Schöpfungsgeschichte in einer Entsprechungsdeutung:
[GEJ.02_213,05] Sage Ich: „Frage diesmal nur, der andern wegen, damit
sie gleich anfangs auch vollends innewerden, um was es sich da handelt!“
[GEJ.02_213,06] Spricht Cyrenius: „Nun denn, wolle mich denn
gnädigst vernehmen!“
214. Kapitel
[GEJ.02_214,01] (Cyrenius:) „Ich habe in meinem nun schon ziemlich
lange andauernden Erdenleben oft und allezeit vergeblich nachgedacht,
wie denn so ganz eigentlich und, sage, natürlich wahr die erste
Menschheit dieser Erde zur Erkenntnis eines höchsten Geistwesens
und zur Erkenntnis ihres eigenen seelisch-geistigen Teiles gelangt ist.
Ich habe darüber die Bücher Ägyptens, die Schriften der
Griechen und die Bücher eures Moses gelesen, auch ist mir einmal
ein indisches Werk in die Hände geraten, das ich von einem Manne
in Rom, der ein Indier war, mir habe vorlesen und verdolmetschen
lassen; aber ich fand überall eine gewisse mystische
Bildersprache, aus der kein kluger Mensch irgend noch klüger
werden konnte, und somit auch ich um so weniger, weil ich mir in meiner
Jugend schon immer eingebildet habe, daß alle anderen Menschen um
vieles klüger denn ich selbst seien. Überall kommen logische
Ungereimtheiten vor, die, wörtlich genommen, ein Unsinn sind.
[GEJ.02_214,02] So zum Beispiel heißt es in eurem Moses: ,Am
Anfange schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war wüste und
leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte
auf dem Wasser. Da sprach Gott: ,Es werde Licht!‘ Und es ward Licht.
Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von
der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da
ward denn aus Abend und Morgen der erste Tag.‘
[GEJ.02_214,03] Darauf wird in sehr kurzen Thesen die Scheidung des
Wassers, das Trockenmachen des Erdreiches und das Erschaffen des
Grases, der Gesträuche und Bäume berührt. Mit diesem
Erschaffen vergehen drei Tage und somit auch Nächte. Weil Tage und
Nächte aber schon von der Erschaffung des ersten Lichtes auf der
finsteren Tiefe der Erde herrühren, so sehe ich nachher wahrlich
nicht ein, warum Gott am vierten Tage abermals nötig hatte, noch
zwei große Lichter zu erschaffen und sie an den Himmel zu setzen,
von denen das größere Licht regiere den Tag und das andere,
kleinere die Nacht.
[GEJ.02_214,04] Halten wir das nun mit der Natur der Erde zusammen und
bedenken wir, was nach Deiner Erklärung die Sonne, der Mond und
all die Sterne sind, so ist ja die ganze Schöpfungsgeschichte
Mosis ein so kompletter Unsinn, wie es auf der lieben Erde sicher
nirgends einen größeren gibt und geben kann! Wer kann daraus
je klug werden? Wir wenigen wissen es, daß die Erde kein
unendlicher Kreis, sondern nur eine sehr große Kugel ist, wie Du
Selbst sie schon als ein zartes Kind in Ägypten mir, wie nun
später uns vielen, sehr anschaulich und wahr gezeigt hast. Auf der
Erde wird es eigentlich nie Nacht, weil ein Teil der Erde immer von der
Sonne erleuchtet wird. Anderseits ist der Mond ein sehr
unbeständiger Patron und kümmert sich ganz blutwenig um die
Regierung der Nacht, höchstens einige Tage im Monat.
[GEJ.02_214,05] Also ist auch das ein Wahnsinn, zu sagen, daß aus
Abend und Morgen ein Tag gemacht wird, während es doch jedermann
aus der Erfahrung seines ganzen Lebens weiß, daß der Tag
stets nur zwischen dem Morgen und dem Abende, nie aber zwischen dem
Abende und dem Morgen zu stehen kommt; denn dem Abende folgt doch
allzeit sicher die Nacht bis zum Morgen hin, und dem Morgen folgt der
Tag bis zum Abende hin, und sonach liegt doch logisch richtig zwischen
dem Morgen und Abend der Tag, und zwischen dem Abend und Morgen
offenbar die Nacht.
