf die ihnen entsprechende Weise aus der materiellen Welt nährt und pflegt, so wird das geistige Wesen in ihm geschwächt werden; das sterbliche Teil seines Wesens aber wird die Überhand gewinnen. Er wird den Gottes-Sohn in sich verleugnen und Lucifer stark machen. Dadurch wird es Lucifer leichter, den Menschen für sich zu gewinnen.
Hat es der Mensch zum Hauptziel seines Erdenlebens gesetzt, sich mit dem Gottes-Sohn zu vereinigen, das geistige Wesen in sich zu stärken und zu erhalten, aufdaß es die sterblichen Hüllen besiege, so wird die Sorge für die Nahrung der seelischen und der irdischen Hülle ihm nicht mehr Hauptsache sein. Weil diese Hüllen eher ein Hemmnis als eine Hilfe bilden und er sie dennoch braucht, wenn er als Erdenmensch tätig sein will, so wird er sich zum Ziel setzen, diese Hüllen zwar zu unterhalten, aber nicht auf irgend welche Weise zu stärken. Während seines Erdenlebens wird er dann die seelische Hülle und seine irdische Form so umbilden, daß sie, durch das himmlische Wesen im Menschen besiegt, statt Gegner zu sein, zu Dienern jener Kräften werden, die durch Christus in das Herz des Menschen gelegt worden sind.
Aus dieser Erkenntnis ging das Bestreben der Heiligen und der Asketen hervor, welche durch Gebet und Andacht sich im Geiste mit Christus zu vereinigen suchten, indem sie durch Fasten und Abtötung der Sinneserlebnisse die Wirkung Lucifers in der irdischen und der seelischen Hülle verhinderten. Von dem Einfluß Lucifers wollten sie sich befreien, aufdaß sie sich mit ihrem ganzen Sein Christus hingeben könnten. Denn sie wußten, daß der Mensch, wenn er sich nicht als Ziel stellt, dem Gottes-Sohn zu dienen, von Lucifer unmittelbar ergriffen wird, weil es nur die zwei Wege gibt, die am Ende entweder zu der rechten oder zu der linken Seite führen müssen.
Jeder Mensch ist wie ein Abbild im kleinen des großen makrokosmischen Gefäßes. Alles, was als vergängliches Element dem Reiche angehört, wo Lucifer wirkt, soll von ihm abfallen. Mit dem ersten und dem zweiten Tode stirbt der vergängliche Teil des Menschen ab. Der wahre geistige Mensch wird von seinen zeitlichen Hüllen befreit und jene Kräfte in ihm, welche zur Ewigkeit gehören, weil sie göttlich sind, werden in die himmlischen Regionen hinaufgetragen. Das wahre seelische Element, das ihm von der Lichtjungfrau in den himmlischen Regionen gewoben wurde, ist wie das geistige Gefäß, das als Inhalt das birgt, was der Mensch sich im Geiste an göttlicher Kraft durch Verbindung mit dem Gottes-Sohn, angeeignet hat. Gleichwie ein heiliges Gefäß ist das himmlische Urbild des Menschen, wie das heilige Buch, in dem alles aufgezeichnet ist, was als göttliches Sein jemals im Menschen wirksam war, während er auf Erden und im Kosmos lebte. Nur die Kraft des Lammes kann dieses heilige Buch öffnen, denn der Schlüssel zum wahren Urbild des Menschen gehört Christus. Nur der Sohn Gottes, der, aus der göttlichen Trinität hervorgehend, bis in das Reich der Menschen hinunterstieg, als Mensch unter den Menschen lebte und für alle Zeiten den Weg wies, welcher wiederum zum Vater führt, — nur Er allein kann der Menschheit das Wesen des durch sie vergessenen Urbildes offenbaren und sie dadurch des wahren Lebens teilhaft machen.
Durch Ihn kann die Menschheit, mit der dreifachen Gotteskraft belebt, zu den himmlischen Regionen wiederkehren, wo sie als geistiges, himmlisches Wesen das Leben Gottes mitleben wird. Den Chören der himmlischen hierarchischen Wesen, welche die lebendigen Blätter der Himmelsrose darstellen, wird die neue menschliche Hierarchie zugefügt werden.
Diese neue Hierarchie wird auch aus drei Chören bestehen, als Folgewirkung davon, daß die Menschheit während der Entwicklung des fünften, sechsten und siebenten Schöpfungsraumes (bezw. der 5., 6. und 7. Erdenstufe) im kosmischen Reiche nach drei verschiedenen Arten tätig ist: wie die Hierarchie der Engel, der Erzengel und der Archai.
Es wird in der Himmelsrose, die vorher das Abbild der Trinität war, die göttliche Dreifaltigkeit unmittelbar anwesend sein als das dreifache Angesicht Gottes, welches, im Wesen Eins, zunächst von oben einstrahlend sich dann in das Herz der Himmelsrose hineinversenkt, die Himmelsrose wie krönend und durchdringend mit Seinem dreifachen Leben. Wie von unten aufsteigend, wird die neue dreifache Hierarchie der Menschen sich zu den Blättern der Himmelsrose hinzugesellen, sodaß statt neun himmlischen Chören dann zwölf Chöre von Hierarchien da sind.
Diese neue Hierarchie wird unmittelbar verbunden sein mit dem Wesen der göttlichen Trinität, da sie von dieser dreifachen Kraft das wahre Abbild ist.
So wird die Wiederkehr des Menschen sein, wenn er den Weg folgt, welchen ihm der Sohn Gottes angedeutet und eröffnet hat. Diesen Weg zu gehen sei das Ziel, welches der Erdenmensch sich stelle, indem er jene Fallstricke und Lockungen meidet, die ihm unaufhörlich Lucifer stellt um die Seele des Menschen an sich zu ziehen. Mit offenen Augen, wissend welche Rolle Lucifer in der Entwicklung spielt, soll er sich vor dem mächtigen Widersacher hüten, der ihm, wenn er ihm verfällt, am Ende den geistigen Tod bringen wird. Das, was der Erdenmensch aus Lucifers Reich an sich trägt, soll er in den Dienst dessen stellen, was als Abbild der göttlichen Trinität das wahre, innere Centrum seines Wesens ist.
Möge dann diese Betrachtung der kosmischen Entwicklung und des Weges, den der Mensch gegangen ist vom Herzen des urväterlichen Centrums aus — gefallen durch Lucifers Verführung, erlöst durch das Opfer Christi — die Erinnerung wachrufen an die wahre Heimat des Erdenmenschen, aufdaß die dreifache Gotteskraft, die Christus in einen jeden Menschen hineingelegt hat, sich lebendig offenbare und das Bündnis mit dem Sohn Gottes im menschlichen Herzen geschlossen werde.

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Symbolische Darstellung der Zweiten Schöpfung.



 
Das symbolische Bild bezieht sich auf das, was im zweiten Teile des Buches beschrieben ist als die zweite Schöpfung, nachdem das Wesen der göttlichen Trinität sich mit der Himmelsrose auf solche Weise verbunden hat, daß diese nicht mehr das bloße Abbild ist der dreifachen Gotteskraft, so wie sie es mit der ersten Schöpfung war.

Im Centrum der Himmelsrose ist die göttliche Trinität anwesend und durchsetzt sie mit ihren Kräften. Sie ist symbolisiert durch das Dreieck mit dem göttlichen Auge. Die Himmelsrose, bestehend aus dem Urväterlichen Centrum, der urmütterlichen Peripherie und dem Mittler, welcher der Bote zwischen beiden ist, wird mit der zweiten Schöpfung, als sich das Angesicht des Sohnes der Schöpfung zuwendet, vereinigt mit dem Angesicht des Vaters, mit dem Angesicht des Sohnes und mit dem des Heiligen Geistes. So wird das urväterliche Centrum durchsetzt mit dem Wesen des Vaters, der Mittler mit dem Wesen des Sohnes und die urmütterliche Peripherie oder die Lichtjungfrau mit dem Wesen des Heiligen Geistes aus der Trinität.
Die neunfachen Chöre der Hierarchien, welche die lebendigen Blätter der Himmelsrose bilden, erhalten durch die unmittelbare Verbindung mit der göttlichen Trinität neues Leben.
Das Bild zeigt im Centrum der Himmelsrose das Symbol der Trinität, die mit ihrer dreifachen Kraft die Himmelsrose durchstrahlt. Die dreifachen Reihen der Hierarchien, von denen jede drei Chöre enthält, sind ebenfalls im Bilde angegeben.
Der zwischen der Grenze der Himmelsrose und dem nächsten Umkreis befindliche Raum, ist als die Region des Empyreums zu denken; in ihr ist die vierfache Zerspaltung nicht bemerkbar.
Der nächste Umkreis, in welchem die vier Linien der Himmelsrichtung sichtbar werden, gibt ein Bild der Region des Kristall-Himmels oder des Primum mobile.
Rings herum, die Region des Kristall-Himmels umgebend, ist die Region des Fixstern-Himmels zu denken, mit der ursprünglichen Einteilung in zwölf Hauptcentren.
Als der Sohn, Christus, die Regionen der Himmelsrose durchschreitet, um die Menschheit vom geistigen Tode zu retten, tritt Er durch die Region des Fixsternhimmels in die Regionen des Kosmos hinein.
Das Wort Gottes, Christus der Heiland und Erlöser, wird in der Zeichnung dargestellt in der Region des Fixstern-Himmels weilend, von wo er seine Kräfte nach den vier Himmelsrichtungen im Universum ausstrahlt; es ist gleichsam die kosmische Kreuzigung, welche mit der Kreuzigung auf Erden verbunden ist.
Die Kraft des Wortes strahlt hinein in die Regionen, wo Lucifer wirkt, bis es auf der Erde sein Wesen offenbart und die dreifachen Gotteskräfte mit diesem Centrum verbindet.
Der Kosmos ist auf dem Bilde angegeben durch das Gefäß, den Kelch, in dem das Blut des Erlösers für alle Zeiten aufbewahrt worden ist, seit dem Opfer auf Golgatha. Es kann aber dieses Reich erst mit dem Symbol des Gefäßes zusammengebracht werden, nachdem das Opfer Christi geschehen ist und Seine göttliche Kraft sich im Centrum offenbart hat. Der Kelch hat sich d u r ch den göttlichen Inhalt und nach ihm gestaltet.
Der obere Rand des Kelches kann gedacht werden als die erste und die siebente Region des Kosmos; der Raum zwischen diesem oberen Rand und dem Boden des Kelches wird dann von der zweiten und sechsten und der dritten und fünften Region eingenommen, beide in gleicher Entfernung vom Boden des Kelches, der das Symbol für die vierte Region darstellt. Das Bild des Gefäßes wird sich dann, in Verbindung mit den makrokosmischen Centren, welche sich als Planeten in den verschiedenen Regionen formen, auf folgende Weise ausnehmen:
1.    Region: Saturn    Merkur    5. Region
2.    Region: Jupiter    Venus     6. Region
3.    Region: Mars      Vulkan    7. Region
4. Region   Sonne  
4. Region   Erde    Mond.
Sonne, Mond und Erde, ursprünglich eine Einheit darstellend, haben sich voneinander getrennt, indem die Sonne in der vierten Region geblieben ist, während Erde und Mond sich durch Verdichtung, Centralisation und Zusammenpressung herausgesondert haben und dadurch auf ein niedrigeres Niveau gebracht wurden.
Das ganze kosmische Reich erhält erst einen festen Fuß durch das auf Golgatha gepflanzte Kreuz; vorher war dieses Reich wie ein sich immerdrehender Ball in Disharmonie mit dem göttlichen Rhythmus, dem geistigen Tode entgegenschreitend, — erhalten nur durch die Taten der Gottes-Boten, die in diesen Ball wie von außen geistige Kraft hineinstrahlen.
Das Opfer Christi setzt die Krone auf all das, was an himmlischen Taten durch die göttlichen Boten geleistet wurde, da sie, dem Willen Gottes gemäß, tätig waren, als die großen Erzengel und die Chöre der christlichen Hierarchien. Das makrokosmische Gefäß, dessen hochheiligen Inhalt das Blut Christi bildet und das erst durch dessen Inhalt Bedeutung erhält, ist die symbolische Form, welche aus den Taten göttlicher Wesen besteht; daher ist diese Form das geistige Urbild, welches ewig ist und göttlich, indem das, was Lucifer in den Regionen seines Reiches formt, ein zeitliches und zerbrochenes Abbild des wahren Göttlichen darstellt und der Vergänglichkeit verfallen wird. Es ist das Gefäß oder der Kelch mit seinem hochheiligen Inhalt die geistige Form, das Urbild dessen, was die Diener Gottes im Kosmos geleistet haben. Die Hingabe und Aufopferung der göttlichen Wesen an ihren Schöpfer und Vater wird durch das makrokosmische Gefäß symbolisiert. Der göttliche Inhalt, durch den die dreifache Gotteskraft sich mit der Erde verbindet, stellt das Opfer Christi dar, durch Sein Blut.
Das Reich des Kosmos, welches mit der Opferung des Wortes Gottes als vergeistige Form das Bild des makrokosmischen Opferkelches erhalten hat, in welchen das Wesen der Trinität hineinstrahlt, führt zurück auf das Opfer Christi, das beim letzten Abendmahle seinen Anfang nahm, als der Gott-Mensch, umgeben von den Zwölfen, die Verwandlung von Brot und Wein in Seinen Leib und Sein Blut vornahm und dieses Opfer im Abendmahl-Kelche den Aposteln gereicht hat.
Mit dem Opfer Christi öffnet sich jener kosmische Ball nach oben, gleichwie die Knospe einer Blume und wird zum Kelche, in den die Kraft, die Gewalt und die Gnade Gottes hineinstrahlen kann. Es wurde damit auch der göttliche Rhythmus im Reiche, wo Lucifer wirkt, lebendig offenbar und durch den festen Fuß, den der Kelch erhielt, war der weiteren Entwicklung, die in den verschiedenen Regionen vor sich gegangen war, damals vorging und vorgehen wird in der Zukunft, ein festes Ziel gestellt. Das Kreuz auf Golgatha wurde das neue Centrum für alles, was zum Reiche des Kosmos gehört; es ist der Punkt, auf dem alles ruht und der zugleich, unmittelbar verbunden mit der göttlichen Trinität, die gerade Linie bildet als den Weg, der gleichwie eine leuchtende Bahn bis in das Herz der Himmelsrose hineinführt.
Es ist die dreifache Gottes-Kraft durch den Gott-Menschen Christus in das Centrum des Kosmos hineingebracht worden. Der Tiefpunkt und der Höhepunkt der Schöpfung sind verbunden. Das Herzblut Christi ist im Reiche, wo Lucifer wirkt, anwesend in dem heiligen Graal, welchen die Taten der Gottes-Boten bilden.
So steigt die Taube als Symbol des Heiligen Geistes hinunter bis auf die Erde; so wird die Stimme Gottes wahrnehmbar, so ist der Sohn inmitten der Menschheit und zugleich im Himmel; so offenbart sich die göttliche Dreifaltigkeit in drei Personen, zu gleicher Zeit eine Einheit darstellend. (M. E. macht Intermediarius hier ein Zugeständnis an die kath. Lehre, denn in Band 3 spricht sie „von dem Sohn, der das göttliche Antlitz des Vaters darstellt“ und somit das eigentliche Personsein Gottes ausdrückt. Damit widerspricht sie im Grund der drei Personenlehre zugunsten einer Lehre von drei Seinsweisen Gottes und bestätigt J. Böhme: „denn Gott ist keine Person, als nur in Christo“ Mysterium Magnum, 7. Kapitel, Vers 5. Kommentar von mir, Hans-Dieter Ulmer)


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Buch 4

Das Große Zeichen


I.

Das große Zeichen


          Als Christus, der Sohn Gottes, aus dem Reiche des Himmels in das des relativen, dualistischen Kosmos herabstieg, in dem das Prinzip des Raumes und der Zeit waltet, war dort ein örtlich und zeitlich bestimmter Punkt für dieses Ereignis gegeben. Im kosmischen Raum und in der kosmischen Zeit geschah die kosmische Kreuzigung zur Erlösung des gesamten Kosmos, bevor sich die Kreuzigung Jesu Christi örtlich und zeitlich auf Erden inmitten der irdischen Menschheit vollzog. Raum und Zeit des Kosmos werden nach unendlich größerem Maß berechnet als z. B. die von der Erde aus empirisch gemessenen Raumes Verhältnisse und die entsprechenden Zeitabschnitte, die eich bloß auf irdische Verhältnisse beziehen können. Deshalb konnten die Eingeweihten der alten vorchristlichen Mysterien von der kosmischen Kreuzigung des Gottessohnes lange vor der Erscheinung Christi auf Erden wissen. Die in die wahre Weisheit eingeweihten Seher, die ihr menschliches Bewußtseinsleben aus der niederen Natur und aus der dreifachen Hüllennatur des Kosmos heraus erhoben und mit den höheren Seelenkräften verbunden hatten, konnten jenes gewaltige Ereignis im Geiste schauen und erkennen. Sie teilten das Erlebte dann denjenigen mit, die über die eigene Hüllennatur hinausstrebten, um ein ebenso überkosmisches Seelenleben zu führen. Nie waren in den alten Zeiten jene Mitteilungen in Schriftzeichen festgelegt worden; nur mündlich wurden die mystischen Arcana dem würdigen Schüler überliefert. Für jenes Wissen aber, das sich auf den Kosmos bezog, waren schon in den ältesten Mysterien symbolische Zeichen und Figuren gegeben worden. Einige davon sind noch heute in den älteren Symbolen des Zodiacus und den ideographischen Schriftzeichen verschiedener Völker vorhanden. Die alphabetischen Zeichen der älteren Sprachen (auch die, welche in der hebräischen Kabbala heute noch gebraucht werden) sind ursprünglich Symbole, durch welche rein kosmische Geschehnisse und Verhältnisse dargestellt und mitgeteilt worden sind. Ein Merkmal jener Symbole, die sich nur auf kosmische Vorgänge beziehen, ist, daß dieselben immer eine dualistische Kraft darstellen, da der Dualismus die Haupteigenschaft des Kosmos bildet. Außerdem wird noch insbesondere in bezug auf die Hüllen die Spaltung hervorgehoben, die im Kosmos mit den beiden Kräften des Positiven und des Negativen verbunden ist und sich au den Hüllen als ein männliches und ein weibliches Element erkennbar macht. Wo dieses Element als Ausgangspunkt betrachtet und ihm größte Bedeutung zuerkannt wird, da ist unfehlbar nur der Kosmos mit seinen dualistischen Kräften der Gegenstand, auf welchen die symbolischen Zeichen Bezug haben, auch da, wo göttliche Namen und Attribute für kosmische Vorgänge gebraucht werden.
          Wo in den vorchristlichen Zeiten ausschließlich auf den Kosmos gesehen wurde, sind Mysterienkulte entstanden, in denen nicht nur die Hüllennatur vergöttert und durch blutige Menschen- und Tieropfer gefeiert worden ist, sondern wo sogar Teile und Glieder des materiellen Körpers als Symbole göttlicher Kräfte verehrt wurden, und zwar gerade solche, die in besonderer Weise mit der gefallenen, niederen Natur des Menschen verbunden sind und Bezug auf das kosmisch-irdische Leben allein haben. Oft auch sind die einfachen kosmischen Schriftzeichen einseitig und minderwertig gedeutet worden.
Während also die kosmischen Symbole schon in den allerältesten Zeiten aufgezeichnet worden sind, wurden die Symbole für die höheren überkosmischen Seelenkräfte und alles, was mit diesen verbunden war, mündlich an die überliefert, welche dazu reif befunden waren. Erst als der dreimalgroße Hermes (Hermes Trismegistos) als der erhabene Mysterienstifter in Ägypten erschienen war und, wie es heißt, „die Ägypter das Schreiben der Buchstaben lehrte", wurden auch jene erhabenen Symbole als esoterische Hieroglyphen aufgezeichnet und im Allerheiligsten des Tempels aufbewahrt, das nur dem Hierophanten als Hohenpriester zugänglich war.
          Das größte Mysterium, das Wissen von einem allerhöchsten, über Seiner Schöpfung thronenden Gott, allmächtig, erhaben und ewig, wurde mit einem besonderen Symbol bezeichnet, das den Namen Gottes andeutete, mit gewaltiger Kraft erfüllt war und vom dreimal-großen Hermes selber dem innersten Sanctuarium des Tempels anvertraut wurde. Gehütet von der esoterischen Priesterschaft, blieben jene durch Hermes Trismegistos überlieferten Schriftzeichen den Außenstehenden verborgen. Die Ägypter aber übernahmen die älteren, auf den Kosmos deutenden Symbole von den benachbarten Völkern, so daß es im Volke selber diejenigen Zeichen gab, welche vom Tempel zu Heliopolis ausgegeben wurden, diejenigen, welche von anderen Völkern übernommen wurden und die Zeichen und Hieroglyphen, welche nur zum alltäglichen Menschenleben gehörten und im Laufe der Zeit hergestellt wurden.
          Die Völker aber entstehen, bestehen und vergehen in der Zeit und an einem bestimmten Erdenflecke; sie wachsen heran, erreichen ihren Höhepunkt und nehmen dann ab, um schließlich unterzugehen. Auch das altägyptische Volk erlitt dieses Schicksal. Wie eine zehrende Krankheit, zunächst kaum bemerkbar, jedoch das geistige und physische Leben untergrabend, schlich sich der Einfluß aus den benachbarten, um vieles niedriger stehenden Völkerschaften ein. So kam es endlich dahin, daß das uralte, mächtige und weise Ägypten von den asiatischen Völkern vernichtet und die heiligen Mysterienstätten durch die östlichen Eroberer, die ihre niederen Kulte dann über Ägypten verbreiteten, verwüstet wurden. An diesem Gesetz aller Völker, welches das Gesetz ist für alles, was auf Erden und im Kosmos lebt, dürfen selbst die Mysterien nichts ändern. Dieselben verbinden sich mit einem bestimmten Volke, erreichen eine Höhe, welche dem Charakter jenes Volkes in bezug auf ihre Wirkung entspricht, und überlassen das Volk seinem Schicksal, sobald die Zeit des Abnehmens und des Vergehens anbricht. In neuaufkommenden Völkern setzten die Mysterien dann ihre Wirkung fort, und zwar auf jene Weise, die dem Charakter und der bestimmten Aufgabe des betreffenden Volkes angepaßt ist. Damit ist aber verbunden, daß die centrale Kraft des Sanktuariums von einem Volke auf das andere übertragen werde und daß die heilige Mysterienweisheit und ihre Symbole zu jenem Volke übergehen, in welchem die Mysterien dann wirken sollen.
          Als die Zeit kam, da das ägyptische Volk seinen Höhepunkt überschritten hatte, und als das asiatische Element der benachbarten Völker immer stärker eingriff, bis sich die innere Waage nach der Seite des letzteren hinsenkte, verlor die Seele jenes Volkes auch ihre Beziehung zur ewigen, erhabenen Weisheit der Mysterien und ihre Empfindung für die ewige Gotteskraft, die ihr aus dem Heiligtum des Tempels zuströmte. Und als die Verbindung mit dem ewigen, übernatürlichen und überkosmischen Leben sich löste, da mußte alles in dem natürlichen Leben des kosmischen Daseins untergehen und der Zerfall des mächtigen ägyptischen Reiches eintreten. Dann aber wurde durch jene Gotteskraft des Sanctuariums einer aus der Priesterschaft dazu berufen, das allerheiligste Symbol des Namens Gottes geheimnisvoll in ein anderes Volk zu übertragen, das zunächst ein wanderndes Volk, ohne Heimat, ohne bleibende Stätte sein sollte; ein Volk, das sich seinen Gott suchen sollte, unbeeinflußt und unbehelligt von benachbarten Völkern und ihren niederen Mysterienkulten. So entstand das wandernde Heiligtum, die Bundeslade mit dem Zelt, in welche Moses, der einstmals ägyptische esoterische Priesterweise, das allerheiligste Schriftzeichen des Gottesnamens barg. Er allein wußte von diesem allergrößten Geheimnis, und nur derjenige, der von ihm geweiht und belehrt worden war, konnte sich ohne Todesgefahr dem inneren Sanctuarium nähern.
          Das Alte Testament beschreibt ausführlich einerseits die Wanderfahrt des Heiligtums und des israelitischen Volkes, sowie die von der Gotteskraft erfüllten Priester und Propheten, und anderseits das Volk, das öfters den Kulten andrer Völker verfallt, oben Moses auf Sinai — unten das das goldene Kalb umtanzende Volk; die gotterfüllten Propheten — das Volk, das dieselben martert und mordet. Ebenso ist es mit der babylonischen Gefangenschaft, weil das Volk sich immer wieder dem Einfluß der babylonischen Kühe hingab, und dem mächtigen Propheten und Retter Daniel, durch den die Stimme Gottes sprach. Niemals war dieses Volk frei von den magischen, Menschen- und Tieropfer verlangenden Kulten Babels — nie auch war es gänzlich verlassen von der Gotteskraft, denn durch die Gewalt des allerheiligsten Symbols des Namens Gottes redete der allerhöchste Gott durch Seine erwählten Priester und Propheten, offenbarte Er sich auch einzelnen.
          Aus den Worten der Propheten ging hervor, daß sie wußten, wie das Wort Gottes einmal auf Erden kommen, innerhalb des eigenen Volkes als Mensch erscheinen und durch dieses Volk selbst gekreuzigt werden würde. Denn das mit dem allerheiligsten Symbol des Namen Gottes verbundene Mysterium war das Wissen, daß dieses Symbol, dieses göttliche Zeichen, einmal in einem Menschen auf Erden leben und dort als Mensch erscheinen würde.
          Der dreimal große Hermes hatte jenes Wissen mit der allerheiligsten Hieroglyphe den ägyptischen Mysterien überliefert, und seitdem war jenes Wissen mit diesem Zeichen verbunden geblieben.
          Die Priester und Propheten Israels redeten davon als vom Kommen des Messias, des Gottgesalbten (Christus). Der Messias war nach ihrer Lehre derjenige, der den Namen, das Wort des allerhöchsten Gottes, in der Gestalt eines Menschen darstellte. Er selber war das allerheiligste Zeichen des allerhöchsten Gottesnamens, nicht als Hieroglyphe aufbewahrt im Sanctuarium, sondern als der lebendige Buchstabe Gottes, der, Fleisch geworden, für alle sichtbar in die Erscheinung trat.
          Im Johannesevangelium verkünden es die ersten Verse, daß das Wort Gottes, durch welches alles geschaffen, Fleisch geworden ist, daß das Licht in der Finsternis scheint, die Finsternis es aber nicht begriffen hat, daß in ihm das Leben, das Licht der Menschen ist. Dann folgt unmittelbar: es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes, der zeugte von dem Lichte; er selbst war nicht das Licht, sondern zeugte vom Lichte. Denn dieser Mensch, Johannes, schaute zuerst das allerheiligste Zeichen, das ihm bei der Taufe Jesu Christi in der Gestalt einer Taube erschien. Es ist selbstverständlich, daß hier nicht die buchstäbliche Auffassung genügt, denn ebensowenig wie eine gewöhnliche Taube sich auf das Haupt Christi niederließ, ebensowenig wäre das allerheiligste Zeichen identisch mit der Taubengestalt anzusehen. Es sind aber einzelne Linien: für welche, geistig geschaut und in irdischer Sprache ausgedrückt, die Gestalt der sich mit geöffneten Flügeln herabsenkenden Taube als Symbol dienen kann.
          So gibt Johannes der Täufer das Zeugnis, welches dann Jesus Christus von Sich Selber im Tempel den Pharisäern und Schriftgelehrten gegenüber gibt: „So ich mich selber ehre, so ist meine Ehre nichts. Es ist aber mein Vater, der mich ehrt, von welchem ihr sprecht, er sei euer Gott" (Joh. 8, V. 54). Das bezeugt Jesus von sich und weiter (Joh. 10, V. 36): „Sprecht ihr denn zu dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott, darum daß ich sage: Ich bin Gottes Sohn?"
          Als Mensch spricht Jesus: „Nicht ich, sondern der, der mich gesandt hat". Als Sohn Gottes aber sagt er: „Ich und der Vater sind Eins."
          Vom Anfang bis zum Ende bezeugt das Evangelium Johannis, daß hier der Sohn Gottes, das Fleisch gewordene Wort, sich im Menschen Jesus, dem Christus (dem Gesalbten), dem Mensch gewordenen Zeichen des Namens des allerhöchsten Gottes, kundgibt. Der größte Teil der Priester konnte diese Tatsache nicht fassen, und sogar der Hohepriester wollte nicht glauben, daß dieser Mensch Jesus der verheißene Messias sei.
          Die Pharisäer und Schriftgelehrten verneinten diese Wahrheit, weil ihre Augen dem Geiste nach blind geworden und sie das allerheiligste Zeichen nicht erkannten. Vielmehr hielt sich seit der babylonischen Gefangenschaft die Mehrzahl der Pharisäer und der Schriftgelehrten an jene, auf den Kosmos bezüglichen Symbole, die aus den Kulten Babels stammten.
          Da nun das allerheiligste Zeichen im Menschen Jesus lebte, war auch die Kraft demselben auf Ihn übertragen worden und aus dem Tempel in die Welt hinausgetreten, um sich den Menschen zu offenbaren. So war das geistige Centrum des wahren Sanctuariums Jesus Christus selber. Wer nicht an Ihn glaubte, hatte sich vom Vater abgewendet, war gottverlassen; wer aber an Ihn glaubte, Ihn als Sohn Gottes erkannte, erhielt das ewige Leben, weil Er, durch den Sohn mit dem Vater eins geworden, das allerheiligste Zeichen in Sich trug. Das hohepriesterliche Gebet (Job. 17) ist wie die letzte Rede des Menschen Jesus zum Vater (mit dem er als Sohn eins ist), ehe Er den Tod erlitt und nachdem Er zu den Aposteln zum letzten Male als Mensch gesprochen hatte.
          Als das Kreuz mit dem Menschen Jesus auf Golgatha aufgerichtet war, da erhob sich mit seinen Linien, zwar in verhüllter Form, das allerheiligste Zeichen zum Himmel. Dann aber zerriß der Vorhang des Heiligtums des Tempels, denn das Zeichen hatte mit dem Tempel und seinen Dienern gebrochen und seine Kraft und Gnade völlig zurückgezogen, weil die Entscheidung gefallen war: der Sohn war nicht anerkannt worden. Das Wort Gottes verließ den mächtigen Tempel des israelitischen Volkes, da es von den Priestern und Gelehrten jenes Tempels nicht angenommen, sondern verworfen worden war.
          Als Moses in der Wüste den ehernen Stab erhob, in welchem die Linien des allerheiligsten Symbols auf verborgene Weise eingeschrieben waren, da offenbarte sich die Gotteskraft.
          Als das lebendige menschgewordene Symbol, als der Gekreuzigte am Kreuze sich von der Erde zum Himmel erhob, da mußte die Erde erbeben, die Sonne sich verfinstern, denn es wurde der ganze Kosmos von seiner Gewalt bewegt. Jene Worte Jesu gingen in Erfüllung, die Er kurz vorher gesprochen (Joh. 12, V. 31, 32): „Jetzt gehet das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden. Und Ich, wenn Ich erhöhet werde von der Erde, so will Ich sie alle zu Mir ziehen."
          Es offenbarte sich das Wort Gottes dann in der Auferstehung bis zur Himmelfahrt den auf Erden Zurückgebliebenen: die Gotteskraft, der Geist Gottes, aber blieb nach der Ausgießung des Heiligen Geistes bei den Aposteln. Wie eine geistige Bundeslade trugen die Apostel und Bekenner Christi diesen, Gnadenschatz mit sich, und wiederum wanderte dieses Heiligtum und zog aus dem Lande der Israeliten nach einem anderen Orte, zu anderen Völkern. Denn, wie der Vorhang des innern Sanctuariums im Tempel zerriß, so wurde auch der ganze Tempel und die ganze Stadt Jerusalem zerstört.
          Wiederum begann darauf der Auszug und die Wanderung des jüdischen Volkes, jetzt aber ohne Heiligtum, ohne Verheißung und ohne Führer. Deshalb zerstreute es sich über die Erde, denn keine Gottesgewalt hielt es mehr zusammen. Wie Ahasver, der (der Legende nach) Christus keine Ruhestätte gönnte, Ihn nicht aufnahm, sondern weiterjagte, so muß das einstmals auserkorene Volk Gottes über die Erde wandern, bis zum letzten Gericht. Doch dieser Ahasver hat zwei Gestalten; die eine, das Antlitz auf das Irdische gerichtet, hat den Geistesblick verloren; es ist die verbitterte, von Haß und Neid erfüllte Ghettogestalt, der nur das eine Auge, das auf Irdisches blickt, geblieben ist und die auf der ruhelosen, endlosen und mühevollen Wanderschaft noch immer den brennenden Wunsch hegt, das auszurotten und zu vertilgen, was auf Erden vom Gottessohne kündet.
          Das Kruzifix ist diesem Ahasver das verhaßte Zeichen, dessen Kraft er durch magische Gegenwirkung abzuschwächen sucht.
          Die andre, weit geistigere und mächtigere Gestalt des Ahasver ist das Symbol der wahren Seele des jüdischen Volkes, immer noch auf das Kommen des Messias hoffend und weheklagend über die Verbannung von den heiligen Stätten. Doch dieser Ahasver ist blind, da er den Messias nicht erkannt hat und, wie ein tragischer Greis, das blinde Antlitz dem der alten sehenden Propheten äußerlich ähnlich, geht er die endlose Wanderung. Am letzten Tage aber wird der Sohn Gottes ihm selbst die Augen Öffnen, so wie Kr während Seines Lebens auf Erden die Blinden heilte und sehend macht«. Dieser Ahasver wird dann endlich den Messias erblicken; er wird erkennen, daß es allein die Hand Christi, seines erhofften Messias, gewesen, die ihn in der düsteren Nacht seiner irdischen Wanderung vor den Abgründen behütete und ihn endlich zum Lichte geführt hat.
          Zu vielen Völkern der Erde brachten die Apostel die Botschaft des Gottessohnes, der Kreuzigung und Auferstehung Christi, des Erlösers, unter dem Symbol des allerheiligsten Zeichens des Namens Gottes. An vielen Stätten wurden in Seinem Namen Tempel (Kirchen) gestiftet. Derjenige unter den Aposteln aber, dem das Versprechen galt: „Auf diesem Fels werde ich meine Kirche errichten", wanderte nach der ewigen Stadt Rom und erlitt dort selber den Märtyrertod. Auch er wurde gekreuzigt; doch, da er wußte, daß mit dem Zeichen des gekreuzigten Christus einmal das heiligste Symbol dargestellt gewesen als Er, „der mit dem Vater eins war", am Kreuze hing, verlangte jener Märtyrer, umgekehrt gekreuzigt zu werden, da er sich als unwürdig betrachtete, als Mensch dasselbe Zeichen nachzubilden. In jener ewigen Stadt steht seitdem, auf das Blut jenes großen Apostels gegründet, das ewige Heiligtum als die Stätte, deren Grundstein mit dem Märtyrertode Petri am Kreuze gelegt wurde. (Laut Lorber ist die "quo vadis" Legende nicht wahr. Nach Lorber wurde Petrus nicht in Rom, sondern auf einer Missionsreise in Babylon von den dortigen Priestern umgebracht. H.-D. U)

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II.

Die heilige Reliquie.


