Wer da selig werden
will, der muss vor allem den katholischen Glauben
festhalten.
Aus
Swedenborg, Die Wahre Christliche Religion, Bd. 1, Kap. 3
DIE
GÖTTLICHE DREIEINHEIT.
163.
Es ist von Gott dem Schöpfer und zugleich dann von
der Schöpfung, und nachher von dem Herrn Erlöser
und zugleich dann von der Erlösung,
und zuletzt
von dem Heiligen Geist und
zugleich dann von der
Göttlichen Einwirkung
gehandelt worden, und weil
somit von dem
Dreieinigen Gott gehandelt worden
ist, so ist
nothwendig, dass auch gehandelt werde
von der Göttlichen Dreieinheit, welche in der christlichen
Welt bekannt, und dennoch unbekannt ist; denn nur durch
sie erlangt man einen richtigen Begriff von
Gott, und der richtige Begriff von Gott ist in der Kirche wie das
innere
Heiligthum und der Altar im Tempel,
und wie die Krone auf dem Haupt
und das Scepter in der Hand des
auf dem
Thron sitzenden Königes;
von ihm
hängt auch wie eine Kette von ihrem
obersten Ring der ganze theologische Organismus
ab, und es erhält, wenn ihr es glauben wollt,
Jeglicher seine Stelle in den Himmeln gemäss seinem Begriffe von
Gott; denn
dieser ist wie der Probirstein,
durch
den das Gold und Silber, das ist, das Gute und Wahre, wie diese
bei den
Menschen beschaffen seien
geprüft wird, denn
es gibt bei ihm gar kein
heilbringendes Gute, das nicht von Gott wäre, noch irgend etwas Wahres,
das nicht seine Beschaffenheit
aus dem Schoosse des Guten zöge. Damit man aber mit beiden Augen sehe,
was die
Göttliche Dreieinheit ist, soll die Darstellung in Abschnitte zerlegt werden, welche
folgende sein werden:
I.
Es
gibt eine Göttliche
Dreieinheit, bestehend aus Vater,
Sohn und Heiligem Geist.
II. Diese
Drei, Vater, Sohn und Heiliger Geist,
sind die
drei Wesenheiten des Einen
Gottes, welche Eins ausmachen,
wie die
Seele,
der Leib
und
die Wirksamkeit
bei dem
Menschen.
III. Vor
Erschaffung der Welt war diese Dreieinheit
nicht, sondern sie ist nach Erschaffung der Welt, als Gott
Mensch wurde, vorgesehen und verwirklicht
worden,
und zwar in dem Herrn Gott
Erlöser und Heiland
Jesus Christus.
IV. Die
Dreiheit Göttlicher Personen von Ewigkeit,
oder
vor Erschaffung
der
Welt, ist
in den Denkvorstellungen
eine Dreiheit von
Göttern, und diese
kann nicht ausgemerzt
werden durch das
Mundbekenntnis
Eines Gottes.
V. Die
Personendreiheit war
in der apostolischen Kirche
unbekannt,
sie wurde aber von der Nicänischen Kirchenversammlung
ausgeheckt, und von da aus in die
römisch=katholische Kirche, und von
dieser in die von ihr
getrennten Kirchen
eingeführt.
VI. Aus
der Nicänischen
und zugleich
der Athanasischen Dreieinigkeit entstand ein Glaube, der die
ganze christliche Kirche verkehrte.
VII. Von daher
stammt jener Gräuel der Verwüstung und jene Trübsal, dergleichen
nie war, noch sein
wird, und die der Herr bei
Daniel und
den Evangelisten, sowie
in der
Offenbarung vorhergesagt hat.
VIII. Dann auch
dies: Wenn nicht der Herr einen Neuen Himmel und eine Neue Kirche
gründete, würde kein Fleisch erhalten
werden.
IX. Aus der Dreiheit der
Personen, von welchen, nach dem
Athanasischen
Bekenntnis, jede einzeln für sich Gott
ist, entstanden mehrere
ungereimte und fremdartige
Vorstellungen von Gott,
welche Wahnbilder
und
Fehlgeburten sind.
Doch dies
soll nun im Einzelnen entwickelt
werden.
164.
I. ES GIBT EINE GÖTTLICHE
DREIEINHEIT, BESTEHEND
AUS VATER, SOHN UND HEILIGEM GEIST.
Dass
es eine Göttliche Dreieinheit gibt, bestehend aus Vater,
Sohn und Heiligem Geist, erhellt
deutlich aus dem
Wort, und zwar aus
folgenden Stellen in ihm: Der Engel
Gabriel sprach zu Maria: Der
Heilige Geist wird über
dich kommen, und die
Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum auch das
Heilige, das aus
dir geboren wird, der Sohn Gottes genannt werden wird," Luk 1,35; hier werden drei
genannt: der Höchste,
welcher Gott der Vater ist, der Heilige
Geist, und der Sohn Gottes. "Als Jesus getauft wurde, siehe, da thaten sich die Himmel auf, und
Johannes sah
den Heiligen Geist, wie eine Taube herabsteigen und über Ihn kommen, und eine Stimme aus dem
Himmel sprach: Dieser ist
Mein geliebter Sohn, an dem Ich
Wohlgefallen habe," Matth.