[GEJ.02_214,06] Obschon das aber an und für sich zum Wahnsinn
gerechnet werden muß, so ist aber doch noch die Diktion,
daß Gott erst dann, als Er das Licht erschuf, eingesehen hatte,
daß es gut war, eine Tollheit ohnegleichen! Denn Gottes
höchste Weisheit muß doch schon von Ewigkeit her als selbst
Licht alles Lichtes gesehen und gemerkt haben, daß das Licht gut
war!?
[GEJ.02_214,07] In dem Buche der Indier steht vor der materiellen
Schöpfung eine Schöpfung der reinen Geister, deren irgend
später auch Moses erwähnt. Diese waren pur Licht, und
namentlich habe der Erstgeschaffene Lichtträger geheißen.
[GEJ.02_214,08] Wenn denn Gott schon bei der Schöpfung der puren
Lichtgeister doch offenbar den Wert des Lichtes hat erproben
können, so Er etwa vorher von Ewigkeit in der tiefsten Finsternis
geruht hatte – was Ihm übrigens gar nicht gleichsieht –, so ist es
ja dennoch zum Tollwerden lächerlich, daß Gott nach der
Schöpfung des Lichtes auf dieser Erde gewisserart von neuem erst
wieder eingesehen habe, daß das Licht gut war!
[GEJ.02_214,09] Du siehst es Selbst, daß die ganze
Schöpfungsgeschichte, wie sie von Moses gegeben wird, ein barster,
ja sogar zum Tollwerden ärgerlicher Unsinn ist, so man die Sache
nur einigermaßen natürlich nimmt; und es ist darum nicht
sehr zu verwundern, daß eben die jüdischen Schriftgelehrten
selbst solcher Lehre, die ein Unsinn ist, bei sich selbst keinen Funken
Glauben schenken, sie aber dennoch des Volkes wegen aufrechterhalten
und sich dafür recht gut bezahlen lassen. Das erkennen auch alle
Großen Roms und belassen die Sache trotz des groben Unsinns, weil
das blinde Volk dennoch darauf große Stücke hält und
dabei im Lande sich so hübsch ruhig verhält.
[GEJ.02_214,10] Daß alle die Prinzipien, die von den Urlehrern an
uns herübergekommen sind, nichts als leere Märchen und Fabeln
– vom Naturstandpunkte aus betrachtet – sind, ist doch offenbar
sonnenklar; denn daran kann naturgemäß auch keine halbe
Silbe Wahrheit sein. Wenn aber unleugbar also, dann ergibt sich die
große und gewichtigste Frage von selbst, und diese lautet, wie
ich schon anfangs dieser meiner fraglichen Vorstellung berührt
habe: Wie ist der Mensch auf dieser Erde geworden? Wie kam er zur
Erkenntnis eines Gottes, und wie zur Erkenntnis seiner selbst, und wer
lehrte ihn zuerst unterscheiden, was gut und was da böse ist? –
Darüber, o Herr, gib uns noch ein Lichtlein, und wir sind
geborgen!“
215. Kapitel
[GEJ.02_215,01] Sage Ich: „Liebster Freund, hierüber habe Ich dir
eigentlich schon einen so ganz tüchtigen Wink gegeben damit,
daß Ich dir die Wirkungen der Not der Menschen und Völker
darstellte; daß aber übrigens die Schöpfungsgeschichte
Mosis, wörtlich auf die Schöpfung der Naturwelt angewendet,
ein alleroffenbarster Unsinn wäre, den ein nur einigermaßen
mit dem Gange der Weltnatur vertrauter Mensch auf den ersten Blick als
den barsten Unsinn erklären muß und dessentwegen den guten
Moses als einen Dummkopf ersten Ranges darzustellen genötigt
wäre, ist durchaus nicht in Abrede zu stellen.
[GEJ.02_215,02] Aber wer den weiteren Verlauf der Mosaischen
Bücher nur einigermaßen schärfer ins Auge faßt
als irgendeine Fabel des griechischen Dichters Äsop, der muß
es ja doch bald merken, daß sich Moses in seiner Bildersprache
bloß nur mit dem beschäftigt, was da die Urbildung der
ersten Menschen der Erde betrifft, und somit keineswegs etwa nur die
Schöpfungsgeschichte der Erde und des Himmels und all der
Geschöpfe auf der Erde und in der Erde behandelt, sondern sich vor
allem lediglich und nahezu allein nur mit der ersten Herzens- und
Verstandesbildung der Menschen abgibt; darum er auch gleich das
Menschlich- Historische daran bindet.