          Nach der Himmelfahrt Christi wurde den Aposteln der verheißene Tröster als der Geist der Wahrheit offenbar. Von diesem Heiligen Geiste hatte Christus gesagt: „Es ist euch gut, daß Ich hingehe. Denn so Ich nicht hingehe, so kommt der -Tröster nicht zu Euch; so Ich aber gehe, will Ich ihn zu euch senden" (Joh. 16, 7).
          Wie eine Gnade wurde der Menschheit dieser Geist verliehen, nachdem dieselbe durch Christus erlöst worden war. Wie Seine Erbschaft kam jene Gnade auf die Menschheit, der zwar die dreifach-göttliche Seelenkraft als himmlische Erbschaft auch nach dem Sündenfall nicht vollständig verloren gegangen war, die aber bis .dahin keinen, Anteil am himmlischen Geiste. hatte. Die kosmisch-irdische Menschheit lebte vom Sündenfall an bis auf das Kommen Christi von jener himmlischen Erbschaft und ihre Blicke waren deshalb der Vergangenheit zugewandt, wo die dreifach-göttliche Seelenkraft sich am hellsten offenbart hatte. Die christliche Menschheit aber wendet zunächst den Blick auf jene Zeit, da Christus auf Erden lebte; dann aber schaut sie weit hinaus in ferne Zukunft dem Wiederkommen des Gottessohnes entgegen. Sie lebt inzwischen von der Kraft jener Erbschaft Christi, dem Heiligen Geiste (der Wahrheit), bis zu der Zeit, wo das große Zeichen am Himmel stehen und das Gericht über alle ergehen wird.
          In vorchristlichen Zeiten war ein bestimmtes Symbol für die dreifachgöttliche Seelenkraft gegeben, welches die nach oben hin geöffnete, dem Himmelreiche zugewandte Seele darstellte. Da diese Seelenkraft nicht nur im Reiche des Himmels und im Archäum offenbar, sondern auch mit der Menschheit verbunden geblieben war, durfte das Symbol dieser himmlischen Erbschaft unter einer bestimmten Form dargestellt und zu heiligen Riten und Zeremonien verwendet werden. Dieses Symbol wird deshalb schon in den ältesten Mysterienkulten als der heilige Kelch oder auch in der Gestalt der Lotosblume gefunden, die der Kelchform entspricht. Der Kelch, war das Aufnahmegefäß höherer Kräfte, die aus dem Reiche des Himmels und des in die kosmischen Regionen hineinströmten und sich vermittelst des geheiligten Gefäßes über die, welche es umgaben, ergossen. So wurde eine Bitte an jene höheren Kräfte, die in dem überkosmischen Gebiete walteten, so das Gebet zum allerhöchsten Geiste, als Schöpfer des Alls, durch die Erhebung des Kelches symbolisiert, wobei die höhere Seelenkraft der Anwesenden sich innerlich dem über alles waltenden Gotte zuwandte.
          Im Gegensatz zum großen geistigen Zeichen, dem Symbol des Namens Gottes, war dieser Kelch die heilige Reliquie, als seelisches Symbol der himmlischen Erbschaft, die sich auch innerhalb des Kosmos und der Menschheit auf Erden offenbarte.
Wenn der Mensch selber betrachtet wird, so zeigt sich seine Seele symbolisch in eine obere und eine untere Hülle geteilt, so daß dieses Symbol sich wie ein Kelch ausnimmt, von welchem die untere Hälfte, der nach unten hin, geöffnete Halbkreis, den Fuß darstellt, während die obere Hälfte, der nach oben geöffnete Halbkreis, dem Gefäß selber entspricht.
          Das menschliche Bewußtseinscentrum ist der Punkt, wo beide Halbkreise sich treffen, und wenn dasselbe sich den höheren Seelenkräften hingibt, so wird es von der dreifach-göttlichen Seelenkraft, der himmlischen Erbschaft der Menschheit, erfüllt, und kann dann reinigend und erhebend auf die niederen Seelenkräfte, die Hüllennatur, einwirken. Die engere Verbindung aber zwischen dem Bewußtseinsleben und der Hüllennatur macht ersteres von der letzteren abhängig und bringt den Menschen völlig unter die Gewalt des nur kosmischen Daseins. Es soll deshalb die Hüllennatur der höheren Natur der Seele zum Opfer gebracht werden. Im Kosmos und auf Erden soll die kosmische und irdische Naturkraft der überkosmischen reinen Urnatur (des Archäums) zum Opfer dienen. Dieses Opfer an die himmlische Natur wurde dargebracht, wenn die Produkte der kosmisch-irdischen Natur in der Gestalt von irdischen Gewächsen dem Kelche anvertraut oder als Opferung auf dem Altare dem Feuer, dem allesreinigenden Elemente, übergeben wurden. So war der Kelch, wenn er erhoben und dem Himmelreiche zugewandt wurde, auf daß er mit Gnadenkräften erfüllt werde, das Symbol des Gebetes und der seelischen Hingabe bei den Zeremonien in vorchristlichen Mysterien. Als Symbol der Opferung der Hüllennatur an die höhere Seelenkraft innerhalb der kosmischen Regionen diente der Kelch, wenn die Produkte der kosmisch-irdischen Natur demselben anvertraut oder auf dem Altar geopfert wurden.
          Diese vorchristlichen Mysterienkulte waren wie die Vorbereiter für das Kommen Christi auf Erden; doch waren andre Kulte da, bei denen gerade das Entgegengesetzte geschah, wo die höhere überkosmische und reine Urnatur verleugnet, und die niedere an den Kosmos gefesselte dualistisch wirkende Natur verehrt wurde. Diese Naturkulte verehrten bloß den Fuß des Kelch-Symboles, den der Erdenkraft zugewandten unteren Halbkreis, umgestülpte Kelchform. Es sind die mit der Nachtseite des Kosmos verbundenen Kulte, die ihre Opferung an jene Allmutter-Natur durch blutige Menschen- und Tieropfer verrichteten. Es wurden da auch Gestirne Sonne und Mond angebetet und ihre kosmisch-dualistische Natur verehrt. Von jenem umgekehrten Kelche aber strömte Raserei, Besessenheit und Wahnsinn aus, und die Anbeter jener kosmischen Naturgewalten, jener Sonnen- und Mondkräfte, verfielen den im Kosmos wirkenden Dämonen, den verführten Geistern des Abgrundes. Die Kulte des Shiva, Mithra, Dionysos, die der Kybele, der Astarte, der Magna-Mater und des Moloch und die mit denselben verbundenen Greuel zeigen die Wirkungen jener Sklaverei, unter welche sich das Bewußtseinsleben des Menschen durch die Anbetung der niederen Naturkräfte im Kosmos gestellt hatte.
          Diese Kulte führten  schließlich zur  Anbetung jener Natur,  die nicht mehr zum Kosmos, sondern zum Abgrund gehört und die dem Widersacher als seine Peripherie dient, das heißt als das Gewebe, in welches sich die Seele verstrickt, sodaß dem Menschen, als dem Gefangenen im Reiche der Finsternis, die seelische Vernichtung bevorsteht. Der Mensch sowohl wie der gesamte Kosmos kann nicht an sich bestehen. In beiden wirken dualistische Kräfte und beide sind verbunden mit der überkosmischen, ursprünglichen reinen Urnatur sowie mit der verdorbenen Hüllennatur, die dem Widersacher leicht zur Dienerin wird. Wenn also nicht die höhere Seelenkraft die Herrschaft hat und durch die Opferung der niederen Natur dem menschlichen Bewußtsein innerhalb der Regionen des Kosmos und auf Erden vorleuchtet, so werden jene Kräfte, die in seiner kosmisch-irdischen Natur walten, die Oberhand gewinnen und in Verein mit den entsprechenden Naturgewalten des Kosmos das menschliche Bewußtsein betäuben und zu erloschen suchen. Dann aber wird der Mensch zum kosmischen Tier-Ungeheuer, zum Sklaven des Widersachers schließlich und zum Werkzeug und Träger seines Willens. Dieser Wille aber möchte den Dualismus des Kosmos zersprengen und den größten Teil mit allen Wesen, deren dualistische Natur ihm schon teilweise gehört, an sich reißen.
          Seitdem der Mensch durch den Sündenfall unter die Herrschaft der Natur des Kosmos geraten und der Fluch über die Erde ausgesprochen war, übten die Dämonen und Geister der Finsternis eine Gewalt auch über die irdische Menschheit und alles, was zur Erde gehört aus. Die Erbsünde und jener Fluch sind die Ursache, daß ein jedes Volk zur Zeit seines Aufstieges zwar durch weise, erhabene Führer, Priester und Hierophanten gelenkt und geleitet wird, daß aber dann, wenn der Abstieg beginnt, dasselbe Volk allmählich unter niedere Einflüsse jener Dämonen und Diener des Widersachers gerät, die sich in der Gestalt von kosmischen Göttern oder Göttinnen kundgeben.
          Die Mysterien dürfen jenen Untergang nicht aufhalten, denn es muß (dem Gesetze des Kosmos und der Erde gemäß) das Entstehen, Bestehen und Vergehen als Aufstieg, Höhepunkt und Untergang geschehen mit allem, was zum kosmischen Dasein gehört und sich in dem Gebiete des Raumes und der Zeit entfaltet. Das Wesen der Mysterien mit ihrer übernatürlichen Weisheit ist jenen kosmischen Gesetzen nicht unterworfen, weil die Weisheit aus überkosmischen Reichen stammt. So überlebt das Wesen der Mysterienweisheit jene Wandlungen in Raum und Zeit; es ändert sich bloß die Form, unter welcher sich dieselbe einem bestimmten Volke offenbart.
          Es müssen die Mysterien ihre Wirkung einstellen, weil ein Volk, das seinen Höhepunkt überschritten hat, stets anfängt, den höheren Sinn für die wahre Mysterienweisheit zu verlieren und sich zu den niederen Naturkräften hingezogen fühlt.
          Dann aber treten auch von außen her aus den benachbarten Völkern fremde Kulte an den ursprünglich reinen Mysterienkult heran. Es werden dann fremde Riten und Zeremonien zu den ursprünglichen hingenommen, und lange bevor es sich äußerlich zeigt, ist schon ein Kult zu fremden Göttern und niederen Naturgewalten des Kosmos im Volke eingedrungen. Auch sind dann gleichzeitig die wahren Weisen und Priester durch kluge Götzendiener ersetzt worden, die dem Verständnis und dem Streben des untergehenden Volkes entsprechen, weil es von der wahren Weisheit und ihren Dienern nichts wissen will und an das, was über den dualistischen Kosmos hinausgeht, nicht länger glaubt. Es ist das bittere Schicksal, das auch die alte Vedanta-Weisheit und die erhabenen Mysterienkulte des alten Indien, Persien und noch anderer Länder in älteren Zeiten erlitten und das auch schließlich das große, mächtige und langandauernde Ägypten zum Fall brachte. Begreiflich wird dadurch die furchtbare Strenge Moses’, der die Götzendiener mit dem Tode durch Steinigung bestrafte; denn gerade er, der große Führer eines im Aufstieg begriffenen Volkes, das, aus dem Lande des Götzendienstes ausgezogen, das allerheiligste Zeichen im Sanctuarium der Bundeslade umgab, mußte den Rückfall in dämonische Naturkulte gleichachten mit der Entfernung des großen Zeichens und als Folge davon die Zerstreuung und Vernichtung jenes Volkes voraussehen.
          In vorchristlichen Zeiten war die Macht der kosmischen Naturgewalten, der Dämonen und Geister der Finsternis, über die Menschheit der Erde so stark, daß die christliche Menschheit es kaum begreifen oder nachfühlen kann. Wäre nicht die kosmische Kreuzigung Christi geschehen, lange bevor Christus als Mensch auf Erden die Kreuzigung erlitt, so hätten sich innerhalb der Erdenvölker überhaupt keine wahren Mysterienstätten gründen können, da die dämonische Gewalt dieselben sofort vernichtet hätte. Nur dadurch, daß schon innerhalb der kosmischen Regionen die Macht des Widersachers geschwächt und er selber verwundet wurde durch das im Kosmos dargebrachte Opfer Christi, währenddem sich ein Heer von Engeln aus dem Gefolge Lucifers zu dem Erlöser bekannte, konnten die Stätten der Mysterienweisheit gestiftet werden.
          Vom Geiste Christi schon erfüllt, erleuchtet durch die himmlische Weisheit, waren diese vorchristlichen Mysterienstätten die Vorbereiter des Kommens Christi auf Erden. Durch und mit Christus lebten ihre Priester und Eingeweihten im Geiste vermittelst der dreifach-göttlichen Seelenkraft in ihrem Innern, lange bevor Christus selber in sichtbarer Menschengestalt auf Erden erschien.
          Bei der Geburt Christi kamen nicht umsonst die drei Könige aus dem fernen Morgenlande, um ihre Opfergabe dem Kinde Jesus zu bringen. Sie sind Vertreter jener drei größten Mysterienkulte, die einstmals im fernen Osten im Sinne einer Vorbereitung zu diesem größten Ereignis auf Erden wirksam waren. Ins Land Ägypten aber ging der Erlöser selber, als das Kind Jesus unter dem Schutz der jungfräulichen Mutter und des Pflegevaters aus Bethlehem flüchten mußte. Das große Zeichen, einstmals durch Moses dem Sanctuarium des ägyptischen Tempels entnommen, kehrte, in dem reinen Tempel des sündenlosen Menschenleibes geborgen, zurück zum alten Weisheitslande, um dort zu weilen bis zu der Zeit, wo es sich im Volke des Moses offenbaren sollte. Deshalb sagt die Legende, daß die Götzenbilder und Altäre stürzten, als die Jungfrau mit dem Kinde in Ägypten erschien. Denn es zog in realer Gestalt in jenes Land dasjenige ein, was als ein Symbol in der Gestalt der erhabenen Isis mit dem Horoskinde innerhalb der wahren Mysterien Ägyptens einstmals verehrt worden war.
          Wie die Engelchöre sich freuten in der heiligen Nacht der Geburt Christi, wie die Engelboten Christo dienten während Seines Lebens auf Erden, so fürchteten und flohen Ihn die Dämonen, die ihm dennoch gehorchen mußten, daß jene Dämonen sich öfters eines Menschen bemächtigten und denselben vollständig beherrschten, wird aus den Evangelien klar, in denen gar manche Heilungen von Besessenen erwähnt werden. Als der Mensch Jesus am Kreuze hing und sich das große Zeichen des Namens Gottes auf Erden erhoben hatte, war der Fürst dieser Welt damit gerichtet und die Menschheit aus der Gewalt jenes Fürsten und seiner Diener befreit.
          Von da an ist sowohl der gesamten Menschheit wie auch einem jeden Einzelnen die Möglichkeit gegeben, sich durch die Macht Christi und den Glauben an ihn, den Gottessohn, aus jener Gewalt zu befreien. Es konnte dann die Seele immer durch die Kraft Christi über die Geister der Finsternis siegen und hatte selbst die Freiheit erhalten, zu wählen, ob sie jene Macht gebrauchen, oder sich unter die Knechtschaft der Dämonen stellen wolle. Beim Herabsteigen des Gottessohnes durch den gesamten Kosmos, als erst die Forma Sideralis als feinste kosmische Hülle, dann die Forma Elementalis (mit dem Elementenmeere als untere Hälfte) und dann das Corpus Materiale, als dritte und gröbste Hülle, mit Seiner Kraft erfüllt waren, da wurde mit und nach der Kreuzigung auf Erden der Tiefpunkt Seines Abstieges erreicht. Die ganze Natur des Kosmos und der Erde war, als niedere Seelenkraft, von Seinem Geiste durchdrungen worden, und dieser Geist bildete ein neues Centrum auf Erden, zunächst im Menschen Jesu, dann aber auch auf der Erde selber. Zu diesem geistigen Centrum konnte dann die kosmisch-irdische Natur des Menschen, die vorher eher den Fürsten dieser Welt als Centrum gehabt hatte, die Peripherie sein. Der untere Halbkreis, der, nach obenhin geschlossen, der Erde zugekehrt war, hatte dann auf Erden selber ein geistiges Centrum erhalten und dadurch war die freie Wahl zwischen jenem geistigen Centrum oder dem früheren irdischen Centrum als dem Fürsten dieser Welt gegeben. Es müßte sich, symbolisch gesprochen, der untere Halbkreis umstülpen und sich dem höheren Halbkreis, der himmlischen Seelenkraft, gleichmachen; dann würde auch die kosmisch-irdische Natur sich umwandeln und zur Peripherie des Geistes werden. Das höhere Geistesleben aber war jener niederen Natur im Menschen fremd und ferne, und deshalb sollte die letztere zunächst absterben und vollständig in der höheren Seelenkraft aufgehen, um durch diese zum geistigen Centrum zu gelangen; sonst war und blieb das natürliche Centrum jener niederen Natur des Menschen die Erde selber.
          Die Einweihung  in  die alten  Mysterien  war  immer  verbunden mit einem todesähnlichen Zustande des Menschen während drei bis vier Tagen, damit das Bewußtseinscentrum sich aus den niederen Seelenkräften hebe und zur höheren Seelenkraft in engste Beziehung trete; vorher sollte auch die niedere Natur die Reinigung erleben, die sie der höheren Seelenkraft ähnlich machen konnte. Dieser Vorgang wurde symbolisiert durch die Umstülpung des untersten Halbkreises, der dann zum oberen Halbkreise wurde und seine Flügel entfaltete, deren Spitzen, zuerst zur Erde gesenkt, sich nun zum Himmel erhoben. Der Sonnenvogel war das Symbol jener seelischen Erweckung und die Sonne das Symbol des höheren Centrums, zu dem sich dann die verwandelte Natur als Peripherie verhielt.
          So fand der Mensch in vorchristlichen Zeiten den Anschluß seines Bewußtseins  an die mit  der Menschheit  verbundene  göttlich-geistige  Seelenkraft, wenn sich sein inneres Bewußtsein der Hüllennatur entzog und sich der höheren Seelenkraft zuwandte. Damit trat ein Zustand ein, der dem Sterben und dem Tode ähnlich sein mußte, wenn sich das menschliche Bewußtsein endgültig von seinen Hüllen trennte. Der Unterschied bestand darin, daß der Tod den Menschen meistens trifft, ohne daß seine Hüllennatur die Läuterung durchmachte, sodaß die Seele dann nach dem Tode einen Zustand der Läuterung durchleben muß. Beim mystischen Tode aber sollte eine Läuterung (Katharsis) schon stattgefunden haben, auf daß das menschliche Bewußtsein, nachdem es von der himmlischen Seelenkraft erfüllt worden war, bei seiner Wiederkehr zur körperlichen Hülle nicht auf ungereinigte, niedere Seelenkräfte stoßen könne, die wahrend seiner Verbindung mit der höheren Seelenkraft geblieben sind und dann bei seiner Rückkehr um so heftiger aufleben. Das war die große Gefahr, die mit jenen alten Einweihungen verbunden war, und deshalb war die Läuterung die Hauptsache, von welcher es abhing, ob der Einzuweihende als seelisch - wiedergeborener Mensch oder als ein, der höheren Seelenkraft nach Gestorbener aus dem mystischen Tode erstehen würde. Es konnte auch vorkommen, daß der mystische Tod in einen wirklichen Tod überging, denn die niedere Natur stirbt nie ohne Kampf. Wo nur noch die geringste Kraft in derselben geblieben war und die Läuterung nicht vorher zum völligen Absterben geführt hatte, da entstand ein furchtbarer Kampf zwischen jener niederen Seelenkraft und der höheren Seele im Menschen, während seines mystischen Todes. Das innere Bewußtsein, das die Einweihung suchte, vereinigte sich dann doch mit der höheren Seelenkraft und riß sich mit Gewalt von jenen niederen Kräften los. Dadurch entstand die Spaltung, wobei das menschliche Bewußtsein der höheren Seelenkraft zugewandt blieb, indes die niedere Seelenkraft, die nicht abgestorben, nicht geläutert war, den Menschen verhinderte, als seelisch Wiedergeborener auf Erden weiterzuleben. Dann trat entweder der wirkliche Tod ein, oder, wenn die Hüllennatur noch stark genug geblieben war, belebte diese ungereinigte, niedere Seelenkraft wiederum die körperliche Hülle des betreffenden Menschen, und es blieb nach dem Aufleben aus dem mystischen Tode eine menschliche Hülle ohne Bewußtseinscentrum, ohne höhere Seelenkraft, nur erfüllt von niederen Seelenkräften. Solche Wesen blieben dann als Sklaven mit den Stätten, wo sie hätten eingeweiht werden sollen, verbunden; denn Sklaven waren sie unter den Einflüssen der niederen Naturkräfte und sollten deshalb auch innerhalb des Bereiches führenden Kraft bleiben, die sie beherrschen und schützen konnte.
          Der Mensch aber, der wahrhaft wiedergeboren wurde, hatte sich dadurch zur Peripherie des geistigen Centrums, Christus, gemacht, der aus dem Reiche des Himmels in die Regionen des Kosmos herabstieg, um dort die Erlösung zu bringen. Als Christus auf Erden erschien und Seine Kraft mit der Erde und ihrer Menschheit verbunden hatte, war die furchtbare Möglichkeit verschwunden, daß jene kosmisch-irdische Hüllennatur an sich fortbestehe, abgerissen vom Bewußtseinscentrum, als ein bloßes Tier in menschlicher Gestalt. Denn in diese niedere Natur selbst war der Strahl des göttlichen Geistes eingedrungen; Christus hatte Sich derselben angenommen und Sich als das göttliche Geistescentrum des genannten Kosmos und seiner drei Hüllen offenbart. Bis ins Innerste der Erde war Er eingedrungen, um dort ein neues Centrum zu bilden; auch dort konnte Er von nun an gefunden werden. Die irdische Menschheit war nicht länger Waise und auch die niedere Seelenkraft, der das Geistescentrum innerhalb der überkosmischen Reiche fremd geblieben war, konnte, da Christus zu ihr kam, aus der Gewalt der Dämonen erlöst werden. Mit Christi Kraft konnte sie durchdrungen, gereinigt und gehoben werden, wenn sie sich zur Dienerin des Erlösers machen wollte, ihm folgend und von ihm bekehrt, wie einstmals Maria Magdalena. Gleich wie Christus sagen konnte: „Fürchtet euch nicht, denn Ich habe die Welt überwunden", so auch konnte Er sagen: „Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut", als Er beim letzten Abendmahle mit Seinen Aposteln den Kelch beim Opfern des Brotes und des Weines, als Naturprodukte der Erde, erhob. Denn alles, was zur Erde und zur kosmisch-irdischen Natur gehörte. War nun auch in Seiner Gewalt und von Seinem Geiste durchdrungen. Der Kelch, als uraltes Symbol der höheren Seelenkraft, dem über-kosmischen Reiche zugewandt, wurde auch hier zur Opferung erhoben und die Naturprodukte, die Früchte der Erde, waren dem Kelche wiederum anvertraut. Nun aber war Christus in beiden anwesend, beide gehörten Ihm. Doch ist die Opferung des Kelches mit seinem Inhalte das Symbol der Opferung der niederen Natur an die höhere Seelenkraft, des Natürlichen an das Übernatürliche, geblieben.
          Die Auferstehung Christi ist die Offenbarung der absoluten Gewalt Seines Geistes über die Gesetze des Kosmos und der Erde, als der Vergänglichkeit der Hüllennatur und des Todes des menschlichen Leibes. Bei der Himmelfahrt Christi steigt die verklärte und unsterblich gewordene Hülle zum überkosmischen Reiche hinauf, und ihre Natur ist zu dem geworden, was sie ursprünglich gewesen: die reine Seelenkraft, die Peripherie des göttlichen Centrums, denn Christus hat sich derselben angenommen.
          Die Himmelfahrt Jesu Christi im verklär ten auferstandenen Menschenleibe  erhob die Natur des menschlichen Körpers an sich, und durch die Kraft des Heiligen Geistes, der sich wie ein Brausen, wie Flammen über die auf Erden zurückgebliebenen Apostel ausgoß, erlebten letztere die Erleuchtung im Geiste: auch wurde innerhalb der irdischen Menschennatur der Keim zur Auferweckung im Geiste gelegt.
          Der verheißene Tröster war, von Christus zur Erde gesandt, wie Seine geistige Erbschaft, die Er der Menschheit überließ. So wie der Sohn aber Eins ist mit dem Vater, so ist der Heilige Geist mit beiden Eins; deshalb war auch die Ausgießung jenes Geistes die Tat des Sohnes, dessen Kraft der irdischen Menschheit nach der Himmelfahrt Christi zuströmte.
          Die Kraft des Heiligen Geistes aber kann nur innerhalb der Menschheit weiterwirken, wenn diese Menschheit sich immerfort au die Worte Christi erinnert: „Ich bin mit Euch alle Tage bis ans Ende der Welt". Vergißt die Menschheit diese ewige Wahrheit, so verschließt sie sich der Wirkung jenes Geistes, weil sie sich dann selber vergißt, denn in bezug auf ihr höheres Sein lebt die Menschheit nur durch und in Christus, dem Lichte und dem Leben der Menschen vom Urbeginn an. Deshalb hat alles, was nicht vom Geiste Christi durchdrungen ist, für die Menschheit in Wahrheit keine Bedeutung, keinen Wert und keinen höheren Sinn. Alles Treiben, alle Taten, Gedanken, Empfindungen, ja, alle Lebensäußerungen, die nicht in Hinsicht auf Christus geschehen, die nicht das Ziel haben, Ihm entweder direkt oder indirekt zu dienen (indem sie Seinem Geiste entsprechen), sind nutzlos, der Menschheit schädlich und schließlich äußerst unvernünftig. Denn, wer würde jenen Menschen als vernünftig bezeichnen, der sich seine eigene Lebensquelle verschüttet, sich die eigene Geisteswurzel abschneidet, die geistige Nahrung, ohne die er nicht bestehen kann, verweigert und sich statt dessen mit Sachen anfüllt, die ihn ewig hungrig lassen und geistig abschwächen, sodaß er leicht die Beute der täuschenden Wirkung des Fürsten dieser Welt wird. Denn dieser Fürst, obwohl schon gerichtet, wirkt immer noch dort, wo Christus geleugnet wird, da die Möglichkeit des Verführens diesem Fürsten zur Seelenprüfung der Menschheit bis ans Ende der Erdentage geblieben ist.
          Wenn in den vorchristlichen Mysterienstätten, und zwar in jenen Mysterien, die das Kommen des Gottmenschen auf Erden vorbereiten wollten, der Mensch die Einweihung erstrebte, so trat er, falls er nach der Prüfung angenommen war, in die Gemeinschaft als Neophyte ein und durfte teilnehmen an jenen Riten und Zeremonien, die sich auf den heiligen Kelch, als Symbol der höheren Seelenkraft, bezogen. In diesem Streben nach Vereinigung mit dem geistigen, überkosmischen Centrum durch die übernatürliche, himmlische Seelenkraft war jene Gemeinschaft einig, denn alle Angehörigen verbanden sich in der Sehnsucht, zur einheitlichen Seelenperipherie des erhabenen göttlichen Geistes zu werden.
          Nicht für sich allein, sondern in Gemeinschaft mit den anderen wurde das Erleben der All-Einheit erreichbar, wenn die einzelne Menschenseele sich nicht nur erlebte wie einen Teil einer Gesamtheit oder Vielheit, sondern wenn die Seele, trotz aller scheinbaren Abtrennung (durch die Hüllennatur verursacht), sich wie aufgehend in jene große, allumfassende, übernatürliche All-Einheit, ja, wie die All-Einheit selber fühlte. Diese All-Einheit bildet die wahre, seelische Peripherie des göttlichen Urcentrums. Sie ist die himmlische Lichtjungfrau, die sich im Archäum abspiegelt. Sie ist das Urbild der Seele, das Wesen der Seele selbst, unteilbar und einheitlich. So bildet sie sich noch im Archäum ab; im Kosmos aber, wo sich das Gewebe der Täuschung über alles ausgebreitet hat, ist der Schein der Vielheit entstanden. Innerhalb der Tageshälfte des Kosmos (der Forma Sideralis und dem höheren Teil der Forma Elementalis) erscheint diese Täuschung einer Vielheit oder auch Gesamtheit, die noch einheitlich wirkt. Innerhalb der Nachthälfte (dem Elementenmeer und dem Corpus Materiale) des Kosmos verdichtet sich das Gewebe des Scheines bis zum Stofflichen, wo die Vereinzelung des Seelenlebens bei den verschiedenen Wesen auftritt, die dort innerhalb ihrer eigenen verdichteten Hüllen leben.
          Im kosmischen Gewebe des Scheines aber sind Seelenkräfte mitver-woben, die einstmals dem Himmelreiche und dem Archäum angehörten; sie leben innerhalb des Kosmos als die mit den kosmischen Hüllen verbundene Natur, welche mit dem unteren Halbkreis, dem Fuß des Kelches, symbolisiert wird.
          Das Erleben und Erkennen der überkosmischen All-Einheit war mit dem Symbol des oberen Teiles des Kelches (dem nach oben hin geöffneten Halbkreis) und den gemeinsam verrichteten Riten und Zeremonien verbunden, weil das wahre Seelenleben in dieser All-Einheit wurzelt. Die völlige Verwandlung der kosmisch-irdischen Natur in die höhere Seelenkraft, die reine himmlische Natur im Menschen, konnte nur in vollständiger Absonderung und ungestörter Einsamkeit geschehen. Der Mensch sollte dann, seinem kosmisch-irdischen Leben nach, sterben und jene Zeit, die dazu dienen mußte, wie ein Toter im Grabe liegend verbringen. Ihm sollte auch das göttliche Geistescentrum offenbar werden, das für die höhere Seele im Menschen auch das eine Urcentrum darstellt. Der Geist aber ist in Wahrheit die absolute einzige Einheit selber, sowie die Seele die All-Einheit ist. Der Mensch, der sich diesem Geiste hingibt und sich ihm nähert, ist immer mit ihm allein. Er soll aus der Gemeinschaft, aus der All-Einheit selber hervortreten, um als Einzelner, dem Geiste nach, der centralen Ur-Einheit entgegenzutreten. Dann, alles zurücklassend, was außer jenem Geiste besteht, soll er sich jenem göttlichen Geiste und dem göttlichen Schöpfer, dem allein er gehört, außer dem nichts besteht, völlig hingeben. Christus selber war noch im Kreise Seiner Jünger, als Er zum letzten Male den Kelch mit dem durch Seine Macht verwandelten Inhalt erhob; in der Gemeinschaft geschah jene heilige Handlung.
          Allein aber betete Christus auf Gethsemane; allein erlitt Er den Kreuzestod; allein war Er im Grabe; allein auch zur Zeit Seiner Auferstehung. Wo das Symbol des Kelches dann wiederum erscheint, da, wo das Blut der Herzwunde Christi in den Kelch gesammelt wird, nachdem der Tod schon eintrat, ist wiederum der Kelch mit dem hochheiligen Inhalte der Ausgangspunkt einer Gemeinschaft, die sich auf Christi Blut gründet. Der Kelch erhält den Namen „heiliger Graal“  und wird ein Symbol der himmlischen Seelenkraft der All-Einheit für die, welche ihn umgeben. Der Inhalt aber ist das verkörperte Symbol des Herzens Christi als des göttlich-geistigen Centrums und dieser Geist redet nur zu dem Einzelnen, der dazu auserkoren wird, das hochheilige Symbol des Herzblutes Christi an sich selbst zu erleben.
          Auf die Opferungszeremonie des Kelches, die Christus beim letzten Abendmahl mit Seinen Jüngern persönlich einsetzte, ist die Gemeinschaft der Apostel gegründet, die sich als die Kirche Christi über die ganze Erde verbreitet hat. Der Ausgangspunkt der Kirche, Christi ist immer auch der Mittelpunkt geblieben, und da Christus selber ihr geistiges Centrum darstellt, wird diese Kirche in einer über natürlichen seelischen All-Einheit erhalten. Bei jeder Wiederholung der Opferungszeremonie des geheiligten Kelches ist Christus selbst anwesend und durchsetzt Er die niederen Naturprodukte des Brotes und des Weines mit Seinem göttlichen Geiste, sodaß dieselben wirklich in den Leib und das Blut des Erlösers verwandelt werden, wenn auch die äußere Gestalt jener Naturprodukte bleibt. So hat die Kirche Christi die heilige Kelchzeremonie beibehalten, als die eucharistisch-liturgische Opferhandlung und diese bildet das Centrum, um welches sich diese Gemeinschaft aller Christen weiterbildet und ihre sichtbare Einheit bewahrt. Wo aber die Bedeutung der übernatürlichen All-Einheit der höheren Seelenkraft unrichtig aufgefaßt und ihr peripherisches Verhältnis zum Geistescentrum, Christus, mißachtet wird, da entstehen Spaltungen, Abtrennungen und Mißverständnisse, weil da die Einheit der höheren Seelenkraft gebrochen wird und dann die Wirkung jener bloß natürlichen niederen Seelenkräfte auftritt, die mit den zerstörenden Instinkten des natürlichen Menschen und der Zerspaltung der im Kosmos wirkenden Mächte verbunden sind. Die heilige Reliquie der vorchristlichen Menschheit als Symbol für die höhere Seelenkraft der All-Einheit ist durch Christus selber zum Centrum für die Einheit Seiner Kirche bestimmt worden, da Er Wohnung in derselben genommen hat.
          An das geistige Symbol des großen Zeichens erinnert sich die Kirche Christi durch das Bild des Gekreuzigten; dieses Bild wurde denjenigen, die das Absterben des natürlichen Seelenlebens und die Läuterung zum über- natürlichen höheren Leben der Seele anstrebten, zum Centrum der göttlichen Kraft, die eine Erweckung im Geiste durch die Einswerdung mit Christus gewirkte. Für diejenigen, die in der Einsamkeit die geistige Wiedergeburt suchten und sich über die höhere Seelenkraft hinaus zur geistig-centralen Einheit erhoben, war das Bild des Gekreuzigten immer die führende Kraft. Kein Heiliger, kein Märtyrer, kein wahrer christlicher Mystiker, der nicht mit jenem Zeichen vor Augen lebte und gestorben ist, der dasselbe nicht im Innern des Herzens eingegraben trug, weil es die Quelle seines neuen Lebens im Geiste, seiner Erweckung war.
          Das Symbol des Kelches bildet auch das einigende Centrum jener Gemeinschaft, die sich „die Bruderschaft des heiligen Graal" nennt. Hier aber ist der Abendmahlskelch das Gefäß des heiligen Blutes Christi, das, nach dem Kreuzestode aus der Seitenwunde Christi geflossen, von dem geheimen Jünger Joseph von Arimathia aufbewahrt wurde. Hier ist eine andere Wirkung desselben Kelchsymboles vorhanden. Nicht Christus selber beging hier die Zeremonie der Opferung, als Mensch noch unter Seinen Jüngern verweilend; hier wurden auch nicht Naturprodukte ihrem Wesen nach in den Leib und das Blut Christi verwandelt, sondern der Inhalt des Kelches war das Herzblut Christi, das aus dem gekreuzigten Leibe floß. Das Herz Christi war wie der heilige Kelch, aus dem das Blut herüberfloß in das Gefäß, das durch jenen hochheiligen Inhalt seine Bedeutung erhielt. Doch bei der Auferstehung erlebte jener Inhalt des Kelches, als zum auferstandenen Leibe Christi gehörig, jene Verwandlung mit, sodaß Auferstehungskräfte in denselben einzogen. Es wurde nach der Himmelfahrt Christi die Macht des Aufstiegs mit dem hochheiligen Inhalte des Kelches verbunden, und als der Heilige Geist sich über die Apostel ergoß, durchstrahlte derselbe Geist auch den heiligen Kelch. Da lebte, tönte und leuchtete der heilige Graal und strahlte seine Kraft in die ihn umringende Gemeinschaft aus. Die Wirkung und das Ziel jener Gemeinschaft aber bezieht sich auf den gesamten Kosmos und nicht nur auf die Erde und ihre Menschheit. Denn nicht als Mensch, auf Erden lebend, hat Christus die Kelchzeremonie und die Opferung Seines Leibes und Blutes jener Gemeinschaft übergeben, sondern als der Leib und das Herz Christi den Tod erlitten hatten, wurden sie zum Opferkelch, aus dem das heilige Blut in jenes Kelchgefäß hinüberfloß, das dadurch zum heiligen Graal geworden ist. Der Geist Christi, der den irdischen Leib verließ und vor der Auferstehung und der Auffahrt noch innerhalb der kosmischen Regionen weilte, war mit jenem Kelchsymbol verbunden. *)
          *) Siehe die Bücher „Universum" und „Homo Coelestis" von Intermediarius
          So ist die Einsetzung des Abendmahlskelches beim letzten Zusammensein Christi mit den Jüngern die Vorbereitung zum Opfertode Christi; der Kelch des Blutes Christi bildet den Abschluß jenes Opfertodes und ist wie ein Nachklingen der Worte: „Es ist vollbracht". Jene Persönlichkeit, deren Name mit der Grablegung, dem Abschluß des Erdenlebens Christi, verbunden ist, wird auch als diejenige genannt, die bei der Abnahme des Kreuzes gegenwärtig gewesen ist und die das Herzblut Christi in dem Kelch auffing.
          Die Einsetzung des Abendmalkelches, als Vorbereitung zum Opfertode Christi, ist mit den Worten Christi zu Seinen Aposteln verbunden: „Das tut zu meinem Gedächtnis". Wenn die Apostel diese Opferhandlung nicht fortgesetzt hätten, wenn die Kirche Christi jenes heilige Kelchmysterium, bei welchem Christus immer im verklärten Leihe anwesend ist, nicht beibehalten und als Centrum ihrer Einheit unerkannt hätte, so wäre die Erinnerung an Christus der Menschheit auf Erden mit der Zeit nicht lebendig geblieben. Im besten Falle würde das Leben, der Opfertod und die Auferstehung Christi als eine Schöne Legende weitergelebt haben. Die wirkliche Bedeutung dieses wahren Ereignisses und das göttliche Wesen Christi wären vollständig mißverstanden worden und es würde der gesamten Menschheit das allergrößte und wichtigste Geistesgut verloren gegangen sein. Vor jener geistigen Armut hat die überaus treue und gewissenhafte Befolgung jener Worte Christi: „Das tut zu meinem Gedächtnis!" die irdische Menschheit bewahrt. Von den Aposteln an bis auf heute ist jenes Bündnis zwischen Christus und der Menschheit erhalten geblieben, das auf diese Worte beim Einsetzen des Abendmahlkelches und auf die Opferung des Leibes und des Blutes Christi gegründet war. Dieses Bündnis wird bleiben bis aus Ende der Erdentage; vonseiten Christi wird die Gnade Seiner fortwährenden Anwesenheit beim Opferdienste bleiben; vonseiten der irdischen Menschen wird die Hingabe bleiben und der fortdauernde Ruf nach Ihm, dem Erlöser, dein Lichte und Leben der Menschen ertönen, weil ohne Ihn die Finsternis und die seelische Qual droht.
          So bleibt durch die heilige Opferhandlung innerhalb der Kirche Christi Sein Geist mit jener Gemeinschaft verbunden; der geheiligte Kelch, als das Symbol der höheren Seelenkraft und der All-Einheit, bildet dabei das gemeinsame, einigende Centrum. Es ist auch die Vorbereitung zum Opfer derjenigen, die sich dazu entschlossen haben, Christus weiter nachzufolgen, die Stationen des Leidensweges und den Kreuzestod des Erlösers mystisch nachzuleben. Diese trinken einsam den Kelch der Bitterkeit, wie Christus einmal auf Gethsemane getan.
          Außer den Märtyrern, die um Christi willen am physischen Leibe Leiden und Tod durchlebten und ihren Glauben vor der äußeren Welt öffentlich bekannten, sind die Mystiker und die Heiligen der Kirche Christi zu erwähnen, die jenen Leidensweg seelisch und im tiefsten Herzensempfinden miterlebten und durch den mystischen Tod gingen, um zu neuem geistigen Leben zu erwachen. Die Opferhandlung des heiligen Kelches war die all-einigende Macht innerhalb der Kirche Christi und wurde in Anwesenheit aller verrichtet, da sie für die ganze Menschheit gedacht war.
          Das Symbol des großen Zeichens bildete das Centrum geistiger Kraft und Gnade für die, welche freiwillig den Leidensweg Christi, betraten. Die geistige Macht des Symboles des großen Zeichens, im Bilde des Gekreuzigten, zu erfassen, war nicht allen gegeben. Nur solche, denen jenes Geheimnis offenbart werden konnte, waren imstande, den mystischen Tod zu erleben und im Geiste wiedergeboren zu werden (im Sinne der Worte Christi zu Nikodemus).
          Die Bruderschaft jenes Kelches, der das Blut Christi enthält und deshalb als Symbol des Herzens Christi dasteht, hat Beziehung zu den Worten Christi am Kreuze: „Es ist vollbracht". Das große Zeichen stand am Himmel und war auf Erden errichtet worden zu der Zeit, da jene Gemeinschaft, gegründet mit dem Herzblute Christi, ihren Anfang nahm. Zu jener Bruderschaft können nur diejenigen gehören, die den mystischen Tod erleiden und die Auferweckung erleben. Die vorbereitende Opferhandlung des geheiligten Kelches mit dem Leibe und Blute Christi, vor Seinem Kreuzestode durch Ihn selber eingesetzt, ist für die ganze Erdenmenschheit verrichtet worden, auf daß sie mit Ihm verbunden bleibe. Aus dem Kelche des heiligen Graal aber können nicht alle ihr Heil erhalten, denn das Symbol des Kelches und das Symbol des großen Zeichens haben sich hier vereint. Deshalb ist jene Bruderschaft nicht dazu berufen, eine universelle Kirche Christi zu stiften, sondern eine Mysterienstätte zu sein. Diejenigen, welche so veranlagt sind, daß sie zu diesen Mysterien kommen und die Einweihung in dieselben erleben können, erhalten dazu die Berufung. Da der Geist Christi in die unterirdischen Regionen hinabgestiegen war, um die dort gefesselten Seelen zu erlösen, als das Blut aus der Herzwunde in den geheiligten Kelch floß, so erhielten jene Graalsmysterien die Kraft der Erlösung auch für jene Regionen, nachdem Christus leiblich auferstanden war. Diese Mysterien der Erlösung strömen ihre Kräfte auf Erden aus und strahlen sie dort hinein, wo die Erlösung der Menschheit von der Wirkung finsterer, anti-christlicher Mächte nötig ist. Da diese Mysterien mit dem Herzen Christi und der centralen Willenskraft verbunden sind, ist ihre Wirkung eine intensiv geistige (pneumatische), wodurch das Bündnis Christi mit der irdischen Menschheit verstärkt wird.
          Innerhalb der irdischen Menschheit können diese Mysterien ihre Kräfte nur nach außen entfalten, wenn das geistige Niveau jener Menschheit eine bestimmte Höhe erreicht, sodaß einzelne da sind, die zu jenen Mysterien herantreten, um die Weihe zu erhalten. So gibt es Zeiten, wo jene Kraft sich offenbart und andre, wo die Wirkung nach außen vermindert und im Kosmos selber tätig ist anstatt auf Erden. Als Christi Geist aus dem gekreuzigten Menschenleibe in der Region des Unterirdischen und in dem Kosmos erschien, war wiederum der Kosmos derjenige Behälter, der Seinen Geist aufnahm, sowie das heilige Blut nach Seinem Tod in den Kelch aufgenommen wurde.. Deshalb ist dieser Kelch als heiliger Graal an sich ein Abbild des. Kosmos, der, vom Geiste Christi geheiligt und erfüllt, den überkosmischen Reichen zugewandt bleibt und von der Kraft und Gnade des Heiligen Geistes überschattet wird.
          Zwischen dem Symbol des Kelches der Vorbereitung, d. h. zwischen der Einsetzung des eucharistischen Mysteriums, und dem Symbol des Kelches der Vollendung, der Aufnahme des Herzblutes in das dadurch geheiligte Gefäß, steht das Symbol des großen Zeichens, auf Golgatha errichtet, der Gekreuzigte, Christus, als Erfüllung der Erlösung. Dieses Zeichen des Todes und der Auferstehung haben die Mysterien der Erweckung beibehalten als das Symbol der Kreuzes und der vier roten Rosen, welche die Wunden Christi bezeichnen. Das aus der Herzwunde Christi fließende Wasser, das Wasser des ewigen Lebens, wird mit diesem Symbol verbunden als ein inmitten des Kreuzes leuchtendes Dreieck. Der Ausgangspunkt jener Mysterien bildet die Auferweckung des Lazarus durch Christus selber. Nachdem Lazarus als natürlicher, irdischer Mensch gestorben war, wurde die Seele zum irdischen Körper durch die göttliche Macht Christi zurückgerufen. Der irdische Körper, bereits in Verwesung, wurde vom Geiste Christi durchdrungen, sodaß die niedere, kosmisch-irdische Natur jenes menschlichen Leibes sich in die ursprüngliche, reine überkosmische Natur verwandelte. Da diese Natur als höhere Seelenkraft die Peripherie des göttlichen Geistes sein kann, so war die Auferweckung des Lazarus auch eine Auferweckung im Geiste, in Christo. Dasjenige, was mit Worten im Gespräche mit Nikodemus erklärt wurde, erfüllte sich in der Tat am Menschen Lazarus. Gleichwie die irdische Natur des Brotes und des Weines beim letzten Abendmahle durch Christi Kraft verwandelt wurde in die ursprünglich reine Natur als in die Seines Leibes und Blutes, so war die irdische Natur des menschlichen Leibes des Lazarus verwandelt worden. Die Seele des Lazarus war auferweckt worden zum geistigen Leben in Christo und die menschliche Hülle war ihrer Natur nach verwandelt, sodaß sie dem mit Christo im Geiste vereinigten Menschen angepaßt war. Deshalb hat dieser Mensch das Sterben Christi wie auch Seine Auferstehung miterleben können wie kein anderer, da Lazarus selber durch den Tod gegangen und im Geiste Christi auferweckt worden war.
          Das große Zeichen des allerheiligsten Namens Gottes ist für die Mysterien, welche die Erweckung des Lazarus zum Ausgangspunkte haben, das bedeutendste Symbol, weil Lazarus, der Stifter jener Mysterien, Christus als den Sohn Gottes, als Wort Gottes während des Erlebens des Todes und der Auferweckung erkannt hatte. Denn nur durch die unmittelbar wirkende Kraft Gottes kann der leibliche Tod überwunden werden und die Auferweckung im Geiste geschehen. Als Lazarus das Kreuz auf Golgatha errichtet. sah, da schaute er im Geiste das Kreuz als den Stamm des Lebensbaumes, die blutigen Wunden Christi als strahlende, leuchtende Blüten und den Erlöser selber in verklärtem Leibe, voller Majestät und göttlicher Gewalt Durch diesen Anblick entstand das Symbol des Kreuzes mit dem leuchtenden Dreieck im Centrum desselben und den roten Rosen und wurde zum Wahrzeichen jener Mysterien.
          Diese Mysterien beruhen zwar auf einer persönlichen Tat Christi wie auch die Kelchopferung beim letzten Abendmahle, doch haben dieselben, ebensowenig wie die Mysterien des heiligen Graal, die Aufgabe erhalten, eine universelle Kirche Christi innerhalb der Menschheit auf Erden zu bilden. Den Weg, der durch den Tod des natürlichen Menschen zur Wiedergeburt im Geiste führt, kann nicht ein jeder Mensch betreten, und das Erlebnis des großen Zeichens würden nicht alle ertragen können. Deshalb ist die Wirkung jener Mysterien mit der der Mysterien des heiligen Graal zu vergleichen, indem beide ihre Boten und Vermittler zur Menschheit senden, wenn dieselbe Kraft und Hilfe braucht. Diese Boten und Vermittler sind jene von den Mysterien berufenen Menschen, die dort ihre Einweihung erhielten.
          Auch die Mysterien der Erweckung stärken das Band zwischen Christus und der irdischen Menschheit vermittelst ihrer Kraft und durch jene einzelnen, die, im Geiste wiedergeboren, mit Christus vereint leben und wirken.

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III.

Der Weg der Menschheit zur geistigen Erweckung.


          Die Einzelnen, die den mystischen Tod und die Auferweckung im Geiste erleben konnten, sei es innerhalb der Kirche Christi oder vermittelst der Mysterien, vollendeten jenen Weg, den die gesamte Menschheit einmal zu betreten haben wird. Die geistige Erweckung wird im letzten Gericht durch Christus selbst für jenen Teil der Menschheit geschehen, der dazu würdig befunden wird, weil Christus ihr Führer geblieben ist. Nur eine Menschheit, die Christus durch alle; Zeiten hindurch treu war, kann mit Ihm vereint werden, wenn das Ende für den relativen, dualistischen Kosmos kommt. Die, welche Ihn auch dann nicht anerkannt haben, werden einen geistigen Tod oder die Vereinigung mit dem Widersacher erleiden müssen.
          Nachdem Christus den Aposteln den Kelch der Vorbereitung gereicht, und dadurch das eucharistische Mysterium für die gesamte Menschheit eingesetzt hat, nachdem Kr selber den bitteren Kelch in Gethsemane getrunken, und nachdem auch der Kelch der Vollendung Seines Opfers der Menschheit überlassen war — ist dieser Menschheit der neue Weg eröffnet worden, der die geistige Erweckung zum Endziel hat. Das Kommen des Gottessohnes als Erlöser auf Erden war der Endpunkt jener vor-christlichen Menscheitsent-wicklung, in der die Erwartung und Vorbereitung auf jenes größte Erdenereignis die Aufgabe der Menschheit gewesen. Als Christus sich der Erde immer mehr näherte, da wurde auch Sein Kommen durch Eingeweihte u ad durch Propheten immer bestimmter verkündet, immer bewußter und sicherer empfunden. Bis auf Sein Erscheinen auf Erden wendete sich die Hoffnung und Zuversicht der Erde zu als der zukünftigen Stätte, wo Er als Mensch leben würde. Nach dem Opfertod und der Auferstehung Christi aber führt der Weg der Menschheit wiederum aufwärts, dem überkosmischen Reiche zu, und es wird das Endziel: die Wiederkunft Christi, doch nicht in irdischer, sondern in himmlischer Gestalt in Seiner göttlichen Macht und Herrlichkeit beim letzten Gericht als der König und Richter des Alls. Es gehen einzelne als Pioniere und Wegweiser voraus und bahnen den Weg für die anderen. Durch sie wird auch das lebendige Band zwischen Christus und der Menschheit gestärkt. Die anderen folgen langsam, viele bleiben sogar stehen, doch geht der große Zug immer weiter, dem vorgeschriebenen Ziele zu.
          Zunächst ist es die Aufgabe der christlichen. Menschheit geworden, die Reinigung (die Katharsis), als erste Stufe auf dem Wege, zu erstreben; die niedere Natur der kosmisch-irdischen Hülle des Menschen soll gereinigt werden. Die mächtigen Bestrebungen und Übungen der Askese beginnen unter denjenigen, die zur Kirche Christi gehören, und dauern fort bis an das Ende des Mittelalters. Die Ansiedlungen der christlichen Anachoreten in Ägypten und in den östlichen Wüsten in Europa und Asien, sie alle bezweckten das Eine: die Reinigung der niederen menschlichen Natur und die Befreiung der menschlichen Seele aus der Gewalt von Elementen- und Sternenkräften. Erst dann konnte die höhere Seelenkraft sich als die Peripherie des göttlichen Centrums Christus offenbaren. Der Kelch der Vorbereitung diente als ein Vorbild,, und wie die irdischen Naturprodukte als Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt wurden. Ihm zur Form dienend, so sollte der Leib des Asketen, als irdisches Naturprodukt, die niedere Natur zum Opfer bringen, auf daß die höhere Natur als höhere Seelenkraft von Christi Geist durchdrungen werde. Die Eigenschaften jener höheren Natur im Menschen sind gerade die, welche Christus als Seine Gebote bezeichnete. Aus diesen gilt das Gebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten als das wichtigste, da nur durch dieses Gebot das Wesen des höheren Seelenlebens als die All-Einheit erreicht werden kann.
          Im Gegensatz zur seelischen All-Einheit steht die zur niederen Natur gehörige Eigenschaft der Zerspaltung. Die kosmische Natur ist dualistisch, denn, während auf der einen Seite die Vermehrung der Lebewesen statt findet durch Abspaltung, und letztere die Möglichkeit ihrer Erhaltung in der Nahrung vorfinden, so ist die ganze Einrichtung zur Ernährung und Erhaltung der Lebewesen gegründet auf die Vernichtung der einen Art durch die andre. Die unfreiwillige Opferung einer schwächeren Art an die stärkere zum Zwecke der Ernährung ist das Gesetz der niederen, kosmisch-irdischen Natur. Besonders zeigt sich dieses Gesetz innerhalb des Tierreiches, wo sich die höher organisierten Naturwesen gestalten. Insoweit der Mensch in die Natur seiner kosmisch-irdischen Hüllen verstrickt ist, lebt auch er nach diesem Gesetze. Nicht nur bei den Naturvölkern zeigt sich das, sondern leider auch bei sogenannten gebildeten, zivilisierten Völkern, wenn dort das Recht des Stärkeren herrscht und der Vernichtungstrieb sich in Kriegen auslebt. Wo die Bestrebung anfängt, diese niedere Natur zu beherrschen, zu reinigen und zu verklären, da beginnt dieselbe erst recht sich zu sträuben sich aufzubäumen und ihre Rechte geltend zu_ machen. Ein Kampf auf Leben und Tod tritt ein, und die Asketen, die wahren Mystiker und die Märtyrer sind als Sieger und Helden aus jenem Streite hervorgegangen. Sie sind die wahren Vertreter der Menschheit auf Erden, da sie den vorgezeichneten Weg betreten haben. Die Anderen folgen oder bleiben stehen und unterliegen im Kampfe mit der niederen Natur. Deshalb ist die Zeitperiode vom Erscheinen Christi auf Erden an. bis etwa zum Ende des Mittelalters zwar groß in bezug auf asketische Heldentaten inmitten der Bekenner Christi, doch ist sie auch
erfüllt von grausamen und blutigen Freveln. Nicht immer wurde die Aufgabe der Menschheit für jene Zeit erfüllt, sondern es blieb die Kraft der niederen
Natur oft Siegerin. Das war der Fall nicht nur unter jenen, die Christus nicht anerkannten, sondern auch bei denen, die den Kampf zwar anfingen,
sich aber durch den Mangel an wahrem Glauben als zu schwach erwiesen, um durchzuhalten.
          Der Glaube und die Hingabe an Christus waren von Ihm, als Er auf Erden lebte, niemals durch Zwang gefordert, sondern dem Menschen selber war es überlassen worden, ob er seine Seele Christo zuwenden wollte oder nicht. So auch sollte später nie ein Mensch dazu gezwungen werden, den christlichen Weg zu betreten, weil Zwang eine Ausübung der Macht des Stärkeren über den Schwächeren bedeutet und diese nicht dem Wesen der höheren Natur, sondern dem der niederen angehört. Ein solcher Zwang mußte sich deshalb auch konsequent nach dem Gesetze der niederen Natur entwickeln und zu blutiger Vertilgung des Schwächeren führen. Daß das oftmals geschah, sogar im Namen Christi, ist ein Ereignis, das seine bitteren Früchte in die nächste Zeitepoche hineintrug, weil nun die Macht der niederen Natur, durch das Vergießen von Menschenblut gestärkt, so groß geblieben war, daß diese dann der nächsten Zukunft ihr Siegel aufzuprägen vermochte.
          Die nächste Zeitepoche aber sollte die Menschheit auf eine höhere Stufe, die der Erleuchtung führen.
          Um diese richtig zu erreichen, wäre es jedoch nötig gewesen, daß die höhere, überkosmische Natur im Innern des Menschen gekräftigt, die niedere
Natur dafür aber bezwungen und geläutert wurde.
          Es hätte die Erleuchtung, die vom Geiste kommt, die höhere Seelenkraft im Menschen erfüllt, sodaß der Mensch sich innerlich dem Reiche des Himmels eröffnet hätte, um die ans diesem Reiche ihm zuströmende Gnade der Erleuchtung in sich aufzunehmen. Das menschliche Bewußtseinscentrum, als jener Punkt, der zwischen, der höheren und der niederen Seelenkraft schwebt und beide verbindet, hatte die neue Geistesgnade weitergeführt zur niederen Natur, die geläutert und zur Dienerin der höheren Seelenkraft geworden wäre.
          Als aber jene Zeit kam, waren nur einzelne Menschen da, die zur Erleuchtung reif geworden waren. Dieselben konnten als vom Geiste erleuchtete Führer der Menschheit auftreten, und diese stellten wiederum die wahren Vertreter der Menschheit auf jener zweiten Stufe dar. Für jene Menschen, die ihre niedere Natur nicht geläutert hatten, blieb der geistige Aufschwung zu den überkosmischen Sphären unerreichbar, und die Erleuchtung, die durch das Bewußtseinscentrum in die Kräfte der niederen Seele hineinstrahlte, wurde in jenem kosmisch-irdischen Spiegel aufgefangen. Dieser Spiegel aber war dem Erdencentrum zugewandt, und so kehrte sich auch das Spiegelbild der Erde zu. Die himmlische Erleuchtung verwandelte sich in erhöhte irdische Klugheit und in Vernunftstärke, die durch die niedere Seelenkraft vermittelt wurden und deshalb nur die Verherrlichung derselben anstrebten. Das geistige Ideal, die Nachfolge Christi, verlor mehr und mehr an Bedeutung, und es entstand statt dessen das irdische Ideal. Nicht der Glaube an Christus und an das Urbild des Menschen im himmlischen Reiche erfüllte die Seele, sondern der Glaube des Erdenmenschen an sich selbst war Hauptsache geworden. Die Menschheit lebte sich immer mehr in die kosmisch-irdische Natur hinein, und die höhere Seelenkraft verlor an Bedeutung und Realität. Abstrakt und unreal wurde der Menschheit alles Geistige, alles, was mit dem Erdenleben nicht unmittelbar zusammenhing. Sobald das aber eingetreten war, fing auch das Gesetz der Zerspaltung und der Zerstörung an zu wirken, und so teilte sich die Menschheit in verschiedene Gruppen und Gemeinschaften, von denen eine jede ihre besonderen Auffassungen und Meinungen hatte, sowohl auf dem Gebiete der Religion als auf anderen Gebieten. Die tragische Spaltung zwischen Religion und Kultur trat ein.
          Die Kräfte der Erleuchtung lebten sich in der Mehrzahl der Menschen so aus, daß alles, was mit der menschlichen und kosmisch-irdischen Hüllennatur verbunden ist, die größte Bedeutung erhielt, und Kunst, Wissenschaft und Philosophie dadurch stark beeinflußt wurden. Damit aber steuerte jene Kultur dem antiken Heidentum zu und sagte sich schließlich vom Christentum los. Nicht zufällig tauchten in der „Renaissance" die alten Statuen und die Schriften der Griechen und Römer als Gegenstände grenzenloser Verehrung wieder auf. Denn jene Renaissance war am allerwenigsten eine Wiedergeburt dem Geiste nach, sondern eine Wiederbelebung der toten Schatten alter heidnischer Götter, die Morgenröte eines trübseligen, sonnenlosen Tages.
          Weil aber das neue geistige Leben verfehlt war, so suchte die Menschheit einen Ersatz im Alten. Dieses Spielzeug aus einer Zeit, da die Menschheit noch kindlich war, ergötzte sie eine Zeitlang; sie errichtete sich damit Häuser und Türme, die alle auf Sand gebaut waren; sie bildete sich schöne Formen für Gedanken und Gefühle, die bald ausgelöscht, wiederum anderen Gebilden Platz machten. Doch nie konnte die Menschheit dabei die alte Vollkommenheit erreichen, die einstmals die echten Antiken besaßen. Letztere hatten damals, als sie ihre Werke schufen, ihr Ziel erreicht und danach gelebt. Die Menschen, die in der Zeit der Renaissance lebten, hatten jedoch eine andere Aufgabe zu erfüllen, wenn sie ihr auch nicht nachkamen.
          Die Kirche Christi durfte diesem Wege nicht folgen, denn damit wäre sie Christus untreu gewesen. Er, der gekommen war, um die niedere Natur der Menschheit aus der Gewalt dämonischer Kräfte zu befreien, um diese niedere Seelenkraft zu reinigen und zu verwandeln, auf daß sie sich zur höheren Seelenkraft geselle und dann zur Peripherie des Geistes werde — würde durch ein Dienen und Verherrlichen jener niederen Natur in ihrem ungeläuterten Zustande verleugnet worden sein.
          So liefen denn die Wege der Kirche Christi und der neuen Kultur auseinander, und wenige waren es nur, die Christus zu folgen und Seinen Leidensweg nachzuleben bereit waren; wenige nur waren imstande, den mystischen Tod und die Auferweckung im Geiste zu erleben.
          Unter denen, die als die Blüte der Menschheit gelten können, da sie die absolute Reinigung der niederen Natur als die Katharsis vollbrachten und sich durch das Leben in Christo vollständig mit Ihm vereinigten, nimmt der, etwa am Abschluß des klassischen Mittelalters lebende heilige Franziscus von Assisi wohl die Hauptstelle ein. Er trug die Ernte jener Zeitperiode so wohl in das geistig-religiöse Leben wie in die Kultur der folgenden Periode hinein und war der Ausgangspunkt für alles, was sich später auf dem Gebiete der Theologie, Mystik und Kunst an wahrhaft vom Geiste erleuchteten Errungenschaften offenbarte.
          Im wahren Sinne baute er die Stätte Christi auf; seine Liebe zur „Schwester Armut" war die Folge des Bestrebens, selber nichts an sich zu nehmen von dem, was aus der niederen Natur des Menschen und der Erde stammte, es sei denn, um dasselbe zu reinigen, zu durchleuchten und mit Christi Geist in Verbindung zu bringen. Weil der heilige Franziscus in sich die niedere Natur vollständig verwandelt und verklärt hatte, erschien ihm auch die äußere Natur mit ihren verschiedenen Offenbarungen in verklärter Gestalt. Er sah in ihr, sowie in Allem, was auf Erden lebte, einen Ausdruck der Allmacht des Schöpfers. Nicht die Natur an sich, nicht alle lebendigen Wesen auf Erden, nicht Sonne, Gestirne und Elemente besang und liebte er wegen ihres eigenen Wesens, sondern er lobte und liebte den Schöpfer in ihnen. Ihn sah Franziscus in allem; Ihn liebte er mit jener Liebe, die den Seraphim eigen ist.
          Die hohe, reine Liebe der Seele, die Sehnsucht nach der himmlischen All-Einheit strömt durch das ganze Leben des großen Heiligen und Asketen wie das Wasser des Lebens, das alles verklärt und neu belebt. Er selbst aber war, innerlich der niederen menschlichen Natur nach, gestorben und im Geiste auferweckt worden und deshalb eins mit Christus. Mit der ganzen Seele, mit innigster Hingabe, Selbstverleugnung und unermeßlich großer Liebe war er Christus auf dem Leidensweg gefolgt, hatte mit Christus am Kreuze mystisch den Tod erlitten und war in Ihm durch die Kraft des Heiligen Geistes auferweckt worden. Er, der die heiligen Wundmale am menschlichen Leibe trug, war zum nächsten Abbild Christi auf Erden geworden. Groß und einzigartig steht dieser Heilige am Ende des klassischen Mittelalters und strahlt seraphische Liebe in die kommenden Zeiten hinein, wie eine ewige Leuchte der Menschheit, ein heiliges Gefäß der Gnade. Gleichwie im Kelche der Vorbereitung verwandelte sich an ihm, durch Christi Kraft, die niedere Natur in die höhere; aus seinen Wundmalen floß das Blut, wie bei Christus selber, als es in den Kelch der Vollendung aufgenommen wurde.
          So bildet dieser Heilige nicht nur das Bindeglied zwischen jener Zeitepoche der Katharsis der Menschheit und der Zukunft, sondern er verstärkt das Band zwischen der Kirche Christi und den beiden. Mysterien dadurch, daß er das hohe Ziel des mystischen Todes und der geistigen Auferweckung dem Vorbilde Christi gemäß verwirklichte.