3,15.17; Mark 1,10.11; Joh
1,32. Noch
deutlicher aus folgenden Worten des Herrn
an die Jünger: Gehet hin, machet zu Jüngern alle Völker, taufet sie im Namen
des Vaters, und des Sohnes, und
des Heiligen Geistes," Matt 28,19; und überdies
aus Folgendem bei Johannes: "Drei sind die da zeugen im Himmel, der
Vater,
das Wort, und der Heilige Geist," 1.Br. Kap 5,7. und außerdem,
dass der Herr zu Seinem
Vater gebetet, und dass Er von Ihm
und mit Ihm gesprochen, und gesagt habe, er werde den Heiligen Geist senden, und dass Er
diesen auch
gesandt habe. Und überdies, dass die Apostel in ihren Briefen häufig sowohl den Vater,
als den Sohn und
den Heiligen Geist genannt haben. Hieraus
erhellt, dass es
eine göttliche Dreieinheit gibt,
bestehend aus Vater, Sohn und Heiligem Geist.
165.
Wie aber jene Stellen zu verstehen sind, ob so, dass
es drei Götter gebe, welche dem Wesen
und somit
auch dem Namen nach Ein Gott
sind, oder so, dass
sie drei Objekte
Eines Subjektes, dass sie also blos
Eigenschaften
oder Attribute Eines Gottes seien, welche so genannt werden, oder ob
anders,
kann die sich
selbst überlassene
Vernunft durchaus nicht sehen; was
ist nun zu
thun. Es gibt keinen andern Rath, als dass
der Mensch sich an den Herrn Gott Heiland wende,
und unter Seiner Leitung das Wort lese, denn Er ist der Gott des
Wortes; dann
wird er erleuchtet werden und Wahrheiten sehen, die auch die Vernunft anerkennen
wird. Dagegen
aber, wenn du dich nicht an den Herrn
wendest, so magst du tausendmal das Wort lesen, und darin
eine Göttliche Dreieinigkeit und auch eine
Einheit sehen, jedoch du wirst nichts anderes herausbringen,
als dass
drei Göttliche Personen, deren jede einzeln
für sich Gott ist, und somit drei Götter sind; weil aber dies dem allgemeinen Menschenverstand Aller in der ganzen
Welt widerstreitet, so kam
man, um den Schmähungen zu entgehen,
auf die
Erfindung, dass obwohl ihrer in Wahrheit
drei seien, doch der Glaube dringend fordere, dass nicht drei
Götter
genannt werden, sondern Einer; und
überdies, um nicht mit Tadel überschüttet zu werden, dass ganz besonders in dieser
Rücksicht der Verstand
eingekerkert und unter dem Gehorsam des Glaubens gefesselt gehalten
werden
müsse; und dies solle
hinfort vermöge
christlicher Ordnung ein unantastbares
Heiligthum in der christlichen Kirche sein. Eine solche
gliederlahme
Frucht ward dadurch erzeugt, dass
man nicht
unter der Leitung des Herrn das
Wort
las; und Jeder, der nicht unter Seiner Leitung
das Wort liest, der liest es unter der Leitung der eigenen
Einsicht, und
diese ist wie eine Nachteule für
Dinge, die
im geistigen Lichte sind, wohin alles Wesentliche
der Kirche gehört. Und während ein Solcher
die Stellen im Worte, welche die Dreieinigkeit
betreffen, liest, und sich auf deren Grund denkt, sie seien, obwohl drei, doch
nur Eines, so erscheint
ihm dies als eine Antwort vom Dreifuß herab, die er, weil er sie nicht
begreift,
zwischen den Zähnen hin und her wirft; denn brächte er sie
vor die Augen, so
wäre sie ein Räthsel, das je mehr er sich bemüht, es zu lösen, nur um
so mehr sich in Finsternis
verwickelt, bis er darüber ohne Verstand zu denken
anfängt, was dann eben so viel ist als ohne Auge sehen. Kurz, die,
welche das
Wort unter der Leitung der eigenen Einsicht lesen, was bei allen der Fall ist, die nicht den Herrn als Gott
des Himmels
und der Erde anerkennen,
und daher nicht
einzig Ihn angehen und
verehren,
können spielenden Knaben verglichen
werden, die ein Tuch vor die Augen binden und in gerader Richtung vorwärts
gehen wollen, und auch
glauben gerade aus zu gehen, dennoch aber Schritt
für Schritt zur Seite abweichen, und endlich in entgegengesetzter
Richtung
fortgehen, an einen Stein stoßen
und fallen.
Auch sind sie Seefahrern ähnlich, die ohne Kompaß
segeln, und das Schiff
auf Klippen führen und zu
Grunde gehen.
Auch sind sie wie Einer, der
über ein
sehr weites Feld in dichtem Nebel wandelt,
und einen Skorpion sieht, und in der Meinung,
es sein ein Vogel, ihn mit der Hand fassen und aufheben will, und dann
eine
tödtliche Wunde erhält;
auch gleicht
er einer Tauchente, oder Weihe, welche etwas vom Rücken eines
großen Fisches
über Wasser sieht, und hinfliegt, und den Schnabel darin
einhackt, dann
aber von dem Fisch hinabgezogen und ertränkt
wird; und wieder ist er wie Einer, der ohne Führer oder
Faden in ein
Labyrinth hineingeht, und je tiefer
er
eindringt, desto mehr die Ausgangswege verliert.