[GEJ.02_215,03] Die Geschichte aber konnte ja nur ein Produkt der
intelligenten Bildung der Menschen und nie der stummen geschaffenen
Natur sein, die sich völlig gleichgeblieben ist bis auf diese Zeit
und auch also verbleiben wird bis ans Ende aller Zeiten.
[GEJ.02_215,04] Ebenso ist es auch mit den indischen Büchern der
Fall, in denen von der Erschaffung der reinen Geister zuerst, dann von
dem Falle eines Teiles derselben unter dem Titel ,Jehovas Kriege‘ und
endlich erst von der Erschaffung der Sinnenwelt und der Tiere und am
Ende von der des Menschen die Rede ist.
[GEJ.02_215,05] Alles das ist nur geistig zu nehmen und vor allem dahin
zu erklären, was da betrifft die sittliche Bildung des Menschen.
[GEJ.02_215,06] Wer da aber dann, vom Geiste heraus geleitet, die
Entsprechungen zwischen der Sinnen- und Geisterwelt wohl innehat, dem
kann es dann freilich wohl auch möglich sein, daraus zu ersehen,
wie so ganz eigentlich aus der Geisterwelt die Sinnenwelt
hervorgegangen, wie und von woher die Sonnen und am Ende die Planeten
und Nebenplaneten und auf all denselben allerlei Geschöpfe
entstanden sind.
[GEJ.02_215,07] Aber das geht nicht gar so leicht; denn da heißt
es: zuvor im Geiste völlig erweckt sein. Denn nur der
urälteste Zeuge alles Werdens und Seins kann dir jene Labyrinthe
vollends erhellen, hinter die noch bis jetzt kein sterbliches Auge
gedrungen ist.
[GEJ.02_215,08] Daß aber über all das hinaus das Alter des
Menschengeschlechtes in der Vollendung, wie es jetzt dasteht, dennoch
mit den Rechnungen Mosis, auch der Materie und der Zeit nach,
übereinstimmt, dessen kannst du völlig versichert sein.
[GEJ.02_215,09] Es gab zwar auf der Erde lange vor Adam auch eine Art
mächtiger Tiere, die zwar nicht in der Gestalt, aber desto mehr in
einer, wenngleich instinktmäßigen, aber dabei dennoch sehr
scharfen Intelligenz dem Verstande des darauffolgenden
Menschengeschlechtes glichen. Der heutige Elefant ist noch so eine,
wennschon psychisch viel unvollkommenere Abart davon.
[GEJ.02_215,10] Diese großen Tiere haben auch schon die Erde
bebaut und waren somit die Vorläufer der Menschen. Die Erde war
vor dem Menschen von ihnen viele tausendmal tausend Jahre
bevölkert.
[GEJ.02_215,11] Durch diese großen Tiere mußte erst der
noch sehr harte Steinboden der Erde erweicht und für das Gedeihen
edler Früchte und Tiere tauglich gemacht werden, bevor er endlich
fähig war, die zarteste Natur des Menschen leiblich
hervorzubringen nach dem Plane der ewigen göttlichen Ordnung, wie
solcher in eine jede, damals zwar noch materiefreie, aber dennoch schon
in der Luft der Erde lebende Naturseele gelegt war.
[GEJ.02_215,12] Als der Boden der Erde völlig reif war, da erst
ward eine kräftigste Seele aus ihrer freien Luftnatur berufen,
sich aus dem fettesten Lehmhumus einen Leib nach der Ordnung der in der
Seele seienden Urform Gottes zu nehmen. Und die erste reifste und
kräftigste Seele tat dies, wie sie von innen aus durch die
göttliche Kraft getrieben ward, und es trat sogestaltig die erste
Seele in einen von ihr aus wohlorganisierten frischen und
kräftigen Leib und konnte nun völlig schauen alle Sinnenwelt
und viele Geschöpfe, die schon alle vor ihr waren.
[GEJ.02_215,13] Aber das große Tiergeschlecht samt seiner
Vorschöpfung verschwand zum größten Teile schon lange
vorher von der Erde, als der erste Mensch mit seiner gottähnlichen
Majestät die weite Erde begrüßte. Aber dessenungeachtet
werden sich noch zu allen Zeiten Überreste von dieser
Vorbewohnerschaft auf und in der Erde vorfinden; aber die Menschen
werden nicht wissen, was sie daraus machen sollen.