          Während der Reinigung der Seele ist das Bewußtseinscentrum, das zwischen der niederen und der höheren Seelenkraft schwebt, mit den innersten, verborgensten Kräften an dieser Verwandlung (Katharsis) tätig. Bei jener schweren, inneren Anstrengung bleibt dann wenig Kraft übrig zur abgesonderten Betätigung nach außen, denn das Gedanken-, Gefühls- und Willensleben haben sich auf die eigene Seele concentriert. Das Centrum des menschlichen Bewußtseinslebens ist zwar mit dem überkosmischen und göttlichen Geistescentrum verbunden, doch spiegelt sich in demselben auch dasjenige Prinzip ab, das für die niedere kosmisch-irdische Natur und für die Erde als Centrum gilt. In diesem innersten Centrum im Menschen wird der eigentliche Kampf geführt, bei welchem die dem Göttlichen zugewandten und die dem Göttlichen abgewandten Kräfte (insonderlich die des inneren Wollens) aufeinander prallen. Die Seelenperipherie bildet dann die Resultate jenes inneren Kampfes gefühlsmäßig in sich ab. Es kann die Reinigung der niederen, der Erde zugewandten Seelenkraft nur dann stattfinden, wenn zuvor die höhere Willenskraft im Innern des Menschen bewußt über die niedere gesiegt hat, wenn der Eigenwille, als Centrum der niederen Natur, besiegt worden ist durch den im Menschen wirkenden göttlichen Willen, der auch das Centrum der höheren Seelenkraft darstellt. Solange der Mensch unfähig bleibt, die Worte, die zum mystischen Tode führen werden, im innersten Kern seines Wesens zu sprechen, jene Worte, die Christus auf Gethsemane sprach, „nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe", solange kann das große Mysterium des Sterbens in Christo und der Auferweckung durch die Kraft des Heiligen Geistes nicht eintreten.
          Ist einmal die niedere Natur geläutert worden, sodaß dieselbe die Dienerin der höheren Seelenkraft im Menschen sein kann, dann wird auch die geistige Erleuchtung wie eine Gnade aus dem himmlischen Reiche das innere Bewußtseinscentrum berühren können. Dann geht die Geistessonne, Christus, dem Menschen auf, der dadurch zu neuem Leben in Gnade und im Lichte erwacht. Aus dem nunmehr gereinigten Willenscentrum erhebt sich die nach oben hin gerichtete Denkkraft, die den Übergang zwischen den kosmischen und den überkosmischen Regionen darstellt, weil diese Kraft sich mit der höheren Seele einigt, um dann, erfüllt mit ihrer Kraft, der Urweisheit, zum menschlichen Bewußtseinscentrum zurückzukehren, gleich wie ein leuchtender Bote, der von nun an nur noch nach höheren Regionen streben wird, es sei denn, daß derselbe die Aufgabe zu erfüllen hat, sein Licht auch in den niederen Regionen leuchten zu lassen.
          Dem erleuchteten Menschen steht, wie die Geistessonne, das göttliche Lichtcentrum, Christus, am Himmel. „Nicht ich, sondern Christus in mir", das ist die richtige Bezeichnung jenes Zustandes, denn es ist nicht das menschliche Centrum des Bewußtseins, sondern der göttliche Geist, das Licht- und Lebenscentrum der Menschheit, der von da an den Menschen führt und belebt.
          Das große Wunder der Gnade ist eingetreten, daß der Mensch im Innern seines Bewußtseins mit Christus reden kann, daß er Ihn dort findet, weil Er zur Erde gekommen ist, um der Menschheit den Samen des Geistes ins Herz zu legen. Solange düstre Wolken, Gewitter, Sturm und Blitz als niedere Naturkräfte in der niederen Seele des Menschen walten, dringen die belebenden Strahlen jener Geistessonne nicht bis zum Samen im irdischen Acker durch. Der Geistessame ruhet tief und schlummert in der dunklen Erde; er kann sich nicht ohne Hilfe der Sonnenkraft von oben entfalten. Die wahre Erleuchtung kann auch nur nach der Katharsis eintreten, wenn die niedere Natur nicht länger ein Hemmnis bildet zur geistigen Gemeinschaft und sich das reine Blau eines klaren Himmels zwischen Erde und Sonne, zwischen Mensch und Christus ausbreitet.
          Der heilige Franziscus steht nicht nur als Vorbild einer geläuterten Seele da, sondern durch die Vollkommenheit seiner Seelenreinheit wurde ihm die vollkommene Erleuchtung und dann die vollkommene Einswerdung mit Christus. Diesen letzten höchsten Zustand erreicht der Heilige in solchem Maße, daß derselbe wie vorbestimmt und zu seinem eigentlichen Wesen passend erschien. Denn sein Innenleben und die Art und Weise, wie er seine Umwelt empfand, gehören zu einem Menschen, der das Leben und Weben der Erlösungskraft Christi in allen Lebewesen und in der gesamten Natur mitempfindet. Christus war ihm überall gegenwärtig und die Worte: „Ich bin bei Eueh bis ans Ende der Erdentage" waren jenem Heiligen zur Wirklichkeit geworden.
          Deshalb bleibt der heilige Franziscus durch alle Jahrhunderte hindurch das Muster und Vorbild des in Christo lebenden Menschen, der die Katharsis, die Erleuchtung und die Einigung mit Christus auf das intensivste erlebt und auf die vollkommenste Weise verwirklicht hat. Deshalb auch bildet er einen Ausgangspunkt für dasjenige, was sich später als die vom Geiste durchleuchteten Errungenschaften auf dem Gebiete der Mystik, Theologie und Kunst innerhalb der Menschheit offenbarte. Er selber hat nicht gerade die Stufe der Erleuchtung widerspiegelt, da seine Seele, mit seraphischen Flügeln begnadet, unmittelbar dem letzten Ziele zuschwebte. Nach ihm kamen andere, die jene Erleuchtungskraft insbesondere in ihrer Seele spiegeln und ihrer Umwelt offenbaren sollten. So hat sich die Kraft der Geisteserleuchtung in der Lehre des heiligen Bonaventura (Doctor seraphicus genannt), in seinen Licht-Erlebnissen und seiner Licht-Lehre kundgegeben; wie auch Duns Scott und andere aus ihrer Erleuchtung heraus ihre Werke hervorbringen konnten.
          Die Weisheit, welche durch Albertus Magnus und seinen großen Schüler Thomas von Aquino der Menschheit zuströmte, kann nur aus jenen Quellen fließen, die sich in geisteserleuchteten Menschen eröffnen. Und wenn vom heiligen Thomas erzählt wird, daß er mit Christus sprach, daß Christus ihm sagte, was geschrieben werden sollte, so deutet das genau auf jenes Gnadenwunder hin, daß der erleuchtete Mensch im Innern seines Bewußtseins mit Christus reden kann, wenn Christus ihm zur Geistessonne geworden ist und wenn die Worte: „Nicht ich, sondern Christus in mir", sein Herz erfüllen.
          Bei Menschen wie dem heiligen Thomas offenbart sich die geistige Erleuchtung hauptsächlich vermittelst der Kraft des Denkens, in der sich dann die übernatürliche Weisheit spiegelt. Bei anderen Erleuchteten wurde das Gemüts- oder Gefühlsleben der Vermittler zur Offenbarung des Geisteslichtes und zum Spiegel des vollkommenen himmlischen Schönheitsideals, das sich in erhabener Kunst zu verkörpern suchte. Diese religiöse christliche Kunst des späteren Mittelalters und der frühen Renaissance ist die Offenbarung dessen, was der Mensch zu schaffen vermag, wenn das Licht der Geistessonne den verborgenen Geisteskeim erreicht und schöpferische Kräfte in demselben erweckt hat. Einer jener geistig Erleuchteten ist Dante, der sowohl in seinem Gedanken- wie im Gefühlsleben das große Licht spiegelt und nach außen strahlt. Sein größtes Werk „Divina Commedia" ist nicht nur vom Standpunkte der Kunst aus eine erhabene Schöpfung, sondern innerhalb der vollkommenen Schönheit der Form ist die hohe Weisheit sichtbar, die nur innere Geisteserleuchtung geben kann. „Divina Commedia" ist Dantes Beschreibung jenes mystischen Weges, der durch die Katharsis zur Erleuchtung und endlich zur Einigung mit Gott führt. Wer diesen Weg; gegangen ist, wird mit Erstaunen und voller Bewunderung erblicken, wie jener Weg aufs genaueste geschildert wird und zwar gerade so, wie eine menschliche Seele wie die Dantes die drei betreffenden Stufen und den gesamten Weg erleben mußte. Es würde hier zu weil führen, in jenen ,,Gesang der Weihe" tiefer einzudringen, doch kann folgendes erwähnt werden. Der erste Zustand: die Reinigung und die Selbsterkenntnis, zu der man durch den strengen, Führer geleitet wird, wobei die Seele in die Abgründe des Jenseits eindringt, die sich in der eigenen niederen Seelennatur des Menschen widerspiegeln. Der zweite Zustand: die Verklärung und Erleuchtung vermittelst der Führung der höheren Seelenkraft (die hier bei Dante zunächst in der Gestalt seines individuellen seelischen Ideals erscheint), als der Führerin zum höheren Zustande und der Vertreterin der Weisheit und der Schönheit. Der dritte Zustand: die Einung mit Christus als Gottessohn, der Eingang in den Himmel, das Schauen der Himmelsrose als der offenbarten All-Einheit und endlich der Anblick der göttlichen Dreifaltigkeit und des menschlichen Antlitzes in derselben.
          Die erleuchtete Seele, die diesen erhabenen Gesang der Weihe der Menschheit schenkte, entschwebte kurz nach der Beendung jenes mystischen Kunstwerkes dem Erdenleben, wie berufen zum höheren Dasein; daß Dante sein Leben als Bruder des dritten Ordens des heiligen Franziscus beschloß, lenkt die Gedanken auf eine innere seelische Beziehung zu jenem großen Vorbilde, das ihm auf dem schweren, doch glorreichen Weg voranging.
          Menschen, die jenen Weg betreten können, auf welchem die Erleuchtung wie eine himmlische Gnade die gereinigte Seele erfüllt und das Bewußtsein mit göttlicher Weisheit durchstrahlt, gehören zum Typus der lichten Sonnenmenschen, zu jenem Teil der Menschheit, der die Abel-Seth-Menschheit genannt wird (siehe „Homo Coelestis", von Intermediarius). Der größere Teil gehört dem Typus der Kain-Menschheit an. Wahrend die Abel-Seth-Menschheit das innere Bestreben hat, das Bewußtseins leben und den Willen der höheren Seelenkraft zuzuwenden und zum überkosmischen Reiche
aufzublicken, gleich wie der Rauch von Abels Opfer unmittelbar zum Himmel aufstieg, verbinden die Kain-Menschen ihr Bewußtseinsleben mit der niederen Hüllennatur und dringen mit der Willenskraft in dieselbe ein. Deshalb blicken letztere nicht aufwärts, sondern neben sieh und nach unten und bestreben sich, die eigene niedere Natur, alsdann die Erde und den Kosmos mit den Kräften ihres Bewußtseins und Wollens zu durchdringen; wie der Rauch vom Opfer Kains steigen diese Seelen nicht unmittelbar zum Himmel hinauf, sondern sie verbreiten sich über ihre Umwelt und folgen damit eher einer horizontalen als einer vertikalen Richtungslinie.
          Als dann die Zeit kam, wo die christliche Menschheit die Seelenläuterung durchlebt hat und der Erleuchtung teilhaft werden sollte, da strahlte das aus der Höhe kommende Geisteslicht zwar in das innere Bewußtsein der genannten Kain-Menschen hinein, doch es erweckte in letzteren nicht die Sehnsucht, sich nach oben zu erheben, um dort vermittelst der höheren Seelenkraft eine stärkere Einigung zu erreichen; das Bewußtseinscentrum führte dieses Licht der niederen Seelenkraft zu. Wo das stattfand in jenen Menschen, die ihre niedere Natur geläutert hatten, konnte die erleuchtete und der Erde zugewandte Willenskraft vermittelst der niederen Natur, die dann kein Hemmnis bildete, sich in Taten offenbaren, die einen Abglanz des hohen Geisteslichtes in sich, bargen. Auf diese Weise entstanden auf dem Gebiete der Wissenschaft, der Philosophie und der verschiedenen Künste Werke, die durch das mittelbar gespiegelte Licht der Kraft des Denkens, des Wollens und des Fühlens veranlaßt wurden. Solche Menschen waren wie Beschauer des Lichtes der Geistessonne, so wie dasselbe sich auf einer stillen, klaren Wasserfläche spiegelt. Das Spiegelbild regte ihre Seelen zwar zum Staunen und Bewundern an, doch nicht zur Tat des Aufblickens. Sie hatten nicht die Sehnsucht darnach, die Geistessonne unmittelbar zu schauen, die Seele zum Himmel zu erheben.
          Wenn aber Menschen von diesem Typus die niedere Natur nicht vollständig geläutert hatten, dann war für sie die Wasserfläche nicht der klare, ruhige Spiegel, sondern die Bewegung und Regung des Wassers ließ an der Oberfläche Trugbilder entstehen. Das einheitliche Lichtcentrum erschien da wie zerbrochen in unzählige Lichtpunkte, bewegliche Streifen und Figuren, sodaß ein chaotisches, zersplittertes Lichtgeflimmer entstand, das nicht die geringste Ähnlichkeit mehr mit der aus der Höhe strahlenden Geistessonne aufwies. In solchem Fall war auch die Hüllennatur des Menschen, da sie un-geläutert geblieben, nicht durch die Kraft Christi verwandelt und zu Seiner Dienerin geworden, sondern sie diente dann noch immer ihrem ursprünglichen Herrn, dem Fürsten dieser Welt. Daher war auch dasjenige, was auf ihrer Oberfläche an täuschenden Geflimmer gespiegelt erschien, dem Dienste jenes Fürsten gewidmet. Menschen mit einer solchen ungereinigten Natur brachten mit Hilfe ihres Denkens, Wollens und Fühlens Werke und Taten zustande, die im Dienste des Fürsten dieser Welt standen. Die Verherrlichung der ungeläuterten Natur im Kosmos, auf Erden und im Menschen selber fing an, und diese führte in das Heidentum und den Götzendienst zurück. Der größte Götze, der Fürst dieser Welt, empfing wiederum Anbetung und Verehrung, denn viele Seelen vergaßen, daß Christus, der nicht von dieser Welt war, für sie gestorben war und den Keim des Geistes in das menschliche Herz gelegt hatte.
          Diejenigen Menschen, die sich zum göttlichen Geiste mächtig hingezogen fühlten, erhielten immer die Möglichkeit, sich den Mysterien zu nähern, um dann in Stille und Einsamkeit die Vorbereitung zum mystischen Tode und zur geistigen Auferweckung durchzumachen. Die Mehrzahl der Menschen aber fühlte keine Beziehung zu den Mysterien, und nur vermittelst einzelner konnte die geistige Kraft derselben der Menschheit zuströmen. Es wurden die christlichen Mystiker seltener und die christliche Theologie, die christliche Kunst und Wissenschaft, die das höhere Seelenleben anstrebten, wurden durch eine Strömung auf jenen Gebieten zurückgedrängt, die das niedere Seelenleben, die irdische Natur, in den Vordergrund stellte und das Diesseits betrachtete. Diese Strömung gewann allmählich die Überhand, und das innere Bewußtseinscentrum des Menschen vergaß mehr und mehr den geistigen Keim, den es in sich barg. Es wendete sich gänzlich von der höheren Seelenkraft ab und der niederen Natur zu; dadurch verband es sich stärker mit der Erde und tauchte in die eigene Hüllennatur unter. Das geistige Licht und das höhere Seelenleben wurden blaß und abstrakt; die Erde aber und die kosmisch-irdische Natur des Menschen gewannen dagegen an Realität und unbedingter Wertschätzung innerhalb der Menschheit.
          Der kosmisch-irdische Mensch ist als Mikrokosmos den Gesetzen des Makrokosmos unterworfen und wenn das innere Bewußtseinscentrum im Menschen sich von der höheren, überkosmischen Seelenkraft abkehrt und sich der an den Kosmos gebundenen Seelenkraft zuwendet, so wird auch das innere Bewußtsein jenen Gesetzen untergeordnet. Der höhere Teil des menschlichen Wesens, der es zum Mikrologos macht, tritt dann nicht mehr in das Bewußtseinsleben ein und offenbart nicht länger seine Wirkung innerhalb desselben. Dennoch ist und bleibt jener höhere Teil die Wurzel des menschlichen Wesens, aus der es im Verborgenen seine Kräfte zieht. Der kosmisch-irdische Mensch an sich ist nur ein vergängliches Gebilde, ein Lichtstrahl aus dem einheitlichen, vorbildlichen Menschenwesen, das an die drei kosmischen Hüllen gebunden und von denselben umgeben, als der kosmisch-irdische Mensch auftritt. Solange der Mensch im Innern seines Bewußtseins der höheren Seelenkraft zugewandt bleibt, erlebt er den himmlischen Ursprung seines Wesens und wird vermittelst jener Kraftquelle die Beherrschung, die Läuterung und Verwandlung seiner niederen Natur bewirken können. Versenkt der Mensch aber sein inneres Bewußtsein in die niedere Natur, dann wird letztere seine Herrin. Die makrokosmischen Gesetze, die sich in der niederen Natur des irdischen Menschen spiegeln, sind weit mächtiger als es das Bewußtseinscentrum ist, sobald dasselbe sich von der höheren Seelenkraft abgewandt hat und auf sich selbst angewiesen bleibt. Hilflos wird es dann auf den mächtigen Wogen des dualistischen Lebensoceans des Kosmos hin und her geworfen, immer tiefer in die wilden Gewässer seiner niederen Natur versinkend, die es nicht zu besänftigen weiß. So ging es der Menschheit, die jener Aufgabe, die sie als christliche Menschheit erhielt, nicht nachgekommen war. Nur der geringste Teil jener Menschheit hat die Katharsis durchgeführt und die niedere Natur so gereinigt, daß dieselbe zur Dienerin der höheren, übernatürlichen Seelenkraft geworden war und deshalb der kommenden Erleuchtung kein Hindernis bietet. Diejenigen, die mit gereinigter Natur das Geisteslicht im inneren Bewußtseinscentrum spiegelten, um es dann auf der Erde auszustrahlen, konnten dieses nur, solange sie das niedere Bewußtseinsleben mit der höheren Seelenkraft vereinten, wodurch sie innerlich dem Geisteslichte zugewandt blieben. Nur solche Menschen konnten Werke schaffen, die geistigen Wert und wirkliche Bedeutung hatten, weil die Erleuchtung, wenn auch nur mittelbar, in ihr Denken, Wollen und Fühlen eingedrungen war. Dieses Licht war dann im Dienste des Natürlichen und Irdischen tätig, doch kam dasselbe aus der Höhe und war nicht von dieser Erde.
          Die Menschheit aber wandte sich immer mehr dem nur natürlichen und irdischen Leben zu und verlor im innern Bewußtsein die Einheit mit der höheren Seelenkraft, die als Peripherie der Geistessonne das Licht der letzteren in sich spiegelte. So verlor die Menschheit den Glauben an das höhere Seelenleben und an den eigenen Geist, und nur dasjenige, was mit den Sinnesorganen der irdischen Hülle wahrgenommen werden konnte, erhielt Bedeutung und Realität. Das ganze Streben richtete sich auf das irdische Dasein; die Kräfte des Denkens, des Wollens und des Fühlens durchdrangen und durchwühlten die niedere Natur, nicht um letztere zu verklären oder zu erlösen, sondern um dieselbe auszukosten und die Ansprüche jener Natur in sich selbst zu befriedigen.
            Mit der Vertiefung des menschlichen Bewußtseinslebens in die nicht geläuterte niedere Natur war demselben die Verbindung mit der himmlischen Natur und dem Geisteslichte aus der Erinnerung geschwunden. Kleiner und immer kleiner wurde die Zahl jener, die Kraft und Sehnsucht fühlten, den mystischen Tod und die geistige Auferweckung zu erleben. Auf Erden Macht, Kenntnis und Ruhm zu erobern, in der niederen Natur Genuß und Befriedigung der Sinne findend, das wurde das Ziel der Mehrzahl. Die wenigen Eingeweihten und Mystiker konnten innerhalb jener herabstürzenden Flut nur einige Dämme aufrichten, um diejenigen zu retten, die noch auf ihre Stimme hören wollten; die große Mehrzahl ließ sich von den schäumenden Wogen mitreißen.
          Die im Kosmos und auf Erden lebende Menschheit hat die Aufgabe, diese Erde mit den im Innern des menschlichen Bewußtseinscentrums verborgenen über-kosmischen Kräften zu durchleuchten; doch kann sie jene Aufgabe nur erfüllen, wenn das innere Bewußtsein mit dem himmlischen Lichte und der Weisheit aus der höheren Seelenkraft vereint bleibt. Die vor-christliche Menschheit auf Erden hat durch Vermittlung der Mysterienstätten die Kraft dazu erhalten. Nachdem aber Christus die irdische Menschheit aus der Macht der Dämonen und Naturgewalten erlöste und ihr den Geisteskern ins Herz legte, muß aus dem Menschen selbst der Wille und die Sehnsucht erwachsen, mit dem Gottessohn eins zu werden und mit dem inneren Bewußtseinscentrum diese Einigung zu erleben. Die christliche Menschheit hat deshalb auch erst die Aufgabe erhalten, selber durch die Läuterung zur Erleuchtung und schließlich zur Einswerdung in und mit .Christus zu gelangen; in vorchristlichen Zeiten aber konnten nur unter Führung der Mysterien und nach dem Eintreten in dieselben die genannten drei Stufen erreicht und eine Wiedergeburt im Geiste als letzte Stufe erlebt werden. Diese drei Stufen beziehen sich auf die drei inneren Kräfte des Fühlens, Wollens und Denkens im Menschen und auf die äußeren Zustände seines Lebens als Jugend, Reife und Alter. In der vorchristlichen Zeit war die Religion eines jeden Volkes mit dem Wesen und Typus desselben eng verbunden und die Mysterien paßten sich dem Volke an, in dessen Mitte sie ihre Stätten gründeten und zwar in bezug auf die Form und Art, in welchen sie die ewige, unveränderliche Weisheit überlieferten. Von der Mysterienstätte aus wurde das noch jugendliche Volk, welches geführt werden sollte, zunächst auf eine Stufe gebracht, die im allgemeinen Sinne der der Reinigung entsprach, sodaß die Seele jenes Volkes durch Bildung, Belehrung und durch Verfeinerung und Erhöhung des Gefühlslebens gehoben wurde. Dann konnte ein Zustand der Reife erreicht werden, in welchem das Weisheitslicht aus den Mysterien herausstrahlte und das Volk erleuchtete. Am Ende jener Zeit hielten die Mysterienführer die Ernte der Menschheit, und es zeigte sich dann, inwieweit die Erleuchtung aufgenommen oder auch zurückgewiesen worden war. Doch immer war es so, daß beim Eintreten des dritten Zustandes (jenes, in dem die Einigung mit dem Weisheitslichte erreicht werden sollte) nur eine sehr geringe Anzahl dazu fähig befunden wurde, die innere Erweckung zu erleben. Dieser dritte Zustand bedeutete zugleich die Zeit des Alters des betreffenden Volkes; es mußte deshalb, was die große Mehrzahl betrifft, absterben, indem es den kosmischen Gesetzen des Entstehens, Bestehens und Vergehens unterworfen blieb. Die Mysterien zogen sich dann von jenem Volke zurück, da sie in ihm ihre Aufgabe erfüllt hatten; die Art und die Form ihrer Tätigkeit war der Veränderung und der Zeit gleichfalls unterworfen, doch blieb die hohe überkosmische Weisheit von letzteren unberührt, da diese den Stempel der Ewigkeit trug, als die himmlische Erbschaft, die der Menschheit bei ihrer kosmisch-irdischen Pilgerfahrt mitgegeben worden war.
          Wenn ein Vergleich angestellt wird zwischen jenen Zeiten und denen, die nach dem Kommen Christi auf Erden verlaufen, dann zeigt sich erst klar, wie unermeßlich groß und wie gewaltig die Erlösungskraft des Opfers Christi ist, und was dieselbe für die irdische Menschheit bedeutet, nicht, nur jenseits, sondern auch diesseits des Erdenlebens.
          Christus war der Einzige, der seit dem Sündenfall nicht nur für ein einziges Volk kam, sondern für die ganze Menschheit der Erde. Zwar er schien Er als Jesus von Nazareth innerhalb des Volkes, das durch die Propheten schon auf dieses Kommen vorbereitet war. Jenes Volk der Hebräer wurde in der Zeit, in der es seine Jugend erlebte, von Moses geführt, zur Läuterung erzogen, gebildet und belehrt. Dann kam die Zeit der Reife jenes Volkes, und es erschienen die Propheten und strahlten ihr Weisheitslicht aus. Darauf erscheint das Licht selber inmitten jenes Volkes als Christus, der verheißene Messias, und als der Menschensohn, als Jesus, auf Erden lebt, hält Er selber die Ernte, und der dritte Zustand tritt für dieses Volk ein; die Einigung beginnt für die, welche, mit Ihm eins werdend, nicht mehr von dieser Welt sind. Die aber, in welche das Weisheitslicht der erleuchteten Propheten nicht eingedrungen ist, verpassen auch die geistige Einigung und die innere Erweckung. Sie sind das Volk, das dann im Abnehmen begriffen ist und alles verlieren muß, was einstmals durch Gnade gegeben wurde, als es in das gelobte Land einzog.
          Christus, der für die ganze Menschheit kam, bleibt auch nach Seiner Auferstehung und Himmelfahrt mit der Menschheit verbunden für alle Zeiten. Inmitten andrer Völker aber bildete sich das Centrum für diejenigen, die Seiner Kirche angehören, denn das Grab Petri ist der Grundstein geworden jener mächtigen Pyramide, die mit breiter Basis auf Erden steht und deren obere Spitze sich zum Himmel emporhebt.


          Die Menschheit der christlichen Zeiten ist immer unfähiger geworden, die geistige Erleuchtung unmittelbar im innern Bewußtsein zu erleben, deshalb ist dasjenige, was auf dem Gebiete der Mystik, Theologie, Philosophie, Kunst und Wissenschaft entsteht, immer weniger mit dem wahren Leben und dem höheren Lichte des Geistes verbunden. Dasjenige, was später entstand und als Geistesprodukt betrachtet wird, ist vielfach nicht mehr aus der höheren Seelenkraft heraus geschaffen worden und nicht vom Lichte der Geistessonne durchstrahlt, sondern nur mit Hilfe der an das natürliche Leben der Erde und an die menschliche Hüllennatur gebundenen Denkkraft hervor gebracht. Die Kunstwerke sind Abbildungen und Darstellungen der Gefühle und Triebe des natürlichen Lebens und der entsprechenden niederen Natur im Menschen selber.
          Mit der höheren Seelenkraft und der Erleuchtung des Geistes ist auch die lebendig schöpferische Kraft im Menschen verloren gegangen, sodaß er meist nur noch die früher geschaffenen Werke nachahmen, doch nicht Ursprüngliches, was von dem gleichen Werte ist, aus sich heraus entstehen lassen kann. Diese Unfähigkeil, sich zu dem einen erhabenen Ideal aufzuschwingen, führt dazu, daß ein Bedürfnis entsteht, zu zerspalten, das einheitlich Bestehende in verschiedene Teile zu zerlegen, und zwar durch Kritik und Analyse. Die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens dringen immer tiefer ein in die niedere Natur und das, was von der Erde ist. Alles, was die Menschheit in den letzten Jahrhunderten auf dem Gebiete der irdischen Wissenschaften lind Künste erreichte, was sie an Entdeckungen und Bauwerken leistete, ist mit Hilfe jener Kraft entstanden, die nur einen der Erde zugewandten Funken Feuers und Lichtes der Geistessonne der Erleuchtung darstellt. Die unmittelbare Einigung mit jenem göttlichen Centrum im Innersten des menschlichen Bewußtseinslebens hat der größte Teil der heutigen Menschheit nicht erreichen können, weil sich das Bewußteinsleben der höheren Seelenkraft abkehrte, um sich enger in die niedere Natur einzuleben.
          Wenn aber dann die Zeit der Ernte kommt, wird jener weitaus größte Teil der Menschheit die nächste Stufe, die der Einigung in und mit Christus, nicht bewußt erleben können. Die eigentliche Frist, die zur Erleuchtung gestellt war, ist abgelaufen, und in der Gegenwart steht schon die Menschheit  vor dem Anfang der  kommenden Einigung des inneren Bewußtseinslebens mit Christus, der Geistessonne.
          Wer sich für jenen Zustand nicht schon heute vorbereitet, wer nicht in Christo sterben, das heißt. Ihm sein innerstes Wesen hingeben will, der wird diese Einigung nicht erleben können.
          Die Einigung mit Christus aber bedeutet die geistige Erweckung durch den Heiligen Geist, bedeutet, das ewige Leben zu erhalten und zum himmlischen Vater wiederzukehren.
          Was wird es der irdischen Menschheit nützen, wenn sie auch alle Naturgesetze der Erde kennen gelernt und die ganze Welt beherrscht, doch an der eigenen Seele Schaden erleidet und dem geistigen Tode anheimfällt? Christus ist eins mit dem himmlischen Urbilde der Menschheit, das als Gottes Ebenbild geschaffen ist, nicht mit dein dualistischen kosmisch-irdischen Menschenbild, dessen Reich von dieser Welt ist.
          Der kosmisch-irdische Mensch, der nicht im innersten Bewußtsein mit Christus eins wird, muß absterben wie der abgeschnittene Zweig einer Rebe; er kann nicht in die Einheit der Imago Coelestis des Menschen im Himmel aufgenommen sein, vermittelst Christi Kraft.
Der Geisteskeim, der im Innern des menschlichen Bewußtseinscentrums schlummert, wird nicht geweckt, kommt nicht zur Entfaltung. Dann wird derselbe dem völlig in die niedere Hüllennatur untergetauchten und dadurch an die Erdenkräfte gefesselten Bewußtsein des Menschen entzogen, denn dieser Geisteskeim ist unvergänglich, gehört Christus und kehrt zu Ihm wieder; doch bleibt das nun vom Geiste getrennte und von der höheren Seelenkraft verlassene Bewußtseinsleben des Menschen zurück und geht der langsamen Vernichtung als zweitem Tode entgegen. Wer nicht die Einheit erreicht, geht durch die Zerspaltung unter; und eine Menschheit, die nicht die geistige Verbindung mit Christus aufrecht erhält, der Einswerdung nicht zustrebt und diese schließlich erreicht, wird durch innere und äußere Zersplitterungen zugrunde gehen. Ein zerstückeltes Innenleben, wobei ein jedes Stück mit dem anderen in Disharmonie und Kampf verharrt, wird dem Menschen zuteil werden, und eine äußerlich zerstückelte, fortwährend in Hader und Kampf verweilende Menschheit wird zum Schluß einen Kampf aller gegen alle hervorbringen.
          Die irdische Menschheit hat zwar die Aufgabe, das ihr gegebene geistigseelische Licht und Leben der Erde einzuprägen und soll sich deshalb mit der Natur und dem Wesen der Erde und des Kosmos beschäftigen, doch kann diese Aufgabe nur dann richtig erfüllt werden, wenn diese Menschheit sich zuerst selbst aus den Fesseln dieser niederen Natur befreite, indem sie die eigene Hüllennatur als niederes Seelenleben geläutert hat. Nur dann ist der Mensch in Wahrheit Herr über die niedere Natur innerhalb und außerhalb seines Wesens und als Befreier jener Natur und nicht ihr Sklave ist er dann auf Erden tätig.


         Die Kräfte des Denkens, des Wollens und des Fühlens sind im Kosmos sowohl wie innerlich im Menschen wirksam. Dabei ist immer das Wollen die centrale Kraft, aus welcher das Denken aufwärts strebt, während sich das Fühlen eher nach unten hin richtet. So ist auch innerhalb der feinsten kosmischen Hülle, der Forma Sideralis, die Willenskraft das Centrum, die Denkkraft strebt den überkosmischen Regionen zu, während sich das Fühlen der nächsten, dichteren kosmischen Hülle als der Forma Elementalis zuwendet. In letzterer ist wiederum die Willenskraft das Centrum, welches zwischen dem oberen Teil jener Forma und dem niederen Teil, dem Elementenmeere, an der Oberfläche des letzteren wirksam ist. Die Kraft des Denkens strebt aufwärts, zur Forma Sideralis hin, und die Kraft des Fühlens wirkt in das Elementenmeer hinein.
           Im Corpus Materiale des Kosmos ist wiederum die Willenskraft central; die Kraft des Denkens wendet sich der Forma Elementalis zu und tritt dadurch mit dem Elementenmeere in Beziehung. Im Corpus Materiale wirkt die Kraft des Fühlens dann als bindende Kraft und als Anziehung und Abstoßung der verschiedenen Teilchen der Materie untereinander, wodurch bestimmte Combinationen entstehen können als materielle Formen.
          Im Menschen wirken jene drei Kräfte in entsprechender Weise innerhalb seiner dreifachen Hülle, die mit den drei kosmischen Hüllen in so unmittelbarer Beziehung stehen, daß man mit Recht den Menschen den Mikrokosmos im Makrokosmos nennen kann. Da aber der Mensch nicht nur als Mikrokosmos besteht, sondern sein innerstes Wesen überkosmisch ist, so ist das individuelle Bewußtseinscentrum, als Abbild des Geistes im Reiche des Himmels, das eigentliche Centrum, um welches sich Denken, Wollen und Fühlen bewegen. Der Mensch ist jemand, der denkt, will und fühlt, und diese drei Kräfte sind seine Diener, solange das Bewußtseinscentrum des Menschen mit der höheren Seelenkraft verbunden bleibt und sich nicht in die niedere Natur verliert. Die höhere Seelenkraft ist dreifach als Kraft des Lichtes, des Lebens und des Klanges; als Weisheit, Kraft oder Macht und Schönheit sind diese Urkräfte im überkosmischen Reiche schöpferisch tätig; dieselben bilden sich im dualistischen Kosmos ab als jene Kräfte, die mit dem Prinzip des Denkens, Wollens und Fühlens in Verbindung stehen.
          Nachdem Christus auf Erden gekommen war, hatte jene Menschheit, die sich zu Ihm bekannte, die geistige Aufgabe, die Kraft des Fühlens durch die Läuterung der niederen Natur zu verwandeln und jene Geisteskraft, welche Christus in das Innere des Menschen hineinversenkt hatte, zu entfalten. Es mußte die neutrale Willenskraft im Menschen den ersten Anstoß dazu geben. So vertiefte sich die christliche Menschheit während der ersten Jahrhunderte und während des Mittelalters hauptsächlich in das innere Seelenleben und verrichtete Taten, die von den Seelenkräften des Wollens und des Fühlens ausgingen; der Wert derselben war abhängig von der Stufe der Seelenreinheit, die erreicht wurde.
          Dann kam die Zeit, wo diese Menschheit anfing, hauptsächlich mit der Kraft des Denkens zu wirken und wo gleichzeitig die Erleuchtung gegeben werden sollte. Die aufwärts strebende Kraft des Denkens sollte jene Erleuchtung wie eine Gnade von oben empfangen und dann der centralen Willenskraft zukommen lassen, sodaß die letztere jenes Licht im Innern der Seele bewußt erleben und nach außen in Taten umsetzen könne. Weil aber der größte Teil der Menschheit die Läuterung des Fühlens und des Wollens nicht auf genügende Weise vorgenommen halte, war die centrale Willenskraft noch immer der eigenen niederen Natur und der Erde zugewandt geblieben. Es konnte sich die Kraft des Denkens, da dieselbe nicht von dem centralen Wollen unterstützt wurde, nicht zu jener Höhe aufschwingen, wo das Licht der Geistessonne in machtvoller Majestät strahlte. Jene Lichtstrahlen, die noch aus der Höhe auf das Denken eindrangen, fielen dann auf ein  Willens- centrum, das noch auf die Erde und die niedere Natur im Menschen gerichtet war. Die Kraft des Denkens richtete sich aber trotzdem aufwärts, und wenn dieselbe nicht die Höhe erreicht, wo sie das Geisteslicht erfüllt und neu belebt, so bleibt diese Denkkraft unerlöst und an den Kosmos gefesselt. Statt sich in eine überkosmische Kraft zu verwandeln und durch das Geisteslicht der himmlischen Weisheit teilhaft zu werden, verbindet sich die Denkkraft mit der Kraft des Fühlens, die aus der nächsten und feineren kosmischen Hülle an dieselbe herankommt. Deshalb kann eine Menschheit, die eine Läuterung des Fühlens, Wollens und Denkens nicht durchführte und infolgedessen die Erleuchtung nicht erreichte, nicht mit dem Lichte der Geistessonne unmittelbar erfüllt sein und sich nicht zur Höhe derselben emporschwingen. Diese Menschheit erhebt nur die Kraft des Denkens, wenn letztere insbesondere tätig ist, aus der irdischen Hülle, der Erde und dem kosmischen Corpus Materiale zur Kraft des Fühlens in der nächsten kosmischen Hülle, der Forma Elementalis, und kommt zugleich mit derselben Kraft (mehr oder weniger bewußt) in Berührung, wie letztere in der elementalischen Hülle des Menschen selber wirksam ist.
          Wenn dieses geschieht, und sich die Folgen davon bemerkbar machen, entsteht eine furchtbar kritische Zeit für die betreffende Menschheit.
          Die Denkkraft ist die eigentlich typisch-menschliche  Kraft, die den Menschen über seine Umwelt erhebt und ihm deshalb mit Recht als höchste Potenz des bloß natürlichen, irdischen Menschen erscheint. Wenn diese höchste Kraft nicht von dem übernatürlichen Geisteslichte erfüllt und erleuchtet wird, sondern mit dem Fühlen in Berührung kommt, das zum elementalischen Leben gehört, entsteht innerlich im Menschen ein Widerspruch, weil, diese Kraft des Fühlens zwar innerhalb einer feineren Hülle wirkt, doch gerade die Neigung hat, zur dichteren Hülle hinzustreben, und zwar zur irdischen, aus welcher sich die Denkkraft im Gegenteil zu erheben sucht. Hierdurch entsteht der innere Kampf, und dieses Aufeinanderprallen beider Kräfte ruft jene Disharmonie hervor, die nur dann überwunden und aufgehoben werden kann, wenn sich die Denkkraft mit der ihr verwandten und entsprechenden Denkkraft der elementalischen Hülle vereinigen kann. Das kann aber erst dann geschehen, wenn der Mensch mit seinem inneren Bewußtseinsleben in die Natur des elementalischen Lebens eingedrungen ist, sodaß die feinere Hülle des Kosmos, der Erde und des Menschen selbst für ihn ebenso wirklich bestehen wie heute die materielle Welt und der irdische Körper, an die das menschliche Bewußtseinsleben jetzt gebunden ist.
          Solange der gesamte Widerspruch besteht, leidet die irdisch-denkende Menschheit schwer darunter, ohne zu verstehen, daß die Ursache jenes Leidens in ihrer seelischen Abirrung zu suchen ist. Hatte die Menschheit sich dem höheren Geisteslichte nicht entfremdet und sich nicht mit der niederen Natur und dem, was von der Erde ist, eng verbunden, so hätte ihre Seele nicht die Flügel verloren und wäre diese Seele dem Sonnenvogel ähnlich gewesen, statt dem Erdenwurm oder auch der kriechenden Schlange zu gleichen.
          Das, was ein auf der Erden kriechendes Wesen auf seinem Wege nur langsam und allmählich erkennen lernt, wird dem geflügelten, über die Erde schwebenden Wesen, das den weiteren Überblick erhält, auf einmal offenbar. Die an die irdische Hülle des Menschen gebundene Denkkraft würde sich unmittelbar mit der in den beiden feineren Hüllen wirkenden Denkkraft vereinigt und so den Weg zur überkosmischen und übernatürlichen Weisheit gefunden haben, wenn diese Denkkraft das Geisteslicht der Erleuchtung unmittelbar in sich aufgenommen hätte, was ihr nur durch die Verbindung mit der höheren Seelenkraft möglich war. Gleich wie der Vogel von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum schwebt, so wäre die im Menschen tätige Denkkraft von der einen seiner Hüllen in die andere übergegangen, ohne den Weg über den tief erliegen den Boden zu nennen. So hätte sich die geistig-erleuchtete Denkkraft, aus der eigenen Hüllennatur befreit, in die überkosmischen Sphären erheben können, und nichts von dem, was jener Kraft entgegengesetzt war, hätte den Aufstieg gehemmt. Der Übergang von dem irdischen, gröberen Denken in das feinere, elementalische und in das noch feinere, intensivere siderische wäre nur eine harmonische Steigerung und die Vervollkommnung jener Denkkraft gewesen.
          Wenn aber jene Denkkraft mit der Erdenschwere belastet aus der irdischen Hülle in die elementalische eintritt, so muß das Denken den schleichenden Gang des Wurmes annehmen und durch das Tasten und Berühren (das der experimental-empirischen Methode des Denkens und Erfassens entspricht) sich Kenntnisse aneignen. Blind für die Geistessonne, die hoch erhaben über ihr Sehvermögen am fernen Himmel strahlt, bewegt sich die Denkkraft zur elementalischen Kraft des Fühlens hin und kommt dann endlich mit jener, ihrer Natur nicht entsprechenden Kraft in Berührung.
          Je tiefer sich die Menschheit in das kosmische Corpus Materiale, die Erde und die eigene irdische Hülle hineindenkt, je intensiver ihr Wollen und Fühlen sich damit beschäftigt, um so eher wird die Wand durchbrochen sein, die das Corpus Materiale von der Forma Elementalis, die Erde von ihrer elementalischen Hülle und die irdische Hülle des Menschen von seiner elementalischen trennt. Bildlich gesprochen könnte gesagt werden, daß die materielle Welt sich aus der feineren Hülle des Kosmos herauskristallisierte und daß dieselbe wie eine Schicht von gewisser Form und Proportion dasteht, die von der nächsten feineren Schicht umgeben wird. Je tiefer in die dichteste Schicht hineingebohrt wird, umso eher wird dieselbe durchbrochen werden, und die nächste, feinere Schicht wird wahrnehmbar. Damit ist, um den bildlichen Vergleich weiter zu führen, eine neue Schicht von feinerer Art entdeckt worden, die immer dagewesen ist, obwohl ungekannt; dieselbe wird dann eine andere Art des Untersuchens notwendig machen, wobei manche Änderungen vorgenommen werden müssen.
          Wer gerade in der heutigen Zeit die vielen sonst unerklärlichen Erscheinungen und Tatsachen beachtet, die mit der Menschheit vorgehen, wird zur Überzeugung kommen müssen, daß sich auch hier einschneidende Änderungen vollziehen und daß sich sowohl in bezug auf die innere Psyche, die Seelenverfassung der Menschheit, als auch auf dem Gebiete der äußeren Kultur, eine grundsätzliche Umwälzung vorbereitet. Die Menschheit, die das Geisteslicht der Erleuchtung nicht unmittelbar in ihr inneres Bewußtseinsleben hineinstrahlen ließ und sich der Erde und der eigenen Hüllennatur zuwandte, ist heute auf den Punkt angelangt, wo sie das, was sie bis auf heute besaß, als erschöpft und nicht mehr zur heutigen Zeit passend empfindet. Ein Neues ist aber nicht gefunden, oder es ist minderwertig, oberflächlich und ohne bleibenden Wert. Die an die materielle Welt gebundene Denkkraft tritt schon an die des Fühlens, die aus der elementalischen Welt herunterstrebt, heran. Weil aber die aufwärts strebende Denkkraft, wenn auch an die Erde gebunden, immerhin von feinerer Art ist als die des Fühlens an sich (obwohl letztere in einer feineren Hülle tätig ist), so entsteht neben einer Disharmonie noch der Eindruck, daß die Menschheit ein Wertvolleres, Besseres verliert und in ein bisher Unbekanntes hineingerät, das, wie aus anderen Dimensionen kommend, in die irdischen Verhältnisse und in das Innenleben des Menschen einbricht. Es ist, als ob die wilden Wogen des Elementenmeeres sich über die materielle Welt ergießen und als ob ein feineres flüssiges Element die dichte feste Materie durchdringt. Zunächst entsteht dadurch das Gefühl einer Auflösung dessen, was fest umrahmt und begrenzt auf Erden an Form und Gestalt da ist. Das innere Leben des Menschen verliert seinen Halt, insoweit es seine Denkkraft, Willenskraft und seine Empfindungen betrifft. Auch die äußeren Formen und Gestalten auf dem Gebiet der Religion, Kultur und Zivilisation Überhaupt geraten ins Wanken. Ein wahres inneres Erdbeben setzt ein.
          Wer gerade in der heutigen Zeit die vielen sonst unerklärlichen Erscheinungen und Tatsachen beachtet, die mit der Menschheit vorgehen, wird zur Überzeugung kommen müssen, daß sich auch hier einschneidende Änderungen vollziehen und daß sich sowohl in bezug auf die innere Psyche, die Seelenverfassung der Menschheit, als auch auf dem Gebiete der äußeren Kultur, eine grundsätzliche Umwälzung vorbereitet. Die Menschheit, die das Geisteslicht der Erleuchtung nicht unmittelbar in ihr inneres Bewußtseinsleben hineinstrahlen ließ und sich der Erde und der eigenen Hüllennatur zuwandte, ist heute auf den Punkt angelangt, wo sie das, was sie bis auf heute besaß, als erschöpft und nicht mehr zur heutigen Zeit passend empfindet. Ein Neues ist aber nicht gefunden, oder es ist minderwertig, oberflächlich und ohne bleibenden Wert. Die an die materielle Welt gebundene Denkkraft tritt schon an die des Fühlens, die aus der elementalischen Welt herunterstrebt, heran. Weil aber die aufwärts strebende Denkkraft, wenn auch an die Erde gebunden, immerhin von feinerer Art ist als die des Fühlens an sich (obwohl letztere in einer feineren Hülle tätig ist), so entsteht neben einer Disharmonie noch der Eindruck, daß die Menschheit ein Wertvolleres, Besseres verliert und in ein bisher Unbekanntes hineingerät, das, wie aus anderen Dimensionen kommend, in die irdischen Verhältnisse und in das Innenleben des Menschen einbricht. Es ist, als ob die wilden Wogen des Elementenmeeres sich über die materielle Welt ergießen und als ob ein feineres flüssiges Element die dichte feste Materie durchdringt. Zunächst entsteht dadurch das Gefühl einer Auflösung dessen, was fest umrahmt und begrenzt auf Erden an Form und Gestalt da ist. Das innere Leben des Menschen verliert seinen Halt, insoweit es seine Denkkraft, Willenskraft und seine Empfindungen betrifft. Auch die äußeren Formen und Gestalten auf dem Gebiet der Religion, Kultur und Zivilisation Überhaupt geraten ins Wanken. Ein wahres inneres Erdbeben setzt ein.
          Die Einigung mit Christus sollte sich für jene Menschheit vollziehen, die durch die Läuterung und die Erleuchtung des inneren Seelenlebens und Bewußtseins dazu reif war. Schon heute ist der Menschheit diese Möglichkeit als höchste Gnade gegeben und steht als fernes Zukunftsziel und höchstes Ideal für alle sichtbar da. Wer wahrhaft will, kann auch heute noch das Versäumte nachholen und durch die seelische Läuterung und Erleuchtung zur Vorbereitung für diese Einigung kommen. Dazu ist aber nötig eine völlige Umwandlung des Seelenlebens des heutigen Menschentypus, der sich daran gewöhnt hat, der inneren Tiefe des eigenen Innenlebens zu entfliehen, um sich nach außen zu stürzen, der äußeren Umwelt entgegen.
          Sogar die in der Außenwelt wirkenden Taten, sowie alle Gedanken und Gefühle haben nur Wert, wenn dieselben vom erweckten inneren Seelenleben ausgehen, wenn es Sprossen sind aus jenem geistigen Keim im Menschen, der Christus angehört. Es nützen keine äußeren Einigungen der Menschen untereinander, solange nicht bewußt die innere übernatürliche All-Einheit die Seelen erfüllen kann. Keine Verbindung ist bleibend, wo diese nicht geschieht zwischen Seelen, die mit dem inneren Bewußtsein in überkosmischen Sphären leben. Der an den Kosmos und seine Gesetze gebundene Mensch ist nur ein Naturwesen, das aus natürlichem Triebe heraus zum Kampf, zur Zerspaltung und zur Zerstörung aus eigenem Egoismus heraus geneigt ist. Deshalb kann eine Vereinigung solcher Wesen nicht dauern und keine positiven Früchte abwerfen. Die Mahnung Johannes des Täufers: „Ändert den Sinn!" war die erste Bedingung zur Erfüllung des Einheitsideals; noch so viele Blinde können einander nicht zum Lichte führen, und die große Zahl ist nicht gleichbedeutend mit dem großen Werte. Es müssen deshalb Menschen da sein, die verstehen, was in unserer Zeit geschieht, und die den Unwissenden voranleuchten können. Solche Menschen müssen nicht nur durch die Reinigung und Erleuchtung zur Einswerdung mit Christo gelangt sein, sondern diese Menschen müssen sich persönlich auch die hohe Weisheit angeeignet haben, die aus den christlichen Mysterien stammt. Das ist deshalb notwendig, weil die Mehrzahl der heutigen Menschheit sich von einem Leben des mit Christus vereinigten Geistes soweit entfernt hat, daß ein Verständnis für ein solches Leben nur allmählich erreicht werden kann. Der Mensch, der innerlich den höchsten Grad, die mystische Einigung mit Christus, erreicht hat, kann doch der Mehrheit der heutigen Menschheit nicht zum Führer dienen, wenn er nicht auch jene hohe Weisheit inne hat, die ihn dazu befähigt, die Verbindungsbrücke zu bauen zwischen den überkosmischen Sphären und der a n den Kosmos und die Erde gebundenen Menschheit.
          Eine Menschheit, die ein über-empirisches Leben kaum annimmt, für welche Christus zum einfachen, frommen Menschen Jesus geworden, für welche Gott und der Himmel bloße Abstractionen sind — kann nur Schritt für Schritt auf den Weg zum geistigen Leben geführt werden und muß dabei immer einen festen Anhaltspunkt unter den Füßen fühlen. Ein unmittelbarer Aufschwung zur Geistessonne ist nur den wenigsten noch möglich; die Mehrzahl hat die Seelenflügel verloren und kann nur langsam weiterschreiten.
          Auf jenem dunklen Pfade kann jener Menschheit nur noch das Wahrheitslicht weiser Führer leuchten, scharf und klar jedes Hindernis, jeden Stein anzeigen und auf die Gefahren des Weges hinweisen, welche in der heutigen Zeit, da die Wellen des Elementenmeeres hereinbrechen, so groß und zahlreich sind. Die Zeit des Denkens, Wollens und Fühlens bloß innerhalb der dichtesten Hülle, die zugleich Schutz und, Gefängnis bildet ist vorbei. Das innere Bewußtseinscentrum im Menschen streckt sich immer mehr nach der nächsten kosmischen Hülle aus, und die Denkkraft wird schon durch die Wogen des Elementenmeeres ergriffen. Wenn auch das Willenscentrum und das Fühlen des Menschen von jener elementalischen Kraft berührt werden, dann können unbekannte Mächte das innere Leben des irdischen Menschen ergreifen und bewegen; weil das Bewußtseinsleben zunächst noch in der materiellen Welt verankert ist, werden jene elementalischen Einflüsse sich gerade in die niederen Naturtriebe ergießen, wo sich der Mensch am wenigsten bewußt zeigt.
          Im Gegensatz zu den Eigenschaften des Festen, als denen der Stabilität, der Contraction, der Beschrankung und Begrenzung, die eine Abgeschlossenheit in sich, eine Widerstandsfähigkeit und eine relative Dauer des Bestehenden hervorrufen, zeigt das Elementalische die Eigenschaften des Flüssigen als Beweglichkeit, Wandelbarkeit, Auflösung, Ausdehnung und Auflockerung der festen Begrenzung. Die scharfen Linien, die als die Umrahmung und als typische Begrenzung an den materiellen Gestalten und Formen auftreten, werden in der elementalischen Hülle unbestimmter, beweglicher und verlieren ihre scharfen Kanten. Es ist so, als würden die eckigen und die runden dreidimensionalen Körper zu stumpfen Flächen, die aber durch wellenartige und bewegliche Linien ihre wandelbare Begrenzung angeben, im Gegensatz zu den unwandelbaren und abgeschlossenen Umrissen der materiellen, festen Formen. Deshalb ist auch das Lebensprinzip innerhalb der elementalischen Formen nicht völlig in letztere eingeschlossen, sondern die Form bleibt beweglich und ihrer Umwelt (namentlich nach oben und unten hin) offen, und dadurch fließt dieses Prinzip mehr mit der Umgebung zusammen, wie es in den festen in sich abgeschlossenen Formen der materiellen Welt möglich ist. In jener feineren kosmischen Hülle stoßen die verschiedenen Kräfte und die Gesetze, die dort walten, nicht auf das starke Hemmnis des festen Gegenständlichen an der Form und ihrer Begrenzung; deshalb können diese Kräfte auch in die Substanz des Corpus Materiale eindringen.
          Die Denkkraft, die in der irdischen Hülle des Menschen tätig ist und mit den Kräften des Elementenmeeres in nähere Beziehung tritt, kommt dadurch mit neuen Gesetzen, neuen Strömungen und feineren Stoffen in Berührung. Letztere wirken dann zurück auf das an die irdische Hülle gebundene Bewußtseinsleben und werden, vermittelst der Willenskraft zu Taten. Neue Entdeckungen finden statt und werden vom Menschen dem äußeren irdischen Leben praktisch angepaßt. Zur selben Zeit aber wird auch das innere Leben der Menschheit von dem Einfluß jener verschiedenen Wesen berührt, die innerhalb der Forma Elementalis und besonders im Elementenmeer verkörpert leben. In jenen Wesen aber ist die Kraft des Fühlens stark und, weil dieselben eine intensivere und umfassendere Wirkung ausüben, als die an die irdische Hülle gebundene Denkkraft es vermag, wird letztere zunächst von jenen Wesen überwältigt, betäubt, und in bezug auf die Schärfe und Fähigkeit des Durchdringens abgestumpft. Ein Kampf tritt ein zwischen dem Denken und einer dem Menschen unbekannten, undefinierbaren Gefühlswelle, die alles zu überschwemmen droht, und alles durchdringt, und diese bildet die erste Gefahr auf diesem Wege. Es wird auch die centrale Willenskraft und das mit der irdischen Hülle verbundene Empfinden durch die Macht des in der Forma Elementalis wirkenden Wollens und Fühlens beeinflußt werden, bis sich, der Mensch des Lebens innerhalb der elementalisehen Hülle derartig bewußt wird, wie er es heute in bezug auf sein Leben in der irdischen Form ist.
          Wenn die an die irdische Hülle gebundene Willenskraft unmittelbar in das in der elementalischen Hülle wirkende Wollen übergehen könnte, so wäre ein harmonischer Übergang der einen Willenskraft von der gröberen Hülle aus in die feinere geschehen. Ist jedoch die Gebundenheit an die irdische Hülle stark geblieben, so muß eine langsame Loslösung und ein fast räumlicher Übergang von der Begrenzung der einen Hülle zur nächsten stattfinden, wobei zunächst die Denkkraft und dann auch die Willenskraft und das Empfinden auf die nach unten gewendete Kraft des Fühlens aus der feineren Hülle stoßen muß. Bei jenem Übergang entsteht die zweite Gefahr dann, wenn das an die irdische Hülle gebundene Wollen von dem feineren, intensiver wirkenden und unbegrenzten, immer beweglichen Fühlen aus der elementalischen Hülle erfaßt wird, dadurch ins Schwanken gerät und das centrale Gleichgewicht zu verlieren droht. Die dritte Gefahr erscheint dann, wenn sich die Kraft des elementalischen Fühlens mit dem an die irdische Hülle gebundenen Empfinden verbindet, ohne daß diese Kraft gereinigt und zur höheren Empfindung geworden ist.
          Wiederum ist die Gefahr nur da vorhanden, wo die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens nicht geläutert worden sind. Die Forma Elementalis ist, wie das Corpus Materiale und der ganze Kosmos, von der erlösenden Gewalt Christi durchdrungen und, wenn der Mensch im inneren Bewußtsein sich aus der Herrschaft seiner niederen Natur befreit hat, dann wird die eigene verwandelte und gereinigte Hüllennatur ihn zur erlösten kosmischen Natur in Beziehung bringen. Dann wird der Mensch die Kraft des Denkens, Wollens und Fühlens wie eine harmonische Einheit erleben, und diese wird ihn ungehemmt aus der einen kosmischen Hülle in die nächste hinüberführen. Das innere Bewußtseinsleben kann stark und unberührt von diesem Wechsel bleiben, wenn es die Kraft Christi in sich und auch im Kosmos weiß.
          Die ungeläuterte Hüllennatur des Menschen bringt ihn dagegen in Verbindung mit der nicht geläuterten und nicht verwandelten Natur des Kosmos, in welcher noch der Widersacher seine Macht ausübt. So kommt es denn, daß der Mensch, der die Läuterung und deshalb auch die Erleuchtung nicht erreicht hat, den dunklen gefahrvollen Weg betreten muß, weil er sich selber die Seelenflügel genommen und sich vom Licht abgewendet hat.
          Ein Stehenbleiben wird der Menschheit nicht erlaubt; sie muß den Weg, der durch den Kosmos führt, weitergehen, denn, wenn sie einmal in jene Regionen hineingeritten ist, muß ihre Pilgerfahrt weitergeführt werden bis au das Ende, solange sie den unmittelbaren Weg der Befreiung, den Christus ihr gezeigt, nicht einschlägt und die Einigung mit ihrem Erlöser nicht als erstes und letztes Ziel betrachtet. Wer also diesen Weg der Gnade und Erlösung nicht sucht und die vertikale Lichtbahn, die unmittelbar zum übe r kosmischen Reiche führt, nicht wählt, wird durch die kosmischen Kräfte und Gesetze dazu gezwungen, der langen, spiralförmigen Linie zu folgen, die durch die verschiedenen Regionen als die drei Hüllen des Kosmos hindurchführt. Dabei bleibt es dem Menschen noch frei, während seines Fortsehreitens den lichten Pfad anstatt des dunklen zu wählen, denn Christi Geist ist überall im Kosmos gegenwärtig, und das Licht der Geistessonne strahlt einem jeden zu, der das Haupt erheben will, um das Licht in sich aufzunehmen.
          Diejenigen, die dem spirituellen Weg nicht folgen, indem sie die Läuterung, Erleuchtung und Einswerdung mit Christus nicht im inneren Bewußtseinscentrum erleben, können nur den psychischen Weg gehen, der durch den Kosmos führt, und wo sich das Bewußtseinscentrum im Menschen aus der Natur der physischen Hülle in die der elementalischen und dann in die der siderischen Hülle hineinlebt. Auf welche Weise dieses geschieht und mit welcher Seite der kosmischen Natur der Mensch dabei in Beziehung tritt, das hängt allein von dem Grade der Reinheit jener Natur im Menschen selber ab. Die Welt, in die der Mensch hineinkommt, wird ganz genau der inneren Welt im Menschen selber entsprechen, hell oder dunkel, rein oder unrein. Auch die Wesen, die ihm im Kosmos entgegentreten, werden in Übereinstimmung mit dem eigenen Wesen des betreffenden Menschen sein.
          Die Wenigen, die den spirituellen Weg suchen und ihm auch folgen können, werden bei der Läuterung ihrer niederen Natur auch die Natur um sie herum wie verwandelt empfinden. Es wird nun einem solchen Menschen die ganze Natur auf Erden schon wie verklärt erscheinen; und diese Natur, sowie die zu derselben gehörigen Lebewesen erhalten ihre ursprüngliche Reinheit und Vollkommenheit in gewisser Weise wieder, so wie sie einstmals gewesen, als sie das Abbild der himmlischen All-Einheit noch darstellten. So sah der heilige Franziscus die Natur und aus dem Erleben der inneren Einheit aller Wesen und Dinge heraus entstand sein „Sonnenlied".
          Die geistige Erleuchtung verleiht dem Menschen eine Macht über die Natur, wodurch er zum „Taumaturgen" wird. Die verklärte Natur wird zur Peripherie des nun im Menschen wirkenden göttlichen Geistes, wodurch der Mensch im wahren Sinne wiederum zum Herrscher und König innerhalb der geschaffenen Welt werden kann. Die Einswerdung mit Christus bedeutet zugleich die Überwindung des Todes, da Christus, als das Licht und Leben der Menschen, den mit Ihm vereinigten Menschen an dem ewigen Leben und an der Herrlichkeit des Lichtes teilnehmen läßt.
          Es bleibt dem Menschen, der den spirituellen Weg betreten hat, deshalb auch nichts versagt und auch nichts verborgen von den Kräften Gesetzen der Natur, des Kosmos, der Erde oder der eigenen irdischen Hülle denn er ist Herr über diese Natur geworden und durchschaut sowohl verborgensten inneren Wirkungen als Ursachen, wie auch die äußeren Vorgänge als die Resultate derselben. Auch wenn ein solcher Mensch sein Wissen auf Erden praktisch anwenden wollte, so stünde ihm nichts im Wege, dieses auszuführen. Er, als der Herrscher jener Natur brauchte dabei nicht langsam und mühsam tastend vorzugehen, wie es der Mensch tun muß, der dem psychischen Wege folgt. Nicht im Dunkeln und Unbekannten fortschreitend wie ein Blinder, der nur tasten kann, wird der sich auf dem spirituellen
Weg befindende Mensch vorwärtskommen. Nicht empirisch braucht er vorzugehen bei der Forschung nach ihm unbekannten Naturgesetzen und der Entdeckung sowie der praktischen Anwendung derselben, weil ein solcher Mensch vom inneren Geisteslichte inspiriert wird. Dieses Licht wird seinen Weg beleuchten (auch wenn derselbe zeitweise der Erde zuführt) und jene unzähligen Gefahren sichtbar machen, die innerhalb der dualistischen Natur des Kosmos bestehen. Die Behauptung, daß der Mensch, der dem spirituellen Weg folgt, unfähig sei, die praktische und notwendige Entfaltung der Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens im Dienste des Erdenlebens richtig vor zunehmen, ist als unwahr zu betrachten; denn derjenige, der den inneren Kern der Dinge mit dem Geiste erfaßt, tritt in das wahre Wesen derselben ein, während ein äußeres, bloß empirisches Verhältnis zu den Dingen an der Oberfläche derselben abstoßen muß und nie zur Erkenntnis des inneren Kerns derselben vordringen kann. Im ersten Falle wird der Mensch der freie Herrscher über die Kräfte und Gesetze der Natur; im zweiten Falle aber bleibt er unter der Gewalt jener Kräfte und Gesetze, die ihn beherrschen, ihn hin und her zerren und ihn nach unbekannten Zielen Hintreiben. Der Mensch der dem spirituellen Wege folgt, kennt als sein Ziel Christus und strebt bewußt zur Einswerdung mit Ihm hin. Was aber ist das Ziel eines Menschen, der sich auf dem psychischen Wege fortbewegt? Er selber kennt es nicht, er weiß nicht, wohin er getrieben wird, denn auch die Kenntnisse über das eigene innere Bewußtseinscentrum mit den Kräften des Denkens, Wollens und Fühlens und über den Übergang derselben von der irdischen Hülle in die elementalische fehlen dem Menschen vollständig.
          Die Mehrzahl der Menschheit befindet sich heute in diesem Zustande; sie jagt, rast und hetzt im Dunkeln der Unwissenheit weiter, und niemand denkt daran, sich einmal zu fragen, wohin der Strom führen wird. Getrieben von unbekannten Mächten, geht diese Mehrzahl einem ihr unbekannten Ziele entgegen. Diese Mächte, die sich mit den einströmenden Wellen des Elementenmeeres auf das Denken, Wollen und Fühlen des Menschen stürzen, gehören vorzugsweise dem ungeläuterten Teile der elementalischen Hüllennatur an und sind deshalb Diener des Widersachers; sie greifen den Menschen an, um von seiner Blindheit, Unwissenheit und Unfreiheit in bezug auf die niedere Natur Vorteil zu ziehen. Ihr Ziel ist, die Menschheit völlig zu versklaven und ihr die Freiheit zu nehmen, welche Christus ihr durch die Erlösung schenkte.
          Aus dem Elementenmeere wirken jene Kräfte, welche nach dem Corpus Materiale hinstreben, zunächst auf den Menschen ein, denn diese Kräfte stehen der materiellen Welt, die sich aus dem Elementenmeere heraus verdichtete, am nächsten. Im Elementenmeere selber wirken aber Kräfte, durch, welche die scharfen Umrisse der materiellen Formen wie aufgelöst und gelockert werden, wodurch zunächst eine Befreiung entsteht, indem das Leben innerhalb der e lernen tauschen Hülle leichter zusammenfließt und weniger abgesondert für jene Lebewesen verläuft, die dort weilen. Diese Einigung der Lebewesen und der Einfluß jener einigenden Kraft auf die Menschheit kann nur dann zum Guten wirken, wenn diese Kraft sich concentriert in einem weisen Führer, der die Vielen zusammenbringt, um sie einheitlich und bewußt nach einem hohen Ziele zu leiten.
          Wenn sich die Menschen bloß untereinander einigen, so werden immer nur Gruppen entstehen, die schließlich wieder auseinanderfallen, denn es fehlt dann die höhere Einheit, der Führer, der das eine bewußte Centrum in der Vielheit vertritt.
          So wie eine äußere Führung der Menschheit notwendig ist, um sie zu einer bewußten, organisierten Einheit zu machen, so ist auch eine innere geistige Führung der gesamten Menschheit und des Einzelnen nötig, auf daß sich das innere Leben harmonisch entfalten könne. Der geistige Keim im Innersten des menschlichen Bewußtseinscentrums soll aufgehen und Geistesfrüchte bringen; der göttliche Funke soll auflodern zur Flamme, und das sterbliche Leben soll zur Unsterblichkeit führen. Für diejenigen, die den spirituellen Weg betreten, können und wollen, ist Christus der unmittelbare Führer. Diejenigen aber, die sich auf dem psychischen Weg befinden, haben Ihn als unmittelbaren Führer verloren, denn sie haben sich vom Lichte der Geistessonne abgewandt, um auf dunklen Pfaden zu wandern. Da der psychische Weg durch die Regionen des Kosmos führt und nicht unmittelbar dem Himmelreiche zu, so würden jene Menschen, die diesen Weg betreten, zunächst des Lichtes der Geistessonne innerhalb der kosmischen Regionen ansichtig werden, wenn sie im eigenen Innern die nötige Reinigung vornahmen und ihre Augen dadurch geöffnet wurden. Jene Menschheit aber braucht Führer, die sich als Mittler zwischen sie und den einen göttlichen Führer Christus stellen und die frohe Botschaft bringen, daß das Licht und Leben der Menschheit im ganzen Universum, im Himmel, im Kosmos und auf Erden lebt und wirkt bis ans Ende der Tage.
          Wer mit klarem Blick den Zustand der Mehrzahl der heutigen Menschheit schaut, der kann nur auf das innigste wünschen, daß die mit Weisheit erfüllten, in Christo auferweckten Führer zu einer Menschheit kommen werden, die aus eigenen Kräften heraus solche Geistesführer nicht hervorbringen kann, weil sie völlig von den Gewalten der niederen Seelenkraft beherrscht wird.
          In diesem Sinne werden hier einige Anweisungen gegeben für jene Menschen, die sich gewöhnt haben, nur durch die äußeren Sinnesorgane, empirisch tastend also, das Leben zu betrachten und zu beobachten, um auf den genannten psychischen Weg zu einem Verständnis der Umwelt und des eigenen Innenlebens zu kommen.
         