Ein Mensch, der nicht unter der Leitung des Herrn das Wort liest,
sondern unter
der Leitung der eigenen Einsicht, hält sich für einen Luchs
und für vieläugiger
als Argus, während er doch inwendig gar nichts Wahres
sieht, sondern
blos Falsches, das ihm, nachdem
er sich
davon überredet hat, wie ein Leitstern erscheint,
nach dem er alle Segel seines Denkens richtet,
alsdann aber die Wahrheiten nicht besser sieht, als der Maulwurf, und wenn er sie
sieht, dieselben zu Gunsten seiner
Phantasie dreht, und so die heiligen Dinge
des Wortes verkehrt und verfälscht.
166.
II. DIESE DREI, VATER, SOHN
UND HEILIGER GEIST, SIND DIE DREI WESENHEITEN DES EINEN
GOTTES, WELCHE EINS AUSMACHEN, WIE DIE SEELE, DER LEIB UND DIE WIRKSAMKEIT
BEI DEM MENSCHEN.
Es
gibt allgemeine und
auch besondere Wesenheiten Eines
Gegenstandes, und diese machen
mit jenen Ein Wesen aus; die
allgemeinen
Wesenheiten Eines Menschen sind dessen Seele, Leib und
Wirksamkeit; dass diese Ein
Wesen ausmachen, kann man daraus sehen, dass das Eine aus dem Andern und
um des Andern willen ist,
in stetiger Reihenfolge; denn
der Mensch nimmt seinen Anfang mit der Seele, welche das
eigentliche
Wesen des Samens ist; sie bildet nicht nur
den Ausgangspunkt für alles, was zum Körper gehört, sondern bringt es auch
seiner Ordnung nach hervor,
und nachher dasjenige, was aus diesen
beiden, der Seele und dem
Leib,
zugleich hervorgeht und deren
Wirksamkeit genannt wird; aus dem Hervorgebracht
werden des einen von dem andern, und der
damit gegebenen Einimpfung und Verbindung erhellt daher, dass
diese drei
Eines Wesens sind, und deshalb
die
Wesenheiten genannt werden.
167. Dass in dem Herrn Gott Heiland diese
drei Wesenheiten waren
und sind, nämlich Seele, Leib und Wirksamkeit, erkennt jeder an; dass
Seine Seele von
Jehovah
dem Vater
war,
kann nur
von
einem Antichristen
geläugnet
werden; denn in dem Worte beider
Testamente heisst Er der Sohn Jehovahs, der Sohn Gottes, des Höchsten, der
Eingeborne; es ist also
das Göttliche des Vaters, wie die
Seele im Menschen,
Sein erstes
Wesentliche; dass der Sohn, den Maria
geboren, der Leib Seiner Göttlichen Seele ist, folgt daraus; denn
nichts
anderes als der aus der Seele empfangene und abstammende
>Leib wird
im Mutterleib zubereitet; dieser
ist also das
andere Wesentliche; dass
die
Wirksamkeit das dritte Wesentliche
ausmacht, gründet sich darauf, dass sie aus der Seele und
dem Leib
zusammengenommen hervorgeht, und
das, was
hervorgeht, desselben Wesens
mit dem
ist, durch das es hervorgebracht wird.
Dass die drei Wesenheiten, welche sind der Vater, der Sohn und der Heilige Geist,
in dem Herrn Eins sind,
wie Seele, Leib und Wirksamkeit im Menschen,
erhellt deutlich aus den Worten des Herrn, dass
der Vater und Er Eins seien, und dass der Vater in Ihm und Er im Vater sei;
desgleichen dass Er und der
Heilige Geist Eines sind, weil der Heilige
Geist das aus dem Herrn
vom Vater
hervorgehende Göttliche ist, wie oben
Nr. 153.154 vollständig aus dem Worte nachgewiesen wurde; weshalb
es abermals
beweisen, ein überflüssiges Wiederkäufen und so
viel wäre, als nach der
Sättigung den Tisch noch mit Speisen beladen.
168. Wenn man sagt, der Vater,
der Sohn und der Heilige Geist seien drei Wesenheiten des Einen Gottes,
wie
Seele, Leib und Wirksamkeit bei dem Menschen, so erscheint es vor dem
menschlichen Gemüth, wie wenn diese drei Wesenheiten drei Personen
wären, was
jedoch nicht möglich ist; versteht man es aber so, dass das
göttliche des
Vaters, welches die Seele ausmacht, und das Göttliche des Sohnes,
welches den
leib ausmacht, und das Göttliche des Heiligen Geistes oder das
ausgehende
Göttliche, welches die Wirksamkeit ausmacht, drei Wesenheiten
Eines Gottes
seien, so geht es in den Verstand ein; denn Gott der Vater ist
Sein
Göttliches, der Sohn aus dem Vater das seinige, und der Heilige
Geist aus
beiden seinige, und weil diese Eines Wesens und einmüthig sind, so
machen sie
Einen Gott aus. Nennt man aber dieses Dreifache Göttliche
Personen, und
schreibt einer jeden ihre Eigenthümlichkeiten zu, wie dem Vater
die Zurechnung,
dem Sohne die Vermittelung, und dem Heiligen Geist die Einwirkung, so
wird das
Göttliche Wesen, das doch Eines und untheilbar ist, ein
getheiltes, und somit
ist keiner von den dreien in Fülle Gott, sondern jeder nur in
einem Drittel der
Macht, was der gesunde Verstand nothwendig verwerfen muss.