[GEJ.02_215,14] Die Weisen aber werden nach und nach dennoch dadurch
auf die Spur geführt werden, daß die Erde älter ist als
die kurze Zeit der mosaischen Rechnung nur, und Moses wird dadurch auf
eine Zeitlang sehr in Mißkredit gelangen. Aber da werden von Mir
aus wieder andere Weise erweckt werden, durch die Moses erst in sein
vollstes Licht gesetzt werden wird; und von da an wird es nimmer lange
währen, daß das volle Reich Gottes auf der Erde Platz
greifen und der Tod von der erneuten Erde für immerdar
verschwinden wird. Aber es wird zuvor noch viel Ungemach über den
Boden der Erde kommen.
[GEJ.02_215,15] Ja, der Boden der Erde wird zuvor noch vielfach durch
das Blut und Fleisch der Menschen durchgedüngt werden müssen,
und aus solch einem neuen geistigen Humus erst wird dann die auch
leiblich unsterbliche Epoche für diese Erde beginnen, so wie zu
Adams Zeiten die Epoche begonnen hatte, in der aus dem fetten Lehmhumus
die Seele sich einen vollkommenen Leib in ihrer Gottform bilden konnte.
[GEJ.02_215,16] Aber die Menschen, die hier im Geiste schon völlig
wiedergeboren worden sind in ihrem sterblichen Leibesleben, werden dann
für immer über diese neue Epoche als reine Geister und Engel
herrschen, und sie wird ganz ihrer Führung anvertraut werden.
Hingegen Menschen dieser Zeit, die da keine geistige Vollendung
erreicht haben, werden in dieser neuesten Epoche der Erde zwar wohl mit
unsterblichen Leibern auf die Erde gesetzt werden, aber in großer
Armseligkeit, und werden sich sehr auf das oft sehr harte Dienen
verlegen müssen, was ihnen sehr bitter munden wird, weil sie sich
ihres früheren sehr glücklichen Zustandes in ihren
sterblichen Leibern nur zu klar erinnern werden. Diese Epoche wird dann
sehr lange währen, bis endlich alles in ein rein geistiges Sein
übergehen wird nach dem ewigen Plane Gottes. Und siehe, das ist
der Gang der Ordnung Gottes, aller Dinge, alles Werdens, Bestehens und
Seins!“
216. Kapitel
[GEJ.02_216,01] (Der Herr:) „Siehe an das Weizenkorn! Wenn es in das
Erdreich gelegt wird, muß es verfaulen, und aus dem Moder der
Verwesung erst erhebt sich der zarte Keim. Was besagt aber das
gegenüber der Natur des Menschen?
[GEJ.02_216,02] Siehe, das Hineinlegen des gesunden, schönen
Samens bedeutet entsprechend das erste Werden des Menschen! Es ist
gleich dem Eingefleischtwerden der an und für sich schon ganz
ausgebildeten Seele, deren vorleiblicher Aufenthalt die Luft, besonders
in der Mittelregion der Berge, ist, wo gewöhnlich die Baumregion
aufhört, bis zur Schnee- und Eisregion hinauf.
[GEJ.02_216,03] Wenn eine einmal ganz beisammenseiende Seele die
gehörige planmäßige Konsistenz in der Luft erreicht
hat, so steigt sie tiefer und tiefer bis zu den Wohnungen der Menschen
herab, bekommt dann aus dem Außenlebensätherkreise, den ein
jeder Mensch um sich hat, eine gewisse Nahrung und bleibt, wo sie
angezogen wird durch die Homogenität (Gleichartigkeit) ihres
Wesens.
[GEJ.02_216,04] Wenn dann irgend Gatten sich durch den Naturtrieb
genötigt fühlen, eine Begattung zu begehen, so erhält
eine solche vollreife und dem Gattenpaare zunächststehende freie
Naturseele aus dem Außenlebensäther eine momentane Kunde,
oder sie wird durch die vermehrte Kraft des Außenlebenskreises
der Gatten als homogen angezogen, tritt mit einem gewissen Zwange
während der Begattungshandlung in den Strom des Mannes und wird
durch diesen in ein kleines Ei gelegt, was man die Befruchtung nennt.
Und siehe, von da an gleicht die Lebensseele dann schon dem Samenkorne,
das irgend ins Erdreich gelegt ward, und macht im Mutterleibe alle die
Stadien entsprechend durch bis zur Ausgeburt in die Welt, die das
Samenkorn in der Erde durchgemacht hat, bis es den Keim treibt
über den Erdboden!