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IV.

Der natürliche Mensch.

          Wenn der Mensch mit seinen Sinnesorganen und mit dem inneren Bewußtsein die ihn umgebende Welt sowie die eigene irdische Hülle wahrnimmt, so wird es ihm klar, daß die Gesetze der Anziehung und der Abstoßung zwischen den verschiedenen Stoffen, Körpern und Lebewesen innerhalb der physischen Welt eine hervorragende Rolle spielen. Nicht nur stoßen die äußeren Formen und Gegenstände einander ab, sondern wenn der Mensch die Tätigkeit seiner Sinnesorgane genauer betrachtet, wird es ihm klar, daß er nur dadurch zum Beispiel das Sehen und Hören bewußt erleben kann, daß die Lichtstrahlen und Tonwellen auf das Organ des Sehens und das des Hörens stoßen, wobei dann das Licht und der Ton vom Menschen wahrgenommen werden. Dasjenige, was nicht auf die Sinnesorgane stößt, sondern in dieselben eindringt, bleibt dem Bewußtsein des Menschen verborgen und gehört auch nicht mehr der materiellen Welt an; es ist die elementalische Strömung, die, aus der Forma Elementalis kommend, das Corpus Materiale des Kosmos durchdringt und belebt. Die Sinnesorgane im physischen Körper sind aus diesen fünf Strömungen der elementalisehen Hülle herausgestaltet und bilden die Kanäle, durch welche jene Strömungen die physischen Organismen erreichen. Das menschliche Bewußtseinscentrum erlebt sich bloß innerhalb der irdischen Hülle, und deshalb bleiben jene elementarischen Strömungen unbemerkt. Wohl nimmt der Mensch beim Sehen oder Hören die Farbe oder den Ton wahr weil letztere zur physischen Welt gehören und, von den physischen Licht- und Luftwellen getragen, die physischen Sinnesorgane erreichen. Von den zur Forma Elementalis gehörigen Strömungen aber erhält der Mensch keinen bewußten Eindruck (obwohl jene Kräfte seine elementalische Hülle berühren und durchdringen), solange nicht das innere Bewußtseinscentrum sich auch in jener Hülle erlebt und aus dem Zustande des Schlafes in den des Wachseins innerhalb der elementalischen Welt, die man auch das Zwischenreich nennt, gerückt ist.
          Bis jetzt hat das Bewußtseinsleben sich nur auf die irdische Hülle und ihre Sinnesorgane concentriert. Deshalb sagen die Dinge, die der Mensch auf Erden wahrnimmt, ihm so wenig in bezug auf ihre innere Natur, denn diese letztere kann er nur von dem ableiten, was ihm die äußere physische Form zu sagen scheint. Die an die irdische Hülle gebundene Denkkraft bildet sich die Vorstellungen auf Grund dessen, was wahrgenommen wird; die entsprechende Willenskraft setzt sich in Beziehung zu dem Wahrgenommenen, nachdem durch das Gefühl die Empfindung der Sympathie oder der Antipathie in bezug auf die äußert physische Erscheinung der Dinge entstanden ist.
          Würde der Mensch die elementalische Strömung bewußt erleben, die sich zwischen ihm selber und dem Wahrgenommenen hin und her bewegt, so würde ihm die innere Einheit zum Bewußtsein kommen, die zwischen seiner eigenen elementalischen Hülle und den elementalischen Kräften im Wahrgenommenen besteht. Das elementalische Leben und Weben in sich selber und in den Dingen um ihn herum würde ihm ebenso real und bestimmt erscheinen wie das rein physische; und dabei würde er die innere Gewißheit haben, daß sich ein, und zwar der allerdichteste Schleier gelöst hätte, da er durch die physischen Gestalten und Formen hindurch die elementalischen Lebensformen erblicken würde.
          Der Mensch würde auch der eigenen Seele näherkommen und die ihm wirkende, niedere Natur bei ihrem Weben und ihrer Regung mit dem inneren Bewußtsein tiefer erfassen können, wenn letzteres innerhalb der elementalischen Hülle erwacht wäre und auch die Kraft des Denkens, Wollens und Fühlens in dieser wirkten. Der Mensch würde dann erleben, wie die dichteste seiner Hüllen, der irdische Körper, durchdrungen ist von der lebendigen, beweglichen Kraft des Elementenmeeres, aus dem die elementalische Hülle des Menschen sich gestaltet hat. Die beiden Vorgänge des Annehmens und des Ablegens des irdischen Körpers, als Geburt und Tod, würden vom menschlichen Bewußtsein erlebt werden wie ein Übergehen desselben von dem elementalischen in das physische und von dem physischen wieder in das elementalische Leben in bezug auf seine Hüllen. Das elementalische Leben hat ganz besonders zu dem Beziehung, was mit der Entstehung der physischen Hülle und der Erhaltung desselben verbunden ist. Aus dem feineren, einheitlichen Elemente der Forma Elementalis verdichten sich die vier irdischen Elemente, aus welchen alle materiellen Formen als Organismen zusammengesetzt sind.
          Die   Forma Elementalis selber  besteht  aus einer oberen und einer unteren Hälfte: aus letzterer hat sich das universelle Corporus Materiale (mit allen Corpora Materialia desselben) herausverdichtet, sodaß dasselbe vom Elementenmeere durchdrungen und zugleich umgeben ist. Der obere Teil der Forma Elementalis ist der feineren kosmischen Hülle, der Forma Sideralis zugewandt; derselbe könnte, im Gegensatz zum Elementenmeere, die elementalische Atmosphäre oder der Luftkreis genannt werden. Ähnlich der fünffachen Bewegung, als der fünf belebenden Strömungen im Elementenmeere, webt in jenem elementalischen Luftkreis eine belebende Kraft, die auf siebenfache Weise offenbar wird und ein Abbild der sieben Planet' Sphären darstellt. Diese Kraft wird vom Elementenmeere aufgenommen und strömt dann mittelbar auch dem Corpus Materiale zu.
          Der Mensch, der diese Vorgänge innerhalb der Forma Elementalis und in der eigenen elementalischen Hülle bewußt erfaßt hätte, würde erkennen, daß in seinem irdischen Körper der Prozeß des Atmens eine Folge jener siebenfachen Kraft ist, die aus dem oberen Teil der Forma Elementalis durch das Elementenmeer hindurch bis in die materielle Erdatmosphäre eindringt. Durch die Vermittlung der dazu besonders geformten Organe (der Lungen) geht diese Kraft im menschlichen Körper ein und aus, nachdem sie sich in das physische Element der Luft gehüllt hat. Im Elementenmeere werden die dort lebenden Wesen durch diese kräftigenden Strömungen auf ähnliche Weise gesättigt und erfrischt, da ihre entsprechenden Hüllen dieselben ebenso aufnehmen und wiederum aushauchen, wenn auch nicht mittels Organen, die den physischen Lungen gleichen.
          Während des Bestehens der irdischen Hülle wird dieselbe nicht nur imstande gehalten, sondern sie ist auch dem Gesetze des Wachstums als Zunahme und dem. des Alterns als Abnahme unterworfen. Diese Gesetze stellen sich für die elementalische Hülle wie eine Formierung, ein Sichheraussondern der Hülle aus dem Elementenmeere dar, mit dem dieselbe eng verbunden bleibt, und wie eine Auflösung jener Hülle, durch die dieselbe wiederum in dem Elementenmeer aufgeht. Es ist diese Bewegung wie Ebbe und Flut im Elementenmeere selber und eine Zu- und Abnahme der lebendigen Strömungen, in bezug auf die Einwirkung derselben auf die dichtere Hülle, die feste Materie.
          Wie das Leben innerhalb der irdischen Hülle bedingt wird durch das Leben der elementalischen Hülle, und wie die Bedingungen für das erstere aus den Gesetzen und den Regungen des letzteren hervorgehen, das alles und noch unendlich mehr würde der Mensch wissen, wenn er mit seinem Bewußtsein die Forma Elementalis erleben und mit seinem Denken, Wollen und Fühlen das elementalische Leben und Weben erfassen konnte. Nicht nur in der eigenen irdischen Hülle, sondern in den ihn auf Erden umgebenden physischen Formen und Organismen würde der Mensch die eine elementalische Kraft erkennen, die allem irdischen Dasein zugrunde liegt und letzteres mit der noch feineren kosmischen Lebenshülle, der Forma Sideralis, verbindet,
          Die einheitliche elementalische Lebenskraft stellt das Wesen der Natur dar, so wie diese die physische Materie durchdringt und umgibt. Der Mensch, dessen Bewußtsein innerhalb der elementalischeu Hülle erwacht ist, kommt dadurch zum Erleben der inneren Kräfte der Natur, deren äußere Hülle er auf Erden erblickt. Dem Menschen geht das Innere der Natur auf, wenn er sie in. Ihrer elementalischen Gestalt wahrnimmt. Da ihre elementalische Wirkung für ihn zunächst die Entstehung seiner irdischen Hülle und die Ernährung desselben ermöglicht, so erscheint die Natur dem Menschen in ihrer elementalischen Gestalt als die große Hervorbringerin und. Ernährerin, die große Mutter alles Lebendigen. Die vorchristliche Menschheit, die unter der Gewalt der Naturkräfte und Naturwesen stand, ehe Christus sie aus diesem Banne erlöste, hatte eine dumpfe Ahnung des Wesens, das im Menschen selber seine Kraft walten ließ und das Leben auf Erden beeinflussen konnte. Dadurch entstand damals die Anbetung und Verehrung der All-Mutter (Magna Mater) als der Lebensspenderin und Ernährerin des Alls. Das war die Lichtseite jener Mutter-Natur als Erzeugerin und Königin des Tages. Ihr düsteres Antlitz als Herrscherin über die Nacht bildete den Gegensatz dazu. Da war sie nicht mehr die große Mutter des Lebens, sondern die des Todes und die Gattin des großen Zerstörers, der den Lebewesen den Tod durch die Vernichtung ihrer Hüllen brachte. Aus Furcht und Schrecken wurde jenem großen Vernichter Lebendiges zum Opfer gebracht, das ihm als Nahrung dienen und seine Gewalt besänftigen sollte; und hier entstand als grausiger Gegensatz zum Kult der Leben und Nahrung spendenden All-Mutter der Kult der Kybele, des Moloch und ähnlicher Götter. Diesem Götzen wurden junge Lebewesen als Speise zum Opfer gebracht; im Götzenbilde wurden dieselbe durch das lodernde Feuer verzehrt. Ähnlich wie die All-Mutter, die das von ihr hervorgebrachte und ernährte Wesen später dem großen Zerstörer überließ, boten die Mütter ihre Kinder den Moloch-Priestern, die im Dienste des Vernichters standen, zum Opfer dar, damit dadurch das Leben und die Nahrung wiederum au Fruchtbarkeit gewinnen und zunehmen könne. Mit diesen Kulten waren oft noch die widerlichsten Orgien verbunden, das eine Mal im Dienste der Magna Mater als des lebenzeugenden Elementes, das andre Mal im Dienste des Vernichters als des lebenzerstörenden Elementes.
          Zwar ist die Menschheit aus der Gewalt jener dämonischen Kräfte erlöst worden, sodaß es ihr nun frei steht, sich von jenen Naturmächten, deren Wirkung abgeschwächt worden ist, fern zu halten. Doch hat die Menschheit das nicht immer getan, und gerade während des Mittelalters, als die Läuterung der niederen Natur ihre Aufgabe war, ist ein Rückfall zu bemerken, bei denen, die jene Aufgabe versäumten und mit ihren niederen Seelenkräften zu Wesen aus dem Reiche des Widersachers in nähere Verbindung traten.
          In der heutigen Zeit tritt eine andre Gefahr auf, da die menschliche Denkkraft aus dem materiellen Leben, in dem der physische Körper als Instrument dient, zum elementalischen. Leben, und zwar zunächst zum elementalischen Empfinden hinübergreift. Das elementalische Leben kann nur dann richtig erfaßt werden, wenn der Mensch sich zuerst selber mit dem inneren Bewußtsein central in jenes Leben hineinstellt, um dann von jenem Centrum aus die Kraft des Denkens, Wollens und Fühlens auf eine Weise zu entfalten, die dem elementalischen Leben (das anders verläuft wie das materielle) angepaßt ist. Dazu ist aber notwendig, daß sich der Mensch gewisser Strömungen und Centren innerhalb seiner eigenen elementalischen Hülle bewußt wird, die den Sinnesorganen des physischen Körpers entsprechen.
          Wenn auch das Kind, sobald es auf Erden geboren ist, die Sinnesorgane besitzt, und wenn auch die mechanische Tätigkeit derselben stattfindet, so muß es doch erst allmählich lernen, die aufgenommenen Sinneseindrücke zum inneren Bewußtsein in Beziehung zu bringen, damit dieselben sich zu bewußten inneren Erlebnissen gestalten können, wobei die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens sich beteiligen werden. Der Mensch, der nicht ähnlich vorgeht, wenn er in das elementalische Leben eintritt, wird die dort aufgenommenen Eindrucke nicht zu bewußten, inneren Erlebnissen gestalten. Die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens werden sich dann dabei nicht bewußt beteiligen, und es wird der Mensch nicht die Verbindung herstellen können zwischen dem inneren Bewußtseinscentrum und seiner Umgebung vermittelst jener Kanäle, durch welche die fünf Strömungen des Elementenmeeres dasselbe berühren sollten. In diesem Falle ist das Bewußtseinsleben an die materielle Welt und den eigenen physischen Körper gefesselt geblieben. Wenn dann die Denkkraft im Menschen die Grenze der physischen Welt durchbricht und mit der im Elementalischen wirkenden Kraft des Fühlens in Verbindung kommt, kehren die Gedanken, vom elementalischen Fühlen erfüllt, zu dem Bewußtseinsleben im physischen Körper zurück. Jenes Bewußtseinscentrum, das nur das Leben innerhalb der materiellen Welt kennt, bezieht dasjenige, was durch die Kraft des Denkens, Wollens und Fühlens übermittelt wird, nur auf jene Welt und ihre Gesetze. Das einströmende elementalische Fühlen aber übt auf das materielle Leben eine auflösende Wirkung aus und bringt zugleich ein Unbewußtes, Unbekanntes dort hinein.
          Wenn sich die Denkkraft des Menschen dann auf seine physische Umwelt richtet, so wird ihn diese Kraft befähigen, Neues, Ungekanntes zu entdecken, und zwar in bezug auf jene Kräfte und Gesetze, die in der Natur wirken und deren Ursache in dem jener Natur zugrunde liegenden elementalischen Leben liegt. Das ist dann noch die positive Seite für jene Menschen, die den psychischen Weg anstatt des spirituellen Weges nahmen und deshalb auf eine so umständliche Weise, wie es die empirische ist, vorgehen müssen, um Kenntnisse zu sammeln. Doch ist es wiederum so, daß zwar neue Kräfte und Gesetze in bezug auf Wirkungen innerhalb der materiellen Welt entdeckt werden, daß aber doch der Mensch mit dem an den physischen Körper gefesselten Bewußtseinsleben nicht in das innere Wesen. und in die Ursache des neuen eindringen kann. Denn den Gesetzen des materiellen Lebens gemäß muß das Bewußtsein auf die äußeren Erscheinungen stoßen, solange es sich nicht als ein Centrum innerhalb der eigenen elementalischen Hülle erkannt und erlebt hat.
          Wendet nun der Mensch die Denkkraft nach innen, so stößt er gleichfalls auf Unbekanntes und Unbewußtes, das sich zwar in seiner Natur regt, doch das ihm zunächst unverständlich bleiben muß. Auch hier wird das an den physischen Körper gefesselte Bewußtseinsleben auf die Wirkung jenes Unbewußten stoßen und nicht die Ursache und das Wesen desselben durchdringen können, solange das Bewußtsein nicht in der elementalischen. Hülle aufgewacht ist.
          Dieses Unbewußte aber gehört dem elementalischen Leben im Menschen und deshalb seiner niederen oder Hüllennatur an, jenem nach oben hin geschlossenen, jedoch nach unten hin geöffneten Halbkreis der niederen Seelenkräfte. Der Mensch stößt deshalb auf seine, an die kosmischen Hüllen gebundene, niedere Natur und erreicht keineswegs die wahre, übernatürliche höhere Seelenkraft, wenn er mit seiner Denkkraft jenes Unbewußte zu erforschen sucht. Das an das Instrument des physischen Körpers gebundene Denken ist nicht einmal dazu geeignet, das elementalische Leben zu verstehen, weil es nicht zum Wesen desselben vordringt; auch hat jenes Denken zunächst einen zerlegenden, analysierenden Charakter und setzt sich erst später durch Combinieren aus der erhaltenen Vielheit etwas Einheitliches zusammen. Jenes zerspaltende Denken gehört nur zur materiellen Welt und geschieht durch das physische Gehirn.
          Wenn sich die Denkkraft aber der elernentalischen Hülle als Instrument bedient, so geht das Denken des Menschen ganz anders vor; es prallt nicht am Äußeren der Dinge ab, sondern es durchdringt die Formen und erreicht das innere, einheitliche Wesen derselben.

          In der elementalischen Welt und in der ihr entsprechenden Hülle des Menschen ist die Denkkraft nicht analysierend und combinierend tätig, sondern einigend. Die Denkkraft wirkt da wie das Aufleuchten eines bestimmten Lichtes, das Anschlagen eines gewissen Tones; und diese rufen aus dem Innern gleichgestimmter Wesen das gleiche Licht, den gleichen Ton hervor, wodurch die innere Einheit bestätigt wird. Mit dein analysierenden, an den physischen Körper gebundenen Denken die niedere Seelenkraft, als Hüllennatur im Menschen erforschen zu wollen ist ebenso grotesk und töricht, wie den Versuch zu machen, mit der Kraft der Wellen und Strömungen des Elementenmeeres ein physisches Mühlrad in Bewegung zu setzen. Deshalb ist einer der schlimmsten Auswüchse der heutigen Zeit die sogenannte Psycho-Analyse, weil hier mit der an das physische Gehirn gebundenen Denkkraft das Leben der niederen Psyche zerstückelt und analysiert und dann zu einer schauerlich, grotesken Gesamtheit combiniert und zusammengeflickt oder zusammengesetzt wird. Die wahre Psyche kommt dabei überhaupt nicht in Betracht, weil diese der genannten Denkkraft unerreichbar bleibt, da letztere nur in dem unbewußten elementalischen Leben der menschlichen Hüllennatur wühlt. Kein Wunder, daß diese analysierende Denkkraft zunächst auf den untersten Schlamm des Elementenmeeres stößt und die unsauberen Ergebnisse der Forschung ans Tageslicht bringt. Weil aber die heutige Menschheit nicht versteht, mit welchen Mitteln hier gewirkt wird und wo die Unrichtigkeit einer solchen sogenannten Wissenschaft (!) zu finden ist, so können solche fatalen Irrtümer vorkommen, daß geglaubt wird, man habe es hier mit einer positiven Heilmethode der Psyche zu tun. Die wahre Psyche unterliegt keinen Krankheiten, und das, was hier unter dem Namen Psyche analysiert wird, ist etwas, was sich auf die ungeläuterte niedere Natur und die mit ihr verbundenen unbewußten Triebe und Instinkte bezieht. Statt diese niedere Hüllennatur nun zu läutern und zu höherer Seelenkraft umzugestalten, wobei die Denkkraft sich mit letzterer verbinden wird, dringt die Denkkraft in die vom Bewußtseinscentrum nicht durchdrungenen unreinen Kräfte ein, bringt dieselben aus der Tiefe in das Bewußtsein herauf und macht sie schließlich zur Richtschnur für alles Denken, Wollen und Fühlen, für alle Gedanken, Taten und Gefühle, die der Mensch überhaupt auf Erden erlebt. Dergleichen Mißgriffe geschehen entweder durch Mangel an einem bewußten Wissen und Erfassen des elementalischen Lebens der Natur im Menschen, oder aber sie werden der Menschheit von seiten jener Führer aufgebürdet, die den Untergang der Menschheit bewußt bezwecken und als Verführer zugunsten des Widersachers1) wirken.
          *) Eine esoterische Analyse der sogenannten Psycho-Analyse zeigt, daß letztere eine quasi akademische wissenschaftlich „psychologische" Anpassung von uralten, pseudo-esoterischen Lehren, die auf sexueller Magie beruhen, wie z. B. Ophitismus, Basilidianismus (Gnosticismus) und vorzugsweise Kabbalismus an die heutige intellektuallstische Zeit ist. Die empirische, streng wissenschaftliche Bedeutung der sogen. Psychoanalyse ist fraglich, weil das Objekt der Forschung über-empirisch und deshalb für die empirische Methode unerreichbar ist.

          Die große Gefahr, die in solchen Dingen liegt, ist die, daß vor lauter Analysieren des elementalischen Schlammes im unterbewußten Leben der niederen Natur im Menschen und in seiner Umwelt die wahre, ewig reine Seelenkraft, das Übernatürliche im Menschenwesen vergessen wird. Alles, was sich auf seinen himmlischen Ursprung, seinen Fall, die Erlösung durch Christi Opfertod und Auferstehung, sowie auf die Möglichkeit zur Rückkehr zum verlorenen Himmelreiche und die Einswerdung mit Christus bezieht, kommt bei jenen Psycho-Analytikern keineswegs in Betracht. Der Mensch ist einfach wie ein intelligentes Tier; unter der Gewalt seiner Triebe und Instinkte (bewußt oder unbewußt) lebt und handelt er; und diese niederen Naturkräfte sind die Triebfedern seines ganzen Denkens, Wollens und Fühlens. Das innere Wesen der Natur wird beim Einströmen des elementalischen Fühlens in die irdische Denkkraft von letzterer als ein Unterbewußtes erlebt, in welchem, dunkel und verborgen, jene Kräfte wirken, die mit der All-Mutter, als der Hervorbringerin und Ernährerin alles Lebendigen, verbunden sind. Hier liegt die Gefahr vor, daß dann der Mensch zu jenen alten Kulten zurückgreift, die mit der Magna Mater einerseits und dem Shiva-Moloch und ähnlichen Göttern andrerseits zu tun hatten und die grauenhaftesten Orgien und Bluttaten hervorbrachten. Wenn sich ein Teil der christlichen Menschheit dazu verführen ließe, die alten Kulte in moderner Weise zu wiederholen, so wäre der Unterschied, daß einstmals unter der Gewalt dämonischer Mächte der Mensch mit dumpfem Bewußtsein dem Schrecken jener Sünde unterlag, während jetzt der Mensch, der mit seiner Denkkraft zu dem an den irdischen Körper gefesselten Bewußtseinsleben zurückgreift, in ein inneres Centrum gelangt, wo der Erlösungskeim verborgen liegt, durch Christi Opfertod der Menschheit gegeben. Der Mensch von heute ist frei, denn die Übermacht der Kräfte der Finsternis ist durch das Licht der Welt, Christus, gebrochen. Wenn also in den Jahrhunderten nach Christus vorchristliche Greuel auftauchen, so wird die Sünde gegen den Heiligen Geist und die Verleugnung Christi im eigenen Innern freiwillig und bewußt begangen.
          Es sind schon in der heutigen Zeit viele Richtungen vorhanden, die den göttlichen Ursprung und die ewige Seele des Menschen leugnen und letztere höchstens als ein bloß kosmisches Produkt betrachten. Wenn es auch unbedingt notwendig ist, die an die kosmischen Hüllen gebundene niedere Seelenkraft im Menschen zu kennen, sowie die Natur des Kosmos und die drei Hüllen desselben (eben, damit keine gefährlichen Irrtümer und keine Vermischung des höheren, überkosmischen mit dem bloß kosmischen vorkommen), so ist und bleibt die ewige, reine Seele des Menschen, der göttliche Geist und das Reich des Himmels das Centrum, um das sich alles relativ Bestehende, alles was zur niederen Natur und zum Kosmos gehört, bewegen soll.
          Solange der Mensch sich nur innerhalb der irdischen Hülle bewußt erleben kann, fühlt er sich selber als ein Mikrokosmos und die ihm umringende Welt als den Makrokosmos, der aus zahllosen Mikrokosmen zusammengesetzt erscheint. Letztere kann der Mensch nur als physische, voneinander getrennte Formen erleben, zwischen denen zwar Beziehungen bestehen, die aber in bezug auf das innere Leben verschieden sind. Wird das menschliche Bewußtsein aber innerhalb der elementalischen Hülle wach, so verstärken sich die Beziehungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, denn das Leben des einzelnen wird von einem gemeinsamen Lebenselement durchdrungen und umgeben. Die Forma Elementalis durchdringt und umschließt zugleich alle Corpora Materialia des Kosmos, sodaß auch zwischen den verschiedenen physischen Centren, als Gestirnen und Planeten, das einheitliche Lebenselement waltet und flutet. Die elementalische Hülle des Menschen ist eng verbunden mit der anderer Lebewesen und mit der elementalischen Erdenhülle, die wiederum zur großen kosmischen Forma Elementalis gehört. Der Mensch, der sich seiner elementalischen Hülle bewußt wird, kommt dadurch tiefer in das Leben der Erde und des gesamten Kosmos hinein, sodaß gesagt werden kann, das mikrokosmische Bewußtsein versetzt sich in das des Makrokosmos hinein.
          Durch seine ursprüngliche Ebenbildlichkeit mit dem Logos kann vom Menschen gesagt werden, daß er seiner höheren Seele und seinem Geiste nach der Mikrologos ist, daß er aber der Mikrokosmos in bezug auf die niedere Seelenkraft und die Natur seiner kosmischen Hüllen ist. Der Makrokosmos an sich ist nicht der Makrologos, weil dasjenige, was Makrokosmos genannt wird, die drei Hüllen des Kosmos ausmacht. Das überkosmische Sein, das Reich des Himmels und das Wesen Gottes ist mit der himmlischen Seele und dem göttlichen Geiste zu vergleichen. Wenn der Mensch im inneren Bewußtsein sieben den spirituellen Weg sucht und findet, so vereinigt er sich mit dem Logo s und lebt sich in das Wesen Gottes ein durch die Einswerdung mit Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben selber ist. Dann aber liegt der Makrokosmos zu seinen Füßen als das Gebiet des Kampfes zwischen Gutem und Bösem; der Mensch überschaut und durchdringt mit seinem Geiste das dualistische Wesen des Kosmos, und mit seiner von himmlischer Weisheit erfüllten Seele erkennt er bis in die kleinsten Einzelheiten die Gesetze, Kräfte und Strömungen, die das Leben des gesamten Kosmos und das der unzähligen Wesen, die dort leben, bestimmen. Wenn von einem bestimmten Lebewesen gesagt wird, daß es innerhalb des Kosmos lebt, sei es in der Forma Sideralis, der Forma Elementalis oder an eine der vielen Corpora Materialia gebunden, so heißt das, daß jenes Lebewesen sein Bewußtseinsleben innerhalb des Kosmos und in eine der kosmischen Hüllen verlegt und da gefestigt hat. So erlebt sich der Mensch bewußt innerhalb der irdischen Hülle, da er sich mit seinem Bewußtsein speziell auf das Corpus Materiale des Kosmos concentriert hat und dadurch an dasselbe gefesselt worden ist. Die irdische Hülle, als physischer Körper, könnte aber nicht bestehen, ohne daß die elementalische und vorher schon eine siderische Hülle da wären.
          Das menschliche Bewußtseinscentrum hat sich aus dem überkosmischen Reiche in den Kosmos hineinversenkt und sich deshalb an letzteren gefesselt. Als der gefallene Adam muß er, der natürliche Mensch, das innere Bewußtsein aus der irdischen Hülle in die elementalische und aus letzterer in die siderische Hülle hinein verlegen, wobei er sich mit den entsprechenden Hüllen des Kosmos vereinigt und so vom Mikrokosmos, zum Makrokosmos wird. Vom kleinen, kosmisch-irdischen, natürlichen Menschen wird er dann zum universalen kosmischen Menschen, zum Homo Universalis.
          Das innere Bewußtseinscentrum des Menschen ist aber wesentlich unabhängig von den kosmischen Hüllen und kann deshalb, wenn es den verborgenen Keim in sich entfaltet, die innere Einheit mit Christus unmittelbar erreichen. Dann aber wird im Bewußtsein des Menschen der Mikrologos wach, der mit dem Logos eins wird, wodurch der neue himmlische Adam im Menschen auferweckt ist Es hieße die Bedeutung der materiellen Welt als Corpus Materiale und dichteste Hülle des Kosmos wahrhaft stark überschätzen und für sich selber den Beweis liefern, daß man völlig in jener Hülle, als im irdischen Leib, versunken lebt, wenn ein Mensch die Erlösungstat Christi, des Gottessohnes, nur auf die Erde und die irdischen Menschen beziehen und dabei den gesamten Kosmos außer acht lassen würde. Eine derartig beschränkte Auffassung würde die Allmacht und die universelle, allumfassende Gewalt der Opfertat Christi nur in bezug auf den allerkleinsten Teil wiedergeben; die eigene Wichtigkeit des irdischen Menschen würde dabei übermäßig vergrößert und dem allumfassenden Opfer Christi dadurch Abbruch getan werden, daß es nur in bezug auf die Erde und ihre Menschheit gesehen würde.
          Der kosmische Mensch, als Homo Universalis, ist durch das Kommen Christi aus der Macht der im dualistischen Kosmos wirkenden Kräfte der Finsternis ebenso erlöst worden, wie die irdische Menschheit ans der Macht der Dämonen und Naturgewalten, denen sie seit dem Sündenfall unterlag. Als der himmlische Mensch, als der dem Kosmos zugewandte Teil des Urbildes (Imago Coclestis) sich vom Kosmos abhängig machte, weil das Bewußtsein des himmlischen Menschen sich in den Kosmos hinein versenkte, da war der kosmische Mensch entstanden. Als ein an den Kosmos gefesseltes Wesen mit Menschenantlitz, doch mit tierischem Leibe ist es das Symbol des Menschenwesens, das durch die kosmischen Gewalten eingefangen und gefesselt wurde. Unter dem Bilde der Sphinx ist die Gestalt jenes makrokosmischen Menschen auf Erden bewahrt geblieben aus jenen alten Zeiten, da die irdische Menschheit mit den im Kosmos lebenden Wesen und Kräften noch eng verbunden war und unter der Gewalt derselben stand.
          Der makrokosmische Mensch ist, indem die Erlösungskraft Christi in ihn einströmte, aus der Gewalt der kosmischen Mächte befreit worden, insoweit es sein innerstes Wesen betrifft. Diejenigen, die in Christi Geist auferweckt sind, werden auch den erweckten Homo Universalis erblicken, der sich aufgerichtet und von den tierischen Merkmalen befreit hat. Für diejenigen, die den psychischen Weg gegangen und bis zum bewußten Erleben der Forma Elementalis und der Forma Sideralis gekommen sind, wird der kosmische Mensch in der Gestalt der Sphinx erscheinen, als Androgyn, mit dem Menschenantlitze, den Adlerflügeln, den Krallen und dem Leibe, der die Eigenschaften des Stieres und die des Löwen in sich vereint.
          Die Sphinx ist das äußere Bild des kosmischen Wesens, als der Hüllennatur desselben und wird als Androgyn dargestellt, weil diejenigen kosmischen Kräfte, die im positiven oder im negativen Sinne wirken, in den feineren Hüllen des Kosmos vereint geblieben sind und nicht voneinander getrennt auftreten, so wie das an den Körpern innerhalb der materiellen Welt der Fall ist. (Näheres darüber siehe bei Intermediarius; Homo Coelestis.)
          Der makrokosmische Mensch erlebt mit dem Bewußtsein die drei kosmischen Hüllen, doch ist das Centrum seines Bewußtseins innerhalb der kosmischen Forma Sideralis concentriert. In letzterer wirken die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens einheitlich. Während sich die Kraft des Denkens dem über kosmischen Reiche zuwendet, bleibt die Willenskraft central wirksam; die Kraft des Fühlens richtet sich nach der dichteren kosmischen Hülle, der Forma Elementalis. Auf ähnliche Weise erhebt sich die Denkkraft aus dem Willenscentrum, das innerhalb der Forma Elementalis wirkt, zum siderischen Fühlen, während sich die Kraft des Fühlens aus der Forma Elementalis zu der an das kosmische Corpus Materiale gebundenen Denkkraft hinneigt. So hat eine jede der drei kosmischen Hüllen eine obere Hälfte, in der die Denkkraft insbesondere wirkt und eine untere Hälfte, wo die Kraft des Fühlens vorzugsweise tätig ist. Der obere Teil jeder Hülle trägt einen positiven Charakter, so wie die immer tätige, alles durchdringende Denkkraft, die sich vom Willenscentrum aus mit der Erforschung und Überwindung seiner Umwelt beschäftigt.
          Diese obere Hälfte der kosmischen Hüllen ist nicht nur auf das nächst Höhere hingewandt, sondern die Denkkraft selber schätzt den Inhalt der Dinge mehr als die äußere Form und sucht sich außerdem mit dem Lichte des alles erfüllenden Weisheitsprinzipes zu durchdringen. Im Gegensatz zur oberen Hälfte und der positiven Tätigkeit derselben, ist in der unteren Hälfte der kosmischen Hüllen eine negative Wirkung bemerkbar. Die Kraft des Fühlens steigt vom Willenscentrum aus hinab zur nächsten dichteren Hülle; doch nicht mit einer tätigen Erforschung seiner Umwelt hält sich das Fühlen auf, sondern es stellt sich negativ und empfänglich derselben gegen über. Nicht zum Inhalt und Wesen der Dinge, sondern zu den äußeren Formen und Gestalten derselben tritt diese Kraft zunächst in Beziehung, und erst aus den äußeren Formen fühlt sie das innere Leben heraus. Das
Fühlen erlebt an den äußeren Formen die Offenbarung des inneren Lichtes, des Weisheitsprinzip es, als Schönheit und Harmonie. Die Denkkraft ist mit der Weisheit, dem Innern der Wesen und Dinge und dem positiven, oberen Teil der kosmischen Hüllen verbunden; die Kraft des Fühlens hat Beziehung zur Schönheit, zur Form und Gestalt der Wesen und Dinge und zum unteren Teil der kosmischen Hüllen im allgemeinen. Die Kraft des Fühlens verhält sich aber auf eine positive Weise gegenüber der Denkkraft aus der nächsten dichteren Hülle des Kosmos, denn da vertritt die erstere das einheitliche Element, aus dem sich die Vielheit der Lebensformen, die der dichteren Hülle angehören, herausgestaltet. Als die erzeugende, erhaltende Kraft der All-Mutter wird dann dieselbe betrachtet.
          Die Kraft des Denkens und die des Fühlens gehen von der Willenskraft aus und vereinigen sich wiederum in dem Willenscentrum in einer jeden der drei kosmischen Hüllen. Doch bleibt die Einheit jener drei Kräfte in der Forma Sideralis vollständig beibehalten, während sich diese Einheit in der Forma Elementalis zu trennen beginnt, da diese kosmische Hülle einen größeren Unterschied zwischen ihrer oberen und ihrer unteren Hälfte aufweist. Im Corpus Materiale, als der materiellen Welt des Corpus, ist die Abtrennung zwischen der Kraft des Denkens und der des Fühlens so weit gekommen, daß eine jede dieser Kräfte an sich wirksam ist, obwohl beide sich noch in dem Willens-centrum einigen können. Als die Folge davon, daß die beiden Kräfte nicht mehr einheitlich auf die materielle Welt und ihre Formen einwirken, entsteht auch an den Lebensformen das Merkmal der Vorherrschaft einer der genannten Kräfte. Die Denkkraft, die sich nur mittels der Willenskraft zur Kraft des Fühlens in Beziehung setzen kann, gibt das Merkmal des positiven und männlichen Typus; die Kraft des Fühlens, die wiederum nur mittelbar durch die des Willens zur Denkkraft hinstrebt, zeigt sich im negativen, weiblichen Typus an jenen Formen und Gestalten, die zur materiellen Welt gehören.
          Die Ergänzung und der Ausgleich beider einseitig wirkenden Kräfte ist im Centrum des Willens zu finden, zu welchem beide Kräfte wiederkehren, um die verlorene Einheit zu finden. Diese ursprüngliche Einheit kann aber nur durch das innere Bewußtseinscentrum bewirkt werden, das imstande ist, dir, Willenskraft des natürlichen Menschen zu bilden, zu veredeln und aus den niederen Naturtrieben herauszuheben. Diese Willenskraft ist der Punkt, wo die Reinigung, Bildung und die Befreiung aus der Hüllennatur den Anfang nimmt. Wo positive und negative Kräfte sich innerhalb der Natur in den Willen einigen, da entsteht Neues in bezug auf natürliche Dinge.
          Wo die geläuterte, vom inneren Bewußtseinsleben des Menschen durchleuchtete Willenskraft zum Centrum der Einigung des Denkens und des Fühlens wird, da gehen jene Kräfte in das Licht ein, und es entsteht die Regeneration des Natürlichen zum Übernatürlichen. Dann erscheinen Denken, Wollen und Fühlen im Lichte des überkosmischen Reiches, als die dreifache Seelenkraft des Lichtes, des Lebens und des Klanges.
          Das Merkmal des Geschlechtes, das der irdischen Menschheit so überaus wichtig vorkommt, daß ganze Kulte, Lehren und die kompliziertesten Theorien darüber aufgestellt wurden (und noch werden), hat nur Bedeutung für die materielle Welt und die irdischen Körper. In dieser Welt lebt der Mensch mit seinem inneren Bewußtsein während einiger Jahrzehnte — dann geht er in das Jenseits hinüber, wo die Teilung der Geschlechter aufhört.
          Wenn der Mensch sich innerhalb der elementalischen Hülle bewußt erlebt, wird er die Ergänzung zwischen den positiven und negativen Kräften im Willenscentrum bewirken müssen, bis er das Bewußtseinsleben in die Forma Sideralis hineinverlegt hat, wo die beiden Kräfte sich vollständig vereinigen.
          Hat sich das menschliche Bewußtseinsleben aus den kosmischen Hallen herausgehoben und ist es dadurch frei geworden, im überkosmischen Reiche
sich zu erkennen, dann wird die höhere Seelenkraft ihm vorleuchten, auf daß es sich in der Imago Coelestis, in dem himmlischen Urbilde des Menschen, wiederfinde und als Mikrologos die Einigung mit dem Logos, Christus, erleben werde.