....
171.
Die Dreieinigkeit, welche die heutige christliche Kirche angenommen,
und die
sie ihrem Glauben einverleibt hat, geht dahin, dass Gott der Vater von
Ewigkeit
her einen Sohn gezeugt habe, und dass alsdann der Heilige Geist von
beiden
ausgegangen, und dass jeder [von diesen] Gott für sich sei; diese
Dreieinigkeit
kann von den menschlichen Gemüthern nicht anders aufgefaßt
werden, denn als
eine Dreiherrschaft, und als die Regierung dreier Könige in Einem
Reich, oder
dreier Feldherrn über ein Heer, oder dreier Herrn in Einem Haus,
von welchen
jeder die gleiche Gewalt hat; was anderes würde hievon die Folge
sein, als
Zerstörung? Wollte jemand diese Herrschaft Dreier und zugleich
deren Einheit im
Bild oder Schattenriß vor dem Auge des Geistes darstellen, so
könnte er sie
seinem Blick nicht anders vorstellen, als in der Gestalt Eines Menschen
mit
drei Köpfen auf Einem Körper, oder dreier Körper unter
Einem Kopf. Ein so
ungeheuerliches Bild der Dreieinigkeit muss vor denen erscheinen,
welche an
drei göttliche Personen, von welchen jede Gott für sich ist,
glauben, und sie
zu Einem Gott verbinden und läugnen, dass Gott, weil Er Einer ist,
auch Eine
Person ist. Dass ein von Ewigkeit gezeugter Sohn Gottes herabgestiegen
sei und
das Menschliche angenommen habe, kann mit den Mythen der Alten
verglichen
werden, nach welchen die menschlichen Seelen seit Urbeginn der Welt
erschaffen
sind, und dann in Leiber eingehen und Menschen werden; dann auch mit
jenen
ungereimten Annahmen, dass, wie Viele in der Jüdischen Kirche
geglaubt hatten,
die Seele des Einen in einen Andern übergehe, z.B. die Seele des
Elias in den
Leib Johannes des Täufers, und dass David in seinen Leib oder in
den eines
Andern zurückkehren, und herrschen werde über Israel und
Juda, weil es bei
Ezechiel heisst: ”Ich wird einen Hirten über sie erwecken, der sie
weiden soll,
ihn, Meinen Diener David, dieser soll ihr Hirt sein, und Ich Jehovah
werde sein
ihr Gott, und David Fürst in ihrer Mitte,” Kap 34,23.24.25; andere
Stellen zu
übergehen; sie wußten nicht, dass hier unter David der Herr
verstanden wird.
172.
IV. Die Dreiheit
Göttlicher Personen von
Ewigkeit, oder vor Erschaffung der Welt, ist in den Denkvorstellungen
eine
Dreiheit von Göttern, und diese kann nicht ausgemerzt werden durch
das
Mundbekenntnis Eines Gottes.
Dass
die Dreiheit göttlicher Personen von Ewigkeit eine Dreiheit von
Göttern ist,
erhellt deutlich aus Folgendem im Athanasischen Glaubensbekenntnis:
”Eine andre
ist die Person des Vaters, eine andere die des Sohnes, und eine andere
die des
Heiligen Geistes; Gott und Herr ist der Vater, Gott und Herr ist der
Sohn, und
Gott und Herr ist der Heilige Geist; dennoch aber sind nicht drei
Götter und
Herren, sondern es ist ein Gott und Herr; wie wir durch die christliche
Wahrheit angetrieben werden, jede Person einzeln für sich als Gott
und Herrn
anzuerkennen, so werden wir durch die katholische Religion verhindert,
drei
Götter oder drei Herren zu nennen.” Dieses Glaubensbekenntnis ist
aber als ein
ökumenisches oder allgemeines von der ganzen christlichen Kirche
angenommen,
und alles, was man heut zu Tage von Gott weiss und anerkennt, ist aus
ihm. Dass
von denen, die auf der Nicänischen Kirchenversammlung waren, aus
der das
sogenannte Athanasische Symbol als ein nachgeborner
Sprößling hervorging, keine
andere Dreieinigkeit als eine Dreieinigkeit von Göttern,
verstanden wurde, kann
Jeder, der es nur mit offenen Augen liest, sehen; dass eine Dreiheit
von
Göttern nicht blos von ihnen verstanden worden ist, sondern auch
keine andere
Dreiheit in der christlichen Kirche verstanden wird, ist eine Folge
davon, weil