[GEJ.02_216,05] Von da an beginnen dann die verschiedenen Stadien der
zuerst äußeren und hernach der inneren Bildung.
[GEJ.02_216,06] Bei der Pflanze bleiben die Wurzeln in der Erde, dem
alten Modergrabe des Samenkornes, und saugen von da die materielle
Kost. Diese Kost aber würde der Pflanze bald den Tod geben, wenn
sie nicht geläutert würde durch den Einfluß des Lichtes
der Sonne.
[GEJ.02_216,07] Des Halmes erster Ansatz hat noch sehr materielle
Säfte. Ist dieser als Grund ausgebildet, so wird der Halm durch
einen Ring gewisserart abgebunden. Durch diesen Ring gehen schon viel
feinere Röhrchen, durch die nur ganz dünne und feine
Säfte gehen können.
[GEJ.02_216,08] Aus diesen entsteht dann ein zweiter Stock des Halmes.
Da aber auch die Säfte des zweiten Stockes noch grober materieller
Art sind und mit der Zeit noch gröber werden, so wird abermals ein
Ring gesetzt und dieser zweite Ring mit noch dünneren
Röhrchen versehen, durch den nur ganz feine Säfte dringen
können zur Ernährung des über ihnen schwebenden
Lebensgeistes, ähnlich der Diktion Mosis: ,Und der Geist Gottes
schwebte über den Gewässern.‘
[GEJ.02_216,09] Mit der Zeit aber werden auch diese Säfte oder
Wässer für das über ihnen schwebende Leben der Pflanze
wieder zu grob und könnten das Leben ersticken; und es wird darum
ein dritter Ring, mit gar sehr dünnen Röhrchen versehen, von
dem über den Gewässern schwebenden Geiste gezogen. Durch
solchen dritten Ring können nunmehr nur äußerst
ätherisch zarte und mit dem stets noch über ihnen schwebenden
Lebensgeiste schon sehr verwandte Säfte mit Mühe dringen. Der
Lebensgeist merkt es aber wohl, ob die Säfte über dem dritten
Ringe ihm zur ferneren Ausbildung ganz taugen oder nicht. Findet er sie
mit der Zeit noch zu grob und noch zu sehr Spuren des Gerichtes und des
Todes enthaltend, so wird noch ein vierter, fünfter, sechster,
auch siebenter Ring gezogen, bis endlich die Säfte also
ätherisch rein sind, daß in ihnen vorderhand keine Spur des
Todes mehr zu entdecken ist.
[GEJ.02_216,10] Hier erst wird zu einem neuen Stadium geschritten. Der
durch die allerfeinsten Röhrchen gehende Saft wird nun zur Knospe
und zur Blüte geformt, die da mit Organen versehen werden, die
alle Fähigkeit besitzen, sich das höhere Leben aus den
Himmeln einzeugen zu lassen.
[GEJ.02_216,11] Hat die Blüte diesen Dienst geleistet, dann wird
sie abgeschieden als ein eitler Weisheitsprunk, durch dessen
Schönheit und Reiz eigentlich der Liebelebensäther angezogen
wird, der aber selbst in sich alles ist und keines weiteren
Außenprunkes bedarf. Denn sieh, jede Blume ist eine
wohlgeschmückte Braut, die dadurch ihren Bräutigam in ihr
Garn zu ziehen trachtet, daß sie sich zuvor recht schmückt!
Hat der Bräutigam aber die Braut einmal als sein eigen ergriffen,
da wird der flitterige Brautschmuck ehest abgelegt, und der
demütige Lebensernst nimmt seinen Anfang.
[GEJ.02_216,12] Von da beginnt dann erst die wahre Lebensfrucht sich zu
ergreifen und zu formen. Und ist dann alle Tätigkeit nur auf die
Vollreifwerdung der Frucht verwendet, so verwahrt sich das in der
Frucht allen früheren Gefahren entronnene Leben, wie durch feste
Burgen vor irgendeinem noch immer möglichen äußeren
Feinde.