          Der Mensch ist auf Erden das einzige Wesen, das die Kräfte des Denkens, des Wollens und des Fühlens in seiner eigenen Hülle verinnerlicht und mit dem Centrum seines Bewußtseins verbunden hat.
          Das innere Denken hat sich von dem Bewußtsein mehr durchdringen lassen, als das innere Fühlen, während sich die Willenskraft teilweise in das bewußte, teilweise in das unbewußte Seelenleben erstreckt. Die mit dem Denken ver-bundene Willenskraft ist bewußt zu nennen, die mit dem Fühlen zusammen-wirkende Willenskraft aber nicht, denn der Mensch denkt zwar bewußt, fühlt jedoch unbewußt. Die an den physischen Körper gebundene Denkkraft erhebt sich vom Willenscentrum aus bewußt aufwärts und kehrt dann zum Ausgangspunkt zurück, wenn sie die Grenze, der materiellen Welt erreicht hat.    
          Die im physischen Körper wirkende Kraft des Fühlens steigt; vom Willenscentrum ausgehend, herunter in das eigene organische Leben der irdischen Form, in jenes Gebiet, das vom Bewußtseinscentrum nicht durchleuchtet wird. Was dort an unbewußten Fühlen lebt und sich regt, sind Naturinstinkte, die sich bloß auf die äußere Hüllennatur beziehen, nicht auf das Leben selber.
          Diese Kraft des unbewußten Fühlens macht, daß der Mensch seine Empfindungen nicht in seiner Macht hat. In vorchristlichen Zeiten bildete das
unbewußte Empfinden die Anknüpfung an die Naturgewalten und andere Wesen, die auf jene dunklen Instinkte einwirken und die die mit letzteren verbundene unbewußte Willenskraft ergriffen und knechteten. So fühlte sich der Mensch damals im eigenen Wesen von fremden Gewalten angegriffen und denselben hilflos ausgeliefert; das Wesen derselben konnte er weder mit seinem Denken und seiner höheren Willenskraft erfassen, noch bewußt erleben. Nur jene Menschen konnten sich aus dieser Sklaverei erheben, die, durch die Katharsis zur Erleuchtung und zur Einswerdung mit dem Geiste der himmlischen Weisheit gelangt, sich aus der Macht der kosmischen Natur befreit hatten, die also ihrer dreifachen Hüllennatur nach gestorben und durch den Geist erweckt waren, deshalb bewußt mit der höheren Seelenkraft verbunden lebten.
          Seitdem Christus, das Licht der Welt, zur Erde gekommen war, und Sein Geist das Bewußtseinscentrum des Menschen mit göttlicher Kraft erfüllte, ist jenes Bewußtseinscentrum imstande, auch in die vorher unterbewußten Gefühle und Naturinstinkte des Menschen einzudringen und den kosmischen Naturgewalten den Eintritt zu wehren. Deshalb ist es insbesondere die Kraft des Fühlens, die, durch Christus gereinigt und erlöst, nicht langer die Anknüpfung zu den niederen Naturgewalten zu sein brauchte, sondern sich nun zur höheren Willenskraft aufschwingen und, durch das Licht des Bewußt- seinscentrums erleuchtet, zur seelischen Lichtkraft werden konnte.
          Deshalb wurde es die Aufgabe der christlichen Menschheit, zunächst die Kraft des Fühlens und die mit derselben verbundene Willenskraft durch die Läuterung der niederen Natur des Menschen umzugestalten, um dadurch die erste Stufe auf dem spirituellen Wege zur völligen Regeneration menschlichen Wesens und seiner Einswerdung mit Christus zu erreichen. Das Fühlen der vorchristlichen Menschheit war etwas anderes als es geworden ist, nachdem Christus die Erde betreten hat. Wenn sich der heutige Mensch mit seiner Denkkraft hinein versenkt in das, was in der ungereinigten niederen Natur noch an unbewußtem Empfinden lebt, so stößt er auf den Bodensatz und Schlamm, der sich seit dem Sündenfall des Menschen innerhalb der niederen Seelennatur abgelagert hat. Erlösen kann er aber nicht mit seiner Denkkraft, sondern bloß kritisch analysieren, während er dadurch die ihrer Natur nach reine, aufwärts strebende Denkkraft nach unten hin richtet und besudelt. Nur wenn die geistige Lichtkraft im innern Bewußtsein des Menschen jenen Morast durchdringt, wird in dem unterbewußten Gebiete der niederen Naturinstinkte die Kraft des Geistes reinigend wirken und dort die trübe Finsternis verscheuchen. Das kann nur durch die Kraft des gereinigten und mit Christus vereinigten Denkens geschehen, das sich in seelische Lichtkraft verwandelt hat.
          Der spirituelle Weg führt zum Absterben des alten Adam im Menschen, der, in Christo gestorben und durch den Heiligen Geist auferweckt, als der neue Adam die Eins-werdung mit Christus erlebt. Der spirituelle Weg ist der welcher in den Evangelien gegeben wird, während die Wiedergeburt im Geiste von Christus selber dem Nikodemus erklärt und durch die Auferstehung des Lazarus vom Tode zur Tat gemacht wird. Dieser Weg ist der ureigentlich christliche und führt den Menschen zum Nacherleben dessen, was die Evangelien ihrem tiefsten Sinne nach, mit Worten angeben.
          Durch die Einswerdung mit Christus wird der Mensch als neuer Adam unmittelbar mit seinem himmlischen Urbilde vereinigt, sodaß er über die Regionen des Kosmos hinaus in das Reich des Himmels als ein geistig seiner selbst bewußt gewordenes Wesen eingereiht wird.
          Der psychische Weg aber ist weder der eigentlich christliche, noch überhaupt der menschliche Erlösungsweg, sondern der Rückweg des gesamten kosmischen Lebens zu seinem Ausgangspunkte. Der Kosmos hat einen Anfang und ein Ende, und den großen Lebensweg desselben machen alle Lebewesen darin mit. Unter jenen Lebewesen werden auch die Menschen, als zur kosmischen, gefallenen und natürlichen Menschheit gehörig, auf jenem Wege mit geführt. Diese Menschheit wird auf natürlichem Weg in den  Homo Universalis zusammenfließen, innerhalb der Forma Sideralis. Der psychische Weg verlangt vom Menschen keinen bewußten Willensimpuls zum geistigen Leben, keine individuelle Wiedergeburt im Geiste, kein Absterben des alten Adam und Entstehen des neuen Adam, denn der Mensch, der sich von den in der Zeit und im Räume des Kosmos webenden Kräften und Strömungen treiben und sein Denken, Wollen und Fühlen in jene Strömungen untertauchen läßt, wird von selbst mit dem Lebenslauf des gesamten Kosmos weitergeführt wie ein Naturwesen innerhalb der großen Natur. Der Mensch ist aber seinem innersten Wesen nach nicht nur ein Naturwesen; denn in seinem inneren Bewußtseinsleben liegt der ewige Keim verborgen, der ihn zum Mikrologos macht. Wenn dieser Keim nicht aufblüht, wenn nicht wie durch ein Wunder über alle Gesetze und Regionen des Kosmos hinaus die Einswerdung mit Christus stattfindet, so bleibt dem Menschen doch immer noch soviel Geisteskraft, daß er mit seinem Denken, Wollen und Fühlen das rein organische Leben der kosmischen Natur allmählich erkennen und bewußt beeinflussen kann. Der Mensch wird auch auf dem psychischen Wege hinauswachsen müssen über das, was er als einzelner Erdenmensch, gebunden an den physischen Körper, umgeben von der Welt der festen Materie, darstellt. Was ihm auf diesem Wege als fernes Ziel zunächst unbewußt, dann aber immer klarer und deutlicher vorschwebt, ist das Hineinwachsen in eine größere mächtigere Einheit, in das an den Kosmos gebundene, dann aber durch die Macht Christi, des Gottessohnes, erlöste Menschenbild, das sich durch diese Erlösung mit dem himmlischen Urbilde des Menschen wiederum verbinden konnte.
          Die irdische Menschheit, als Gesamtheit, befindet sich heute nicht auf dem spirituellen Wege, sondern auf dem psychischen; sie wird deshalb als Gesamtheit Christus nicht unmittelbar zustreben und nicht die innigste Einigung im Geiste mit dem Gottessohn erleben können, obwohl diese Einswerdung von Einzelnen noch erlebt wird. Wenn diese Menschheit sich aber bewußt wird, wonach sie strebt, wenn das Warum und das Wohin des Strebens ihr klar wird, dann kann sie sich mit den erlösenden Lichtkräften verbinden, die Christus innerhalb des großen Kosmos ausstrahlte, als Er auch da erschien. Dann wird der psychische Weg nicht mehr ein Tasten und Kriechen im Dunkeln innerhalb der kosmischen Hüllen sein, sondern ein führendes Licht wird auf diesem mittelbaren Weg dennoch die Menschheit zur Einigung mit dem erlösten makrokosmischen Menschen bringen, zum Menschenbilde, dem der Weg zum über-kosmischen Reiche des Himmels eröffnet worden ist.
          So ist auch auf dem psychischen Wege Christus wiederum Alles in Allem, und die Menschheit wird an der Erlösung des makrokosmischen Menschenbildes Anteil nehmen können, wenn sie dem mittelbaren Endziele im Lichte Christi bewußt zustrebt. Es kann deshalb nicht oft und deutlich genug betont werden, daß das wahre Sein und Leben des Menschenwesens in Christo beschlossen liegt, und daß die Menschheit notwendigerweise untergehen muß, wenn sie einen geistigen Selbstmord begeht dadurch, daß sie sich im innern Bewußtseinsleben, im Denken, Wollen und Fühlen, von der Lebensquelle ihres geistigen Daseins abwendet.
          Der Glaube ist eine Kraft und Eigenschaft des höheren Seelenlebens im Menschen, und wo die Menschheit sich in das niedere Seelenleben vertieft hat und das Bewußtsein nur in der Hüllennatur lebt, da wird die Glaubenskraft schwach werden und der Menschheit immer mehr verloren gehen. Der psychische Weg führt nicht zum Glauben hin, da er zwar in die feineren Hüllen des Kosmos hineinführt, doch nicht unmittelbar mit dem Himmelreiche und der himmlischen Natur der Seele verbunden ist.
          Der wahre, lebendige Glaube an Christus, als den Gottessohn, kann einer Menschheit, die nur mehr den psychischen Weg anstatt des spirituellen gewählt hat, nicht erhalten bleiben. Zeitliche und räumliche Verhältnisse werden das Verständnis für die einzigartige und gewaltige Größe und Bedeutung des Opfers auf Golgatha, am Anfang der heutigen Zeitrechnung, abschwächen, wenn nicht das ewige allgegenwärtige und göttliche Wesen, „das Wort, das am Anfang war", mit dem Opfertode und der Auferstehung des Gottmenschen Jesus Christus mit dem Glauben und dem Seelenleben der Menschheit verbunden bleibt. Auf dem psychischen Wege aber bleibt der Menschheit zunächst nichts übrig als eine passive Bewunderung und eine Erinnerung an den vollkommenen Menschen Jesus von Nazareth, der sich für das Heil der Menschheit opferte. Sobald aber diese Menschheit auf ihrem psychischen Weg mit dem Bewußtsein aus der irdischen Hülle und der materiellen Welt in das subtilere elementalische Leben hineinkommt, verliert das, was mit dem bloßen Leben auf Erden im physischen Körper verbunden ist, die Hauptbedeutung. Wenn dann die Menschheit nicht mehr die starke Glaubenskraft des übernatürlichen, höheren Seelenlebens besitzt, womit sie Christus als Gottessohn und Gottmenschen erlebt und erkennt, wird auch die Bedeutung des Lebens Christi auf Erden abnehmen, und nichts wird dann der seelisch verarmten Menschheit an Geistesgut auf ihrer kosmischen Pilgerfahrt bleiben. Die Menschheit aber soll Christus überall wieder finden, wo sie auch pilgert; in der feineren kosmischen Hülle soll sie Ihn erleben als den Erlöser, den König und Herrn des Himmels und des ganzen Universums. Die Erde soll der Ausgangspunkt sein, von welchem aus Christus in stets mächtigerer, strahlender Gestalt der Menschheit offenbar wird, und wenn das menschliche Bewußtsein sich über den ganzen Kosmos endlich erstreckt haben wird, dann muß dieser Kosmos mit seinen drei Hüllen durchleuchtet und erfüllt erscheinen von dem göttlichen Geiste Christi und soll Sein Kleid sein, wie es einstmals der Menschenleib auf Erden gewesen. Christus ist das Endziel für jene, die den spirituellen Weg betreten, und Christus soll das Endziel bilden für die, welche, dem großen Lebensstrome im Kosmos folgend, den psychischen Weg gehen.
          Die Menschheit kann nur eingehen in Christus als in ihr eigenes, absolutes Urbild, sei es unmittelbar, spirituell oder auch mittelbar durch den erlösten makrokosmischen Menschen, den Homo Universalis. Es handelt sich hier um das Sein oder das Nichtsein, um das ewige Leben oder den Untergang des Menschenwesen als Gesamtheit. Deshalb ist nur Eins das wahre Notwendige für eine Menschheit, die auf dem psychischen Weg fortschreitet und sich auf dem Wendepunkte befindet, wo die materielle Welt ihre Bedeutung als einzige körperliche Lebensbedingung zu verlieren beginnt, und die Erkenntnis eines subtileren Lebens innerhalb einer feineren Hülle des Kosmos durchbrechen wird.
          Dieses allernotwendigste ist: das Wissen, daß die Erlösungstat Christi einmal geschah, als Er in mikrokosmischer Gestalt, in menschlichem Erdenleibe, die Erlösung der Erde und der irdischen Menschheit bewirkte, daß Christus aber auch in makrokosmischer Gestalt die Erlösung des makrokosmischen Menschen und des gesamten Kosmos vollbracht hat, sodaß die drei kosmischen Hüllen und alles, was innerhalb derselben lebt, mit Seinem Geiste durchdrungen ist. Nicht nur in bezug auf die Erde und ihre Menschheit gelten Christi Worte: „Ich bin bei euch bis ans Ende der Erdentage", sondern für den ganzen Kosmos. Die Opfertat Christi auf der Erde, die einen kleinsten Teil des kosmischen Corpus Materiale ausmacht, hat für diese gesamte dichteste kosmische Hülle ihre Bedeutung. Die Forma Elementalis und die Forma Sideralis, als die feineren einheitlicheren kosmischen Hüllen, wurden aber mit dem göttlichen Geiste Christi schon erfüllt, als Er aus dem Himmelreiche herunterstieg und sich in die Regionen des Kosmos begab, um dort, mit den feineren Hüllen desselben umkleidet, das Erlösungsopfer zu bringen. Beim Heruntersteigen aus dem Himmelreiche und bei der Himmelfahrt von der Erden aus durchdrang Christus die kosmischen Regionen und erfüllte dieselben mit Seinem lebendigen, göttlichen Geiste, mit Seinem Licht und Leben.
          Wenn das innere Bewußtsein des Menschen in der elementalischen Hülle erwacht, muß es fähig sein, das Licht Christi dort zu erleben. Da nun die Denkkraft zunächst mit der im Elementenmeer wirkenden Kraft des Fühlens in Berührung kommt, so muß schon in dem, an den physischen Körper des Menschen gebundenen Bewußtsein die Erkenntnis von der Anwesenheit Christi und vom makrokosmischen Erlösungsopfer vorhanden sein. Die Menschheit soll erfahren und begreifen, daß nicht nur die Erde allein, die sie als winzigsten Teil des Kosmos kennt, dem Gottessöhne als der Erlösung würdig erschien, sondern daß die volle Grüße und Bedeutung des Opfers Christi so unendlich viel umfassender, gewaltiger und mächtiger ist, als zum Beispiel der gesamte physische Kosmos mit seinen unzähligen Sonnensystemen groß umfassend und mächtig ist im Vergleich mit dem winzigen, düsteren Erdenplaneten.
          Zusammengefaßt: Wenn der Mensch jenen Geisteskeim, der in der Verborgenheit seines innersten Bewußtseins ruht, nicht unmittelbar erweckt, und wenn, er nicht durch die Einswerdung mit Christus auf dem spirituellen Wege bewußt zum Reiche des Himmels emporsteigen kann, so muß er auf dem psychischen Wege den Kosmos durchwandern und dort bewußt erleben, daß der gesamte Kosmos mit dem göttlichen Geist Christi durchdrungen ist, daß aber alles, was sich diesem Geiste widersetzt und dennoch im Kosmos besteht, in Wahrheit schon dem Untergange und dem Tode angehört.
          Nicht allein den zur rechten Hand Gottes thronenden Gottessohn,
Christus, nach der Himmelfahrt, und den auf Erden lebenden Gottesmenschen Jesus Christus soll der Mensch kennen und erleben, sondern Christus auch als Erlöser, Herrn und König des Universums, Herrn über Leben und Tod, über alles, was in der gesamten Schöpfung besteht
          Der kosmische Strom führt die Menschheit dem elementalischen Leben
zu, deshalb kann dasjenige, was vorher gewesen, nicht mehr genügend sein. In neue Lebensbedingungen und Lebenskräfte wird das menschliche Bewußtsein sieben sich versetzt sehen, und auch in dem äußeren, materiellen Leben werden neue Kräfte, Strömungen und kosmische Gesetze erkannt werden. Die Menschheit soll aber wissen, daß es keine bisher ungekannten Kräfte und Gesetze gibt, die nicht m Beziehung stehen zu Christus, die nicht ein Mittel zur Offenbarung Seines Wesens sein können. Wissen soll die
Menschheit aber auch, daß der Widersacher trotzdem auch im Kosmos noch wirkt wie auf Erden, und daß deshalb auch der Kosmos seinen dualistischen Charakter beibehält. Innerlich aber liegt im Leben des Kosmos jener geistige Keim verborgen, den die Erlösung durch Christus gebracht hat und der aufblühen wird für diejenigen, die Christus suchen, nicht nur auf Erden, sondern auch im Makrokosmos.

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v.

Der geistige Mensch.


          Das innere Bewußtseinscentrum kann als die Projektion der geistigen Individualität des Menschen betrachtet werden. Ursprünglich übte jenes Centrum seine Tätigkeit zwischen dem Reiche des Himmels und der höchsten Region des Kosmos aus, indem es himmlische Kräfte in sich centralisierte, um letztere dann in den Kosmos hineinzustrahlen. Doch hatte sich das innere Bewußtsein dazu verführen lassen, sich auf den Kosmos so stark zu concentrieren, daß es das Band mit seinem himmlischen und geistigen Urbilde lockerte. Durch die Kraft des Kosmos zuerst betäubt und dann überwältigt, sank das Bewußtseinscentrum immer tiefer in die kosmischen Regionen herab, umhüllte sich mit immer dichteren Hüllen, bis es sich an das kosmische Corpus Materiale gekettet sah.
          Gleichwie im Buche Enoch beschrieben ist, wie himmlische Geister sich mit den Erdentöchtern verbanden, weil letztere ihnen schön vorkamen, so ließ das innere Bewußtseinscentrum, das aus dem Himmelreiche stammte, sich mit dem Wesen des Makrokosmos ein, das einen trügerischen Schein von Weisheit und Schönheit hervorzaubern konnte, weil der große Verführer, der gestürzte Lucifer, auf jenes Gebiet einwirkte und sein falsches Licht dort einstrahlen ließ.
          Das innere Bewußtseinscentrum war einstmals der Anknüpfungspunkt zwischen Himmel und Makrokosmos; heute kann es die Verbindung bewirken zwischen dem überkosmischen Mikrologos und dem Mikrokosmos, weil Christus das vom Geiste abgerissene, durch kosmische Kräfte überwältigte und betäubte Bewußtsein wiederum dem göttlichen Geiste teilhaft gemacht,
und dadurch erneuert hat. Es steht dem Bewußtseinscentrum einerseits das geistige Leben im Himmelreiche in Einheit mit Christus als Möglichkeit bevor, andrerseits ist die Natur des Kosmos und der drei menschlichen Hüllen mit dem Bewußtseinscentrum verbunden. Wenn sich das innere Bewußtsein hauptsächlich auf den Keim des Mikrologos im Menschen concentriert, dann wird der spirituelle Weg gefunden und wird das innere Bewusstseinsleben im göttlichen Geiste auferweckt. Bleibt das Bewußtseinscentrum auf die Hüllennatur concentriert, dann lebt dasselbe vorzugsweise in der materiellen Welt. Es wird dann zwar von der Strömung des allgemeinen kosmischen Lebens mitgeführt und aus der dichtesten Hülle in eine feinere verlegt werden, doch wird es über den Kosmos und die dreifachen Hüllen nicht hinauskommen können, es sei denn, daß es sich des Geisteskeimes in sich bewußt wird und dann imstande ist, im Kosmos und auch in der eigenen niederen Natur die Erlösungskraft Christi zu erleben.
          Die Mehrzahl der heutigen Menschheit begeht den Fehler, die physisch-materielle Welt als die einzige Wirklichkeit zu betrachten, und als Folge davon richtet sie das Denken, Wollen und Fühlen ausschließlich auf diese Welt. Dadurch ist auch eine Überschätzung aller, auf diese Welt Bezug habenden Erkenntnisse entstanden, wie auch aller physischen Taten und aller Empfindungen, die mit dem physischen Körper verbunden sind und durch die Sinnesorgane vermittelt werden. Zur Zeit der sogenannten „Renaissance", als die christliche Menschheit sich wiederum zu den alten, kosmischen Naturgöttern wandte, geriet sie zwar nicht wieder völlig unter dasselbe Sklavenjoch, das einstmals in vorchristlichen Zeiten bestanden hatte, doch wurde durch jene Verbindung mit den Naturkräften im Kosmos das menschliche Bewußtsein durch die eigene niedere Natur stark beeinflußt und deshalb sehr gehemmt in bezug auf die Möglichkeit des Aufwärtsstrebens zum übernatürlichen, überkosmischen Geistesleben. Auf der anderen Seite aber wurden jene Naturkräfte durch diese Verbindung mit der Menschheit von der Macht des menschlichen Denkens, Wollens und Fühlens umsomehr ergriffen, als das innere Bewußtseinsleben durch den göttlichen Geist Christi gestärkt war und als mächtigeres Centrum auf seine Umwelt einwirken konnte. Jene Naturkräfte hatten, insoweit dieselben nicht mit Christi Licht durchsetzt waren, die Neigung zum Herabsinken aus der feineren Hülle des Kosmos in die nächste dichtere Hülle, um dann später, dem kosmischen Kreislaufe folgend, aus der dichtesten Hülle wiederum hinaufzusteigen, bis der Höhepunkt erreicht wurde und das Herabsteigen wieder anfing.
          In der heutigen Menschheit, als Gesamtheit, ist der verzweifelte Kampf um die materielle Welt zu sehen, und das menschliche Bewußtsein klammert sich krampfhaft fest an das Leben auf Erden innerhalb der irdischen Hülle, wie ein Sterbender tut, der das Leben noch liebt und keinen Glauben an das Leben hat, das nach dem Tode des physischen Körpers kommt. Doch unerbittlich, wie der Todesengel seinen Auftrag erfüllt, führt der mächtige Lebensstrom des Kosmos das innere Bewußtsein des Menschen aus der physischen in die elementalische Hülle hinüber, wo er das neue Arbeitsfeld finden muß und einem intensiveren, umfassenderen Dasein entgegengeht. Wie der Befreier aus dem irdischen Kerker wird der Tod für diejenigen erscheinen, die sich mit dem Wesen desselben vertraut machten und durch die Hoffnung und den Glauben zur Erkenntnis kamen, daß ein höheres Leben da anfängt, wo die fleischliche Hülle abgestreift werden darf.
          Wenn die Menschheit verstehen wird, daß eine weitere Entfaltung ihrer Kräfte möglich ist, wenn sie sich mit dem inneren Bewußtsein innerhalb der elementalischen Hülle erlebt und die Forma Elementalis ihre Umwelt darstellt, so wird sie freiwillig dem Strome des Kosmos folgen und von dem Denken, Wollen und Empfinden innerhalb der materiellen physischen Welt zur Anwendung jener Kräfte innerhalb der elementalischen Welt übergehen. Einmal schwebten noch die kosmischen Göttergestalten Griechenlands schattenhaft über die Erde, als die „Renaissance"-Kultur blühte; dann aber erlosch dieser Abglanz einer früheren Größe, und die Dämmerung trat ein. Diese kosmischen Göttergestalten konnten der Erde damals noch Kräfte aus den Planetensphären schenken, wenn auch nur im Abglanze. Es kam dann die Zeit, wo die Erdenmenschheit auf die Kräfte des eigenen Planeten angewiesen war, insoweit sie sich nicht unmittelbar dem geistigen, alles durch dringenden Liebte Christi hinzugeben vermochte. Die Stoffe und Kräfte der Erde wurden das Gebiet, worauf sich das menschliche Denken, Wollen und Fühlen concentrierte und es entstanden engere Beziehungen zwischen der Materie, der Erde selbst und dem Mensch enge schlechte überhaupt. Die irdischen Metalle wurden mit Hilfe der irdischen Elemente, des Feuers, der Luft und des Wassers, in jene Formen gegossen, die das menschliche Denken sich gestaltet hatte. Diese Formen aber waren weniger dazu geeignet, jenen Kräften zu dienen, die, als Abglanz des kosmischen Lichtes der Planeten-Sphären, die menschliche Kultur in Kunst und Wissenschaft zur Zeit der „Renaissance" noch erfüllt hatten. Nur irdischen wecken sollten jene Formen dienen und nur den sinnlichen Bedürfnissen und Lebensbedingungen des irdischen Menschen angepaßt sein. Die Erde selber wurde allmählich zur Werkstätte, wo sich die Menschheit mit dem Bau von Maschinen,
oder auch zum Laboratorium, wo mau sich mit der Entdeckung neuer physikalischer und chemischer Produkte beschäftigte.
          Der Mensch sowie die Menschheit kann aber nur solange wahrhaft und im besten Sinne menschlich bleiben, als das innere Gleichgewicht nicht verloren geht. Es kann der Mensch, wenn er im inneren Bewußtsein dem höheren Seelenleben und dem Geiste zustrebt, zum Mikrologos werden. Wenn das Bewußtsein sich ausschließlich der niederen Hüllennatur zuwendet und seinen göttlichen Ursprung verleugnet, so wird das innere Gleichgewicht zerstört. Dann kann der Mensch nicht mehr das Bindeglied sein zwischen Kosmos und Himmelreich, nicht mehr der Mikrokosmos, der mit dem höheren Seelenleben dem überkosmischen zugewandt bleibt; dem Menschen droht dann innerlich das gleiche Schicksal, was einstmals Dionysos am Körper erlitt, da ihn die kosmischen Gewalten, die Titanen, zerstückelten. Das einheitliche, innere Bewußtseinsleben des Menschen kann zerrissen und zerstückelt werden, wenn es sich selbst verleugnet und dadurch in die Gewalt der zerstörenden Kräfte des Kosmos gerät. Diese Gefahr ist immer da, wo sich das innere Bewußtsein ausschließlich der niederen Natur zuwendet, wie es die Mehrzahl der Erdenmenschheit schon seit Jahrhunderten getan hat. Wie weit sich das zerstörende Prinzip schon in dem inneren Bewußtseinsleben des Menschen eingebürgert hat, und wie weit die Zerstückelung schon fortgerissen ist, das trägt für einen jeden, der nicht völlig blind ist oder sein will, der Zustand der heutigen Menschheit zur Schau, sowohl was ihr inneres wie ihr äußeres Befinden betrifft.
          Der Mensch sowie die Menschheit kann aber nur solange wahrhaft und im besten Sinne menschlich bleiben, als das innere Gleichgewicht nicht verloren geht. Es kann der Mensch, wenn er im inneren Bewußtsein dem höheren Seelenleben und dem Geiste zustrebt, zum Mikrologos werden. Wenn das Bewußtsein sich ausschließlich der niederen Hüllennatur zuwendet und seinen göttlichen Ursprung verleugnet, so wird das innere Gleichgewicht zerstört. Dann kann der Mensch nicht mehr das Bindeglied sein zwischen Kosmos und Himmelreich, nicht mehr der Mikrokosmos, der mit dem höheren Seelenleben dem überkosmischen zugewandt bleibt; dem Menschen droht dann innerlich das gleiche Schicksal, was einstmals Dionysos am Körper erlitt, da ihn die kosmischen Gewalten, die Titanen, zerstückelten. Das einheitliche, innere Bewußtseinsleben des Menschen kann zerrissen und zerstückelt werden, wenn es sich selbst verleugnet und dadurch in die Gewalt der zerstörenden Kräfte des Kosmos gerät. Diese Gefahr ist immer da, wo sich das innere Bewußtsein ausschließlich der niederen Natur zuwendet, wie es die Mehrzahl der Erdenmenschheit schon seit Jahrhunderten getan hat. Wie weit sich das zerstörende Prinzip schon in dem inneren Bewußtseinsleben des Menschen eingebürgert hat, und wie weit die Zerstückelung schon fortgerissen ist, das trägt für einen jeden, der nicht völlig blind ist oder sein will, der Zustand der heutigen Menschheit zur Schau, sowohl was ihr inneres wie ihr äußeres Befinden betrifft.
          Es ist ein großes Sterben über die Erde gekommen, und das nicht nur in bezug auf die leiblichen Hüllen der Menschen. Alles, was die Menschheit einmal zur geistigen Tätigkeit führte, siecht dahin; kein Neues bietet sich im Kulturleben, kein Genius strahlt sein Licht in die Öde Leere aus. Erschöpft und ausgelöscht ist alles, was an innerem Seelenleben einstmals im Menschen lebte, und tief, tief unter dem irdischen Schutt und Schlamm begraben blieb der Geisteskeim im inneren Bewußtsein, wo derselbe sich nicht entfaltet hat. An jenes tote, blasse Erdendasein in der irdischen Körperfülle klammert sich dennoch das menschliche Denken, Wollen und Fühlen mit aller Macht fest, denn es will dieses Leben auskosten und genießen, solange es noch möglich ist.
          Dessen, was angefangen hat, als Neues in das materielle Leben einzuströmen, will sich der Mensch nur insoweit bewußt werden, als es ihm neue Möglichkeiten zum intensiveren Genuß des irdischen Lebens bieten kann. Daß sich die Menschheit am Wendepunkte befindet, wo sie im Begriffe ist, eine wichtige Schwelle zu überschreiten, daß sie mit Würde und Ernst die Bedeutung jener Erweiterung und Verstärkung für das bewußte Innenleben als eine größere Verantwortlichkeit und eine neue Aufgabe aufzufassen hat — das alles interessiert die wenigsten, nur jene, die noch nicht aufgehört haben, in der düsteren Stunde der Mitternacht an die geistige Sonne, Christus, zu glauben und das Morgenrot eines neuen Tages zu erwarten. Die Mehrzahl aber tanzt und spielt die Nacht hindurch, bis die völlige Erschöpfung und der Schlaf sie gerade dann überfallen, wenn der neue Tag anbricht.
          Die, welche die materielle Welt bis aufs letzte in der Weise auszukosten versuchen, bleiben mit dem geschwächten Bewußtseinsleben an dieselbe gebunden. Immer öder und grauer wird sich diese Welt für sie ausnehmen, wie die leere Schale einer genossenen Frucht. Das elementalische Leben, das sich über die materielle Welt ergießt und dieselbe durchsetzt, wird das nicht erwachte Bewußtsein überraschen; und das Denken, Wollen und Fühlen wird vom inneren Bewußtseinscentrum im Menschen nicht erleuchtet sein, wenn es mit diesem elementalischen Leben in nähere Berührung kommt. Letzteres wird sich dann in das dämmerhafte, unterbewußte Seelenleben ergießen, wo es auf die unbewußte Triebe und Instinkte der niederen Natur stößt und speziell mit der Empfindungskraft, die an den physischen Körper gebunden ist, in Berührung kommt. Die hereinströmende elementalische Kraft des Fühlens wird das ungeläuterte Triebleben und die niederen Naturinstinkte mit neuer Energie beleben und intensiver gestalten. Dieselben nehmen dann einen abnormen Charakter an, weil sich die materielle Welt und der physische Körper nicht dazu eignen, neben den in denselben wirkenden Naturtrieben und Instinkten noch andere aufzunehmen und auszuleben, die zu dem elementalischen Empfindungsleben gehören und sich deshalb einem innerhalb der elementalischen Hülle erwachten Bewußtsein unterordnen sollten.
          Wenn diese unterbewußten Naturtriebe, auf jene anormale Weise verstärkt, im Menschen auftreten, so geschieht das, weil das innere Bewußtseinscentrum, durch eine absolute Concentration auf die materielle Welt und in den eigenen physischen Körper in bezug auf das höhere Leben im Geiste abgeschwächt ist. Das innere Bewußtsein nimmt zwar keinen unmittelbaren Anteil an dem anormal gewordenen Triebleben, weil letzteres im unterbewußten Seelenleben verläuft; doch dieses Leben wird durch seine Intensität und durch die Kraft des elementalischen Fühlens das menschliche Bewußtsein stärker an die Hüllennatur fesseln und es schließlich so betäuben, daß eine Wiederholung jenes Zustandes auftritt, der war, als sich der Mensch noch unter der Herrschaft der kosmischen Naturgewalten in vorchristlichen Zeiten befand. Wo das der Fall ist, wird auch die Wiederholung jener Kulte folgen, die in vorchristlichen Zeiten bestanden. Wenn die Kraft des elementalischen Naturlebens das geistig-geschwächte Bewußtsein des Menschen erfaßt, wird dasselbe wiederum zur Anbetung der Magna Mater, der produktiven und der destruktiven Kraft in der Allnatur des elementalischen Lebens, kommen. Diese letzteren Kräfte werden dann auch nicht säumen, das bittere Ende her beizuführen, nicht nur für die menschlichen Hüllen, sondern auch für das an dieselben gekettete Bewußtseinscentrum; letzteres wird zerstückelt werden und der Mensch wird damit zu dem Dasein eines ausschließlichen Naturwesens verurteilt sein, weil er sich dann nur seiner niederen Hüllennatur dämmerhaft bewußt bleiben wird.
          Jene, die an das Kommen der Morgenröte eines neues Tages glauben, auch während der bittersten Stunden der dunklen Nacht, werden die neue Lebenswelle bemerken, die sich anschickt, sich über die materielle Welt zu ergießen. Im wachen Bewußtsein werden sie derselben begegnen und mit ihr in Verbindung treten. Es wird für jene Menschen auf Erden eine befreiende und belebende Empfindung sein, so etwa wie das Kommen des Frühlings mit seiner leuchtenden, klingenden und erwärmenden Lebenskraft, nachdem die Welt lange erstarrt, düster und todähnlich während eines langen, strengen Winters erschien. Die materielle Welt wird bleiben, wie sie war, so wie es auch derselbe Boden ist, der aus seinem erfrorenen Zustande auftaut und sich dann mit dem Grün der Frühlingspracht bedeckt. In neuer Gestalt wird die materielle Welt erscheinen, die harten Schranken und die undurchsichtigen Formen werden ihre Finsternis und Schwere verlieren, und wie erweitert, durchsichtig helle, von einem intensiveren Leben erfüllt, wird die Natur dem Menschen vorkommen, wenn er mit klarem Bewußtsein das neue Leben erfassen kann. Ein neuer Lebensstrom wird sich über alles ergießen, es durchdringen und umgeben, und das fließende Leben des Elementenmeeres wird, als einheitliches Element, eine neue Verbindungskraft zwischen den verschiedenen voneinander getrennten Formen der materiellen Welt herstellen.
          Die materielle, physische Welt ist die des Widerstandes, und zwar des extremsten Widerstandes, welchen die niedere, an den Kosmos gefesselte Seelenkraft als Hüllen n a tu r dem übe r kosmische n geistigen Prinzip entgegenzustellen vermag. Die Kraft des Widerstandes hat sich dorthin ergossen und ist zur festen, dunklen Materie erstarrt. Die materiellen Formen sind wie eingefroren zu Gebilden, denen das innere Leben zerronnen ist, sodaß es im eisigen und finsteren Kerker, hart bedrängt und scharf begrenzt, ein kümmerliches Dasein fristet. Das niedere Seelenleben aber erstreckt sich über die drei kosmischen Hüllen, deshalb ist stets im unterbewußten Leben des Menschen der Drang vorhanden, sich in der Umwelt auszubreiten, sich mit den kosmischen Lebenskräften in Verbindung zu fühlen. Solange aber das innere Bewußtsein des Menschen sich auf die materielle Welt allein concentriert, kann das niedere Seelenleben nicht bewußt zu den feineren kosmischen Hüllen in Beziehung treten, sondern es bleibt in der eigenen physischen Hülle und an die materielle Welt gebunden. Das bildet gerade einen Schutz für das niedere Seelenleben, weil es sich, ohne diesen, wenn es nicht vom inneren Bewußtsein durchdrungen ist, wie ein trübes Wasser, wie eine Peripherie ohne Centrum, in das mächtige Leben des Kosmos ausgießen würde und dort an stärkeren Kräften zerschellen müßte.
          Das menschliche Bewußtsein ist bis auf den Tiefpunkt des Kosmos in die materielle  Welt her abgesunken und soll wiederum aufsteigen in die höheren Regionen desselben, indem es der großen aufwärtsgehenden Strömung im Kosmos folgt.
          Bevor die Wellen des kosmischen Lebens aber ihren Schaum bis in die Welt des größten Widerstandes hineinwerfen können, ist schon innerhalb der höheren kosmischen Regionen die Lebensströmung stark und mächtig in Bewegung. Erst später und in abgeschwächter Weise wird die Nachwirkung kosmischer Ereignisse auch in der materiellen Welt bemerkbar. Wenn die Menschheit sich heute vor die Schwelle neuer Lebensmöglichkeiten gestellt sieht, so hat sich das Einströmen der neuen, elementalischen Kräfte schon lange vorbereitet. Auch wirkten jene Kräfte auf die Erde und ihre Menschheit ein, ehe der Zeitpunkt anbricht, wo das menschliche Bewußtsein selbst sich mit denselben in Verbindung setzen soll.
          Während des Herabsteigens innerhalb der kosmischen Regionen hat Christus dieselben mit Seinem göttlichen Geiste durchdrungen und die Wirkungen feindlicher Naturgewalten abgeschwächt. Dadurch war schon vor dem Kommen Christi auf Erden die Macht der niederen Naturkräfte, auch innerhalb der menschlichen Hüllen, allmählich geringer geworden; als Christus dann selber die Natur des Erdenmenschen annahm, war die Gewalt jener kosmischen Naturgewalten gebrochen und der Mensch aus diesem Sklaventum befreit.
          Die Menschheit erhielt statt der gefürchteten Tyrannen, die eine Schreckensherrschaft über sie ausübten, den guten Hirten, der sein Leben gibt für das eines jeden einzelnen seiner Schafe.
          Es mußte dann auch der große Pan, der halbmenschliche, halbtierische Naturgott, auf Erden sterben, damit der Menschensohn auf Erden sein Reich stiftete.
          Von dem Momente an, da der alte Naturgott starb und die kosmischen Naturgewalten ihre völlige Herrschaft über die menschliche Natur verloren hatten, begann die Vorbereitung einer neuen Beziehung der Erdenmenschheit zu den feineren Naturkräften, die nicht die unbewußten Instinkte der menschlichen Hüllennatur erfassen und sich derselben bemächtigen würden, sondern die, gleichwie von außen her, aus höheren Regionen des Kosmos, dem menschlichen Bewußtseinscentrum begegneten, um so den Weg in das Innere des Menschen zu finden.
          Christus selber war es, der mit Seinem Kommen auf Erden auch dasjenige vorbereitet hat, was heute für das menschliche Bewußtsein als neues Arbeitsfeld, als ein auslösendes, befreiendes und einigendes Element den Aufstieg innerhalb der kosmischen Regionen herbeiführen kann. Das ist die zweite Möglichkeit, die Christus der Menschheit gab, als einen mittelbaren Weg, worauf der Mensch dem großen kosmischen Strome mit vollem Bewußtsein folgt und sich dann aus dem Kosmos zum überkosmischen Leben erheben kann. Wenn sich das innere Bewußtsein innerhalb der feineren kosmischen Hüllen erlebt, so wird es, wenn der Höhepunkt des Aufstieges erreicht ist und sich der kosmische Lebensstrom wiederum abwärts neigt, durch die dem Bewußtsein innewohnende Geisteskraft nicht länger gezwungen sein, den Niedergang mitzumachen, es sei denn, daß es sich nicht von der Hüllennatur befreit hatte. Der Mensch, der den unmittelbaren, spirituellen Weg zu Christus nicht gehen will oder nicht zu gehen vermag, kann auf dem mittelbaren psychischen Wege zu Christus kommen, wenn er jenem Weg zu diesem bewußten Zwecke folgt. Die unaussprechliche Glückseligkeit und die verborgenen Geheimnisse des spirituellen Weges der Läuterung, der Erleuchtung und der Einswerdung mit Christus unmittelbar werden auf dem mittelbaren psychischen Wege nicht erlebt werden, denn die Beziehung zu Christus wird, wie der Weg zu Ihm, nicht unmittelbar sein; doch kann der Mensch auf diesem längeren umständlicheren Weg auch zu Christus kommen. Es könnte aber auch geschehen, daß jener mittelbare Weg dem Menschen zum Verderben würde, wenn er die Gelegenheit auch dort verpaßte, wenn er nicht bewußt und, von der Hüllennatur unabhängig und frei, das große Ziel erreichte. Deshalb ist es so überaus wichtig für die heutige Menschheit, die schon in der Mehrzahl den spirituellen Weg ablehnte, daß sie nicht auch die zweite Möglichkeit von sich weist und sich nicht durch Vorurteil, Mangel an Einsicht und Hängen an der materiellen Welt, dem physischen Leib und Leben, mit dem inneren Bewußtseinsleben von dem neuen Kommenden abwendet. Wer auf die Zeichen der Zeit achtet und Wache halt, der wird schon bemerken, daß etwas Neues, bisher Ungeahntes am Horizonte der materiellen Welt auftaucht. Derjenige, der sich nicht aus Furcht, das Alte, Gewohnte und Bekannte und damit die bequemere Lebenshaltung zu verlieren, passiv und gleichgültig abwendet, sondern mutig und mit wachem Bewußtsein dem Kommenden entgegengeht, der ist in Wahrheit ein Streiter für Christus und wird den Menschen ein Führer sein können.
          Der erste Schritt auf diesem neuen Wege ist überaus wichtig; die heutige Menschheit aber hat seit lange schon die wahrhaft stärkende Seelennahrung verweigert und ist deshalb kränklich, schwach und verkümmert in bezug auf alles, was das höhere, geistige Leben betrifft. Deshalb wird ihr auch das richtige Vorwärtsschreiten auf dem psychischen Wege schwer fallen, das heißt, sie wird die größte Mühe haben, sich mit wachem Bewußtsein in das Kommende hineinzuleben, weil sie die Neigung hat, am nur physischen Dasein zu haften. Dann aber wird das neue Kommende statt einer Erweiterung und Befreiung des inneren Bewußtseinslebens eine Betäubung und Abschwächung desselben bedeuten, indem die ganze Kraft, der Strom des elementalischen Empfindungslebens, steh in die unterbewußte niedere Hüllennatur des Menschen ergießen wird, an seinem höheren Bewußtseinsleben vorbeigehend.
          Das erste, was der heutigen Menschheit not tut, ist die Einsicht, daß sie krank und seelisch verkümmert ist, das zweite, der Entschluß, die Heilung zu suchen. Diese wird die Menschheit nur finden, wenn sie den großen Heiler suchen will, der keine menschliche Krankheit ungeheilt gelassen hat, und dessen Worte lauten: „Des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist" (Lukas 19, V. 20).

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VI.

Die symbolische Weisheitssprache.