alle Erkenntnis von Gott daher stammt, und Jeder im Glauben an die
darin
enthaltenen Worte bleibt. Dass keine andere Dreieinigkeit als eine
Dreieinigkeit von Göttern heut zu Tage in der christlichen Kirche
verstanden
wird, dafür berufe ich mich auf Jeden, den Laien wie den
Geistlichen, die
belorbeerten Magister und Doktoren, wie die geweihten Bischöfe und
Erzbischöfe,
und auch die bepurpurten Kardinäle, ja den römischen Papst
selbst; es frage
sich jeder, und dann spreche er sich aus gemäss den Vorstellungen
seines
Geistes; aus den Worten dieser allgemein angenommenen Lehre von Gott
ist dies
so offenbar und durchscheinend, wie das Wasser durch einen krystallenen
Becher,
dass nämlich drei Personen seien, und jede von ihnen Gott und
Herr; ferner dass
man, der christlichen Wahrheit gemäss, jede der Personen einzeln
für sich als
Gott und Herrn bekennen oder anerkennen müsse, dass aber die
Religion, d.h. der
katholische oder christliche Glaube verbiete, drei Götter und
Herren
auszusprechen oder zu nennen; und dass sonach die Wahrheit und die
Religion
oder die Wahrheit und der Glaube nicht Ein Ding, sondern zwei einander
widerstreitende Dinge seien. Dass aber beigesetzt wurde, es seien nicht
drei
Götter und Herren, sondern Ein Gott und Herr, das geschah, damit
man nicht vor
der ganzen Welt dem Gelächter ausgesetzt würde; denn wer
würde nicht laut
auflachen bei drei Göttern? Wer aber sieht dabei nicht den innern
Widerspruch?
Hätte man hingegen gesagt, Göttliches Wesen komme dem Vater,
Göttliches Wesen
dem Sohn, und göttliches wesen dem Heiligen Geist zu, es seien
jedoch nicht
drei göttliche Wesen, sondern nur eines und Dieses untheilbar,
dann wäre jenes
Geheimnis erklärbar gewesen, sofern nämlich unter dem Vater
das Urgöttliche,
unter dem Sohn das Göttliche Menschliche aus diesem, und unter dem
Heiligen
Geist das hervorgehende Göttliche verstanden wird, welche drei
Einem Gott
angehören; oder wenn man unter dem Göttlichen des Vaters
Aehnliches versteht,
wie bei dem Menschen unter der Seele, unter dem
Göttlich=Menschlichen
Aehnliches wie unter dem Leib dieser Seele, und unter dem Heiligen
Geist
Aehnliches wie unter der Wirksamkeit, die aus beiden hervorgeht,
alsdann werden
drei Wesenheiten verstanden, die Einer und derselben Person
angehören, und so
zugleich ein einziges und untheilbares Wesen ausmachen.
173.
Dass die Vorstellung von drei Göttern nicht beseitigt werden kann
durch das
Mundbekenntnis Eines Gottes, kommt daher, dass dieselbe von dem
Knabenalter an
dem Gedächtnis eingepflanzt worden ist, und jeder Mensch aus
dessen Inhalt
denkt. Denn das Gedächtnis ist bei dem Menschen, wie der
Wiederkäumagen bei
Vögeln und [Land=] Thieren; diese bringen in denselben die
Speisen, von denen
sie nach und nach ernährt werden, und nehmen sie von Zeit zu Zeit
von da
heraus, und lassen sie in den eigentlichen Magen hinab, in dem diese
Speisen
verdaut und zu allen Nutzzwecken des Körpers verwendet werden; der
menschliche
Verstand ist dieser Magen, wie das Gedächtnis der erstere. Dass die Vorstellung dreier göttlicher
Personen von
Ewigkeit, welche dieselbe ist mit der Vorstellung dreier Götter,
durch das
Mundbekenntnis Eines Gottes sich nicht beseitigen lässt, kann
Jeder schon
daraus sehen, dass es noch nicht beseitigt ist, und dass es deren unter
den
Berühmtheiten, die nicht wollen, dass sie beseitigt werde; denn
sie bestehen
darauf, dass die drei göttlichen Personen Ein Gott seien,
läugnen aber
hartnäckig, dass Gott, weil Er Einer ist, auch Eine Person sei;
aber welcher
Weise denkt nicht bei sich, dass jeden Falls unter der Person nicht
eine
Person, sondern das Prädikat einer Beschaffenheit zu verstehen sei?