[GEJ.02_216,13] Wo das Leben sich zu schnell auszubilden und
auszureifen beginnt, da wird es denn auch nur wenig fest. Und siehe,
wenn da irgendein äußerer Feind in die Nähe solch eines
zu frühreifen Lebens kommt, so zieht ihn dieses zu sehr an; er
setzt sich damit in eine Verbindung, legt seine Frucht in das zu
frühreife Leben der Pflanzenfrucht! Dieses Afterleben zieht dann
das zarte Leben der Pflanzenfrucht an sich, verdirbt es und richtet es
zugrunde. Die wurmstichigen Früchte sind dafür mehr als ein
handgreiflicher Beweis.“
217. Kapitel
[GEJ.02_217,01] (Der Herr:) „Wie aber mit den Pflanzen, so auch mit den
Tieren und besonders mit den Menschen.
[GEJ.02_217,02] Nehmen wir an eine zarte, frühreife Maid,
bloß nur physisch. Sie zählt noch kaum etwa zwölf
Jahre, ist aber schon in allen ihren Leibesteilen derart ausgebildet,
daß sie das Aussehen eines mannbaren Mädchens hat. Solch
eine Maid reizt dann jeden Mann, der nur ein wenig sinnlicher Natur
ist, mächtiger denn hundert auch noch so schöne, aber an
Jahren reife Dirnen. Eine solche frühreife Maid ist dann ihrem
Leibe nach hundert Gefahren ausgesetzt, und es gehört von seiten
ihrer Eltern die größte Sorgsamkeit dazu, solch eine zu
früh reif gewordene Tochter vor allen den ihren großen
Reizen nachstellenden Feinden zu bewahren. Wird sie zu früh einem
lüsternen Manne gegeben, so wird sie leicht verdorben in ihrer
Fruchtbarkeit; wird sie zu sehr eingesperrt und von aller schlimmen
Luft abgehalten, so wird ihr Fleisch, wie man zu sagen pflegt, mockig.
Sie wird bleich, zehrt ab und erreicht selten ein nennenswertes Alter.
Bekommt sie wenig Kost, und das nur eine Magerkost, so wird sie traurig
und zehrt am Ende auch früh ab; wird sie gut genährt, so wird
sie noch fetter und unbehilflicher und dadurch träge, so daß
ihr Blut bald absteht und sie bald das Aussehen einer Leiche
überkommt, was dann ihrem Leibe offenbar einen frühen Tod
bringen muß.
[GEJ.02_217,03] Das gleiche ist mit einer zu frühzeitigen
übertriebenen seelischen Bildung der Fall. Wenn daher Kinder von
oft nur wenig Talenten zur Weisewerdung mit einer Strenge angehalten
werden, als gälte es die Erhaltung einer Welt, so werden solche
Seelen dann matt, weil sie zuvor nicht Zeit hatten, ihren Leib als
für alle Fälle brauchbar auszubilden!
[GEJ.02_217,04] Daher braucht alles nach der Ordnung Gottes seine Zeit,
und es läßt sich da nirgends ein sogenannter Prachtsprung
tun.
[GEJ.02_217,05] Bei der Ausgeburt des Leibes aus dem Mutterleibe wird
der ewige Lebenskeim als ein Fünklein des reinsten Gottesgeistes
in das Herz der Seele gelegt, gleichwie bei der Frucht einer Pflanze,
wenn sie die Blüte abgeworfen hat und sich für sich zu
wappnen und zu konsolidieren (festigen, sichern) anfängt. Ist der
Leib einmal ausgebildet, so beginnt die Ausbildung des Geistes im
Herzen der Seele. Hier muß dann die Seele alles mögliche
aufbieten, daß der Geist in ihr zu keimen beginne, und muß
ihm förderlich an die Hand gehen.
[GEJ.02_217,06] Die Seele ist hier die Wurzel und der Halm, und der
Leib das Erdreich; sie muß dem Geiste kein grobes Wasser zur
Nahrung geben.
[GEJ.02_217,07] Die Ringe, die der Geist zieht, sind die
Demütigungen der Seele. Ist der letzte einmal gezogen, dann
entwickelt sich der Geist endlich von selbst und nimmt alles ihm
Verwandte aus der Seele in sich auf, konsolidiert sich und nimmt am
Ende die ganze Seele, und was im Leibe mit der Seele verwandt war, in
sich auf und ist dann für ewig völlig unzerstörbar, so
wie wir solchen Gang wieder nahezu bei jeder Pflanze mehr oder weniger
klar bemerken können.