Die an die materielle Welt gebundene Denkkraft der heutigen Menschheit befaßt sich ausschließlich mit dem buchstäblichen Sinn jener Ereignisse, die aus allen religiösen Überlieferungen stammen, und bemüht sich vorzugsweise damit nachzuforschen, inwieweit die mitgeteilten Geheimnisse wirklich in den alten Zeiten vorgekommen sind oder auch, ob dieselben teilweise der Phantasie älterer Völker zugeschrieben werden müssen. Ist dann einmal wissenschaftlich festgestellt worden, daß es sich nm reale Tatsachen handelt, dann bleibt die Denkkraft bei denselben stehen und sucht sich die Bilder, die sich mit ihnen verbinden, so concret und materiell wie möglich vorzustellen. Auf diese Weise wird auch die Heilige Schrift aufgefaßt, und die Worte und Texte der Bibel (dazu manchmal noch mangelhaft übersetzt) werden ihrem äußerlichsten, buchstäblichen Sinne nach erklärt und zitiert. Wenn aber in der Bibel die Rede ist von göttlichen Dingen sowohl wie von menschlichen, so sind dieselben doch nur in der Sprache der irdischen Menschen aufgezeichnet worden, und jene menschliche Sprache hat auf die materielle Welt Bezug und ist unfähig, geistige und göttliche Dinge richtig zu bezeichnen. Eine rein buchstäbliche und wörtliche Erklärung des Inhaltes der Heiligen Schrift kann deshalb nur auf die äußeren Tatsachen innerhalb der materiellen Welt hinweisen.
          Wenn der Mensch aber den buchstäblichen Sinn der Worte der Heiligen Schrift als den einzig wahren betrachtet, so pflegt er die gleiche materialistische Denkweise wie jene, die er in bezug auf sich selbst anwendet, worin er sich mit seinem physischen Körper identifiziert und die materielle Welt als die einzige reale Welt ansieht. Die Bibel aber wäre nicht die Heilige Schrift, das Wort Gottes, zu nennen, wenn sie nur eine Chronik alter Zeiten wäre, oder wenn sie nur die äußere Geschichte des israelitischen Volkes enthalten würde. Von der Heiligen Schrift aber muß gesagt werden, daß sie das bis in die materielle Welt hineinklingende Wort Gottes zu den Menschen darstellt, und zwar in jener festen Form, die der Welt der festbegrenzten Formen und des größten Widerstandes entspricht. Diese feste Form besteht in der buchstäblichen Bedeutung der concreten, äußeren Ereignisse, von der Schöpfung des Himmels und der Erde an bis auf die Vollendung der Erdentage.
          Über jener festen Form der buchstäblichen Bedeutung, die, wie jede Form der materiellen Welt, tot sein würde ohne das Leben, das, vermittelst der beiden feineren kosmischen Hüllen, mit ersterer verbunden bleibt, steht die symbolische Bedeutung des zur Menschheit klingenden Wortes Gottes. Die Heilige Schrift enthält als solche einen symbolischen Sinn, und der In halt derselben besteht aus symbolischen Vorgängen, die sich zwar mit den äußeren, geschichtlichen Ereignissen decken, doch diese letzteren an Kraft, Bedeutung und Wirkung weit überragen.
          Die Symbolik, die hinter  und über jenen  äußeren  Ereignissen  steht _und dieselben wie eine innere, belebende Strömung durchflutet, bezieht sich nicht nur auf die Erde, sondern zugleich auf den ganzen Kosmos. Denn, wenn das Wort Gottes auf Erden hörbar ist, hat dasselbe auch schon den Kosmosdurchdrungen,  wo  der  Klang  desselben   in  jener  feineren  Form,   die  den feineren kosmischen Hüllen entspricht, wahrnehmbar wurde.
          Im Himmelreiche offenbart sich Gott in göttlicher Sprache; das Wort Gottes ist Er selber.
          Im dualistischen Kosmos entsteht der Schleier der Symbolik, der dem göttlichen Wort als Form und Hülle dient.
          Inmitten der Erdenmenschheit lebten die Vermittler und Verkünder des Wortes Gottes, die dasselbe in die menschliche Sprache übertrugen. Moses aber war derjenige, der, als Priester der Mysterien Ägyptens, seine Kenntnis und seine Schreibkunst dazu verwandte, die uralte Weisheitstradition mit der Mission des israelitischen Volkes zu verbinden. Denn Moses wußte, daß die symbolischen Schriftzeichen des lebendigen Wortes Gottes, Christus, schon innerhalb der Regionen des Kosmos leuchteten, und daß die Zeit herankam, wo dieses Wort in bestimmterer Form erkannt werden sollte, bis es innerhalb der Menschheit auf Erden leben würde. Als Moses, als der Vertreter und Führer Israels, auf Sinai die Gesetzestafeln erhalten durfte, da waren ihm jene göttlichen Schriftzeichen ein Symbol der wahren Verkörperung Christi, ein Zeichen der Verheißung und des Siegels des Bündnisses zwischen Gott und dem Volke, das er, Moses, vertrat. Hier decken sich wiederum die äußeren Vorgänge mit ihrer buchstäblichen Bedeutung und der symbolischen Deutung derselben bis in die kleinsten Einzelheiten, wie zum Beispiel die Tatsache, daß inzwischen das hebräische Volk sich dem alten Götzendienst ergab, was in symbolischer Deutung auf die im Kosmos und auf Erden wirkenden Gegensätze hinweist, die dem dualistischen Charakter derselben entsprechen.
          Da die symbolische Sprache sich auf die Ereignisse bezieht, die im .Kosmos stattfinden, und da letztere nur durch eine symbolische Deutung der in irdisch-menschlicher Sprache ausgedrückten Tatsachen zu erfassen sind, so ist es gerade heute außerordentlich wichtig, daß die Menschheit sich neben der buchstäblichen Auffassung des Inhaltes der Bibel ein Verständnis für die symbolische Bedeutung jener kosmischen Vorgänge bildet, die den irdischen Ereignissen entsprechen. Die Menschheit würde dadurch im Kosmos selber das Alphabet der Sprache der Symbolik an der Hand derjenigen Schrift erlernen, die das von Gott gesprochene Wort in der Form von irdischen Buchstaben wiedergibt. Von dieser sicheren und untrügerischen Basis ausgehend, würde die Menschheit davor bewahrt bleiben, sich eine falsche Symbolik anzueignen, die auf unwahrer Tradition beruht, und zwar auf einer uralten Schrift, die nicht heilig und noch weniger Gottes Wort genannt werden kann. Mittels solcher Traditionen, die sich auf der Basis einer mit kosmischen Kräften wirkenden Magie aufgebaut haben, kann sich eine Symbolik entfaltet die den Schein eines weisheitsvollen Systemes in bezug auf den Kosmos und den Menschen besitzt. Da in jener Symbolik aber das wahre Centrum, das Wort Gottes, als Christus nicht erkannt wird, hat dieselbe nach dem Kommen Christi auf Erden vollständig ihre Bedeutung für diejenigen verloren, die das Licht der Welt erkannt haben.
          Wo aber Christus verleugnet oder nicht erkannt wird, da taucht jene uralte Tradition, die aus Babel stammt, immer unter irgendwelcher Form wieder auf und wirkt durch ihre Magie auf die unwissenden Menschen ein. Das Geheimnis der starken Wirkung einer derartigen Magie besteht darin, daß ein Kenner jener symbolischen Sprache und Zeichen — die nicht Christus als Mittelpunkt haben, sondern auf den dualistisch wirkenden Kräften des Kosmos (bestenfalls), oder auf dem Widersacher (schlimmstenfalls) beruhen — diese Kräfte auf die feineren kosmischen Hüllen eines unwissenden Menschen übertragen und denselben dadurch bis in den physischen Körper beeinflussen kann. Auf diese Weise können ganze Gruppen und Völkerschaften beeinflußt werden. Wenn eine solche Magie bis aufs äußerste getrieben wird, kann die dreifache Hüllennatur, als niederes Seelenleben eines Menschen, schließlich seinem inneren Bewußtseins leben entrissen und dann als leeres Gefäß dem Willen des tätigen Magiers vollständig untergeordnet werden, sodaß derselbe die dreifach-kosmische Hülle eines Menschen als „lebendiges Instrument für seine Zwecke" benützen kann.
          Diese Übermacht des bösen Magiers gründet sich gerade auf die ahnungslose Unwissenheit der Menschheit und auf ihre absolute Unkenntnis in bezug auf die wahre symbolische Sprache und die Deutung der Zeichen im Kosmos. Hätte die Menschheit das Unterscheidungsvermögen zwischen jenen symbolischen Zeichen im Kosmos, die sich auf das Wort Gottes beziehen, und jenen, die dem vernichtenden Prinzip und dem Widersacher entsprechen, so könnte' sie sich selber ihren Weg und ihre Sprache wählen. Nicht länger wären dann ein magischer Überfall und eine Zerstörung, im Dunkeln ausgeführt, möglich, sodaß die Übermacht des wissenden Magiers geschwächt wäre. Deshalb wird derjenige, der durch sein Wissen den Unwissenden gewalttätig beherrschen will, immer dagegen sein, daß die Menschheit in bezug auf Esoterik und Jenseitsweisheit unterrichtet wird, und zwar wird er insbesondere gegen eine solche Weisheit sein, die Christus als Gottessohn anerkannt und Ihn als Centrum betrachtet. Denn dadurch würde die Möglichkeit, eine falsche Weisheitslehre zu verbreiten und symbolische Zeichen zu geben, die auf anderen Kräften beruhen, teilweise genommen sein.
          Die Menschheit aber muß bei ihrem unvermeidlichen Eintritt in das elementalische   Leben   mit   dem   nötigen   Wissen   ausgerüstet   sein.   Dieses Wissen wird sie erhalten, wenn das Alphabet der Symbolik, auf Grund der Heiligen Schrift und des buchstäblichen Inhalts derselben erlernt wird. Die buchstäbliche Erklärung dieser Schrift allein kann nicht genügend sein und spricht nicht dasjenige aus, was die  Menschheit heute zu  wissen braucht. Hier sind nur zwei Dinge möglich: die symbolische Erklärung zur buchstäblichen hinzufügen und der Menschheit, die auf dem psychischen Wege weiterschreitet, das Licht der Weisheit in bezug auf den Kosmos, in den sie sich bewußt einleben soll, anzuzünden oder: durch die Gewalt des Wortes selbst,  das  unmittelbar  aus  einem  Menschen  zur  Menschheit  redet,  vom Geiste zum Geiste zu wirken und in das innere Bewußtseinsleben andrer hineinzugreifen und das Geisteslicht dort zum Aufleuchten zu bringen. Auf diesem letzteren Wege, der auch der spirituelle Weg und deshalb heute für die große Mehrzahl unerreichbar ist, kann nur der einzelne, als Prophet und als Gefäß des göttlichen Wortes jene himmlische Sprache reden, die allen verständlich ist, so wie es die Apostel nach der Ausgießung des Heiligen Geistes vermochten, und nur ein solcher Mensch würde mit Paulus sagen können: „Nicht ich, sondern Christus in mir."
          Wer aber kann von sich selbst in der heutigen Zeit wahrheitsgemäß sagen, daß er eine himmlische, allen Völkern verständliche Sprache redet, daß das göttliche Wort ihn unmittelbar erfüllt und durch ihn spricht? Ein solcher Mensch würde für sich das Recht haben, auf die Symbolik als kosmische Sprache zu verzichten und würde den buchstäblichen Inhalt der Heiligen Schrift unmittelbar mit dem, was überkosmisch ist, verbinden können. Wo aber nur der buchstäbliche Inhalt der Heiligen Schrift wörtlich wiederholt und auf das irdische Leben angepaßt wird durch einen Menschen, der nicht vom Geiste des Gotteswortes entflammt und völlig erfüllt ist, sodaß allein der Geist, nicht mehr die Erde Geltung hat, da bleiben diese Worte tote Buchstaben, die schwer wie Steine auf die Erde zurückfallen und das innere Seelenleben des heutigen Menschen nicht berühren können. Denn heute ist die Mehrzahl der Menschen in der traurigen Lage, daß sie die unmittelbare, himmlische Sprache Gottes nicht vernehmen kann und von der mittelbaren Sprache der Symbolik noch keine Ahnung hat. Ihr bleibt dann nur die buchstäbliche Auffassung der Heiligen Schrift, die aber nicht die Bedürfnisse der Seele befriedigen kann.
          Christus selber hat zum Volke in Gleichnissen gesprochen, damit diejenigen, die Seine Worte nicht unmittelbar dem Geiste nach verstehen konnten, durch diese mittelbare Sprache einen symbolischen Sinn aus dem, was Er mit schlichten, irdischen Tatsachen verglich, herauslesen sollten. Hätte damals dem Volke das Verständnis für jene Sprache in Gleichnissen vollständig gefehlt, so wären, um ein groteskes Beispiel zu nennen, durch die Worte Christi: „Kommt alle zu mir, die ihr beladen seid" nicht diejenigen berührt worden, die unter seelischem Leide gebückt gingen, sondern die, welche irdische Lasten zu schleppen hatten.
          Zu den Aposteln aber redete Christus am Ende offen und klar, wie es im Hohepriesterlichen Gebet im Johannes-Evangelium zu lesen ist. Hier konnte Christus unmittelbar vom Geist zum Geiste reden, weil diese Menschen Ihm angehörten und nicht mehr von dieser Welt waren.
          Derjenige, der aus einem Saulus ein Paulus wurde, hat Christus nicht als Menschen auf Erden, sondern in Lichtgestalt erblickt, so wie Er nach der Himmelfahrt vom Himmel aus den ganzen Kosmos durchleuchtet bis zur Erde. Deshalb spricht Paulus (insbesondere in seinen Hebräerbriefen) oft eine Sprache, die von den irdischen Tatsachen ausgeht, doch auf die symbolische Bedeutung derselben hinweist. Besonders wo (in Hebr. 7) die Begegnung Abrahams mit dem ewigen Priester des allerhöchsten Gottes, Melchisedek, erwähnt wird, erklärt Paulus das Wesen jenes ewigen Priesters und seiner Begegnung mit Abraham als das Symbol des Kommens Christi, jenes Hohenpriesters, der sich selbst zum Opfer bringen wird.
          Wenn Paulus auch die Macht dazu besaß, unmittelbar die himmlische Sprache an die irdischen Vorgänge zu knüpfen, weil er dem Worte Gottes als erwähltes Gefäß diente, so sprach er oft im Sinne der Symbolik zu denen, die, wie die Hebräer, mit symbolischen Deutungen und Zeichen vertraut waren. Denn gerade hier wollte er die alte, traditionelle Symbolik, die nur auf kosmische Vorgänge hinweisen konnte, mit dem Lichte, das ihm vor Damaskus offenbar wurde, erleuchten und erklären. Die überlieferten, kosmischen Symbole sollten eine geistige Deutung und ein neues, himmlisches Leben erhalten, insoweit die ersteren nicht schon ihre ursprüngliche Form und ihren wahren Charakter eingebüßt hatten durch eine Vermischung mit Zeichen und Symbolen, die nach der babylonischen Gefangenschaft in das hebräische Volk Eingang gefunden hatten, nämlich bei einem Teil der Priesterschaft desselben.
          Das Evangelium des Jüngers, den der Herr lieb hatte, beginnt mit den Worten: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort" — und geht dann über zu dem, was sich auf Erden ereignete, als das Wort, das Mensch geworden, dort lebte. Dann bilden die Worte des Hohenpriesterlichen Gebetes den Abschluß jenes Lebens: „Vom Vater bin ich ausgegangen, wiederum gehe ich zum Vater." Die ganze Offenbarung des Wortes, das Herabsteigen desselben auf die Erde und das Wiederaufsteigen zu Gott, dem Vater, ist in dem Johannes-Evangelium verkündet, und zwar in unmittelbarer Geistessprache, die sich dann an die Ereignisse auf Erden knüpft. Die symbolische Bedeutung letzterer ist in diesem Evangelium leicht herauszulesen, weil dasselbe vom ganzen Wesen Christi erfüllt ist, so wie Er Sich vom Himmel aus bis zur Erde neigt. Als Ausgangspunkt für die symbolische Deutung dienen die irdischen Ereignisse im Leben Jesu Christi, wie das auch in der ganzen Heiligen Schrift der Fall ist, ausgenommen in der Apokalypse.
          Die von Johannes, dem Apostel, niedergeschriebene Offenbarung geht nicht mehr von irdischen Ereignissen aus, sondern es treten da, umgekehrt, kosmische Zeichen und Symbole an die Erde heran. Hier ist das, was auf Erden geschieht, nicht mehr Hauptsache, sondern das, was, vom Himmel ausgehend, den gesamten Kosmos bewegt, in Wallung bringt und dann auf Erden herabkommt. Die Gestirne, die Sonne, der Mond, die Elemente, alles gerät in Aufruhr und furchtbare Zeichen erscheinen am Himmel. Diese Schrift der Zukunft ist in symbolischer Sprache geschrieben und wird ihre wahre Bedeutung nur denen eröffnen können, die das Haften an einer nur wörtlichbuchstäblichen Auffassung und an der menschlichen Erdensprache von sich warfen, und sich das Verständnis für die symbolisch-kosmische Sprache und für die Zeichen derselben, die auf die Vorgänge im ganzen Kosmos hinweisen, angeeignet haben. Nicht immer wird die Erdenmenschheit mit einem alten und einem neuen Testament auskommen, die nur dem toten Buchstaben nach aufgefaßt werden und derer tieferer Sinn dem menschlichen Verständnis deshalb verschlossen bleibt; ebensowenig wird eine Apokalypse, die völlig unerklärt bleibt, jener Menschheit immer genügen. Die Offenbarung des Johannes ist nicht eine Schrift, deren Bedeutung der Menschheit unfaßbar und unverständlich bleiben darf; und die Menschheit selber würde ihre Erdenaufgabe nicht erfüllen, wenn sie sich nicht emporringt zum Verständnis jenes heiligen Buches, das einen Teil der Heiligen Schrift ausmacht und das, mehr noch als diese, einer symbolischen Deutung bedarf. Die Zeit schreitet vorwärts,  und es könnten jene kommen, welche die Unwissenheit derer, die sich Christen nennen, ausnützend, eine falsche Deutung gäben, die einer nach Seelenbrot hungernden Menschheit allzu begehrenswert vorkommen würde. Die alte kosmisch-magische Tradition, in welcher Christus keinen Platz findet, lebt immer noch und scheint gar klug und annehmbar da, wo die wahre Symbolik unbekannt blieb und wo deshalb kein Vergleich zwischen beiden gemacht werden kann. Deshalb tritt gerade heute, wo das menschliche Bewußtseinsleben vor eine neue Aufgabe gestellt werden wird, die ernste Frage bei allen auf, die das Wohl der Menschheit wahrhaft wollen: Wer wird die christliche Menschheit, die in der Mehrzahl ihre unmittelbare Beziehung zu Christus nicht empfindet, aus dem gefährlichen Dunkel ihrer Unwissenheit retten und sie vor Irrtümern bewahren, wenn der Schein des falschen Leuchtens aufblitzt und das wahre Licht ihr unbekannt geblieben ist, das sie wenigstens auf den mittelbaren, kosmischen Weg zum geistigen Endziele führen könnte?

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VII.

Die heilige Weihnacht.


          Die Bedeutung der heiligen Weihnacht bleibt nicht nur an die buchstäbliche Auffassung der im neuen Testamente erwähnten Tatsachen gebunden als ein Ereignis der Geburt Jesu Christi auf einen gewissen Zeitpunkt und an einen gegebenen Ort auf Erden. Als ein Ereignis, das sich auf Christus selber bezieht, hat es erstens Bedeutung für das über Zeit und Raum erhabene Himmelreich, zweitens für den ganzen Makrokosmos und drittens für die Erde selber. Die symbolische Deutung jenes in der Heiligen Schrift erwähnten Ereignisses auf Erden wird deshalb die umfassenderen, kosmischen Vorgänge bezeichnen, die nicht an die irdische Zeit und den Raum gebunden bleiben, und deshalb für weitere, umfangreichere Perioden gelten. Für dasjenige, was gerade während der heutigen Zeit mit der Erdenmenschheit geschieht, hat eine symbolische Erklärung der heiligen Weihnacht die größte Bedeutung, sie wird den Menschen vorleuchten in der dunklen Mitternachtsstunde, die jetzt erlebt wird.
          In tiefer Mitternachtsstunde, ungeahnt von der blinden Menge, erschien das neue Licht auf Erden in sichtbarer Gestalt, und dieses ewige Licht, das, vom Himmel ausgehend, alle Regionen des Kosmos durchleuchtete, ehe es auf Erden kam, bleibt auch ein Symbol für das, was an wahrhaft lebendiger Kraft aus höheren Regionen der Erde zuströmt. Trotzdem es sich im letzteren Falle nur um die feineren Hüllen des dualistischen Kosmos handelt und nicht um das Geistesleben selber, so darf dennoch das Symbol eines neuen Lichtes, das in die tiefste Mitternacht hereinbricht, mit dem Ereignis in der heiligen Nacht verbunden werden. Denn Christus hat nicht nur die kosmischen Regionen mit Seinem Leben durchdrungen, als Er dieselben betrat, sondern das innere Bewußtseinscentrum des Menschen hat auch den Geisteskeim durch Christus erhalten, sodaß dasselbe sich in bezug auf das neue Licht, daß es innerlich durchdrang, mit dem Ereignis in der heiligen Nacht verbinden darf, jener heiligen Nacht, als das neue Licht auf Erden erschien.
          Nicht als natürlicher, sinnlicher Mensch darf sich der Mensch unmittelbar der symbolischen Deutung jenes heiligen Ereignisses nähern, weil die tiefere Bedeutung und die inneren Vorgänge dem der Außenwelt zugewandten Sinnesmenschen verschlossen bleiben. Der Weg führt immer durch das innere Bewußtseinsleben hindurch, in dem das äußerlich Wahrgenommene verinnerlicht werden muß, aufdaß es dann, wiederum nach außen tretend, in das innere Leben der Wesen und Dinge der Außenwelt eindringen könne und nicht nur auf die äußeren Formen derselben stößt. So wird dann der Mensch, in das tiefste Innere seines Bewußtseinslebens eindringend, zunächst die dunkle Mitternacht erleben, die dort herrscht, wobei er sich der Hoffnung auf das Kommen eines neuen Lichtes hingibt. Diese Hoffnung entsteht aus dem Wissen, daß tief, tief verborgen in ihm der Geisteskeim ruhen muß, aus dem ein neues Licht entstehen kann. Mit diesem Wissen wird dann das Ereignis verbunden vom Kommen des Lichtes der Welt in der tiefsten Mitternachtsstunde, ungeahnt von der Menge, doch von Engeln den Hirten verkündet und vom Sterne den drei weisen Königen aus dem Morgenlande angezeigt.
          Diese Botschaft der himmlischen Engelschar, ihr Gesang aus der Höhe und die Weisung und Führung durch den strahlenden Stern, dessen Weg durch den Kosmos von der östlichen zur westlichen Himmelsrichtung lief, deuten, symbolisch erklärt, auf die Anteilnahme des Himmelreiches und des Kosmos an dem, was sich auf Erden ereignete. Es kann auch der Mensch diese Vorgänge und ihre Bedeutung im innern Bewußtseinscentrum erleben und die Freude der Himmelsboten, die Führung des Sternes und das Kommen des neuen Lichtes in die Finsternis als zu seinem innersten Wesen gehörig empfinden. Wie eine Botschaft der himmlischen Seele an die natürliche Selenkraft in ihm wird ihm der Engelgesang und die Verkündigung an die Hirten erklingen und ihn zum Anschauen des neuen Lichtes in der Mitternachtsfinsternis bringen. Der Stern als das Symbol des inneren Bewußtseinscentrums wird die drei weisen Könige, als die Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens, durch den Kosmos zum neuen Geisteslichte führen. Das neuentstandene Leben auf Erden wird aber von den feindlichen, an irdischer Macht und dem Leben der materiellen Welt haftenden Kräften, dem Fürsten dieser Welt, bedroht und wird nach Ägypten gebracht, dem Lande der Weisheit, aus welchem einstmals Moses ausgezogen war.
          Zum Lande der Weisheit trägt es die jungfräuliche Mutter, die selber dem Wesen der All-Einheit, der höchsten Seelenkraft und der himmlischen Weisheit entspricht, aus welcher sich das neue Leben gestalten konnte.
          Dieses allerhöchste, all-einige Wesen der Seele, das sich zunächst als die Urweisheit des Himmels offenbart und, wo es Gestalt annimmt, als urbildliche Schönheit erscheint, neigt das strahlende Antlitz über das aus ihm geborene neue Leben und ist auch die erste Offenbarung der höheren, himmlischen Seelenkraft zum inneren Bewußtsein des Menschen. Diese Urweisheit ist als das reinste Gefäß des Heiligen Geistes zugleich die Peripherie des Gottessohnes, Christus, wie die höhere Seele des Menschen es in Wahrheit sein muß. Ihr Gegenbild im Kosmos ist die kosmische Weisheit, die sich in der dualistischen Natur des Kosmos offenbart und die dort in der Lichtgestalt einer wahren und einer falschen Schönheit erscheint. Sie ist die kosmische Allmutter, im Gegensatz zur himmlischen, jungfräulichen Mutter, und bringt Gutes und Böses hervor, um dasselbe wiederum zu zerstören. Das Wesen der himmlischen Seelenkraft ist schöpferisch und gestaltend in bezug auf das wahre Leben der Seele. Die kosmische Allmutter aber bringt Formen und Hüllen hervor, die aus dem Kosmos selber gewoben sind und der feineren siderischen, dann der elementalischen und endlich der dichtesten materiellen Hülle desselben angepaßt werden. Diese Allmutter ist die große Natur des Makrokosmos, die an denselben gefesselte niedere Seelenkraft, in welcher sich die hohe Weisheit der höheren, himmlischen Seelenkraft teilweise abspiegelt, wodurch die Gesetze, die in ihr walten, meistens weisheits-erfüllt erscheinen.
          Doch diese Gesetze wirken nie schöpferisch, sondern sie sind immer gleichförmige Notwendigkeit, weil die Natur des Kosmos zwar hervorbringend, nie aber seelisch-schöpferisch tätig sein kann, denn sie bezieht sich nur auf die Formen, nie aber auf die Seele selbst. Die himmlische Seele hat als Centrum den Geist Gottes, das Wort, durch das alles geschaffen worden ist. Die kosmische Seele aber ist, weil sie an den Kosmos gefesselt und dualistisch ist, nicht unmittelbar mit dem göttlichen Geiste verbunden, sondern nur teilweise, nur mittelbar und nur insoweit sie das treue Abbild der höheren Seele sein kann und die Weisheit und Schönheit letzterer in sich spiegelt. Wenn nun die kosmische Natur, die dem Menschen auf Erden bis jetzt nur in der blassen und starren Gestalt der irdischen Natur bekannt war, zunächst in ihrer Wirkung in der elementalischen Hülle auftritt, so wird die überaus stärkere Macht und das licht-, klang- und lebensvolle Wesen derselben den Eindruck eines neuen Lebens, einer Wiedergeburt der Natur hervorbringen. Der Mensch soll aber gerade mit seinem inneren Bewußtsein fassen, daß diese Welle von Licht, Leben, Weisheit und losender Gewalt zwar einen Schleier der großen kosmischen Natur hebt, dock das dieselbe immer noch zum Kosmos, zum Reich des Dualismus gehört und nicht zum Himmelreiche und zum höheren Seelenleben.
          Wer über jener überwältigenden Naturkraft das wahre höhere Seelenleben erblickt, läuft keine Gefahr, der stumpfsinnigen Naturvergötterung zu verfallen und dadurch sein, eigenes höheres Wesen und Gott selber zu verleugnen. Der Anblick jener mächtigen Spiegelung der himmlischen, überkosmischen Weisheitskraft innerhalb des Kosmos kann das erwachte Bewußtseinsleben gerade zur Verehrung jener Urweisheit bringen, die eine unmittelbare Peripherie der Schöpfungsmacht Gottes ist. Und wenn die kosmische Allmutter dem Menschen gegenüber ihren dichtesten Schleier löste und ihm einen tieferen Einblick in ihr Wesen und Wirken gönnte, so soll der Mensch im innern Bewußtsein der jungfräulichen Mutter, des alleinigen Wesens der himmlischen Seelenkraft gedenken, aus der die höhere Seele in ihm stammt.
          Der Allmutter im Kosmos verdankt der Mensch die sterblichen Hüllen, die er an sich trägt, und auf die niedere Seelenkraft, die kosmische Natur an ihm, hat sie Rechte. Den ewigen Geisteskeim in sich, den wahren, ewigen Kern seines Wesens verdankt der Mensch dem Wort, das Gott ist, Christus; und dem all-einigen Wesen der Seele, der himmlischen Jungfrau, als der Peripherie des göttlichen Urcentrums, verdankt der Mensch die höhere, unsterbliche Seele.
          Bei solchen geistig-symbolischen Betrachtungen wird die heilige Weihnacht ein Ausgangspunkt für dieselben und führt den Menschen, von irdischen Ereignissen ausgehend, weit über dieselben hinaus in jene Gebiete, die er gerade in der heutigen Zeit verstehen und kennen lernen soll.
          Am Anfang und am Ende des Erdenlebens Jesu Christi steht die Gestalt eines Menschen, der in beiden Fällen den Namen Joseph trägt. Mit diesem Namen wird jene Aufgabe verbunden, die einem Erdenmenschen zuteil wird, der durch die höheren Seelenkräfte der Reinheit, des Glaubens und der völligen Hingabe würdig ist als ein Hüter und Beschützer der hohen, himmlischen Weisheit auf Erden zu dienen.
          Das Leben des göttlichen Kindes und der jungfräulichen Mutter ist dem Pflegevater Joseph anvertraut worden und wird von ihm gehütet und der drohenden Gefahr entzogen.
          Im alten Testamente wird von einem Jüngling Joseph gesprochen, der die Gabe der Traumdeutung besaß, der im Lande der Weisheit, Ägypten, wohin er als Sklave verkauft wurde, zu hoher Stellung emporstieg und dann sein eigenes Volk vor dem Hungertod bewahrte. Auch dieser Joseph war der Schützer, der sein eigenes Volk vor drohender Gefahr schützte.
          Der Joseph des Neuen Testamentes erhält selber ein Traumgesicht, in welchem ihm der Engelbote das Kommen Christi auf Erden durch die Jungfrau Maria verkündet, auf daß er Hüter und Pflegevater des Kindes der Jungfrau werde.
          Symbolisch gedeutet, wird die Gestalt des irdischen Pflegevaters im Dienste des Kindes und der Jungfrau zum Symbol des Erdenmenschen selber, und zwar im Sinne seiner äußeren physischen Gestalt und seines irdischen Daseins, die beide im Dienste des höheren Seelenlebens und des Geistes stehen sollen. Der irdische Mensch soll durch die Kraft des Glaubens, durch Reinheit und völlige Hingabe zum Pfleger und Hüter der hohen, himmlischen Weisheit auf Erden werden; der himmlischen Jungfrau, dem Urbild seiner höheren Seele, soll er dienen, denn durch sie wird dann im inneren Bewußtsein der Geisteskeim erweckt werden. Dieses neue Geisteswesen ist das Wertvollste, was der Mensch besitzt, und deshalb soll er es pflegen und hüten. So wie der demütige, treue Joseph das göttliche Kind und die jungfräuliche Mutter den drohenden Gefahren entzog so soll der Mensch den Geisteskeim in sich und seine höhere Seele vor den feindlichen Mächten, die auf Erden und im Kosmoswalten, bewahren.
          Der Pflegevater Joseph wußte vom Kinde Jesu, ehe es auf Erden erschien, welche Aufgabe es erfüllen sollte, und deshalb stellte er sein ganzes Leben auf Erden in den Dienst desselben. So kann der Erdenmensch auch nichts Größeres tun als das, was Joseph, der Pflegevater des göttlichen Kindes, tat, nämlich, sein ganzes irdisches Dasein als physischer Mensch in den Dienst der höheren Seele und des Geisteskeimes in seinem inneren Bewußtsein stellen.
          Der zweite Joseph des Neuen Testamentes, der vornehme Angehörige des Sanhedrins, war als ein heimlicher Jünger Christi von Ihm in das Wesen der himmlischen Weisheit eingeweiht worden. Dem Joseph von Arimathia trat der Erlöser als Mensch entgegen, und dieser Joseph diente Ihm dem Geiste nach während seines Daseins auf Erden. Als das Leben des Erlösers beendet und Sein Opfer auf Erden vollbracht war, da wurde dieser zweite Joseph zum Hüter des heiligen Leichnams, der in seinem eigenen Grabe während jener Tage zwischen dem Tode und der Auferstehung Christi ruhte. Doch, ehe die Kreuzabnahme geschah, war Joseph von Arimathia der Hüter geworden eines neuen geistigen Mittelpunktes auf Erden, der als der Behälter des Herzblutes Christi seinem göttlichen Geiste zur Hülle und Form dienen sollte.
          Diese allerheiligste Reliquie, das aus der Herzwunde Christi aufgefangene Blut in dem Gefäß, wurde der Ausgangspunkt jener christlichen Mysterien, durch welche die esoterische Weisheit bewahrt wird, die sich nicht nur auf die tiefe Bedeutung des Kommens Christi als Erlöser auf Erden, sondern auch auf die Erlösung des Makrokosmos mit seinen zahllosen Lebewesen und allen seinen Regionen bezieht. Der Hüter und Pfleger jener heiligen Reliquie, der durch Christus selber, als Er noch auf Erden lebte, als Jünger angenommen war, war ebenso Sein Jünger, als er durch die Einsetzung des geheiligten Gefäßes diese esoterische Tradition für die christlichen Mysterien weiterführte. So steht dieser Joseph am Ende des Erdenlebens Christi als Hüter des heiligen Leichnams; nach der Auferstehung Christi ist dieser Joseph derjenige, der als Hüter jenes neuen Centrums auf treten darf, das auf Erden seinen geheimen Platz hat, um von da aus die Verbindung zwischen Erde und Himmel durch den gesamten Kosmos hin durch zu verstärken. So ist der Wiederaufstieg von der Erde aus, durch den Kosmos bis zum Himmel, mit dem Gefäß des heiligen Graal und dem ersten Priester desselben, Joseph von Arimathia, verbunden. Bei einer symbolischen Deutung wird jener Joseph zum Symbol des inneren Bewußtseins im Menschen, das sich zunächst zur höheren Seelenkraft erhebt, um dann ein Jünger jenes göttlichen Geistes zu werden, der den im inneren Wesen verborgenen Geisteskeim zum Erwachen bringt. Denn dieser zweite Joseph ist ein Symbol des geistig wiedergeborenen Menschen, der den Tod, die Grablegung und die Auferweckung geistig erlebte und selber zum Hüter jenes Geheimnisses geworden ist. Der heilige Graal ist wie die neue Form, in welcher das Herzblut Christi aufbewahrt wurde und vermittelst welcher dasselbe immerfort seine Erlösungskraft auf Erden und im Kosmos ausstrahlt. So auch wird der im Geiste wiedergeborene Mensch, der durch den mystischen Tod gegangen, wie eine neue Form für das in ihm erweckte Geistesleben, das von ihm ausstrahlt, zum Heil seiner Umwelt.
          Es bilden die beiden Joseph-Gestalten erhabene Symbole für das erwachte innere Bewußtseinsleben des Menschen. Der erste Joseph, als der alleredelste Erdenmensch, der die höheren Seelenkräfte zum Ausdruck bringt in der völligen Hingabe und Treue, mit denen er, auf Erden lebend, der höheren Seele und dem göttlichen Geiste dient. Der zweite Joseph, als der im inneren Bewußtsein wiedergeborene Mensch, der mit gleicher Hingabe und Treue dem Dienste Christi und der himmlischen Weisheit ergeben ist, und über die Grenze des Erdenlebens hinaus die großen Zeichen und Symbole des Kosmos deutet. Das Herzblut Christi, auf Erden vergossen, ist das neue Centrum, auf welches die kosmischen Symbole und Zeichen bezogen werden, sodaß dieselben eine Deutung erhalten, die auf die centrale Gestalt, Christus, hinweist. Die alte, vorchristliche Weisheit wird in bezug auf den Kosmos dadurch in Christo erneuert, vertieft und geheiligt. Der zweite Joseph, der weise Jünger Christi, der selber im Geiste wiedergeboren war, wurde dann zum Hüter des heiligen Graal und der in Christo wiedergeborenen Weisheit, die mit diesem Symbol des Herzens Christi, als Centrum des Alls, verbunden ist.

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VIII.

Der innere Mensch.

          Es wäre ausgeschlossen, daß der irdische Mensch den Irrtum begehen könnte, sich selber mit seinem physischen Körper gleichzusetzen und die niederen Instinkte seiner Hüllennatur mit seiner wahren geistigen Seele zu verwechseln, wenn die Bedeutung der schon auf der griechischen Tempelpforte angebrachten Worte: „Erkenne dich selbst" auch nur einigermaßen vom Menschen bedacht oder verstanden würden. Wenn der Mensch sich einmal ernsthaft in sein eigenes Wesen vertieft, so wird es ihm klar, daß er eigentlich nur dasjenige wirklich ist, was er sein inneres Bewußtseinscentrum nennen kann. In jenem inneren Centrum ist der Mensch er selbst und erlebt er sich als ein individuelles Wesen im Zustande des Seins. Insoweit der Mensch die unmittelbar mit jenem Centrum verbundenen Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens mit seinem Bewußtsein ergreift und beherrscht, gehören jene drei Kräfte zu seinem Wesen. Insoweit dieselben aber nicht dem inneren Bewußtsein gehorchen, sondern im dunklen Gebiete des Unbewußten wirksam sind, folgen jene Kräfte nicht dem Menschen, sondern wirken nach Naturgesetzen des Kosmos und gekoren deshalb nicht zum wahren individuellen Wesen des Menschen. Alles, was das innere Bewußtsein sich zu eigen macht, durchleuchtet und beherrscht, ist Eigentum des Menschen selber und gehört in Wahrheit zu ihm. Was aber wohl scheinbar zum Menschen gehört und dennoch nicht von seinem inneren Bewußtsein durchdrungen ist, hat nur eine mittelbare Beziehung zu ihm selber, deshalb auch nur eine vorübergehende.
          Nun ist der physische Körper aber keineswegs vom inneren Bewußtsein des Menschen durchdrungen oder beherrscht, denn, wäre dies der Fall, so würden die Funktionen jenes Körpers sämtlich bewußt vom Menschen reguliert und herbeigeführt werden. Der physische Körper aber lebt als Organismus nach den Gesetzen der Natur und entsteht, besteht und vergeht, ohne daß das innere Bewußtseinscentrum auch nur das geringste an jenen Naturgesetzen ändern kann, es sei denn, daß es gewaltsam in dieselben einzugreifen versucht. Es ist deshalb das Verhältnis des individuellen menschlichen Wesens zum physischen Körper kein unmittelbares und bleibendes, sondern ein mittelbares und vorübergehendes. Ware dieser physische Körper bis in die kleinsten Einzelheiten und Funktionen der Ausdruck des bewußten Wirkens des menschlichen Wesens selber, so könnte sich der Mensch erst sagen, daß dieser Körper ihm völlig angehöre und ein Teil seines eigentlichen Wesens ausmache.
          Die Funktionen des physischen Körpers als Organismus sind eigentlich Spiegelbilder von dem, was sich an den größeren Organismen, der Erde und des Kosmos, als Naturgesetze auswirkt; das innere Bewußtseinscentrum ist nur der centrale Einigungspunkt, durch den der ganze Organismus, als physischer Körper, in Einheit bestehen bleibt. Als Centrum des Körpers ist das Herz die Stelle, wo sich das innere Bewußtseinscentrum zunächst mit dem physischen Organismus verbindet. Von dort aus erstreckt sich das Bewußtsein aufwärts durch die Kraft des Denkens in das Gehirn, wo es ein Nebencentrum bildet.
          Der Mensch erlebt nicht nur den physischen Körper und das organische Leben desselben als etwas, was außerhalb seines Bewußtseins besteht und wirksam ist, sondern auch die in seinem Unterbewußtsein tätigen Kräfte, als Naturinstinkte und -triebe haben nur eine indirekte Beziehung zu seinem eigentlichen Wesen. Die nicht von dem Bewußtsein durchdrungenen Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens, die sich in den überlegenden, wollenden und empfindenden Instinkten und Trieben seiner niederen Natur ausleben, sind noch immer Kräfte, die in der Natur der feineren kosmischen Hüllen des Menschen wirksam sind, seinem eigentlichen Wesen aber nicht angehören. Deshalb sind dieselben nur vorübergehend mit dem centralen individuellen Wesen des Menschen verbunden, solange der Mensch nicht den verhängnisvollen Fehler begeht, sein inneres Bewußtseinsleben mit denselben zu verknüpfen, ohne daß es die Herrschaft behält.
          Als kosmische Hüllennatur formen die genannten Naturinstinkte und -triebe die niedere Seelenkraft, die an die elementalische und an die feinere, siderische Hülle des Menschen gefesselt ist und mittelbar zum Menschen gehört, soweit er ein kosmisches, natürliches Geschöpf darstellt. Da der wahre Mensch jedoch überkosmisch ist, und sein inneres Bewußtsein ein in den Kosmos versenktes Abbild des göttlichen Geistes ist, das dem Urbild des Menschen im Himmelreiche entstammt, so kann gesagt werden, daß dasjenige am Menschen, was von seinem Bewußtseinsleben nicht durchdrungen ist, ihm eigentlich nur mittelbar und vorübergehend angehört. Die niedere Natur am Menschen aber soll gerade vom inneren Bewußtseinscentrum durchleuchtet werden und dadurch erhöht und verwandelt sein, sodaß dieselbe zur Peripherie jenes Centrums und zum Abbilde der übernatürlichen, höheren Seele werden kann. In dieser Weise würde jene niedere Natur aus der Gewalt der kosmischen Naturkräfte erlöst und unter der Herrschaft des menschlichen Bewußtseinslebens erhöht und geläutert sein.
          Es würde eine Degradation des menschlichen Wesens bedeuten, wenn sich das innere Bewußtseinsleben jener niederen Natur unterordnete, sich von ihr beherrschen ließe, statt sich als der Herrscher und der Machtvollere derselben gegenüberzustellen. Denn dadurch würde sich der Mensch die Seelenflügel selber nehmen und seinen Aufschwung in die überkosmischen Reiche unmöglich machen.
          Daß der Mensch nicht identisch ist mit seiner gröbsten Hülle, dem physischen Körper, ist leicht einzusehen; daß er aber auch nicht identisch ist mit seinen inneren Naturtrieben und Instinkten, ist schwieriger zu unterscheiden. Hier ist alles viel subtiler, und wenn die unbewußten Naturkräfte, die in ihm wirken, noch eher in die Reihe des nicht zum inneren Bewußtsein des Menschen Gehörenden zu stellen sind, so haben sich die mit Bewußtsein durchdrungenen Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens auch öfters dazu herabgelassen, der niederen Natur zu dienen und sie zu befriedigen. Dadurch ist dann ein Bündnis entstanden, das es schwer macht, zu unterscheiden zwischen dem, was zum bewußten Menschenwesen gehört, und dem, was aus der Natur seiner Hüllen stammt und das Spiegelbild der kosmischen Kräfte darstellt.
          Der Mensch muß wohl zur Selbsterkenntnis kommen, wenn er das innere Bewußtsein als das Centrum des Erdenmenschen erlebt und sich infolgedessen sagen muß: „Nur jener Funke des individuellen Bewußtseins unterscheidet mich von meiner Umwelt auf Erden and von der im ganzen Kosmos waltenden Natur, welcher meine drei Hüllen entnommen sind. Mit dem niedrigsten Teil meiner Seele bin ich in jenen Hüllen und belebe dieselben, sodaß eine Beziehung und eine Wechsel- wirkung besteht zwischen jener Natur meiner Hüllen und meinem inneren Bewußtsein. Von mir selbst ist es abhängig, inwieweit ich mein Bewußtseinsleben in die Natur jener Hüllen hineinversetzen will und welche Beziehung ich zu diesen erhalte: ob ich der bewußte Herr bleibe, oder ob ich mich von jenen kosmischen Naturkräften abhängig mache. Tue ich letzteres, so lebe ich eher das Leben eines Tieres als das eines Menschen, denn gerade das unterscheidet den Menschen vom Tiere, daß er ein inneres, bewußtes Centrum hat, auf das er seine Sinnesempfindungen, sowie sein Denken, Wollen und Fühlen bezieht."
          Der Erdenmensch sagt sich also: „Meine niederen Instinkte und Triebe sind Spiegelungen der Naturkräfte, die im Kosmos walten, und haben deshalb keine direkte, sondern nur eine indirekte Beziehung zu meinem eigentlichen Wesen. Der Tod ist mir der Beweis dafür, und wenn die grobe physische Hülle abgefallen ist, so werde ich mich zunächst von der niederen Natur der feineren Hülle reinigen müssen und, statt auf Erden, im Kosmos leben. Auf Erden lebte ich bewußt in meiner physischen Hülle, und mein Bewußtsein wird zuerst in den feineren kosmischen Hüllen weiterleben, bis ich so weit geläutert und gereinigt sein werde, daß mein wahres Wesen zu dem überkosmischen Reiche aufsteigen kann."
          Wenn das menschliche Bewußtsein nach dem Tode des physischen Körpers dazu gezwungen ist, die materielle Welt zurückzulassen und sich zunächst in der elementalischen Welt zu erleben, erhält der Mensch eine ganz andere Beziehung zu jener elementalischen Welt, als die sein wird, welche die Menschheit haben kann, wenn sie, dem aufwärtsgehenden Strom des kosmischen Lebens folgend, sich zwar bewußt in jene Welt hineinleben wird, doch ihre Beziehung zur materiellen Welt nicht aufzugeben braucht. Der Tod bedeutet die Entkleidung des wahren Menschenwesens von seinen Hüllen, die Lösung aus den Banden der niederen Natur und die Rückkehr zur himmlischen Heimat — soweit der Mensch fähig ist, dem vorgeschriebenen Weg der Läuterung und des Aufstieges zu folgen. Das bewußte Eintreten der Menschheit in das elementalische Leben des Kosmos, während ihr das Bewußtsein innerhalb der materiellen Welt bleibt und sie auf Erden weiterlebt, bedeutet das Eindringen des menschlichen Bewußtseinslebens in die feinere Hülle des Kosmos und in die eigene elementalische Hülle, also nicht ein passives Ablegen der kosmischen Hüllen, sondern eine neue Aufgabe im Kosmos selber, in positivem Sinne. Beim Tode erleidet der Mensch die Läuterung der niederen Natur seiner Hüllen; beim Aufwachen des Bewußtseinslebens des irdischen Menschen innerhalb der elementalischen Hülle zunächst muß das innere Bewußtseinscentrum jene Hüllen durchleuchten und umbilden, doch bleiben letztere ihm erhalten, solange er das Leben auf Erden hat.
          Auch nach dem Tode wird das Bewußtseinscentrum des Menschen sich zunächst im Elementenmeere erleben, bis sich die Kräfte seiner eigenen elementalischen Hülle, die er unbewußt an sich trug, verfeinert haben. Jene Kräfte, die am tiefsten in die materielle Hülle eingedrungen waren und in derselben lebten, halten das Bewußtseinsleben nach dem physischen Tod solange an das Elementenmeer gebunden, bis dieselben sich losgelöst und die Neigung, sich zur materiellen Welt hinzuwenden, verloren haben. Dann erst kann das Bewußtseinscentrum zur oberen Hälfte der kosmischen Forma Elementalis aufsteigen, und es tritt aus der Erdensphäre in die des Makrokosmos ein. Die dichtere Erdensphäre erstreckt sich bis zu der des Mondes, während sich der feinere Teil derselben bis zur Sonnensphäre ausdehnt. Die Sonnensphäre selber liegt an der Oberfläche des Elementenmeeres und strahlt ihr Licht und Leben unmittelbar der oberen Hälfte der Forma Elementalis zu, während diese Kräfte erst durch die dichteren Stoffe des Elementenmeeres hindurch gehen müssen, bevor sie die niederen Sphären erreichen können.
          Wenn der Mensch auf Erden stirbt, so läßt er die physische Hülle dort zurück und nimmt nur dasjenige aus seinem Erdenleben mit, was er sich bewußt angeeignet hat und was durch die Kraft des Denkens, Wollens und Fühlens zu seinem Eigentum geworden ist.
           Verläßt der Mensch die untere Hälfte der Forma Elementalis, so läßt er jene elementalischen Kräfte im Elementenmeere zurück, die, wie das letztere, den Übergang von dem höheren elementalischen Leben zur materiellen Welt bilden. Auch hier kann der Mensch nur so viel behalten, als er mit seinem Bewußtsein erfaßt und sich zu eigen gemacht hat. Es sind das Kräfte, die mit der inneren Natur und dem sie belebenden Elemente zusammenhängen, deren Nachwirkung sich dann innerhalb der Natur der materiellen Welt und der Erde selber zeigt.
          Wird dann auch das innere Bewußtseinscentrum in der feinsten kosmischen Hülle, der Forma Sideralis, erwachen, so läßt der Mensch wiederum die höheren elementalischen Kräfte in der Forma Elementalis zurück und steigt mit dem, was er sich von jenem höchsten elementalischen Leben bewußt angeeignet hat, in das siderische Leben hinein. Hier wird das Bewußtseinscentrum zwölf verschiedene Phasen nacheinander durchleben, die es selber, als das Centrum inmitten derselben, in sich vereinigt. Dann erst ist das innere Bewußtsein eigentlich in sich selbst zurückgekehrt und hat sich als das Centrum der kosmischen Hüllennatur und des an dieselbe gefesselten niederen Seelenlebens erkannt.
          Während des Aufsteigens des menschlichen Bewußtseinscentrums aus der physischen Hülle bis in die siderische hat dasselbe sich von der Natur jener drei Hüllen losgelöst und sich aus dem niederen Seelenleben herausgehoben. Das aber, was sich der Mensch dabei bewußt angeeignet hat, ist als bewußtes Leben der eigenen Seele sein Eigentum geworden. Das, was aber an unterbewußten Naturkräften in ihm walten blieb, hat er in den verschiedenen Hüllen des Kosmos zurückgelassen, so wie er auf Erden den physischen Körper (dessen organisches Leben nicht vom menschlichen Bewußtsein durchdrungen war) als Leichnam den Erdenelementen und den Naturkräften überlassen mußte. Die Kräfte der Erde und des Kosmos nehmen dasjenige zurück, was sie dem Menschen vorübergehend überließen und sogar in gewisser Weise anvertrauten, damit der Mensch mit seinem inneren Bewußtseinscentrum, dem Spiegelbilde des Geistes, sich jener Kräfte annehme, um dieselben zu veredeln und zu seinem Eigentum zu machen. Die niedere Hüllennatur am Menschen stirbt langsam ab, indem sie in der Natur des Kosmos aufgeht. Ware es dem Menschen möglich, die ganze Natur seiner drei Hüllen vollständig mit der Kraft des inneren Bewußtseinscentrums zu erfüllen, so würde seine niedere Hüllennatur nicht länger in der Natur dos Makrokosmos aufgehen, sondern der Mensch würde die volle Herrschaft und Macht über seine dreifache Hülle erhalten, sodaß der Tod ihm dieselbe nicht entreißen könnte. Ein solcher Mensch wäre dann unsterblich, nicht nur was seine ewige, höhere Seele und seinen Geist anbetrifft, sondern auch in bezug auf das an den Kosmos gebundene Seelenleben, das er durch die Kraft des inneren Bewußtseinscentrums durchleuchtete, verklärte und sich zu eigen machte.
          Das innere Bewußtseinscentrum ist aber nur ein Spiegelbild des Geistes und kann nicht das vollbringen, was nur der Geist und zwar der Gottessohn allein ausführen kann.
          Das innere Bewußtseinscentrum im Menschen schwebt zwischen dem niederen Seelenleben, das an den Kosmos gebunden ist, und dem Leben der Seele, das über die Regionen des Kosmos weit erhaben ist. Wenn das Bewußtsein sich inmitten der zwölf Phasen der Forma Sideralis als Eingangspunkt und Centrum erkannt hat und auf sich selbst concentriert, so wird sich auch die höhere Peripherie als himmlische Seelenkraft offenbaren. Das innere Bewußtsein ist wie ein Funke, der nicht an sich bestehen bleibt ohne die Nahrung, die aus der Umwelt kommt und ihm die Möglichkeit gibt, zur Flamme zu werden. Wenn die untere Flamme des niederen Seelenlebens gelöscht worden ist, so bleibt der Funke des Bewußtseins zwar bestehen, doch braucht er dann den belebenden Hauch der himmlischen Seele, aufdaß aus jenem Funken ein dem Himmelreich zustrebendes Feuer entfacht werde. Die dreifache Kraft des Lichtes, des Klanges und des Lebens der himmlischen Seele wird dem Bewußtsein offenbar und führt dasselbe zur Erkenntnis des eigenen Wesens, sodaß es sich als Abbild des göttlichen Geistes erkennt. Die Verbindung des Bewußtseinslebens des Menschen mit der höheren Seelenkraft führt zum bewußten Erleben der All-Einheit, der Urweisheit, Urschönheit und Urreinheit, jenes einheitlichen Seelenprinzines, das als die Lichtjungfrau, die Urperipherie des centralen göttlichen Geistes, des Urcentrums im Himmelreiche offenbar wird. In ihr ist alles seelische Leben beschlossen, insoweit dasselbe das höhere überkosmische Seelenleben betrifft, von welchem die an den Kosmos gebundene niedere Seelenkraft nur das Zerrbild darstellt. Die Lichtjungfrau ist die göttliche Peripherie, durch welche Christus, der Gottessohn, die Allseele des Geschaffenen als Einheit, sowie jede einzelne Seele geistig berührt. Jede menschliche Seele muß erst, zum Ebenbild dieses einen seelischen Urbildes werden, bevor Christus sich als der göttliche Geist offenbaren wird und jene menschliche Seele zu seiner Peripherie machen kann. Christus kann sich auf verschiedene Weise offenbaren; jedoch unmittelbar und im Aspecte des göttlichen Geistes selber wird Er sich nur der höheren Seele, dem Ebenbilde der himmlischen Allseele,   kundgeben.  Vermittelst  jener  höheren  Seelenkraft  im  Menschen wird sein inneres Bewußtseinscentrum sich als der Funke des großen, himmlischen Feuers, des göttlichen Geistes selber, erkennen. Es wird sich als Eins mit Christus dem Gottessohn erleben, da es  aus  Ihm hervorgegangen ist, durch Ihn besteht und zu Ihm, der Eins ist mit dem Vater, wiederkehren wird.
          Das innere Bewußtsein, das sich aus der kosmischen Hüllennatur gelöst hat, bleibt in sich selbst concentriert in jener höchsten Region des Kosmos, die zum überkosmischen Reiche des Archäums hinüberführt. Der Übergang in das Archäum geht mit einer ersten Offenbarung der himmlischen Seelenkraft zusammen; letztere steigert sich bis zum Eintritt in das Reich
des Himmels, wo die Lichtjungfrau in voller Majestät thront. In der höchsten Region des Kosmos, wo das innere Bewußtsein auf sich selbst concentriert bleibt, wird es die erste Offenbarung seines eigenen Urbildes erleben können. Dieses Erleben nimmt zu an Intensität und führt zuletzt zur Anschauung der Imago Coelestis, des Urbildes des Menschen, das mit Christus Eins ist.

          Der Weg der Einweihung ist das getreue Abbild jener Erlebnisse, denn er führt das menschliche Bewußtseinsleben zunächst zur Läuterung (Katharsis) und zur Lösung aus den Fesseln des niederen Seelenlebens des eigenen Hüllennatur und der des Kosmos. Die erste Stute, die der Katharsis, geht deshalb zusammen mit dem bewußten Erleben der eigenen elementalischen und siderischen Hüllennatur. Dann mußte sich das innere Bewußtsemsleben auf sich selbst concentrieren, was in vorchristlichen Zeiten mit einem todähnlichen Zustande der dichtesten Hülle, des physischen Körpers, aus dem sich das Bewußtseinsleben teilweise zurückgezogen hatte, zusammenhing. Die zweite Stufe der Erleuchtung des Bewußtsein ist die Belebung des Funkens durch die dreifache Kraft der himmlischen Seele (des Lichtes, des Klanges und des Lebens) und führt zur geistigen Erweckung des menschlichen Bewußtseins in überkosmischen Reichen, im Archäum und im Himmelreiche, wo die Lichtjungfrau als Urbild der Seele offenbar wird. Nach der Erleuchtung ist das Wesen des Menschen im Geiste wiedergeboren und kann die dritte Stufe, die des bewußten Erkennens seines himmlischen, Urbildes als Imago Coelestis und die der Einswerdung mit dem Gottessohne Christus, erleben.
          Das Kommen des Gottessohnes auf Erden hat dem menschlichen Bewußtsein die Verbindung mit Ihm ermöglicht, und zwar auch dann, wenn dasselbe sich noch innerhalb des physischen Körpers befindet und erlebt. Bei jedem Übergang des Bewußtseins aus der einen kosmischen Hülle in die nächste wird es dem Menschen, der sich im Geiste mit Christus verbunden fühlt, möglich sein, das innere Bündnis zwischen dem inneren Bewußtseinsleben und Christus zu festigen. Wenn das Bewußtseinsleben sich dann aus dem niederen Seelenleben gelöst hat und auf sich selbst angewiesen, ist, wird es im Innern jenen Geisteskeim finden, den der Erlöser der Erdenmenschheit durch Seinen Opfertod und Seine Auferstehung brachte. Weil das innere Bewußtsein diese Stärkung und geistige Erneuerung erhalten hat, ist es imstande, sich, während es die Katharsis durchmacht, auch innerhalb der dichtesten Hülle, des physischen Körpers, aufrecht zu erhalten. Deshalb ist jener todähnliche Zustand, der mit den vorchristlichen Einweihungen stets verbunden war, nach dem Erscheinen Christi auf Erden nicht mehr notwendig, denn es wurde der lebendige Übergang vom kosmischen zum himmlischen Bewußtsein durch Christus selber geschaffen.
         
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IX.

Das Herz als Weisheitscentrum.