Worin aber diese bestehe, weiss man nicht, und weil man es nicht weiss,
so
bleibt das dem Gedächtnis von Kindheit an Eingepflanzte stehen,
wie die Wurzel
eines Baumes in der Erde, aus der, wenn man diesen abhaut, immer wieder
ein
neuer Sprössling hervorwächst. Du aber, mein Freund, haue
nicht blos diesen
Baum ab, sondern rotte auch seine Wurzel aus, und pflanze dann in
deinen Garten
Bäume von guter Frucht; sei also auf der Hut, dass nicht in deinem
Gemüth die
Vorstellung dreier Götter sich festsetze, und der Mund, dem keine
Vorstellung
innewohnt, Einen Gott ausspreche. Was anderes ist denn der Verstand
oberhalb
des Gedächtnisses, der sich drei Götter denkt, und der
Verstand unterhalb
dessen, aus dem der Mund Einen Gott ausspricht, zusammengenommen, als
ein
Schauspieler auf dem Theater, der zweierlei Rollen spielen kann, indem
er von
der einen Seite in die andere hinüberläuft, und von der einen
Seite her etwas
sagen und von der andern her dem widersprechen, und so im Widerstreit
hier sich
einen Weisen und dort sich einen Thoren nennen kann? Was anderes aber
ist die
Folge, als dass er, wenn er in der Mitte steht, und nach beiden Seiten
hinblickt, denkt, dass weder an dem Einen, noch an dem Andern etwas
sei, und so
etwa, dass weder ein Gott sei, noch dass deren drei seien, somit gar
keiner?
Der heut zu Tage herrschende Naturalismus stammt aus keinem andern
Ursprung. Im
Himmel vermag niemand eine Dreiheit von Personen, deren jede einzeln
für sich
Gott ist, auszusprechen; denn schon die Himmelsluft, in der ihre
Gedanken, wie
die Töne in unserer Luft, schweben und sich wellenförmig
bewegen, widerstrebt;
nur der Heuchler vermag es dort; allein der ton seiner Rede knirscht in
der
Himmelsluft wie ein Zahn, der sich an dem andern reibt, oder er
kreischt wie
ein Rabe, der wie ein Sangvogel singen will. Ich hörte auch aus
dem Himmel,
dass den durch Begründungen dem Gemüth eingepflanzten glauben
an die Dreiheit
von Göttern durch das Mundbekenntnis eines einzigen Gottes
beseitigen, ebenso
unmöglich sei, als einen Baum durch seinen Samen, oder das Kinn
eines Menschen
durch eines seiner Barthaare hindurchziehen.
177.
VI. Aus der
Nicänischen und
zugleich der Athanasischen Dreieinigkeit entstand ein Glaube, der die
ganze
christliche Kirche verkehrte.
Dass
die Nicänische und zugleich Athanasische Dreieinigkeit eine
Dreieinigkeit von
Göttern ist, ist aus ihren Glaubensbekenntnissen oben Nr. 172
nachgewiesen
worden; aus ihnen ist der Glaube der heutigen Kirche entstanden,
welcher der an
Gott Vater, Gott Sohn und Gott den heiligen Geist ist; an Gott Vater,
dass Er
die Gerechtigkeit des Heilandes, Seines Sohnes, zurechne, und sie den
Menschen
zuschreibe; an Gott den Sohn, dass er Einsteher und Bürge sei; an
den Heiligen
Geist, dass er die zugerechnete Gerechtigkeit des Sohnes wirklich
einschreibe,
und sie befestige und besiegle, indem er den Menschen rechtfertigt,
heiligt und
wiedergebieret; dies ist der heutige Glaube, der allein schon bezeugen
kann,
dass es eine Dreiheit von Göttern ist, welche anerkannt und
verehrt wird. Aus
dem Glauben einer jeden Kirche strömt aber nicht nur ihr ganzer
Gottesdienst,
sondern auch all ihr Dogmatisches hervor; weshalb man sagen kann, wie
der
Glaube, so ist auch ihre Lehre. Dass dieser Glaube, weil er ein Glaube
an drei
Götter ist, alles zur Kirche Gehörige verkehrt hat, folgt
daraus; denn der
Glaube ist das Ursprüngliche, und die Lehrbestimmungen, sind das
Abgeleitete,
und das Abgeleitete nimmt vom Ursprünglichen sein Wesen her.
Unterwirft man der
Prüfung die einzelnen Lehrbestimmungen, wie die von Gott, von der
Person
Christi, von der Liebthätigkeit, von der Busse, von der
Wiedergeburt, vom
freien Willen, von der Erwählung, vom Gebrauch der Sakramente, der
Taufe und
des Heiligen Abendmahles, so wird man deutlich sehen, dass die Dreiheit
der
Götter jeder einzelnen innewohnt, und wenn sie auch nicht wirklich
darin zu
sein scheint, doch aus ihr wie aus ihrer Quelle herfliesst; weil aber
eine
solche Prüfung hier nicht angestellt werden kann, und dennoch der
Mühe werth
ist, sie anzustellen, damit die Augen geöffnet werden, so soll
diesem Werk ein
Anhang beigefügt werden, in dem dieses bewiesen werden wird. Der
Glaube der
Kirche von Gott ist wie die Seele des Leibes, und die Lehrbestimmungen
sind wie
die Glieder des letztern; und weiter ist der Glaube an Gott wie eine
Königin,
und die Dogmen sind wie ihre Hofbedienten, und wie diese am Mund der
Königin
hängen, so hängen die Dogmen von dem Ausspruch des Glaubens
ab; schon allein
aus diesem glauben kann man sehen, wie das Wort in seiner Kirche
verstanden
wird; denn der glaube macht für sich zurecht, und zieht wie mit
Seilen an sich
alles, was er kann; ist er ein falscher Glaube, so treibt er Unzucht