[GEJ.02_217,08] Wenn die Frucht auf dem ordentlichen Wege die nahe
Vollreife erlangt hat, werden in die in ihr ruhenden Körner
Lebenskeimfünklein in zarte, schon vorbereitete Hülschen
gelegt; darauf sperrt sich der Kern von der andern Frucht auf eine
Zeitlang ganz ab und konsolidiert sich wie für sich, aber dennoch
immer zur Hälfte aus dem Lebensäther der ihn umgebenden
Frucht.
[GEJ.02_217,09] Mit der Zeit fängt die äußere Frucht an
einzuschrumpfen und zu vertrocknen. Warum denn? Weil ihre Seele ganz
übergeht in das Leben des Keimgeistes im Kerne. Und ist die
Lebenskraft der Frucht endlich ganz in den Lebenskeimgeist
übergegangen, so wird der früher durchgängig lebendige
Halm in allen seinen Stadien trocken und tot; aber dafür hat sich
dann alles Leben der Pflanze mit dem Keimleben zu einem gleichen Leben
vereinigt und kann als solches nimmer vernichtet werden, ob es an die
Materie des Kernes gebunden ist oder nicht.
[GEJ.02_217,10] Und so siehst du ein und dieselbe Ordnung überall
und in allen Dingen und dieselben Stadien.“
218. Kapitel
[GEJ.02_218,01] Sagt Cyrenius: „Herr, vergib, hier muß ich eine
Zwischenfrage tun! Was geschieht denn mit dem Keimchen des
Weizenkornes, so es zermalmt, zu Mehl gemacht, endlich als Brot
gebacken und gegessen wird? Lebt auch in diesen Stadien der Lebenskeim
noch immer fort?“
[GEJ.02_218,02] Sage Ich: „Allerdings; denn wenn du das Brot issest, so
wird das materielle Mehl bald wieder durch den natürlichen Gang
aus dem Leibe geschafft, das Keimleben aber geht dann als Geistiges
sofort in das Leben der Seele über und wird nach entsprechender
Beschaffenheit eins mit ihr. Das mehr Materielle des Lebenskeimes aber,
das ihm immer, wie das mosaische Wasser dem Geiste Gottes, zur soliden
Unterlage diente, wird Nahrung des Leibes, geht endlich als
gehörig geläutert auch in die Seele über und dient ihr
zur Bildung und Ernährung der seelischen Organe als ihrer Glieder,
ihrer Haare usw. und überhaupt zur Bildung und Ernährung
alles dessen, was du vom Alpha bis zum Omega an einem menschlichen
Leibe findest.
[GEJ.02_218,03] Daß aber eine Seele aus allen den gleichen Teilen
wie der Leib besteht, davon kannst du dich an dem Engel Raphael, der an
unserem Tische sitzt und sich nun mit dem Josoe unterhält, mehr
als handgreiflich überzeugen. (Mich zum Engel wendend:) Raphael,
komm hierher, und laß dich befühlen von Cyrenius!“
[GEJ.02_218,04] Der Engel kommt, und Cyrenius betastet ihn und sagt:
„Ja, ja, das ist alles Natur und sozusagen im Ernste Materie! Er hat
wahrlich ebenso wie wir alle Glieder und dieselbe Form wie unsereins,
nur ist alles edler, weicher und um sehr vieles schöner; denn die
Anmut seines Gesichtes ist, man kann es sagen, unübertrefflich
strahlend schön! Es ist zwar durchaus kein Mädchengesicht,
sondern ein männliches, mit allem Ernste gegeben, aber dabei
dennoch schöner als das schönste Mädchengesicht! Ich
habe mich früher wahrlich viel zuwenig bekümmert um diesen
Gesellschafter. Er wird ordentlich immer schöner, je länger
ich ihn betrachte. Mein Himmel, das ist wahrlich sonderbar! (Zum Engel
sagend:) Höre, du herrlich schönster Engel, fühlst du
auch Liebe in deiner schönsten Brust?“
[GEJ.02_218,05] Spricht der Engel: „O sicher; denn mein geistiger Leib
ist gleich der göttlichen Weisheit, und mein Leben ist die ewige
Liebe Gottes des Herrn. Und weil mein Leben pur Liebe ist, so muß
ich ja doch auch die Liebe fühlen, da mein Leben selbst nichts als
die purste Liebe ist.