          Wenn gesagt wurde, daß das innere Bewußtseinsleben des Menschen, durch den Lebensstrom des Kosmos mitgeführt, innerhalb der elementalischen Hülle aufwachen wird, so bedeutet das, daß es heute die Aufgabe der gesamten Menschheit geworden ist, sich mit dem inneren Bewußtsein in den Kosmos hineinzuleben und mit den Kräften des Denkens, Wollens und Fühlens dasjenige, was dann als Umwelt erscheinen wird, bewußt zu erfassen. Wenn man sich dieses Sicheinleben in die elementalische Welt, zunächst das Elementenmeer, räumlich vorstellen wollte, so könnte gesagt werden: das innere Bewußtseinsleben des Menschen und sein Denken, Wollen und Fühlen erweitern sich in der Weise, daß sie tiefer in das Wesen der materiellen Erdenwelt hineindringen und gleichzeitig sich anschicken, sich in die Erdensphäre, die sich bis zur Mondsphäre erstreckt, einzuleben.
          Auf diesem psychischen Weg kann die unmittelbare Einswerdung mit Christus nicht erreicht werden; doch ist es unbedingt notwendig, daß eine mittelbare Beziehung zum Herrn und König des Universums und des Himmels dem inneren Bewußtseinsleben des Menschen gegeben wird, weil diese ihm allein die Kraft verleihen kann, die kosmische Pilgerfahrt auf richtige Weise zu vollenden. Deshalb soll hier auf Erden schon die innere Beziehung zu Christus der Ausgangspunkt sein, aufdaß dieselbe innerhalb einer jeden weiteren Region des Kosmos bewußt aufrecht erhalten und aufs neue besiegelt werden könne. Auf Erden erschien der Gottessohn als Mensch unter den Menschen und offenbarte sich den Menschen, damit sie Ihn als den Gottmenschen und den Menschensohn anerkennen und durch Ihn die Erlösung erhalten sollten. In die Regionen des Kosmos kam Er zu Wesen aus den Hierarchien, um diesen die Erlösung zu bringen und nahm für dieselben jene Gestalt an, die der ihrigen entsprach. Deshalb wird es dem Erdenmenschen, der den Gottessohn auf Erden, wo Er in menschlicher Gestalt erschien, nicht anerkannt hat und sich im inneren Bewußtseinsleben nicht mit Ihm verbunden fühlte, nicht möglich sein, Ihn innerhalb der kosmischen Regionen als den Erlöser, Christus, zu erkennen, es sei denn, daß Er selber sich einem Menschen offenbaren will, wie es dem heiligen Paulus geschah.
          Da die gesamte Menschheit, wenn auch noch unbewußt, den Weg betritt, der sonst zur Einweihung führte, so muß der Hierophant anerkannt und beachtet werden, der jede Einweihung immer geführt und geleitet hat. Heute ist Christus der große Hierophant, der die Unwissenden zum Geisteslichte bringt, denn Er allein kann diese Menschheit führen, sie von ihren Schwächen, Sünden und seelischen Krankheiten heilen und sie zur Auferweckung im Geiste leiten. Die geistige Begegnung mit diesem Hohenpriester and Hierophanten findet im Innern des Herzens, im Centrum des physischen, organischen Lebens und des Lebens der feineren Hüllen des Menschen statt. Im Herzen verbindet sich der centrale Ausgangspunkt des physischen Lebens mit dem der elementalischen und der siderischen Hülle. Das Herz vertritt auch das Centrum des inneren Bewußtseinslebens und ist die Stätte, wo das Opfer auf dem Altar des Allerheiligsten in dem Tempel des menschlichen Leibes gebracht wird. Der geistige Keim ist durch das Opfer des  Herzblutes Christi der Menschheit ins Herz gelegt worden, um aus dem Acker des inneren Bewußtseinslebens die Nahrung zu erhalten und dort aufzublühen. Das Herz ist ein verschlossenes Gefäß der Gnade und der Heiligkeit, und wenn dasselbe sich öffnet, so strömen die innere Gnade und das geistige Leben nach außen und vereinigen sich wiederum mit dem göttlichen Geiste. Nicht nur der ganze Kosmos ist im Herzen enthalten, sondern auch der ganze Himmel liegt ihm geschlossen; im geistigen Keim liegt das wahre Wesen des Menschen, sein himmlisches Urbild, verborgen.
          Schon in vorchristlichen Zeiten wußten die weisen Brahmanen des alten Indien, die in die Vedanta Weisheit eingeweiht waren, daß in dem Herzen jener Keim des großen Atma verborgen lag, durch den die Einigung des Djiwatmas, des menschlichen Ichwesens, mit dem großen Atma aus dem es hervorgegangen war stattfinden konnte. Wenn das Herz des Menschen rein geworden ist und in sich selbst aufgeht, so geht es in die große All-Einheit des Atma ein, — so wurde damals gelehrt.
          Über die individuelle geistige Beziehung des menschlichen Wesens zu Christus konnte damals nicht gelehrt werden, als die Person Christi noch nicht auf Erden bekannt war, da sich das göttliche Lichtwesen, durch welches alles Geschaffene entstanden war, zwar innerhalb der Regionen des Kosmos, aber noch nicht auf Erden offenbart hatte.
          Die weisen Brahmanen betrachteten das Denken auch wie eine Tätigkeit des Herzens, weil damals die Spaltung zwischen dem Herzen und dem. Gehirn noch nicht so stark auftrat. Das Denken geschah durch eine Kraft, die unmittelbar aus dem inneren Erleben des Herzens hervorquoll und sich nach oben zum Gehirn wandte. Deshalb war dieses Denken eine lebendige, schaffende Kraft, die aus dem inneren Bewußtseinscentrum des Menschen aufsteigen konnte und dann vermittelst der Gehirntätigkeit reguliert und differenziert wurde. Das Denken war eine Tätigkeit, wodurch der aus dem Herzen hervorsprudelnde Strom der lebendigen Weisheit vermittelst des Gehirns geregelt und geordnet wurde, aufdaß diese Weisheit in der Form der concreten Gedanken der Außenwelt Überliefert und für sie aufbewahrt werden konnte. Die überlieferten Gedanken sollten wiederum das Gehirn anderer berühren, dann aber bis zum Herzen der Betreffenden dringen, und so den umgekehrten Weg zurücklegen, um das innere Bewußtseinsleben anderer zu stärken.
          Die große Spaltung zwischen dem Herzen und der Gehirntätigkeit bereitete sich erst in Ägypten vor, wo nach einer jahrhundertelangen Blütezeit die Weisheitsquelle der wahren Mysterien versiegen mußte, weil sich Idas Volk den niederen Kulten der benachbarten Völkerschaften hingab und sie den wahren Weisheitsmysterien vorzog.
          Die griechische Kultur und ihre Mysterien sind auf das gegründet, was eine Nachwirkung aus jenen Zeiten ist, wo noch die Weisheitsquelle aus dem Herzen der ägyptischen Mysterien floß und die Kraft des Denkens beleben konnte. Doch ist es hauptsächlich das vom Gehirn erfaßte Schattenbild des mächtigen Stromes der lebendigen Weisheit, das die Mysterien und die Kultur des alten Hellas hervorbrachte. Der Strom selber floß nicht unmittelbar in jene Kultur ein, denn das Herz der mächtigen Mysterien Ägyptens wurde vom letzten, wahren Hohenpriester der alten Weisheit, Moses, hinausgetragen. Dieses innere Centrum der Mysterien, in dem das große Zeichen, als das Symbol des allerheiligsten Namens Gottes eingeschrieben war, bildete die Anknüpfung zwischen Gott und der Menschheit. bis die Zeit kam, wo Christus, der Sohn Gottes, selber auf Erden erschien, um Seinen göttlichen Geist mit der Menschheit zu verbinden. Im alten Ägypten klang noch die Gewalt des göttlichen Wortes, vermittelst der Mysterienweisheit, mit der nach außen hin gerichteten Kultur zusammen, deshalb ist diese ägyptische Kultur so monumental, so gewaltig, so tief und feinsinnig. Hier sind keine Unbestimmtheiten, denn alles Denken geht aus dem inneren, centralen Erleben hervor, und alles Schaffen ist aus dem Leben der Seele selbst entstanden. Die Wissenschaft ist kristallisierte Weisheit, die Kunst ist kristallisierte Schönheit. Jede materielle Form ist der Ausdruck eines weisheitsvollen Gedankens der Harmonie und des Ebenmaßes, die sich zweckmäßig verkörpert haben. Sogar die einfachsten Gegenstände, die für den alltäglichen Gebrauch angefertigt wurden, trugen ein ähnliches Gepräge. Die Tragik des alten Hellas besteht darin, daß nur das Schattenbild der lebendigen Weisheit aus den ägyptischen Mysterienstätten die Basis der Mysterien und Kultur Griechenlands bildete. Der eigentliche Lebensstrom fehlte; wohl konnte jenes Schattenbild veredelt und verfeinert werden und klug und schön ausgearbeitet sein, doch niemals hatte es jenes innere Leben, das nur unmittelbar vom Herzen ausströmt und nicht aus dem Gehirn entstehen kann. Das ist der Unterschied zwischen der Mysterienweisheit und der Kultur Ägyptens und der des Hellas, daß die erstere mit dem inneren Lebensstrom, der aus dem göttlichen Centrum hervorging, durchdrungen war, während die letztere nur von dem schon Vorhandenen zehrte, das zwar bearbeitet und umgeformt wurde, doch nur den schwachen Abglanz des inneren Lebens aufweisen konnte. Deshalb macht auch das Allerbeste, was die Mysterien und die Kultur Griechenlands hervorbrachten, immer den Eindruck eines sehr vollkommenen Abbildes der Weisheit, der Schönheit und des inneren Lebens, jedoch nicht den des Wesens jener drei Prinzipien selber, im Vergleich mit dem, was einmal in Ägypten war.
          Die innere Kraft, die einstmals mit den Mysterien Ägyptens verbunden war, als noch das große Zeichen seine Gewalt innerhalb der letzteren ausübte, ist übertragen worden auf das Allerheiligste, das mit der Bundeslade dem israelitischen Volke durch Moses überliefert wurde. Auch in der Heiligen Schrift ist diese innere Kraft, die nunmehr unmittelbar auf das innere Bewußtsein im Centrum des Herzens einwirkt, ohne den Weg über das Denken und die Gehirntätigkeit zu nehmen, zu finden. Nicht nur mit dem Denken, sondern unmittelbar mit der im Herzen waltenden Weisheitskraft muß die Heilige Schrift erfaßt werden, wenn der Inhalt derselben, dem inneren Wesen nach, verstanden sein will. Wo die Heilige Schrift nicht in der Weise erfaßt worden ist, bleibt die innere, tiefste Bedeutung derselben unverständlich, denn das Denken vermittelst des Gehirns allein ist nicht dazu geeignet, so unmittelbar auf das innere Herzensleben zur zurückzugreifen, daß es das dort eingeschriebene, verborgene Zeichen Gottes zu deuten vermag.
          Die Wiedervereinigung zwischen Herz und Gehirntätigkeit im geistigen Sinne wurde wieder eingeleitet durch das Kommen Christi, des geistigen Herzens der Menschheit, auf Erden. Dasselbe machte zunächst den Weg nach dem Lande Ägyptens zurück, und dann offenbarte es seine Gotteskraft im Lande und dem Volke der Hebräer, wo der Menschensohn den Opfertod erleiden und vom Tode auferstehen sollte.

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X.

Das innere Herzensleben.


          Während der ersten Jahrhunderte nach Christus war es die Aufgabe der christlichen Menschheit, das innere Seelenleben zu reinigen, auf daß das Herz, als das Centrum des inneren Bewußtseins, in welchem der neue Geisteskeim im Verborgenen ruhte, nun in sich selbst aufgehen konnte. Das Willens- und Gefühlsleben sollte geläutert werden, auf daß die niedere Natur umgewandelt und zur Dienerin des höheren Seelenlebens erhoben werden konnte. Dann konnte sich auch der machtvolle Strom der lebendigen Weisheit und des inneren geistigen Lebens von dem geläuterten Herzenscentrum aus zu dem Gehirn hinwenden, um dort dem in den Menschen einstrahlenden Lichte der geistigen Erleuchtung zu begegnen und dann wiederum zum Herzen zurückzukehren, um dort das centrale Bewußtseinsleben zu ergreifen und zu durchleuchten.
          Als dann die große Mehrzahl der Menschen diese Aufgabe nicht erfüllt hatte und die Läuterung des Herzens nicht eintrat, da konnte sich das innere Bewußtseinsleben jener Menschen nicht vom Centrum aus zum einstrahlenden Geisteslicht erheben, weil dieses Centrum starr und dunkel geblieben war und immer noch an der niederen Hüllennatur haftete. Das Herz war nicht gereinigt, war nicht in sich selbst aufgegangen, deshalb entstand dann wiederum eine Trennung zwischen jenem inneren, centralen Herzensleben und der Gehirntätigkeit. Zwar wirkte das von oben her abstrahlende Geisteslicht der Erleuchtung anregend auf die Gehirntätigkeit, doch konnte letztere das hohe Geisteslicht nicht verinnerlichen und nicht zum Herzen zurücksenden, weil die belebende Strömung des inneren Lebens nicht stark genug auf die Gehirntätigkeit einwirken konnte.
          Das Geisteslicht leuchtete zwar in das Denken hinein, doch konnte es dasselbe nicht erfüllen; es konnte auch das schwere, ungeläuterte Herz nicht erreichen, nicht in die Dunkelheit desselben hineinleuchten. Es wurde mit der Zeit diese geistige Spaltung zwischen Gehirn- und Herztätigkeit immer größer, so daß die spätere Kultur nicht einmal mehr die Höhe und Tiefe der des alten Griechenlands erreichen konnte und nur zur Zeit der „Renaissance" ein schwaches Abbild derselben wiederzugeben vermochte. Das vom Herzenscentrum abgetrennte Denken führte die Menschheit immer tiefer in das Reich der Schatten hinein, wo nur die blassen Abstractionen noch als dämmerhafte Gedanken formen hin und her schwebten; denn die Erleuchtung drang nicht in das Wesen des Menschen selber ein und konnte nur die an das Gehirn gebundene Denkkraft von außen her anregen. Das Herz aber blieb starr und stumm, verschloß das innere Leben in sich und wandte sich mehr zur niederen Natur hin.
        Die Menschheit fühlt sich stolz und rühmt sich ihres concreten, praktischen, rationalistischen Denkens, das kalt, kritisch und mitleidslos der Außenwelt gegenüber, nur noch sich selbst als Mittelpunkt und Ziel betrachtet. Das Herz aber wird verleugnet und das innere Leben desselben erstickt, denn ebenso stolz wie die Menschheit auf ihr Denken ist, als ebenso entwürdigend betrachtet sie es zu steigen, daß ein inneres Herzensleben im geistigen Sinne noch in ihr verborgen liegt.
          Einst blühte die Mystik; die übernatürliche Weisheit und die Schönheit bildeten sich in Wissenschaften und Künsten ab. Das alles ging vorbei, denn die Mystik, die aus dem geistigen Herzensleben der christlichen Kirche a1s der lebendige Weisheitsstrom hervorging und sich erhob zur geistigen Denkkraft, durch deren Licht das innere Geistesleben dann in Gedanken und Worten gebildet und geformt wurde, um sich der Außenwelt kund zu tun, wurde immer seltener. Statt dessen erschien das vom Herzensleben abgetrennte und abstracte Denken, das ohne die belebende Kraft des Herzens nichts Lebendiges, daher auch nichts wesentlich Geistiges hervorbringen kann, sondern nur schattenhafte Gedankenarmen bildet. Das Gehirn kann wohl das Herzensleben spiegeln, abklären und ordnungsgemäß in bestimmte Formen einteilen, doch nie von sich aus schaffend tätig sein, ohne die Belebung jener Weisheitskraft und jenes inneren Bewußtseinslebens, das an das Centrum des Menschenwesens, das Herz, geknüpft ist. Der Mensch selber wird zwar die abstracten Gedanken mit seinem Gehirn aufnehmen und verarbeiten, doch nie werden jene Gedankenformen, die ohne die belebende Kraft des Herzens durch die bloße Gehirntätigkeit entstanden sind, das innere Wesen eines Menschen ergreifen. Dieselben bleiben wohl am Menschen hängen, als wären sie zu seiner Peripherie geworden, doch nie erreichen, sie das Centrum des inneren Lebens selber.
          Die übernatürliche Weisheit verschwand aus der Wissenschaft, sowie auch die übersinnliche Schönheit aus der Kunst; erstere wurde zur bloßen Erforschung irdischer, natürlicher Dinge; letztere wurde zur Nachbildung derselben. So steht die Menschheit heute an einem Punkte, wo es — mit wenigen Ausnahmen — keine wahre Mystik, keine wahre Wissenschaft und keine wahre Kunst mehr gibt, und dieser Punkt wird zum Wendepunkt werden müssen.
          Die leere Wüste des seelischen Lebens, der innere Tod des centralen Geistesleben im Menschen ist entstanden, weil das Herz ungeläutert blieb und deshalb in sich verschlossen, dunkel und der niederen Natur zugewandt ist. Beim Herzen muß der Mensch wiederum anfangen und dieses innere Centrum als das verschlossene und kostbarste Heiligtum des Tempels öffnen. Doch nur reine Hände vermögen es, jene goldenen Tore zu berühren.
          Alles Irren und Suchen in der Außenwelt nach neuen, belebenden Kräften oder nach anderen Heiligtümern ist nutzlos. Das schärfste Denken, der größte Tatendrang, die gefühlvollste Schwärmerei, sie alle werden nur ablenken vom einigen wahren Wege und weiter nichts erreichen können. Die Menschheit, die ihr eigenes Innenleben seit Jahrhunderten vernachlässigte und dem innersten Herzensleben den Rücken zuwendete, um nur in die Außenwelt hineinzuschauen, sie soll sich umwenden und in das innerste Heiligtum eingehen, wo sie das Allerhöchste, das Eine, was ihr nötig ist, finden wird. Dort ist dann auch der Schlüssel zu finden, der dem Menschen die großen Geheimnisse seiner Umwelt eröffnet. Nicht länger wird er a u f diese Umwelt blicken, wenn er sich ihr wiederum zuwendet, sondern er wird dann i n dieselbe hineinschauen und dadurch das richtige Verständnis für sie erhalten. Denn wenn der Mensch sich selbst im Geiste gefunden hat und das Geheimnis seines innersten Wesens ergründete, dann wird ihm auch die Außenwelt ihr inneres Wesen erschließen.


          Die Heilige Schrift spricht von dem Bau des großen, mächtigen Tempels Salomos, des weisen Königs, der die ihm innewohnende Weisheit in diesem wunderbaren Bauwerke abbilden wollte. Dieser Tempel war das Symbol des gesamten Kosmos, des Archäums und des Himmels, das auf Erden errichtet werden sollte, weil das göttliche Wort, durch das alles geschaffen worden war, als der Erlöser der Menschheit in Menschengestalt auf diese Erde kommen würde. Wie die Vorbereitung zu Seinem Kommen, wie die Stätte, wo Sein Geist walten sollte, und wie ein Vorbild desjenigen, was die Seele des Volkes, innerhalb dessen Christus erscheinen würde, darstellen sollte, war der Bau jenes Weisheitstempels gemeint. So wird im Alten Testament der Bau des Tempels der Vorbereitung beschrieben.
          Das Neue Testament spricht von dem mächtigen Tempel zu Jerusalem zur Zeit, da Christus auf Erden lebte. Es spricht vom Allerheiligsten mit seinen goldenen Toren, seinen Reichtümern und von dem mächtigen Hohenpriester, von den Ältesten, Schriftgelehrten und Pharisäern. Auch dieser Tempel ist der Ausdruck der Seele des Volkes, in dessen Mitte Jesus Christus als Mensch geboren wurde und lebte. In diesem Tempel redet zwar Christus, doch nicht wie an der Stätte, die für Ihn errichtet worden war, nicht wie Einer, der das Recht erhielt, das Allerheiligste im Tempel zu betreten. Wie ein Außenstehender, ein Fremder steht Er diesem Tempel gegenüber, denn dieser mächtige Bau ist von einem anderen Geiste erfüllt als dem Seinigen. Aus diesem entweihten Tempel treibt Er die Wucherer, Wechsler und Händler aus wie unreine Elemente, die dort eingedrungen sind. Den Priestern, Schriftgelehrten und Pharisäern, die zum Tempel gehören, wirft Christus ihre Heuchelei, Würdelosigkeit, ihren Stolz und ihre Machtgelüste vor, und an dem Maß und der Größe Seiner Weisheit lernen sie den eigenen Mangel an Weisheit kennen. Während Seines Lebens auf Erden blieb dem Menschensohne das Allerheiligste im Tempel verschlossen; Christus selber war es nicht erlaubt, das innerste Heiligtum zu betreten, wohl aber durfte es der Hohenpriester, der den Erlöser kreuzigen ließ. Hier ist fürwahr der treffende Beweis dafür, wie leer und hohl, wie trügerisch und lasterhaft jener Geist geworden war, der den scheinbar so mächtigen und äußerlich imposanten Tempel zu Jerusalem zur Zeit Jesu Christi beherrschte. An dieses zweite Bild des Tempelgebäudes, das innerlich so gottverlassen war, so daß Christus keinen Platz noch Würdigung darin fand, ist ein drittes Bild, das des zerstörten Tempels, geknüpft. Diese Zerstörung beginnt in dem Augenblicke, als der Erlöser am Kreuze stirbt, wie es der Hohenpriester befohlen hat. Der Vorhang des Allerheiligsten zerriß; das Allerheiligste, als das Herz des Tempels, in dem für Christus kein Platz gewesen, mußte zerbrechen im Augenblicke, da das mächtige Herz der Menschheit und des Alls den menschlichen Körper auf Erden verließ.
          Das wahre Herz und der wahre Tempel der Menschheit, als der auferstandene Leib Christi, der nach drei Tagen wiederum erbaut war, blieben der Erdenmenschheit bewahrt. Das verdorbene Herz des entweihten Tempels aber zerbrach, und der Tempel verlor damit sein Lebenscentrum, so daß die gänzliche Zerstörung dann bald folgen mußte.
          Mit drei Zuständen können drei Epochen der Menschheit verglichen werden.
          In den vorchristlichen Zeiten errichteten diejenigen, die das Kommen Christi auf Erden voraussahen, da sie Ihn schon innerhalb der kosmischen Regionen geistig schauen konnten, den Tempel der esoterischen Weisheit, die .wahren Mysterienstätten. Innerhalb derselben wurden die Menschen auf das größte aller Ereignisse vorbereitet, bis auf die Zeit, wo das größte, das göttliche Mysterium auf Erden erschien.
          Christus kam als der reine, heilige Tempel, in dessen innerstem Heiligtum die gefallene Erdenmenschheit ihr wahres, himmlisches Urbild erkennen sollte, da Er dasselbe wiederum mit jener Menschheit verbinden wollte. Diejenigen, die Ihn anerkannten und sich zu Ihm, als zu dem Gottessohne, bekennen, bilden die wahre Menschheit auf Erden. Die Ihn verworfen haben und nicht anerkennen wollen, stehen noch heute unter der Herrschaft jenes verdorbenen Geistes, der einstmals innerhalb des scheinbar unverwüstlichen Tempels zu Jerusalem und innerhalb dei Priesterschaft desselben waltete; und dieser Geist führt auch noch heute zur Verwüstung und zur Vernichtung derer, die ihm dienen.
          Von dem physischen Körper, der elementalischen und der siderischen Hülle des Menschen kann erst wie von einem Tempel geredet werden, nachdem Christus, da Er in Menschengestalt auf Erden lebte, die menschlichen Hüllen geweiht hat und seine göttliche Kraft in das innerste Heiligtum, das Herz des Menschen, legte, Die dreifache Hülle des Menschen ist kosmischirdisch, und die Natur derselben ist dualistisch wie der Kosmos und deshalb nicht dem inneren, wahren Wesen des Menschen entsprechend. Im Tempel des menschlichen Leibes wohnen deshalb niedere Naturkräfte, als unreine Tierwesen, als Schacher und Wucherer, die den Tempel verunreinigen, solange nicht der Geist Christi jene Dämonen verjagt und den Tempel gesäubert hat. Erst nach der Reinigung des Tempels kann Christi Geist denselben erleuchten und endlich in das innerste Heiligtum desselben als der Erlöser, der Hohepriester und der Hierophant, eintreten. Dann erst wird der Tempel zum Haus Gottes, wenn Christus im Herzen des Menschen bleibend wohnt.
          Doch soll dasjenige, was als Seiner unwürdig befunden wird, absterben und vernichtet sein, auf daß der neue Tempel erbaut werde. Der mystische Tod soll im inneren Menschen stattfinden, auf daß die Auferweckung im göttlichen Geiste erlebt werde. Doch wenn ein Mensch die Reinigung und die Erleuchtung des Tempels, sowie der Einzug Christi in sein Herz, als die Einswerdung mit Ihm, nicht erlebt hat, so bleibt die kosmisch-irdische Hülle des natürlichen Menschen jenem unreinen Tempel gleich, dessen innerstes Heiligtum dem Gottessohne verschlossen war, wahrend die Geister der Unreinheit und anderes Gesindel einen freien Zutritt haben.
          Das innere Bewußtseinscentrum im Herzen des Menschen ist dem Hohenpriester gleich, der nur dann ein wahrer Priester sein kann, wenn der Geist Christi ihn erfüllt. Auch das innerste Heiligtum soll Christus völlig angehören, denn das Herz des Menschen teilt das Schicksal seiner Hüllennatur und bleibt derselben teilweise zugewendet, solange es an sich bleibt und der dualistischen Natur des Kosmos unterworfen ist. Der Kosmos, so wie derselbe sieh gestaltet hat, ist ein Kampfplatz, wo sich die Hierarchien der Engelwesen, die den Willen Gottes ausführen, und andere Wesen, die sich jenem Willen widersetzen, begegnen. Der Widerstand findet seinen Ausdruck in der immer dichter werdenden Materie im Kosmos bis auf jene festere Materie der physischen Welt, die die letzte Folgewirkung jenes Widerstandes innerhalb der niedersten Region des Kosmos darstellt. Deshalb bildet jene physische Welt auch die letzte Grenze des Gebietes, wo die gottergebenen Hierarchien wirksam sind. Was tiefer liegt, gehört dem Reiche des Widersachers allein an und liegt in unterkosmischen Regionen. Innerhalb der kosmischen Regionen leben solche Wesen, die zwar ihrer Natur nach, doch nicht dem Geiste nach, teilweise vom göttlichen Leben abgefallen sind. Für diese Wesen, zu denen die kosmisch-irdische Menschheit gehört, führt der Weg aus der dichtesten materiellen Welt hinaus durch die Befreiung von der dichtesten Hülle, vom physischen Körper. Für diese Wesen, welche innerhalb der niedersten kosmischen Region verkörpert leben müssen, ist der Tod die natürliche Befreiung von der dreifachen Hülle, die ohne die Mitwirkung des Bewußtseinscentrums stattfindet. Der innere, mystische Tod ist aber eine übernatürliche Befreiung, eine Überwindung und eine Verwandlung der dreifachen Hüllennatur als eine Verklärung jener Natur, ohne daß die Hülle selbst dabei abgelegt wird und das innere Bewußtseinsleben sein Wirken innerhalb der physischen Welt aufzugeben hat. Der natürliche Tod führt zur Vernichtung des Tempels, weil derselbe unrein und dem wahren inneren Wesen des Menschen nicht angepaßt war; es muß das Herz zerbrechen, damit das im unerleuchteten, inneren Heiligtum weilende Geistesleben frei werde. Der übernatürliche, mystische Tod bewirkt die Reinigung und Erleuchtung des Tempels, damit der Geist Gottes in das innere Heiligtum des menschlichen Herzens einziehen kann.


          Das physische Herz des Menschen weist eine Einteilung in vier Kammern auf, und diese entspricht demjenigen, was im Kosmos die Teilung des Raumes in vier Richtungen darstellt. Das Herz als Lebenscentrum des menschlichen Körpers, des Mikrokosmos, hat für diesen Organismus dieselbe Bedeutung wie die centrale Sonne, das Lebenscentrum des Kosmos, es für jenen großen Organismus, den Makrokosmos, hat. Das Lebenscentrum der elementalischen und der siderischen Hülle fällt  mit dem physischen Lebenscentrum im menschlichen Körper zusammen. In letzterem  liegt  der Anknüpfungspunkt zwischen den drei genannten Hüllen des Menschen, und deshalb muß, in esoterischem und symbolischem Sinne, das Herz immer als das Lebenscentrum des physischen Körpers betrachtet werden, weil eben letzterer nur vermittels des Anknüpfungspunktes mit der Lebenskraft der elementalischen und der siderischen Hülle als lebendiger, einheitlicher Organismus bestehen bleibt.
          Im Makrokosmos hat sich das physische Centrum im Corpus Materiale des Kosmos in eine Vielheit von physisch wahrnehmbaren Centren, als Sonne mit ihren Planetensystemen, zerspaltet, die sich doch alle um ein Centrum bewegen. Dieses einheitliche Centrum ist in der Forum Elementalis und in der Forma Sideralis wahrnehmbar und fällt in beiden zusammen sowie im Herzen des Mikrokosmos. Den unmittelbaren Anblickt dieser siderisch-elementalischen Sonne können die Geschöpfe, die in physischen Hüllen leben, mit den Sinnesorganen ihres Körpers nicht wahrnehmen.
          Der Mikrokosmos enthält, als Abbild der verschiedenen, zur Sonne gehörigen Planeten, diejenigen Hauptorgane, die unmittelbar um das Herz herum liegen. Der weitere Umkreis, der die Begrenzung des menschlichen Organismus darstellt, ist mit der gesamten Welt der physisch wahrnehmbaren Gestirne zu vergleichen. Der Kopf des Menschen als die nach oben hin projizierte Spiegelung des centralen inneren Bewußtseins des Herzens und das Organ der nach oben gerichteten Denkkraft hat die siebenfache planetarische Einteilung nicht innerlich und central, sondern nach außen gerichtet und peripherisch ausgebildet; diese zeigt sich in jenen sieben Öffnungen, durch welche die Sinnesorgane zur Umwelt in Beziehung treten.
          Das Herz des Menschen wird von einer vertikalen und einer horizontalen Linie durchschnitten, wodurch die Einteilung in die vier Kammern entsteht. In der Mitte jenes inneren Kreuzes, wo die beiden Linien einander schneiden, liegt der winzig kleine und doch unermeßliche, allumfassende Punkt, wo das innerste Bewußtsein lebt und webt. Dort hat die centrale Willenskraft ihren Sitz, und dort ist auch der Geisteskeim in das Herz versenkt worden, der den Menschen mit seinem Erlöser verbindet.
          Wenn jene Linien im Herzen nach draußen weitergezogen werden, erstreckt sich die vertikale Linie nach dem Kopfe und nach den Füßen des menschlichen Körpers und zeigt die vertikale Haltung desselben an.
          Im Makrokosmos entspricht diese Linie der Nord-Süd-Richtung und auf der Erde selber der Linie, die Nord- und Südpol verbindet.
          Wird die horizontale Linie durchgezogen, so folgt diese der Richtung der ausgestreckten Arme des Menschen und entspricht im Makrokosmos der Ost-West-Richtung, auf Erden der Äquatorlinie. Wenn der Mensch sich so mit ausgebreiteten Armen aufstellt, dann wird an ihm die Kreuzesform wiederum sichtbar, aber diesmal nicht im Innern, wie im Herzen, sondern äußerlich.
          Bei dieser äußeren Kreuzesform bilden sich die inneren Kreuzeslinien mit dem Centrum in der Mitte derselben ab und projizieren sich nach außen. Das Herz breitet sich über die Umwelt aus, der Wille wird dabei zur Tat, das innere Bewußtseinsleben erfaßt und umfaßt seine Umgebung, der Geist, der im Herzen lebt, offenbart sich nach außen — das große Opfer, die Opferung des innersten Wesens des Menschen in völliger Hingabe, zum Heile der Welt, wird dadurch symbolisiert. Wenn noch die Verbindungslinie zwischen den vier äußersten Punkten des menschlichen Körpers, dem Kopfe, den beiden Händen und Füßen gezogen wird, dann ergibt diese Linie eine ovale Form, die, wie das Gebilde eines großen, erweiterten Herzens, den ganzen Körper des Menschen umschließt.
          Dieses Symbol und die tiefere Bedeutung desselben können den Menschen, der sich ernsthaft jene Linien in die Seele schreiben will und das Vorbild und das Ziel des inneren Menschenwesens damit vorgezeichnet sieht, mit neuem Geistesleben erfüllen. Nicht tote Striche, sondern lebendige Strömungen sind die Linien des inneren Herzenskreuzes und die des äußeren körperlichen Kreuzes am Menschen, Vom inneren Herzenskreuze ausgebend, soll der Mensch mit diesem Kreuze sich nach außen hin, sich selbst opfernd, sich hingebend für seine Umwelt, erleben. Dadurch wird ihn ein neues, inneres Seelenleben erfüllen, so daß allmählich (wenn es regelmäßig und täglich betrachtet wird) eine innere Verwandlung im Menschen vorgeht. Er wird von selbst ein unendlich tieferes Empfinden erhalten für das, was mit der Kreuzigung Christi geschehen ist, wenn das innere Kreuz und das Centrum des Herzens bezogen werden auf das Erlösungsopfer Christi, auf das Erbarmen, die Liebe und das unendliche Mitgefühl, die Er im Herzen trug, als Er sich zur Erlösung der Menschheit opferte und das Blut aus der Herzwunde floß. Das Kreuz des Körpers, als das veräußerlichte Kreuz, wird auf die Kreuzigung Christi auf Golgatha bezogen, wo das im Innern des Herzens lebende Erbarmen und die Liebe zur Tat geworden sind, und wo die Worte des Erlösers ausgesprochen werden: „Es ist vollbracht!"
          Wenn das innere Wesen des Menschen sich vom Herzen aus, wo es in der Verborgenheit das Kreuzeszeichen erlebt, nach außen offenbart, wird der wahre innere Mensch sich innerhalb der materiellen Welt immer wie an jenes Kreuzeszeichen, das durch den eigenen physischen Körper dargestellt ist, gefesselt erleben.
          Eine regelmäßig durchgeführte Gedankenconcentration auf jenes Bild und eine Meditation der Seele darüber bildet den Ausgangspunkt zu dem, was nicht mehr bloß auf Tatsachen der materiellen Welt hinweist, sondern zu dem Gebiet des Übernatürlichen hinüberführt. Der Mensch, der sich auf diese Weise auf sein eigenes Innenleben besinnt und sich dabei für eine kurze Zeit der Sinneseindrücke und der Umwelt verschließt, wird sich allmählich einer neuen inneren Kraft bewußt werden, die, vom Herzen ausstrahlend, sein inneres Wesen belebt, das innere Seelenleben durchleuchtet und den ganzen Organismus wie mit innerer Warme und innerem Lichte durchflutet. Das Herz, als erster Ausgangspunkt und als die Urquelle jener belebenden, neuen Kraft, teilt dieselbe dem äußeren Körper mit, und diese „Äußere Projizierung des inneren Herzens strahlt auch in die Umwelt jene starke  Kraft  weiter  aus.   Wenn  das   geschehen  ist,  beginnt  das  Herz  sich zu öffnen, und es tritt eine neue Phase der Offenbarung des inneren Lebens ein. Das innere Centrum, in der Mitte der Kreuzeslinien des Herzens, durchbricht geistig die materielle Begrenzung und bahnt dem inneren, an den physischen Körper gebundenen Bewußtseinsleben des Menschen den Weg zu einer neuen Welt.
         Gleich wie das materielle Samenkorn sich öffnet, wenn die hervor-sprießende Gestalt der Pflanze sich zu entfalten beginnt, eröffnet sich das Kreuz im Herzen und aus der Mitte desselben geht eine neue Blüte hervor. Nicht wie die physische Pflanzenform aus dem physischen Samen erscheint jene Herzensblüte in materieller Gestalt, sondern sie ist das Gebilde des elementalischen Herzens, das innerhalb der elementalischen Hülle des Menschen eine ähnliche Stelle einnimmt wie die des physischen Herzens im physischen Organismus. Das innere Bewußtseinsleben erhält dadurch ein neues Centrum, mit dem es sich verbunden fühlt; das vorher an das physische Herz gebundene Bewußtsein erwacht dann zum elementalischen Leben, in dem es eine neue Welt vorfindet. Das elementalische Leben tritt aus dem materiellen hervor, und das innere Bewußtsein des Menschen erstreckt sich über dieses neue Gebiet. Dann wird der Mensch sich innerlich bewußt, daß außer der materiellen Welt des größten Widerstandes und der starren Formen noch eine andere Welt besteht, wo die Beweglichkeit und die Durchdringlichkeit Haupteigenschaften bilden. Er wird erleben und verstehen, daß alle Beweglichkeit, sei es innerliche oder äußerliche, die in der materiellen Welt und den physischen Organismen vorhanden ist, aus jener elementalischen Welt kommt, die, wie das große Elementenmeer, das kleinere Gebiet des Physischmateriellen umspült und durchflutet.
          Die Wellen jenes Meeres sind belebend, erwärmend und leuchtend, so daß die erstarrte, kalte und finstere Welt des größten Widerstandes nur deshalb zu den Lebewesen in Beziehung treten kann, weil jene elementalischen Kräfte die Vermittler sind zwischen den in der materiellen Welt verkörperten Lebewesen selber und den physischen Hüllen, die sie bewohnen. Die materielle Welt, ohne die belebenden elementalischen Kräfte, wäre wie die Erde, ohne die ihr zuströmenden und die sie durchdringenden Lebenskräfte der Sonne; kein Lebewesen würde auf jenem erstarrten, kalten, finsteren Klumpen grauer, lebloser Materie bestehen können. Das Verhältnis zwischen der Sonne und der Erde ist hier als Symbol genommen für die belebende, licht- und wärmespendende Kraft der Sonne und die ohne dieselbe an sich erstarrte, finstere Erde. Doch können die Sonne und ihre Kräfte noch als zur materiellen Welt gehörig betrachtet werden, während es sich mit der elementalischen Einströmung in die materielle Welt um eine unendlich viel subtilere Kraft handelt, die deshalb auch nicht, wie das Licht und die Wärme der Sonne, physisch wahrgenommen wird. Der physische Ausdruck für das innere Zusammenwirken zwischen den Sonnen- und den Erdenkräften ist das irdische Pflanzenreich. Wie ein Zwiegespräch, nicht in toten Buchstaben und Worten, sondern in farbigen Gebilden geführt, nimmt sich das Wunder der Pflanzenwelt aus. Es ist als ob die der Erde leise zugeflüsterten Farbentöne, die mit den Sonnenstrahlen als Wärme, Licht und Leben zu ihr kamen, nunmehr die Antwort erhielten in den aus der Erdentiefe hervortretenden Pflanzengestalten, eine Antwort aber, die der Natur der Erde entspricht und sich deshalb in materieller Gestalt offenbart. Das Leben, das Licht und die glühende Pracht der Sonne strahlt die Erde auf ihre Weise zurück, und wie ein leuchtender Strahl, der aus dem farblosen Boden der Erde emporschießt, tritt das Pflanzengebilde hervor, das von einer kleinen, farbigen Sonne gekrönt wird, der Elementalis erstrecken sich noch weiter über diese materiellen Gründe hinaus, nachdem sie dieselben durchdrungen haben. Es könnte jenes Durchdringen und Umringen verglichen werden mit dem Charakter eines flüssigen und dem eines luftigen Elementes, die beide die feste Materie durchdringen und umringen, obwohl das erstere gröber und schwerer, das letztere feiner und leichter ist. Die oberen elementalischen Kräfte, die mit dem Luftkreis verglichen wurden, bilden wiederum den Angriffspunkt für die Durchdringung und Umringung der feineren, siderischen Kräfte, wie das die unteren elementalischen Kräfte in bezug auf die gröberen physischen tun. Der physische Körper des Menschen wird ebenso von den elementalischen und siderischen Kräften umringt und durchdrungen, sodafi auch der ihn unmittelbar umgebende Raum von jenen Kräften durchsetzt ist.
          Wenn das physische Herz mit seinen Kreuzeslinien als das Symbol der physischen Welt betrachtet wird und die Entstehung der leuchtenden Blüte im Centrum des Kreuzes als das Symbol der elementalischen Welt, so wird das Licht der hauptsächlich nach den vier Raumesrichtungen ausstrahlenden Blüte nicht zusammenfallen mit den vier Kreuzeslinien. Die vier Ausstrahlungen der leuchtenden Blüte sind elementalische Kräfte; die Kreuzeslinien bilden aber physische Kräfte ab, deshalb offenbaren sich die elementalischen Licht- und Lebenskräfte am stärksten da. wo der scheinbar leere Raum sich zwischen den vier Kreuzeslinien befindet, denn dort wirken diese Kräfte ungehemmt und außerhalb der physischen. Wie vier Licht- und Lebenscentren, durch das Hauptcentrum ausgestrahlt, durchdringen diese elementalischen Kräfte die vier Herzkammern und leuchten über diese hinaus, zwischen den Kreuzlinien des Herzens. Wenn der Mensch die beiden Arme ausstreckt und das äußere Kreuz bildet, strahlen jene vier Lichtcentren ebenso nach außen und erfüllen den leeren Raum zwischen Kopf und Armen, Armen und Füßen, während das Herz selbst mit der centralen Lichtblüte in seiner Mitte auch als Centrum des äußeren körperlichen Kreuzes betrachtet werden kann. So entsteht das Gebilde des physischen Kreuzes mit den vier elementalischen Licht- und Lebenscentren, die vom Hauptcentrum ausgestrahlt werden.
          Wenn der Mensch sich jenes Gebilde in Gedanken vorstellt, sich auf dasselbe concentriert und mit der ganzen Seele sich in dasselbe vertieft, so wird ihm jenes Kreuz mit dem einen Lichtcentrum und den vier Blüten, wie vier Rosen zwischen den Linien des Kreuzes, zum Zeichen des Lebens werden. Durch diese erste, elementalische Deutung jenes heiligen Zeichens wird der Mensch allmählich tiefer in das große Geheimnis der Kreuzigung Christi eindringen, und die Wundem des Erlösers werden zu Centren des neuen Lebens, das die Welt des größten Widerstandes besiegte; aus jenen geheiligten Centren des Lichtes und des Lebens strömte der Erdenmenschheit die allesbezwingende, allesbesiegende Macht und Gewalt des Gottessohnes zu.
          Christus, als Mensch ans Kreuz genagelt, ist das Bild, das die Menschheit geistig aus der Gewalt der Erdenkräfte befreit; Christus als Auferstandener, der noch nicht zum Vater aufgefahren ist, wie Er sich Maria Magdala und den Aposteln und Jüngern zeigte, ist das Bild des in der elementalischen Hülle der Erde noch weilenden Erlösers, der die Kraft des Heiles und die Verklärung bringt. Auf Erden wandelnd in verklärter Lichtgestalt, ist Er als leiblich von dem Tode Auferstandener jedoch nicht als ein Bewohner der Erde oder als Mensch unter der Erdenmenschheit zu betrachten. Bei der Himmelfahrt steigt Christus aus der Erdensphäre heraus und in den großen Kosmos hinein, um durch die höchste Region desselben zum Reiche des Himmels zurückzukehren.
          Ein Übergang aus der elementalischen Hülle in die siderische ist immer mit einem Aufsteigen und einem Hinübertreten in eine weitumfassendere Region des Kosmos verbunden. In bezug auf die Erde ist dieser Übergang ein Heraustreten aus der niederen elementalischen Erdensphäre (die sich von der Erde bis zur Mondsphäre erstreckt) in die höhere elementalische Sphäre (die bis zur Sonnensphäre reicht). Die siderische Hülle der Erde (oder Sphäre) fließt unmittelbar in die des großen Kosmos gleichwie das Wasser des Flusses in den Ozean.
          Die siderischen Kräfte durchdringen und umringen die elementalischen und letztere wiederum die physischen; sobald die siderischen Kräfte aber über die beiden ändern hinausrücken, gehören sie unmittelbar zur siderischen Region des gesamten Kosmos, wo jede Zerteilung und Zerstückelung aufhört, und wo alles in den einen großen kosmischen Organismus, der nur noch eine zwölffache Einteilung (keine Zerteilung) aufweist, Inbegriffen ist. Diese zwölffache Einteilung gründet sich auf die vier Kreuzespunkte, die dann auf dreierlei Art vorhanden sind.
          Das Symbol des siderischen Lebens ist nicht allein das Kreuz, sondern die Linie des Aufstieges innerhalb des Kosmos, die von der Welt des größten Widerstandes ausgeht und bis in die höchste kosmische Region hineinreicht. Diese Linie gestaltet sich bis zum Lebensbaum, der in der materiellen « Welt wurzelt, seine Äste innerhalb der höheren Regionen des Kosmos ausstreckt und mit dem Wipfel den Höhepunkt des Kosmos erreicht. An jenem Punkte steht der mächtige Erzengel, der die Pforte zum Eingang in das überkosmische Reich bewacht. Zwischen den Ästen des Baumes bewegen sich jene Wesen, die zu den siderischen und elementalischen Regionen des Kosmos gehören und in entsprechenden Hüllen leben. Der Mensch aber und ! jene Wesen, die mit ihm innerhalb der materiellen Welt ihr Leben verbringen, wandeln unten am Fuß des Baumes und wissen nichts vom Dasein desselben, denn mit den physischen Augen ist der Lebensbaum, der aus siderischen und nicht aus grob-physischen Stoffen gewoben ist, nicht wahrzunehmen.
          Wenn im Innern des Herzens die Fesseln des materiellen Kreuzes seelisch durchbrochen werden und das Herz in sich aufgeht und zum Blühen kommt, dann steigt aus der centralen Blüte geheimnisvoll der leuchtende Strahl hervor, der sich zum Lebensmark des werdenden Baumes gestaltet. Von der aus elementalischem Lichtstoffe gewobenen Blüte steigt die, feinere siderische Lichtlinie auf, und das innere Bewußtseinsleben erhebt sich auf jenem Lichtbaum aus dem elementalischen Leben in das siderische.
          Dieser Lebensbaum, der in der Mitte des menschlichen Herzens seine Wurzel hat, der aus dem elementalischen Leben zum siderischen aufwächst, verzweigt sich innerhalb der entsprechenden kosmischen Regionen, bis sein Wipfel den Höhepunkt im Kosmos erreicht hat. Denn dieser Baum ist wie ein Sproß des großen makrokosmischen Lebensbaumes und mit diesem auf das innigste verwachsen.
          Dem inneren Bewußtseinsleben des Menschen aber werden sich immer mehr Wesen und Welten offenbaren, die alle zum Kosmos gehören und in diesem leben, wenn auch nicht in physischer Gestalt. Die göttlichen Engelboten und die Diener des Widersachers, mächtiger und größer als der irdische Mensch selber ist, wird er erblicken und während seines bewußten Aufstieges in die höheren kosmischen Regionen kennen lernen. Dabei wird es dem Menschen auch nicht erspart bleiben, die Früchte des Guten und die des Bösen zu erblicken, auf daß er selbst aus freier Wahll den richtigen Weg erkenne und ihm folge bei seiner Pilgerfahrt durch den Kosmos. Wenn das innere Bewußtseinscentrum im Herzen des Menschen erwacht und sich auf richtige Weise in diese höheren kosmischen Regionen einlebt, so daß es gegenüber den verschiedenen Wesen, denen es dort entgegentreten wird, die richtige Stellung einzunehmen vermag, dann wird das positive Bild des Kosmos dem Menschen als das Abbild des Archäums erscheinen, und die negative Schattenseite des Kosmos wird zurücktreten. Der siderische Lebensbaum wird dann von dem Lichte, dem Klingen und dem Lebenshauch, die aus den himmlischen Reichen in den Kosmos einströmen, umgeben sein. Es sind dieselben Kräfte, die auch die siderische Hülle des Menschen umwehen und beleben, wenn diese von den dunklen Kräften der niederen Natur gereinigt worden ist. Die Einheit aller Wesen, die der Lichtseite des Kosmos angehören, wird sich noch stärker und intensiver fühlen lassen als im elementalischen Leben. Jene Sehnsucht, die das Aufgehen der Herzensblüte und das Einströmen des Lichtes aus der einheitlichen elementalischen Sonne bewirkte, hat sich im Mark des aus der Herzensmitte herauswachsenden Lebensbaumes verinnerlicht und ist zur Wirklichkeit des siderischen Lebens geworden.
         
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IX.

Die Reinigung (Katharsis) des Herzens.