mit jeder
Wahrheit in ihm, gibt ihr eine verkehrte Deutung und verfälscht
sie, und macht
den Menschen in geistigen Dingen wahnsinnig; ist er aber der wahre
Glaube, dann
begünstigt ihn das ganze Wort, und der Gott des Wortes, welcher
der Herr Gott
Heiland ist, giesst Licht ein, und haucht mit Seinem Göttlichen
Beifall an und
macht den Menschen weise. Dass der heutige glaube, welcher in seiner
innern
Form der an drei Göttern, in der äußern aber der an
Einen Gott ist, das Licht
im Wort ausgelöscht, und den Herrn von der Kirche entfernt, und so
deren Morgen
in Nachthinabgestürzt hat, wird man ebenfalls im Anhang sehen;
dies ist
geschehen von Seiten der Irrlehrer vor der Nicänischen
Kirchenversammlung, und
nachher von den Irrlehrern aus ihr und nach ihr. Allein wie kann man
Kirchenversammlungen vertrauen, die nicht durch die Thüre in den
Schafstall
eingehen, sondern anderswo einsteigen, nach den Worten des Herrn bei
Johannes,
Kap 10,1.9? Ihr Berathschlagen ist nicht unähnlich dem Herumtappen
eines
Blinden am Tage, oder eines Sehenden in der Nacht, welche beide die
Grube nicht
sehen, bevor sie in dieselbe hineingestürzt sind. Wie kann man zum
Beispiel den
Kirchenversammlungen vertrauen, welche die Stellvertreterschaft des
Papstes,
die Vergötterung der Todten, die Anrufung derselben, als ob sie
Gottheiten
wären, die Verehrung ihrer Bilder, die Kraft des Ablasses, und die
Theilung des
Abendmahls und so vieles andere zur Satzung erhoben haben? Wie kann man
ferner
einer Kirchenversammlung trauen, welche die abscheuliche
Vorherbestimmung
festgesetzt, und diese als das Palladium der Religion vor den Tempeln
ihrer
Kirche ausgehängt hat? Wende dich aber, mein Freund, vielmehr an
den Gott des
Wortes, und so an das Wort, und gehe in dieser Weise durch die
Thüre ein in den
Schafstall, das ist, in die Kirche, so wirst du erleuchtet werden, und
dann wie
von einem Berge herab selbst nicht nur vieler andern, sondern auch
deine
eigenen früheren Schritte und Irrgänge im dunkeln Wald
unterhalb des Berges
sehen.
...
179.
VII. Von daher stammt jener
Gräuel der
Verwüstung und jene Trübsal, dergleichen nie war, noch sein
wird, und die der
Herr bei Daniel und den Evangelisten, sowie in der Offenbarung
vorhergesagt
hat.
Bei Daniel liest man Folgendes: ”Endlich über den Vogel der Gräuel die Verwüstung, und bis zur Vollendung und Entscheidung wirds über die Verwüstung triefen,” Kap 9,27. Bei dem Evangelisten Matthäus sagt der Herr Folgendes: ”Alsdann werden viele falsche Propheten aufstehen, und Viele verführen; wenn ihr nun sehen werdet den Gräuel der Verwüstung, der von Daniel dem Propheten vorausgesagt worden, stehen an heiliger Stätte, wer es liest, der merke es wohl,” Kap 24,11.15. und nachher in demselben Kapitel: ”Alsdann wird eine grosse Trübsal sein, dergleichen nicht gewesen ist von Anfang der Welt bis jetzt, noch sein wird,” Vers 21. Von dieser Trübsal und jenem Gräuel ist gehandelt worden in sieben Kapiteln in der Offenbarung; sie sind es, welche verstanden werden unter dem schwarzen Pferd und unter dem blassen Pferd, welche hervorkamen aus dem Buche, dessen Siegel das Lamm öffnete, Offenb 6,5 bis 8. Ferner unter dem aus dem Abgrund aufsteigenden Thier, das Krieg führte mit den zwei Zeugen, und sie tödtete, Kap 11,7 folg. So wie auch unter dem Drachen, der vor dem gebärenden Weibe stand, um ihre Frucht zu verschlingen, und sie in die Wüste verfolgte, und dort aus seinem Munde Wasser schoss wie einen Strom, um sie zu ersäufen, Kap 12, wie auch unter den Thieren des Drachen, dem einen aus dem Meer, und dem andern aus der Erde, Kap 13. Ferner unter den drei Geistern gleich Fröschen, die aus dem Mund des Drachen, aus dem Mund des Thieres, und aus dem Mund des falschen Propheten hervorgingen, Kap 16,13. Und überdies unter dem, dass nachdem die sieben Engel die Zornschalen Gottes, in welchen die sieben letzten Plagen waren, ausgegossen hatten auf die Erde, in das Meer, in die Quellen und Ströme, in die Sonne, auf den Thron des Thieres, in den Euphrat, und zuletzt in die Luft, ein grosses Erdbeben entstand, dergleichen nicht gewesen ist, seit Menschen waren, Kap 16. Das Erdbeben bedeutet die Verkehrung der Kirche, welche durch Falsches und durch Verfälschungen des Wortes geschieht, das Gleiche, was die grosse Trübsal bedeutet, dergleichen vom Anfang der Welt an nicht war, Matth 24,21. Aehnliches wird verstanden unter den Worten: ”Der Engel schlug die Sichel an, und las den Weinberg der Erde, und warf ihn in die grosse Kelter des Zornes Gottes, und getreten war die Kelter, und es ging Blut heraus bis an die Zügel der Pferde, tausend sechshundert Stadien weit,” Kap 14,19.20. Das Blut bedeutet das verfälschte Wahre; vieles Andere in jene sieben Kapiteln zu übergehen.