          Die drei Stufen der Einweihung sind jenem Bewußtsein des Menschen anzupassen, das innerhalb der drei Hüllen im Kosmos lebt. „Selig sind die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen", spricht Christus; nur das gereinigte Herz kann das kreuzförmige Siegel seines inneren Lebens öffnen, und nur aus dem reinen, geläuterten Herzen kann das Lichtcentrum als die Blüte einer inneren Verklärung und Erleuchtung des Herzens her vorgehen. Nur aus jener inneren Erleuchtung heraus kann der Aufschwung, der zu dem siderischen Leben führt, zur Einigung mit der positiven Lichtseite des Kosmos stattfinden. Das Bild des Kreuzes ist immer wieder der Ausgangspunkt für dag höhere Leben im Menschen, sei es, daß es sich unmittelbar auf das Geistesleben, die Einswerdung mit Christus auf dem spirituellen Weg, sei es, daß es sich auf den mittelbaren Aufstieg des inneren Bewußtseinscentrums in den Kosmos und in die eigenen Hüllen des Menschen auf dem psychischen Weg bezieht. Das Kreuz wird zum Stamme des Lebensbaumes des Kosmos, nachdem die Lichtblüten des neuen Lebens seinem dürren Holze entsprossen sind.
          Die Reinigung des Herzens bedeutet zugleich die Reinigung des Willenscentrums, der Denkkraft und des Empfindungslebens im Menschen. Wenn das Herz die Fesseln des materiellen Erlebens innerlich zersprengt und im elementalischen Leben aufblüht, so treten auch die drei dem inneren Bewußtseinsleben verwandten Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens in das elementalische Leben ein, um dort in einer entsprechenden Weise tätig zu sein. Nicht länger durch jene Kräfte, die in der Welt des größten Widerstandes mächtig sind, gebunden und gehemmt, wird sich das von den Fesseln des physischen Organismus befreite Denken, Wollen und Fühlen unendlich kraftvoller, intensiver und umfassender gestalten können. Die aufwärtsstrebende Denkkraft, die aus dem erwachten Bewußtseinsleben hervortritt, wird nicht mehr ein blasses, abstraktes Spiegelbild vereinzelter Tatsachen abgeben und nicht mehr analysierend, kombinierend und kritisierend wirken, sondern das Denken wird eine bewußte Aufnahme und Verarbeitung jener Weisheit sein, die aus dem Leben der kosmischen Forma Elementalis strömt und auch die elementalische Hülle des Menschen durchflutet und umspült. Es wird nicht wie in der materiellen Welt über ein bestimmtes Objekt gedacht, sondern das Denken wird von der Weisheit erfüllt und ernährt werden, wodurch es zu einer schöpferischen, lebendigen und harmonischen Kraft werden kann. Die durch das Denken hervorgebrachten Formen und Gebilde sind farbige, leuchtende und belebte Wesen, die wie eine elementalische Peripherie das schöpferische Denkcentrum um geben. Denn alles blasse, farblose, durch die materiellen Bedingungen und starren Begrenzungen eingeengte Leben blüht in dem elementalischen Leben zu intensiverem, umfassenderem und freierem Dasein auf.
          Die Willenskraft gestaltet sich im elementalischen Dasein zu einem Centrum der Stärke, von dem die Kraft des lebendigen Schaffens ausströmt. Diese Kraft bewirkt, daß das Gewollte sich sogleich zur Realität gestaltet und zwar zu Formen, Figuren und Gebilden, die machtvoll auf das Willenscentrum reagieren und wie ausgesandte Diener sich dorthin bewegen, wohin der Wille es gebietet. Deshalb kann eine ungereinigte Willenskraft, wenn diese in der elementalischen Hülle des Menschen centralisiert wird und bewußt nach außen tritt und in der entsprechenden Welt zu wirken anfängt, eine schreckliche Verheerung anrichten, wenn auch zunächst nicht in der materiellen Welt selber.
          Der Mensch, der sich in der elementalischen Hülle nicht bewußt erlebt, kann von der elementalischen Welt aus leicht beeinflußt werden, und wenn die Einwirkung schädlich ist, wird dieselbe mittelbar auch dem physischen Körper Nachteil verursachen. Auf diese Gefahr ist schon hingewiesen, als von magischen Einwirkungen die Rede war.
          Im Lebenscentrum der elementalischen Hülle, das als das elementalische Herz betrachtet werden kann, verbindet sich das innere Bewußtseinsleben mit der Kraft des Wollens. Von diesem Centrum aus wird die Verbindung mit anderen elementalischen Lebewesen hergestellt; auch steigt von diesem Centrum aus die Kraft des Denkens aufwärts nach jenem elementalischen Nebencentrum, das im physischen Körper dem Kopfe entspricht.
          Die Kraft des Fühlens bewegt sich, vom Lebenscentrum ausgehend, zunächst abwärts und durchdringt dann die ganze elementalische Hülle. Sowie das Denken in der elementalischen Hülle zur lebendigen, schaffenden Kraft der Weisheit geworden ist, wird das Fühlen zur gestaltenden, bildenden Kraft der Schönheit. Die Harmonie, die Schönheit, als sich in der Form offenbarende Weisheit, durchflutet und umringt das Fühlen in der elementalischen Hülle. So ist das Elementenmeer dann ein von Weisheit, Kraft und Harmonie der Schönheit durchdrungenes Lebenselement für jene Wesen, die bewußt die positive Lichtseite dieser kosmischen Region erleben können. Doch ist dort auch die Schattenseite vorhanden, die von den entgegengesetzten Kräften erfüllt ist. In dieser werden die Wesen zum Bewußtsein kommen, die nicht die lichten, sondern die dunklen Kräfte des Kosmos im eigenen Innenleben entfaltet haben und diesen infolgedessen dann auch äußerlich begegnen müssen, da sie mit denselben verbunden sind.
          Die Offenbarungen der Weisheit, Lebenskraft und Schönheit, die schon in der Natur und den Gestalten der materiellen Welt zu finden sind, werden innerhalb des elementalischen Lebens unendlich mächtiger und lichtvoller, denn der dichteste Schleier der Natur ist dort gehoben worden. Das Schwere, Undurchdringliche und Finstere der gröbsten Materie der physischen Welt wird in der elementalischen Hülle zu einem feineren, lichtvolleren Stoff, und statt des starren, beharrlichen Widerstandes der festen physischen Formen erscheint eine Beweglichkeit und Verwandlungsfähigkeit in bezug auf Umfang und Form. Es kann dadurch auch zwischen den elementalischen Hüllen und ihrer Umwelt eine inwendigere Verbindung bestehen, denn alles lebt und webt mehr ineinander in dieser Welt. Deshalb tritt auch hier nicht mehr das Gefühl der Absonderung, der Vereinsamung und des Abgeschlossenseins so stark auf, wie das in der materiellen Welt und beim Leben im physischen Körper der Fall ist.
          Doch ebenso wie sich die Weisheit, die Lebenskraft und die Schönheit an der Natur des elementalischen Lebens intensiver und stärker offenbaren als an der Natur der materiellen Welt, so treten auch in dem ersteren die entgegengesetzten Kräfte stärker und unmittelbarer in die Erscheinung. Jene Kräfte, die in der irdischen Natur als chaotisch, verheerend, als häßlich und disharmonisch auftreten, steigern sich ins Unermeßliche, wo dieselben innerhalb der elementalischen Natur wirken und dort, ungehindert durch den größten Widerstand, weniger stark begrenzt durch die festen Formen der materiellen Welt, ihr Spiel treiben können. Dann wird hinter dem gelüfteten Schleier ein Schreckensbild offenbar, denn, wo einmal die physischen Hemmnisse gefallen sind, ist auch ihr Schutz verschwunden, und die beweglichen und wandelbaren Grenzen der elementalischen Formen bieten dem inneren Leben wenig Sicherheit gegen das Einbrechen der tobenden, brausenden Wellen des in Aufruhr geratenen Elementenmeeres. Wie eine Schnecke in ihr Gehäuse, kann sich der innere Mensch in seine physische Hülle zurückziehen, wenn er befürchtet, dem Anprall äußerer Ereignisse nicht gewachsen zu sein. In der elementalischen Hülle kann sich der innere Mensch nicht auf eine derartig äußere Weise schützen; da muß sich das innere Bewußtseinsleben selbst den Schutz bilden; von innen heraus muß es selbst Widerstand leisten und wie eine Art geistige Wand aufrichten, an welcher dasjenige abprallt, was an das innere Leben nicht herankommen soll. Das Denken, Wollen und Fühlen des Menschen soll von den chaotischen, verheerenden und unharmonischen Kräften der elementalischen Natur nicht überwältigt werden, wenn das Bewußtsein innerhalb der elementalischen Hülle lebt. Der Mensch, der selber die dualistische Natur der dreifachen Hülle des Kosmos in der Natur seiner physischen, elementalischen und siderischen Hülle spiegelt, wird unbedingt die Kräfte der Lichtseite sowie die der Schattenseite jener Natur an sich selbst und an seiner Umwelt erleben müssen, so lange er die eigene Hüllennatur nicht geläutert hat, so daß die dunkeln Kräfte dem Menschen nichts mehr anhaben können.
          Wenn der Mensch diese Läuterung seiner niederen Natur bewußt durchmacht, während er in der physischen Hülle lebt, wird er noch den äußeren Schutz jener festen, starren Umhüllung und Begrenzung empfinden und sich unterdessen im Innern die geistigen Kräfte aneignen, die dann von innen nach außen hin die geistige Wand erbauen, die ihm als Abwehr gegen schädliche Einflüsse von außen dienen wird. Da die siderische Hülle die elementalische Hülle durchdringt, umringt und belebt, und beide die physische Hülle beleben (sowohl im Kosmos wie in einem jeden physischen Körper), so kann der Mensch, der im physischen Körper lebt, schon die Natur seiner elementalischen und seiner irdischen Hülle reinigen und verklären. Dadurch kommt er mit der Lichtseite des Kosmos, als der reinen Natur desselben in Beziehung, und wenn das innere Bewußtseinsleben dann in den feineren Hüllen des Menschen erwacht, ist er Herr über die eigene niedere Natur geworden und hat die geistige Scheidewand zwischen sich und den zerstörenden Naturgewalten errichtet.
          Hieraus wird wohl ersichtlich sein, wie außerordentlich wichtig es ist, daß sich der Mensch vorbereite und nicht unwissend und unbewußt den Einflüssen der elementalischen Strömungen, die heute in die materielle Welt hineinzufließen beginnen, ausgesetzt bleibe. Wenn jene elementalischen Strömungen auf ein Herz stoßen, das nicht in sich aufgegangen ist, sondern dem elementalischen Leben verschlossen blieb, so gehen jene Strömungen an dem inneren Bewußtseinsleben vorbei und fließen ungehemmt und unbewußt in jenes Denken, Wollen und Fühlen hinein, das ungeläutert und an die materielle Welt gefesselt geblieben ist. Dieses Denken, Wollen und Fühlen wird dann zwar beeinflußt und belebt, doch kann es sich nur in der physischen Hülle, an die es gebunden blieb, ausleben. Dadurch nimmt es eine abnorme Form an, die der Natur der physischen Hülle nicht mehr angemessen ist und deshalb zerstörend auf sie wirkt. Dieses pervers gewordene Denken, Wollen und Fühlen wird dann auch im unterbewußten Leben im Menschen, verlaufen, da jene elementalischen Kräfte das innere Bewußtseinsleben nicht berührt haben. Die sonst von dem Bewnßtseinscentrum im physischen Körper aufwärtsstrebende Denkkraft wird darin teilweise durch die aus der elementalisdien Strömung auftauchende Kraft des Fühlens betäubt und in das unterbewußte Leben heruntergezogen, wo sie zu bloßem Instinkte und abnormer Schlauheit wird. Die Willenskraft verzerrt sich im unbewußten Leben zur abnormen Vergnügungssucht und zum perversen Triebleben. Die Kraft des Fühlens wird auf ähnliche Weise heruntergezogen und nimmt die widerlichsten und wüstesten Formen auf dem Gebiete des  abnormen Empfindungs- und Sinnesleben an. Das Herz aber, das den elementalischen Licht- und Lebenskräften verschlossen blieb, ist wie ein Stein, der in das Wasser des Meeres getaucht und wohl äußerlich befeuchtet wird, doch innerlich das eigene, trockene, finstere und starre Wesen des Mineralischen an sich behält. Das Herz wird zwar durch die Wellen des Elementenmeeres umspült, doch es bleibt dabei innerlich dem Steine ähnlich, der den Zustand des Physisch-Mineralischen darstellt, und gleicht dem dürren Holze, das nicht ergrünen kann.
          Anders ist es, wenn das Herz die leuchtenden Blüten entfaltet und das Siegel des bloß physischen Daseins, als die Kreuzeslinien im Innern desselben, seelisch durchbricht. Dann nehmen jene Blüten die elementalischen Lebensströme in sich auf, ernähren und tränken sich mit denselben und führen sie, der centralen Lichtquelle des Herzens zu. Die vier Blüten und die centrale Lichtquelle entsprechen den vier Hauptströmungen im Elementenmeere, die sich um die eine zentrale Stromquelle bewegen. Diese fünf Strömungen fließen in die elementalischen Hüllen jener Wesen, die im Elementenmeere leben, ein und aus und stellen die Verbindung zwischen den einzelnen Hüllen und dem gesamten elementalischen Leben dar. Im physischen Körper ist die innere Wirkung der fünf Strömungen, mit der jener sieben Hauptorgane, die um das Herz herum liegen, verbunden. Nach außen hin zeigen sich jene fünf elementalischen Strömungen an dem physischen Körper als die fünf Sinne, die eine Brücke zwischen der Außenwelt und dem inneren Leben bilden. Diese fünf elementalischen Strömungen bilden auch den Ausgangspunkt zu dem, was sich in der physischen Welt als die vier Elemente zeigt, die von dem einen centralen Urelement ausgehen, das nicht physisch wahrnehmbar sein kann.
          Dieses centrale Element muß als ein Centrum des Lichtes, des Klanges und des Lebens betrachtet werden, aus welchem zunächst die beiden Elemente des Feuers und der Luft und dann die des Wassers und der Erde entstehen. Im physischen Körper weist die Lebenswärme, die im Herzen und im Blutumlauf besteht, auf das Element des Feuers hin; der Atmungsprozeß steht mit dem Element der Luft in Verbindung, während die Bewegung der Säfte, der Drüsen, der Ausscheidung usw. Beziehung zum flüssigen Element des Wassers hat; die festen Stoffe und das Knochensystem zeigen ihre Verbindung mit dem Elemente der Erde oder dem festen Elemente.
          Das elementalische Leben belebt und durchdringt den physischen Körper, wenn auch unbewußt. Und der Körper selber besteht aus jener Materie, die durch das Ineinanderweben der vier physischen Elemente entstehen konnte. Das elementalische Centrum, das dem physischen Herzen entspricht, ist für die elementalische Hülle ebenso ein Lebenscentrum, das der Licht und Wärme ausstrahlenden Sonne gleicht. Mit dieser elementalischen Herzenssonne ist jene elementalische Strömung, die sich im physischen Körper durch das Organ der Augen und das Sehvermögen kundgibt, am innigsten verbunden. Die elementalische Welt, insbesondere was ihre obere über das Elementenmeer hinausragende Hälfte betrifft, ist hauptsächlich eine Welt des Schauens und des Erkennens und Empfindens des Geschauten, als Weisheit.
          Das Leuchten dieser Welt ist ein Leben in Farben, und die Farben sind da wiederum ein Ausdruck des Lebens.
          Die Weisheit, die Stärke und die Schönheit offenbaren, sich in jener Welt in strahlendem, farbigem Lichte; das, was sich in der siderischen Welt mehr als Klang und als das Leben selbst offenbart, wird in der elementalischen Welt zunächst in Licht und Farbenpracht erlebt. Besonders dort, wo das Licht der elementalischen Sonne nicht mehr mittelbar durch das Elementenmeer hindurch geschaut wird, sondern unmittelbar und unverschleiert, wird das Leben in der elementalischen Welt zu seiner Farbenharmonie, in die schon die Klänge der tönenden Weisheit aus der siderischen Welt hineinströmen, um dort zu Lichtgestalten zu werden.
          Wenn in der physischen Welt Farben gesehen werden, so sind es die farbigen Oberflächen an den physischen Formen und Gestalten, die dem Auge begegnen, und es ist immer das Äußere der Dinge, an welchem sich die Farbe zeigt und auf welche das Auge stoßen muß. Die elementalische Welt hat keine so scharfen Grenzscheidungen zwischen ihren verschiedenen Formen und Gestalten und zwischen dem Inneren und dem Äußeren der Dinge. Zwischen der äußeren Form und dem inneren Leben ist der Unterschied weniger groß wie in der physischen Welt; auch ist die Starrheit letzterer aufgehoben durch die Beweglichkeit, Verwandlungsfähigkeit und Durchdringbarkeit der Formen und Gestalten. Jene Farben, die in der elementalischen Welt gesehen werden, sind eigentlich der Ausdruck des inneren Lebens selber, das mehr oder weniger stark in einer bestimmten Farbennuance offenbar wird. Der individuelle Charakter des inneren Lebens gibt sich nach außen als eine bestimmte Farbe kund, also als eine besondere Strahlenbrechung des weißen Lichtes. In der elementalischen Welt kommt hauptsächlich der bestimmte Typus der inneren Seelenempfindung in den Lichtfarben zum Ausdruck, denn die Kräfte des Fühlens und die des Lichtes stehen dort in einem innigen Zusammenhang. Weil in der elementalischen Welt die Strahlenbrechung des einheitlichen weißen Lichtes nie so scharf und abgegrenzt sein kann wie in der physischen Welt, so sind die elementalischen Farben leuchtender, schillernder, durchsichtiger und zarter nuanciert als die, welche mit dem physischen Auge gesehen werden. Auch strahlt das innere Leben durch sie hindurch, so daß ein inneres Leuchten die Farben hell, strahlend und lebendig macht. Die kosmische Forma Elementalis enthält das Abbild der sieben Farben in den großen Planetensphären ihrer oberen Hälfte, die über das Elementenmeer hinausragt. Von diesen strahlen die drei unteren Sphären mit der Sonnensphäre hauptsächlich ihr Licht in das Elementenmeer ein. In diesen sieben Planetensphären bildet sich das Licht des siebenfarbigen Regenbogens des Archäums ab, jenes Reiches, das überkosmisch ist, und das reine, ungetrübte Urbild des ursprünglichen Kosmos (im Sinne der Bedeutung des Wortes Schmuck) darstellt.
          Der Mensch, der mit dem inneren Bewußtseinsleben und dem Denken, Wollen und Fühlen an den physischen Körper gefesselt bleibt, betrachtet die materielle Welt, die ihm vermittelst seiner fünf Sinne zugänglich ist, als die einzige Wirklichkeit. Sobald ihm aber das eigene Herz aufgeht, und die Lichtquelle desselben die materiellen Grenzen seelisch durchbricht, wird dem Menschen die neue Welt des Lichtes eröffnet. Das Licht im Herzen wird eine mehr innerliche Welt, als die physische ist, erschließen, und wie das physische Herz dem Menschen dann vorkommen wird wie die materielle Schale, aus welcher der innere Lichtkern hervorbrach, so werden alle Formen, Grenzen und Gegenstände der physischen Welt wie eine Art von äußeren Schalen, die das innere Leben einhüllen und verbergen, erscheinen. Innerhalb der elementalischen steht die physische Welt mit ihren starren, engen Formen und ihrer Begrenzung da, wie eine Art von äußerer Bühne mit Kulissen, zwischen welchen die menschlichen Schauspieler in verschiedenen Gestalten, ihren Rollen gemäß, auftreten und abgehen. Diese relative, vergängliche Welt, die scheinbar bleibend und fest, doch in Wirklichkeit immerfort im Werden und Vergehen ist, teilt diese Eigenschaft auch den Körpern aller Lebewesen, die dort eine Zeitlang leben müssen, mit.
          Die Vedanta-Weisheit spricht vom physischen Körper als: „Form der Nahrung" und „dichtestem der Schleier, der das Innere des Menschen davon abhält, sich mit dem höchsten Wesen eins zu wissen."
          In allen Zeiten ist es das Ziel der Weisen und Asketen gewesen, jenen Schleier durch innere Reinheit des Herzens so durchsichtig und klar zu gestalten, daß die Undurchdringbarkeit und Undurchsichtigkeit desselben überwunden wurden. Das vollständige Heben dieses Schleiers geschieht nur auf dem spirituellen Wege, der durch die Einswerdung mit Christus gekrönt wird. Die Mystiker und Eingeweihten der christlichen Mysterien sind Beispiele für den unmittelbaren Aufstieg aus der materiellen Welt zum geistigen Leben. Der heutigen Menschheit aber steht ein. unbewußter, unfreiwilliger Eintritt in die elementalische Welt bevor. Sie hat den spirituellen Weg nicht gewählt, sondern sich der materiellen Welt derartig mit Herz und Seele verschrieben, daß sie nicht einmal mehr verstehen kann, was ihr in der nächsten Zukunft bevorsteht. Wenn sich der dichteste Schleier des materiellen Lebens einigermaßen heben wird, tritt die irdische Menschheit in eine Welt, die ihrem Denken, Wollen und Fühlen fremd ist, und wo sie andere Wahrnehmungsorgane braucht als die, welche auf die physische Welt allein Bezug haben.
          Wie die vier Lichtblüten aus dem einen, centralen Lichte im Innern des Herzens heraus strahlen, so können nur aus diesem Lichte diejenigen Centren in der elementalischen Hülle des Menschen entstehen, durch welche ihm die elementalische Welt offenbar wird; wie das innere seelische Leben das äußere physische Herz durchdrang und darüber hin aus strahlte, so werden die Sinne, die der elementalischen Welt angepaßt sind, mit jener mehr innerlichen und umfassenderen Tätigkeit, die dieser Welt entspricht, wirksam sein. Doch wie der Mensch im physischen Leben mit offenen Augen dastehen und dennoch nichts wahrnehmen kann, solange das innere Bewußtseinsleben abwesend ist, so werden auch alle Wahrnehmungen in der neuen Welt nur dann zum Menschen durchdringen können, wenn sein Bewußtseinscentrum innerhalb jener Welt und in der eigenen elementalischen Hülle erwacht ist und als Empfänger jener Sinneseindrücke auftritt.
          Von den physischen Sinnen können der Geschmack und Geruch als die zwei niedrigsten und gröbsten betrachtet werden, weil sie sich auf die Aufnahme einer gröberen Materie, wie das mit den andren Sinnen der Fall ist, beziehen. Der Geschmack ist mit den Bedürfnissen des physischen Körpers betreffs der Ernährung verbunden, also mit dem Auswechseln der gröberen Materie, sei es in fester oder flüssiger Form, zwischen den verschiedenen Körpern. Der Geruch hat mit einer feineren Art des Auswechselns zu tun, nämlich mit dem der Stoffe in luftförmigem Zustande, sowie mit dem Bedürfnis des Atmens in bezug auf den physischen Körper. Auf diese beiden Sinne folgt der Tastsinn, im Sinne der äußeren Berührung der grobstofflichen Formen und Gegenstände untereinander, sowie diese in der Welt des größten Widerstandes und der festen, starren Formen empfunden werden. Weil diese drei Sinne als die niedrigsten betrachtet werden können, so sind sie auch die ersten, auf welche der Mensch beim ersten Eintritt in den unteren Teil der elementalischen Welt, dem Elementenmeere, stoßen muß.
          Diese Sinneseindrücke verinnerlichen sich dort und werden zu einem Kosten, Prüfen und Empfinden, der Umwelt und den Lebewesen gegenüber. Dies führt zur Anziehung oder Abstoßung, zur Verbindung in Sympathie oder zur Entfernung aus Antipathie in bezug auf die Lebewesen und ihre elementalischen Hüllen untereinander. Das innere Gefühl, als Empfindung der Sympathie oder Antipathie bei einer äußeren Berührung, bildet die Brücke zwischen äußerem und innerem Empfinden; und der Gefühlssinn kann deshalb als der äußerlichste und zugleich als der innerlichste Sinn betrachtet werden. Gerade da, wo die harten Grenzen der festeren Materie in ein bewegliches flüssiges Element übergehen, wird der äußere Gefühlssinn sich von selbst einigermaßen verinnerlichen, und das ist der Fall innerhalb der elementalischen Welt.
In der oberen Hälfte der Forma Elementalis wird dieses Gefühl intimer, feiner und unmittelbarer, wie auch die beiden höheren Sinne des Sehens und des Hörens des physischen Körpers im Elementenmeere und erst recht über dasselbe hinaus zu einer ungehemmten stärkeren Wahrnehmungskraft werden.
          Das Erleben der Licht- und Farbenwelt, das wie ein inneres Schauen in der elementalischen Hülle des Menschen auftritt, entfaltet sich erst völlig über dem Elementenmeere, in der höheren elementalischen Welt. Dasselbe gilt für das Wahrnehmen des tönenden, klingenden Lebens in jener Welt, das ein inneres Hören auf die äußeren Harmonien der Sphären und auf das innere Seelenleben der Lebewesen in denselben bedeutet. Dieses tönende Leben strömt aus einer höheren Region des Kosmos in die Forma Elementalis ein und wird deshalb nur im höheren Teil derselben unmittelbar vernommen. Es ist die Lebenssymphonie der Forma Sideralis, die sich kundgibt, denn das siderische Leben ist feiner, umfassender und mächtiger als das elementalische und durchdringt und umgibt letzteres, so wie dieses wiederum das physische umgibt. Die auf Erden wahrnehmbaren Töne sind in materielle und in elementalische Stoffe gehüllte, siderische Klänge, denn auf Erden ist nicht einmal der nur in elementalischem Stoff gehüllte Ton hörbar. Wie die Wesen der physischen Welt blind sind für die elementalische Lichtwelt, so sind sie taub für die siderische Welt des Lebensklanges, und das zwar einmal für den Widerhall jenes Klanges in der elementalischen Welt und doppelt für den Klang der siderischen Welt selber.
          Dennoch gibt es keinen Organismus, keine Form und keine Gestalt innerhalb des Kosmos und somit auch in der physischen Welt, die nicht durch jene siderische Lebenssymphonie und Harmonie der Sphären gebildet und aufgebaut worden sind. Lange bevor eine physische Form in der materiellen Welt wahrnehmbar wird, haben sich in den höheren Regionen des Kosmos die siderischen und die elementalischen Atome zusammengefunden, um den Grund zu jener Form zu legen, die sich später verdichtet bis zum Physischen und dann erst den Gestalten dieser Welt entspricht.
          Nur deshalb kann die Lichtquelle aus dem inneren Herzen herausbrechen, nur deshalb kann aus jener elementalischen Lichtquelle der siderische Lebensbaum hervorsprießen, sich zum Himmel richten und mit seinen Ästen alle kosmischen Sphären durchdringen, weil sowohl das siderische wie auch das elementalische Leben im Herzen, dem Centrum des physischen Lebens, verborgen liegen und einmal wieder hervorwachsen müssen, sei es auch erst nach dem Tode beim Ablegen der physischen Hülle oder bei der freiwilligen Aufgabe des nur materiellen Lebens durch das Bewußtwerden in der elementalischen Hülle und der entsprechenden Welt.


          In der elementalischen Hülle des Menschen spiegeln sich die sieben planetarischen Sphären als sieben Hauptkräfte, die ihre Wirkungen um das Centrum, das elementalische Herz, herum ausüben. Dieses Herz ist die centrale Lichtquelle, deren Ausstrahlung durch genannte Kräfte differenziert wird, wie das weiße Licht sich in Farben zerteilen läßt. Jene Kräfte sind wie eine innerlich wirkende Sinnestätigkeit, die sich der Außenwelt nicht unmittelbar zuwendet, sondern im Organismus selber verläuft. Jene sieben Kräfte entsprechen den sieben Hauptorganen des physischen Körpers, die auch das physische Herz umgeben. Dieses innere Planetarium, das in der elementalischen Hülle ein reges, bewegliches Farbenspiel hervorruft, erhält seine Lebenskraft aus dem großen Planetarium der Forma Elementalis. So wie die physischen Organe die physische Nahrung als feste, flüssige und luftförmige Stoffe aus der materiellen Welt brauchen, um sie zu verarbeiten und sich zu erhalten, so sind jene elementalischen Organe auf jene elementalischen Lebenskräfte, die aus der Forma Elementalis durch sie hindurch strömen, angewiesen.
          Das sind organische Wirkungen, die mit dem Centrum der Willenskraft, dem Herzen, verbunden bleiben, und die, sowohl in der physischen wie in der elementalischen Hülle des Menschen und andrer Lebewesen, eher die entsprechende Innenwelt als die Umwelt berühren.
          In der physischen Hülle des Menschen wirkt die mit der Denkkraft verbundene Tätigkeit der Sinne vermittels jener Organe, die sich im Nebencentrum des Körpers, dem Kopfe, befinden. Die aus dem Willenscentrum nach aufwärts gerichtete Denkkraft hat sich ihren Thron in dem obersten Teil der menschlichen Hülle mit den ihr verbundenen Sinnen, die dort ihre Organe erhielten, errichtet. Das, was im Innern des Körpers dumpf und unbewußt geschieht, ist hier zu klarer, bewußter Empfindung durch die Sinne und zur Erkenntnis durch das Gehirn als Organ des Denkens geworden. Der Spiegel und Reflektor des Herzens und der Außenwelt zugleich steht hell und klar wie das Licht auf dem Berge der Außenwelt gegenüber. Aus dem Herzen muß dieser helle Spiegel Licht und Leben erhalten; aus dem inneren Herzensleben muß das Öl der Nahrung kommen, denn ohne dieses Öl und seine Verbindung mit dem Dochte muß die Flamme, die den Spiegel wie eine Lampe hell und brennend erhält, erlöschen. So sind das Antlitz und das Gehirn des menschlichen Kopfes das Wahrzeichen und das Symbol der aufwärtsstrebenden, im Herzen wurzelnden Denkkraft, die sich nach den höheren Regionen hinrichtet. Die Gedanken und die Sinnesempfindungen, die der Mensch vermittelst des Gehirnes und der Sinnesorgane im Kopfe verarbeiten kann, bilden die Nahrung für das natürliche Seelenleben, das an den Kosmos gebunden bleibt. Wenn auch jene Seelennahrung dem Menschen nur aus der physischen Welt zukommt, solange sein Bewußtseinsleben noch am physischen Körper allein haftet, so kann dieselbe doch (im Gegensatz zur physisch-stofflichen Nahrung, die durch die inneren Organe verarbeitet wird) als eine kosmische Nahrung betrachtet werden. Die Tätigkeit der sieben Hauptorgane im physischen Körper des Menschen bewirkt die physische Ernährung, während die Sinnesorgane und das Denken im Kopfe ihm eine kosmische Nahrung zuführen, wenn auch zunächst noch vermittelst der physischen Erdenwelt.
          Die physische Welt erweitert sich und wird zu einer elementalischen und tatsächlich schon kosmischen Welt, wenn der Mensch sich in seiner elementalischen Hülle bewußt erlebt und dort die entsprechende Denkkraft anwendet. Wenn der Mensch sich dann mit der Lichtseite des kosmischen Daseins verbunden hat, so kann von ihm wahrlich gesagt werden, daß sein Antlitz wie eine Sonne leuchtet, über der centralen Lichtquelle des Herzens erhebt sich dann die nach oben geöffnete Lichtschale, und, wie sich das Farbenspiel des inneren Planetariums um das gestaltet, so strahlt jene Lichtschale in siebenfacher Farbenbildung ihren Lichtkranz aus, der weit in die Regionen des Kosmos hineinleuchtet. Die kosmische Nahrung besteht hier in der elementalischen Welt aus dem Licht- und Farbenleben, durch welches dann allmählich der innere Lebensklang der höheren, siderischen Region hindurchtönt. Dieser bildende Klang der Lebenssymphonie in der Sphärenharmonie ist die höchste Form der kosmischen Nahrung, die den Lebewesen vermittelst ihrer entsprechenden Hülle und der Organe derselben zuströmen kann.
          Was hier in kurzen Zügen geschildert wurde, gehört noch dem natürlichen Seelenleben des Menschen und dem Kosmos an, wenn auch in bezug auf die positive Lichtseite derselben. Das höhere übernatürliche Seelenleben und der Geisteskern im Menschen sind mit dem Reiche des Himmels verbunden, das unendlich erhaben ist über alles, was zum dualistischen, vergänglichen und relativen Kosmos gehört, wenn auch die Lichtseite des letzteren ein Abbild der überkosmischen Reiche aufweist. Im Vergleich zu jener materiellen Welt, die nur wahrnehmbar ist für das an den physischen Körper gefesselte Bewußtseinsleben des Erdenmenschen, hat der Makrokosmos jedoch eine allerwichtigste, allergrößte Bedeutung. Alles, was in der materiellen Welt in starrer, schwerer, undurchsichtiger und undurchdringlicher Gestalt lebt, ist aus dem Makrokosmos heraus geformt und verdichtet worden und trägt noch immer seine kosmische, lichtere Gestalt unter dem schweren Bleimantel des physischen Daseins verborgen. Wenn jener Mantel zersprengt wird und das mächtige Leben des Makrokosmos dem Menschen, in neue Gestalt und Form gehüllt, entgegentritt, dann ist es wohl geraten, sich zu rüsten, auf daß nicht blöde, unwissende Schwächlinge, sondern mit Bewußtsein, Geisteskraft und Kenntnis ausgestattete, starkmutige Kämpfer da seien, die jenen dualistischen Kräften, die machtvoll eindringen werden, in richtiger Weise zu begegnen wissen und die Wahl zwischen Gutem und Bösem entsprechend treffen werden.
          Im dualistischen Kosmos gibt es keine neue Möglichkeit des Aufstieges in eine höhere Region desselben, ohne daß gleichzeitig die Möglichkeit eines Absturzes in bisher ungekannte Tiefen erscheint. Wenn das Bewußtseinsleben des Menschen in der elementalischen Hülle erwacht, und er sein Denken, Wollen und Fühlen zur elementalischen Welt in Beziehung bringt, so werden ihm nicht bloß die hellen Lichtkräfte, sondern auch die entgegengesetzten dunklen Kräfte in der entsprechenden Welt und in seiner eigenen Hülle begegnen. Dann geht es um das innere Bewußtseinsleben im Menschen selber, weil darin der Anknüpfungspunkt zum überkosmischen Dasein liegt und dort der Geisteskeim verborgen ruht. Weil das einzige, was der eigentliche Mensch an sich genannt werden kann, gerade dieses sein inneres Bewußtseinsleben ist, so geht der Kampf zwischen den lichten und den dunkeln Kräften des Kosmos, zunächst in der elementalischen Welt, eigentlich um das Sein oder Nichtsein des Menschen selber, so wie er als kosmisches Wesen dasteht. Je höher und feiner die kosmische Hülle des Menschen und die entsprechende kosmische Region, in welcher dieser Kampf vorgeht, ist, desto intensiver und unmittelbarer muß sich derselbe gestalten. Wenn die dichteren Hüllen dem inneren Bewußtseinsleben nicht länger als Schanze und Schutz dienen, dann steht es den feindlichen Mächten unmittelbarer gegenüber. Die Verführungen der dunklen Kräfte durch falsche Lichtschimmer, die den Anschein eines glänzenden, farbigen Leuchtens zeigen, die falschen Töne, Klänge und Worte, die wie eine scheinbar wahre Lebenssymphonie aus höheren Sphären die siderische Welt durchbeben, sie werden auf das in jenen Welten neu erwachte Bewußtseinscentrum des Menschen mächtig wirken, es betäuben, berauschen und schließlich zerreißen, wenn die Geisteskraft im Menschen nicht von innen nach außen hin die Scheidewand errichtet hat, die als Prüfstein und Schutz dienen soll, damit der Feind erkannt und zurückgewiesen werde. Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, daß dazu die einfach menschlichen Kräfte nicht ausreichen, daß nur aus dem verborgenen Geisteskeim heraus die Kraft erwachsen kann, die hier den Sieg verspricht, und dies bedeutet, daß ohne Christus und Seine Hilfe keine Rettung oder Überwindung möglich ist.
          Die Apokalypse schildert die entgegengesetzten Kräfte des Kosmos, so wie diese in ihrer wahren Gestalt offenbar werden am letzten Tage, an dem Christus als das geopferte Lamm die sieben Siegel des kosmischen Lebensbuches öffnet. Es werden da zugleich die vier lebendigen Wesen um den Thron herum und die vier Reiter sichtbar; es treten die erhabenen Engel und die Tier- und Drachengestalten auf; das große Zeichen — als die mit der Sonne bekleidete Frau — erscheint am Himmel, und es erscheint die babylonische Sünderin auf Erden; Michael, der mächtige Engel vor dem Angesichte Gottes, führt den Kampf gegen den Widersacher und seine Scharen sichtbar und wahrnehmbar für alle.
          Der prophetische Seher auf Patmos schaute zuerst Christus in kosmischer Gestalt, als Denjenigen, der die sieben Sterne in seiner Hand hält, als Herrscher über die sieben Planetensphären des Kosmos. Dann wird das Lamm sichtbar, das allein die sieben Siegel des geheimnisvollen Buches öffnen kann. Nachdem dieses kosmische Buch „Liber mundi" gelesen und die Bilder desselben offenbart worden sind, wird auch die Erde und ihre Menschheit gerichtet. Christus erscheint in der Gestalt des Einen, des Siegers und Reiters auf dem weißen Pferde, dessen Name ist: das Wort Gottes, der König der Könige, Herr aller Herren.
          Diese drei Erscheinungen Christi ereignen sich im Kosmos zwischen Himmel und Erde und sind als symbolische und reale Gestalten, unter welchen Christus in den Regionen des Kosmos geschaut wird, zu betrachten, im Gegensatz zur Gestalt Christi auf Erden als Menschensohn und zu Seiner ewigen Gestalt im Himmelreiche als Gottessohn, der zur rechten Hand des Vaters sitzt.
          Der Seher auf Patmos geht dann auch unmittelbar über zur Beschreibung seiner Vision des Himmelreiches selber, nachdem er den Herrn der Herren, den König der Könige, das Wort Gottes geschildert hat. Die himmlische Stadt ist jenes Reich, das nur von himmlischen Wesen bewohnt und von himmlischen Kräften erfüllt ist; es stellt das unmittelbare Bild des Reiches Gottes dar, die Stadt, deren Tempel der allmächtige Gott selber ist. Es ist das Bild des Archäums, des Urkosmos, der reinen Spiegelung der Himmelsrose, deren lebendige Blätter die Hierarchien darstellen und deren strahlende Peripherie, als das Auge Gottes, die himmlische Lichtjungfrau, die himmlische Allseele ist. Vom Herzen Gottes, dem Urcentrum der Himmelsrose, ausgehend, durchlebt, durchklingt und durchleuchtet das Wort Gottes, als Christus, der Gottessohn, diese Himmelsrose, welche die erste und höchste Schöpfung des dreieinigen Gottes ist.

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XII.

Die Verklärung der Sinne.


          Auf dem spirituellen Weg, auf  dem der Mensch sich unmittelbar aus dem irdischen Dasein zum geistigen Leben erheben will, ist es eine erste Bedingung, dasjenige, was zum irdischen Leben und Erleben gehört, am Eindringen in das innere Seelenleben zu hindern, damit letzteres sich ungestört und unbehelligt in aller Ruhe and Stille läutern und vorbereiten kann für den hohen Aufschwung zum Reiche des Himmels und zum bewußten Erleben der höheren Seele in sich.
          Der schwere Kampf mit der niederen Seelenkraft als der Hüllennatur, aus deren Fesseln das innere Bewußtsein des Menschen sich befreien soll, kann nur in aller Stille und ohne die Anregungen der Außenwelt geführt werden. Die inneren Feinde sind schon stark genug, um alle höheren Seelenkräfte in Anspruch zu nehmen; deshalb sollen die Anregungen, die durch eine Wechselwirkung mit Kräften aus der Außenwelt entstehen, nicht stattfinden. Die Mystiker pflegten die Askese, sie reinigten ihr Sinnesleben, indem sie sich alles dessen, was durch die Vermittlung der Sinnesorgane das innere Erleben übersinnlicher Art störend beeinflussen konnte, enthielten. Die Gewalt und die Erhabenheit ihrer übersinnlichen Erlebnisse, die sich auf ein überirdisches, himmlisches Dasein bezogen, machten jene Asketen schließlich wie blind, taub und unempfindlich für das, was das bloße Sinnesleben des natürlichen Menschen ausmacht. Derjenige, der das Licht des Himmels zu schauen vermag, das Wort Gottes vernehmen kann und mit dem göttlichen Leben selber Eins geworden ist, der sehnt sich nicht nach dem Lichte, dem Klange und dem Leben eines nur irdischen Daseins mit seinen Empfindungen vermittelst der Sinne. Diesen vergeistigten, in Christo lebenden Menschen war es kein Zwang, sich vom rein irdischen Sinnesleben eines natürlichen Menschen abzuwenden, sondern es war nur die Folge ihres geistigen Aufstieges, daß sie sich mit Freude und einem Gefühl der Befreiung von dem nur natürlichen Erdendasein abwandten, um die ganze Seele dauernd auf ein übernatürliches, in Gott ruhendes Leben, das sie sich durch die Überwindung und Läuterung ihrer niederen Hüllennatur erobert hatten, zu concentrieren. Diese geistige Heldentat, nämlich der Sieg über sich selbst als kosmisch-irdischen und deshalb natürlichen Menschen, wurde durch diese Großen unter den Menschen vollbracht, und immer noch sind einzelne da, die jene geistige Höhe erreichen. Die Mehrzahl aber schreitet auf dem mittelbaren, psychischen Weg langsam vorwärts und das zwar weniger wegen ihres bewußten Wollens, als durch die natürlichen kosmischen Vorgänge und Gesetze dazu bewogen. Deshalb kann auf diesem Wege nicht unmittelbar auf das, was die materielle Welt dem Menschen in bezug auf Sinneserlebnisse bringt, verzichtet werden, denn es muß eher der Übergang von den physischen zu den feineren elementalischen Sinnesorganen gefunden werden. Die an den physischen Körper gebundene Sinnestätigkeit muß verfeinert und vertieft werden, damit dieselbe dem Leben in der elementalischen Hülle entsprechen kann; deshalb muß der Mensch sich dazu erziehen, durch die materielle Welt hindurch die elementalische zu empfinden.
          Solange die Menschheit nichts weiß von dem Dasein einer elementalischen Welt und sich dessen nicht bewußt ist, daß der Übergang von dem nur materiellen Bewußtseinsleben zu einem elementalischen bevorsteht, wird das Wichtige einer solchen Selbsterziehung kaum verstanden werden, und es werden dann auch wenige dafür zu finden sein, sich auf guten Glauben hin eine derart schwierige Aufgabe zu stellen. Es wäre jedoch' schon etwas getan, wenn man sich einmal mit der Frage beschäftigen wollte: Was bedeutet eigentlich die Sinnestätigkeit und wozu führt dieselbe?
          Da nun der Mensch, dessen Bewußtseinsleben in seiner elementalischen Hülle erwacht, über das Nur-Irdische und Materielle hinauswächst und sich in das kosmische und elementalische Leben hineinversetzt, so muß zunächst dasjenige, was vorher als zur materiellen Welt der Erde gehörig angesehen wurde, dann auch eine kosmische Erweiterung erleben. Das gilt ebenso für jene Kräfte, die mit der Sinnestätigkeit des physischen Körpers verbunden sind und durch die physischen Sinnesorgane wirken. Dieselben müssen nach außen hin erweitert und zugleich nach innen vertieft werden, weil das elementalische Leben selber sich über das physische hinaus erstreckt und zugleich das physische auch durchdringt und belebt. Bei dieser Erweiterung und Vertiefung oder Verinnerlichung muß immer an dem, was in bezug auf das Centrum des menschlichen Daseins, das Herz, gesagt wurde, festgehalten werden. Die Sinnestätigkeit muß in entsprechender Weise zunächst auf jenes Centrum zurückgeführt werden, damit diese Tätigkeit der Sinne zum inneren Bewußtseinsleben im Menschen in Beziehung treten kann und dann gesammelt wird. Wenn sich das Herz dem elementalischen Leben geöffnet hat, dann können auch die Sinnestätigkeiten in jener neuen Welt eine richtige Beziehung zur positiven Lichtseite derselben erhalten und ihre Aufgaben dort erfüllen; wenn diese Tätigkeit der Sinne nicht auf das Herz zurückgreifen kann, dann bleiben die Sinneseindrücke aus der elementalischen Welt chaotisch und können das bewußte, innere Leben des Menschen kaum berühren.
          Die Sinnestätigkeit besteht aus dem Empfinden des Lichtes, des Tones, des Geruchs, des Geschmacks und dem der äußeren Berührung. Dieses Empfinden ist eine Art von Fühlen, das sich auf fünf verschiedene Weisen vermittels der entsprechenden Organe kundgibt. Diese Sinnesorgane könnten auch Tastorgane genannt werden, weil sie die verschiedenen Anregungen aus der Außenwelt teilweise zurückstoßen, teilweise durch ein Empfinden aufnehmen, das jenem des Tastens ähnlich ist. Diese Art des Empfindens ist nicht eine solche seelische Kraft wie jenes innere Fühlen, das sich als dritte Kraft zu der des Denkens und des Wollens gesellt. Dieses Empfinden besteht aus einer Zusammenwirkung von kosmischen Kräften, die in der menschlichen Hüllennatur wirken, sodaß gesagt werden kann, daß ein siderisches und ein elementalisches Empfinden sich zuletzt durch das physisch-sinnliche Empfinden offenbaren. Die Sinnestätigkeit des physischen Körpers bildet die Brücke zwischen der physischen, der elementalischen und zuletzt der siderischen Hüllennatur des Menschen. Die physischen Sinnesorgane sind aus dem Elementenmeere herauskristallisiert worden und bilden bei ihrer Tätigkeit die fünf Hauptströmungen desselben ab. Durch das Hineinfließen und das Durchdringen der physischen Organe mit der Kraft jener lebendigen Strömungen des Elementenmeeres werden erst die Empfindungen, die sich als Sinneseindrücke kundgeben, möglich. Deshalb sind auch fünf verschiedene Sinnestätigkeiten bemerkbar; von diesen kann das Empfinden des Berührens als Tastsinn central betrachtet werden, weil dieser der Ausgangspunkt und Grund aller bildet, und weil die übrigen vier sich als verschiedene Modifikationen des Empfindens ausnehmen. Wenn diese Sinnestätigkeit keine Brücke zwischen den drei kosmischen Hüllen des Menschen bildete, wäre es nicht möglich in der Welt des größten Widerstandes, die an sich genommen düster, schwer, stumm und regungslos sein würde, das Licht, den Klang, das Aroma, die Essenz und das Leben der Wesen und Dinge zu empfinden.
          Diese Empfindungen können entstehen, weil die Lebensäußerungen aus der siderischen Welt in die elementalische hineintönen, wo sie sich in Licht und Farben kundgeben und von dort aus in die materielle Welt eindringen; dann rufen sie die entsprechenden Empfindungen vermittelst der Tätigkeit der physischen Sinnesorgane auch dort hervor.
          Wenn der Mensch wiederum den Weg zurückgehen muß, um von der materiellen Welt und den physischen Sinnes Wahrnehmungen aus mit der elementalischen Welt und den fünf Lebensströmungen in Verbindung zu treten, und zwar bewußt, so soll er sich zunächst auf das Centrum seines inneren Bewußtseins concentrieren. Wenn das Herz und die drei Kräfte des Denkens, Wollens und Fühlens sieb dem elementalischen Licht und Leben eröffnet haben, werden die fünf elementalischen Strömungen auch das Empfinden und Erleben der elementalischen Welt vermitteln, so wie die physischen Sinnesorgane es in bezug auf das Leben in der physischen Welt tun.
          Die Sinnestätigkeit steht auch in Beziehung zu den vier Elementen und dem centralen Urelement, und diese bilden wiederum die Eigenschaften der kosmischen Hüllen ab.
          Das Gefühl, als Tastsinn, hat eine centrale Bedeutung und ist das Symbol des an die Hülle gebundenen Lebens. Als solches bildet es den Übergang zu dein inneren Lebenscentrum des Herzens selber, besonders in dem elementalischen Leben, wo das innere und das äußere Empfinden und Erleben enger verbunden sind als im physischen Dasein.
          Der Sinn des Geschmackes ist mit der materiellen Welt, die mit dem Element des Festen und dem Symbol der Erde übereinstimmt, verbunden. Dieser Sinn sucht aus den materiellen Stoffen die innere Essenzen herauszuprüfen und zu unterscheiden zwischen den Eigenschaften derselben als: bitter, sauer, herb, salzig, süß usw.
          Der Geruchssinn beschäftigt sich mit einem mehr feinen, beweglichen und verflüchtigten Zustand des Stofflichen, das nicht mehr in einer bestimmten, festen Form vorhanden ist, und sucht das Aroma als eine feinere, weniger an das Materielle gefesselte Lebensäußerung herauszufinden. Während der Geschmack am Stoffe selber haftet und in demselben verborgen liegt wie der Funke im Stein, entstellt der Geruch aus einer Ausdünstung, als ein sich Herauslösen des Lebens aus dem Banne der festen Form. Dieses Herauswachsen des feineren, obwohl noch materiellen Aromas aus dem festen Stoffe wird sich am besten mit dem Pflanzenreiche und den aus der Erde hervorspringenden Pflanzen, die wie zarte, farbige Dunstgebilde ihr feines Lebensaroma auf Erden aushauchen, vergleichen lassen. Das flüssige Element des Wassers und das Symbol des Mondes wird als mit dem Geruchssinn verbunden betrachtet, denn dieses Element ist von der Starrheit, Undurchsichtigkeit und Gebanntheit des Festen befreit, da es klar und beweglich ist und außerdem die Möglichkeit hat, sich in Form des Dunstes noch weiter über die feste Form der physischen Materie zu erheben.
          Das Sehvermögen wird mit dem kosmischen Symbol der leuchtenden Sonne und dem Lichte des Feuerelementes verglichen. Das Licht der Sonne spiegelt sich in jener kleinen Sonne, dem Auge, das unmittelbar mit jenem inneren Sonnencentrum verbunden ist, das im Herzen abgebildet ist. Das innere Leben des Feuers ist das Licht, wie der Rauch die grobe materielle Form desselben darstellt. Das Auge sucht an jeder materiellen Gestalt das Licht und die Farbe als ihre besondere Lebensäußerung herauszufühlen, und deshalb sind das Sehvermögen, sowie auch der Gehörsinn jene Sinne, die schon aus der materiellen, irdischen Welt in das elementalische und kosmische Leben hinüber führen. Das Sehvermögen hat deshalb Beziehung zur elementalischen Welt. Der Gehörsinn läßt die aus der Umwelt herankommenden Klänge und Töne auf sich einwirken und fühlt aus letzteren das innere Leben, durch das sie gestaltet wurden, heraus. Durch die Klänge und Töne erhält das Gehör die Kunde und Botschaft aus dem umfassenden Raum, der die Erde umgibt. Aus weiten Gebieten kommend, erreicht das innere Leben in jenem äußerlich wahrnehmbaren Klang den menschlichen Gehörsinn, und letzterer sucht aus diesem Klang jenes innere Leben herauszuhören. Das Leben und Weben desjenigen Elementes, das hier auf Erden Luft genannt wird und dessen lebendiger Hauch der Wind ist, wird mit dem Sinn des Hörens verbunden. Das entsprechende kosmische Symbol ist der unermeßlich ausgedehnte, mit unzähligen Sternen besäte Raum, die Welt der Gestirne, und der Gehörsinn hat deshalb auch eine Beziehung zur siderischen Welt.
          Der Kopf des Menschen, der wie ein Nebencentrum des einen Herzens-centrums zu betrachten ist, und der das Gehirn und die Sinnesorgane enthält, ist wie eine sich vom inneren Centrum aus erhebende Brücke, die von dem innersten Bewußtseinsleben im physischen Körper zur Außenwelt der Erde und des Kosmos hinüberführt. Vom Willenscentrum im Herzen aus bewegt sich die Denkkraft nach oben zum Gehirn und zur elementalischen Welt hin. Die Sinnestätigkeit ist mit der Kraft des Empfindens oder des. Fühlens, die sich von der elementalischen Welt aus zur physischen hinneigt, verbunden. Gerade in den Sinnesorganen begegnet das Empfinden, das noch der physischen Welt angehört, jener Kraft des Fühlens, die schon zum elementalischen Leben zu rechnen ist.
          Im Kopf selber ist das Kreuz, das auf das Herz und auf den physischen Körper bezogen wurde, so aufzufassen, das sich die vertikale Linie durch das Gehirn hindurch bis zum Halse abzeichnet, während die horizontale Linie direkt durch die beiden Ohren hindurchgeht und die obere Hälfte des Kopfes mit den beiden höheren Sinnesorganen des Sehens und des Hörens von denen des Geruches und des Geschmackes trennt. Wie am Körper die untere Hälfte nur dem Prozesse des Ernährens und der Produktion, die beide mehr direkt mit dem niederen, materiellen Leben verbunden sind, dienen kann, so auch hat am Kopfe der untere Teil mit dem Geschmack und dem Geruchsinn zu tun, die sich beide eher auf das Materielle und niedere elementalische Leben, als auf das höhere elementalische und das siderische beziehen. Doch ist die Tätigkeit der Sinne, wenn auch verschieden und den verschiedenen Elementen und Hüllen des Kosmos entsprechend, nur eine Äußerung des einen Empfindens und des einen Lebens, das sich mittels des Nebencentrums des einen Herzenscentrums, wo das innere Bewußtseinsleben des Menschen ruht, dem Kosmos eröffnet. Vom Herzenscentrum aus steigt das bewußte Leben auf zum Nebencentrum mit seinen der Umwelt offenen Sinnesorganen. Dann kehrt dieses Leben wieder zum Herzen zurück und findet dort allein den Kern des eigenen Daseins. Deshalb ist es von dem Herzen abhängig, ob der Mensch ein bewußtes und richtiges Erleben der elementalischen und der siderischen Welt erreicht, oder ob der Strom des elementalischen Lebens in das unterbewußte Gebiet seiner niederen Natur hineinfließt, weil sich das Herz und damit auch das Bewußtseinscentrum der elementalischen Lichtwelt nicht eröffnet haben.
          Die vier lebendigen Blüten und die Lichtquelle im Centrum des Herzens sind die Urtypen für das, was schließlich als die verschiedenen Sinnestätigkeiten in den Hüllen des Menschen auftritt, sowohl in der physischen wie in der elementalischen Welt. Über dieselben erhebt sich der Lebensbaum, der aus dem Centrum des Herzens hervorsprießt und sich in die siderische Welt erhebt.
          Auf diese Weise werden die Sinne des Menschen für ihn zu Elementen und Gestirnen, zu kosmischen Welten, die ihn weiter über sich selbst als physischer Erdenmensch hinausführen in das große Gebiet des makrokosmischen Lebens. Wenn der Mensch sich nicht nur im buchstäblichen Sinne an die hier bezeichneten Symbole hält, sondern aus jenen kosmischen Symbolen das innere, überkosmische Leben herauszulesen versucht, dann werden jene Symbole zu sakramentalen Zeichen, zu einer kosmischen Sprache, deren innerer Sinn und verborgenes Wesen dem Menschen offenbar werden kann, weil er selber einen Anteil an denselben hat, selber einen geheimnisvollen Buchstaben der kosmischen Symbolik darstellt. Der Mensch ist der in das kosmische Lebensbuch eingeschriebene Buchstabe, der selber ein eigenes Lebensbuch zu schreiben vermag. Im Innern des Herzens, im Centrum seines Bewußtseinslebens ist der Inhalt jenes Buches eingeprägt: doch bleibt derselbe ungelesen und unverstanden und ruhet in der Verborgenheit, bis daß, das innere Licht des Herzens hervorbricht, und jener Geisteskeim, den Christus dem Menschen brachte, aufblüht. Dann erst wird der Mensch imstande sein, das eigene Buch des Lebens zu enträtseln und dann auch das kosmische Lebensbuch (Liber mundi) zu verstehen, dessen Siegel nur von Dem eröffnet werden kann, der die Welt sowie den ganzen Kosmos erlöst und demselben das Siegel Seines ewigen, göttlichen Namens aufgeprägt hat.
F i n i s.


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