180.
Bei den Evangelisten Matth 24; Mark 13 und Luk 21 sind die
aufeinanderfolgenden
Abirrungen und Verderbnisse der christlichen Kirche beschrieben, und
unter der
grossen Trübsal, dergleichen nicht gewesen ist sei Anfang der
Welt, noch sein
wird, wird dort, wie hin und wieder anderwärts im Worte,
verstanden die
Befehdung des Wahren von Seiten des Falschen bis dahin, dass nichts
Wahres mehr
übrig ist, das nicht verfälscht und zu seinem Ende gelangt
wäre; dies wird auch
verstanden unter dem Gräuel der Verwüstung daselbst, und eben
dies auch unter
der Verödung über dem Vogel der Gräuel, und unter der
Vollendung und
Entscheidung bei Daniel; und eben dasselbe wird auch beschrieben in der
Offenbarung unter dem, was so eben daraus angeführt worden ist.
Dies ist
dadurch bewirkt worden, dass die Kirche die Einheit Gottes in der
Dreiheit, und
Seine Dreiheit in der Einheit nicht in Einer Person anerkannte, sondern
in
Dreien, und dass man in Folge dessen die Kirche im Gemüth auf die
Vorstellung
dreier Götter, und im Mund auf das Bekenntnis Eines Gottes
gründete; denn so
trennte man sich vom Herrn, und zwar zuletzt bis dahin, dass man gar
keine Idee
der Göttlichkeit in Seiner Menschlichen Natur mehr übrig
behielt, während Er
doch Gott der Vater im Menschlichen ist und daher auch der Vater der
Ewigkeit
heisst, Jes 9,.5., und zu Philippus sagt: ”Wer Mich siehet, siehet den
Vater,”
Joh 14,7.9.
181.
Allein die Frage ist, woher die eigentliche Quellader stamme, aus der
ein
solcher Gräuel der Verwüstung, wie er bei Daniel Kap 9,27
beschrieben wird, und
eine solche Trübsal entsprungen ist, dergleichen nicht war und
nicht sein wird,
Matth 24,21; und die Antwort ist: Eben aus dem in der christlichen Welt
allgemein herrschenden Glauben, und seinem Einfluss, seiner Wirksamkeit
und
Zurechnung, gemäss den Ueberlieferungen. Es ist zu verwundern,
dass die Lehre
von der Rechtfertigung durch jenen blossen Glauben, obgleich er nicht
Glaube,
sondern ein Hirngespinst ist, in den christlichen Kirchen alle Stimmen
für sich
hat, das heisst, in dem geistlichen Stand beinahe als das einzige
Theologische
bei ihnen herrscht; sie ist es, die alle angehenden Studirenden von der
Geistlichkeit auf den Hochschulen begierig lernen, in sich aufnehmen
und
verschlingen, und nachher wie von himmlischer Weisheit inspirirt in den
Kirchen
lehren, in Schriften verbreiten, und durch die sie Namen, Ruf und Ruhm
höherer
Gelehrsamkeit erstreben und erjagen, und wegen der sie mit Diplomen,
Preisen
und Belohnungen beschenkt werden; und dies geschieht, obgleich durch
jenen
blossen glauben heut zu Tage die Sonne verfinstert, der Mond seines
Scheins
beraubt, die Sterne der Himmel herabgefallen und die Kräfte der
Himmel
erschüttert worden sind, nach den Worten der Voraussagung des
Herrn bi
Matthäus, Kap 24,29. Dass die Lehre dieses Glaubens die
Gemüther heut zu Tage
so blind gemacht hat, dass sie nicht den Willen, und in Folge dessen
auch
gleichsam nicht das Vermögen haben, irgend eine Göttliche
Wahrheit inwendig im
Lichte der Sonne oder auch nur im Lichte des Mondes zu sehen, sondern
nur
äusserlich nach irgend einer rauhen Oberfläche im Herdlichte
bei Nacht, hat sich
mir hinlänglich bewahrheitet, weshalb ich weissagen kann:
Würden die göttlichen
Wahrheiten von der wahren Verbindung der Liebthätigkeit und des
Glaubens, von
dem Himmel und der Hölle, vom Herrn, vom Leben nach dem Tod, und
von der ewigen
Seligkeit, mit silbernen Buchstaben geschrieben vom Himmel
herabgelassen, so
würden sie von den Gerecht= und Heiligsprechern durch den blossen
Glauben nicht
des Lesens würdig geachtet werden; ganz anders aber, wenn ein
Blatt über die
Rechtfertigung durch den blossen Glauben aus der Hölle
heraufgeschoben würde;
nach diesem würden sie greifen, es küssen, und im Busen nach
Hause tragen.