[GEJ.02_218,06] Wie konntest du als ein sonst so weiser Mann mich doch
um so etwas fragen? Sieh, was Gott der Herr von Ewigkeit in Sich Selbst
war, ist und bleiben wird ewig, das müssen ja auch wir sein, weil
wir vollkommen aus Ihm und somit auch völlig in allem Sein Wesen
sind, gleichwie der Strahl der Sonne auch vollends das ist und wirket,
als was die Sonne selbst ist! Wenn aber also, wie dann solch eine
Frage?!“
[GEJ.02_218,07] Sagt Cyrenius: „Ja, ja, das ist schon ganz wahr und
richtig, und ich hätte das auch ohne deine Erklärung
gewußt; aber ich mußte dich ja doch um etwas fragen, auf
daß ich den Ton deiner Rede zu hören bekam. Nun aber sind
wir auch schon fertig miteinander, und du kannst dich wieder auf deinen
Platz begeben!“
[GEJ.02_218,08] Sagt der Engel: „Das hast nicht du, sondern allein der
Herr mir zu gebieten!“
[GEJ.02_218,09] Sagt Cyrenius: „Freund, wie es mir vorkommt, so bist du
bei deiner Schönheit, Weisheit und Liebe aber dennoch so
hübsch fest im trotzigen Eigensinne!?“
[GEJ.02_218,10] Sagt der Engel: „O mitnichten! Aber von den Sterblichen
kann und darf mir keine Vorschrift gegeben werden; denn bei mir selbst
bin ich ein Herr und lasse mir von niemand etwas vorschreiben, weil
mein Ich nun, abgesehen, daß ich völlig in allem aus Gott
bin, ein vollkommen selbständiges Ich ist! Zudem brauche ich mich
nicht wie die Menschen dieser Welt vor etwas zu fürchten; denn
dazu habe ich eine Macht und Kraft, von der dir noch nie etwas
geträumt hat. Willst du aber diese näher kennenlernen, so
frage du den Hauptmann Julius und meine Jüngerin Jarah und auch
die Jünger des Herrn; diese werden dir davon schon etwas zu
erzählen verstehen!“
[GEJ.02_218,11] Sagt Cyrenius: „Herr, sage Du ihm, daß er sich
wieder auf seinen Platz begeben möchte, sonst fange ich an, mich
im Ernste ganz entsetzlich vor ihm zu fürchten; denn mit dem
möchte ich wahrlich keine Kirschen verzehren! Er wird stets
gröber und hitziger, und es ist mit ihm bei all seiner
Schönheit nichts zu machen.“
[GEJ.02_218,12] Sage Ich zum Engel: „Nun, so begib dich denn wieder auf
deinen Platz!“ – Und der Engel folgt augenblicklich Meinem Wink und
begibt sich wieder an seinen alten Platz. Und Cyrenius ist sehr froh
darüber; denn er hat vor dem Engel schon in allem Ernste sich sehr
zu fürchten angefangen.
[GEJ.02_218,13] Gleich darauf aber fragen Mich Johannes und
Matthäus, ob sie das alles aufzeichnen sollen.
[GEJ.02_218,14] Sage Ich: „Das könnt ihr tun für euch, aber
fürs Volk braucht ihr das nicht aufzuzeichnen; denn das ist noch
um zweitausend Jahre zu jung, um das zu fassen. Den Schweinen aber soll
man die Perlen nimmer vorwerfen, weil sie solche Kost von der
schlechtesten Schweinekost gar nie zu unterscheiden vermögen. Aber
für euch und für wenige andere könnet ihr das ja
immerhin aufzeichnen.“
[GEJ.02_218,15] Und die beiden Jünger tun das auch mit
entsprechenden Bildzeichen zum Unterschiede dessen, was sie auf Mein
Geheiß mit den ordentlichen hebräischen Buchstaben
niedergeschrieben haben.
219. Kapitel
[GEJ.02_219,01] Cyrenius bittet Mich aber um die Fortsetzung der
Erläuterung der Mosaischen Schöpfungsgeschichte in der
entsprechenden Weise.
[GEJ.02_219,02] Und Ich sage: „Freund, was Ich begonnen, werde Ich auch
vollenden; nur steht es vorderhand und vor der Zeit noch dahin, ob ihr
es wohl fassen werdet. Denn um die Mosaische Schöpfungsgeschichte
ordentlich zu fassen, muß man sehr in der Kenntnis über das
ganze Wesen des Menschen sein, zu der es aber ebensoschwer zu gelangen
ist, wie zur richtigen und vollen Erkenntnis Gottes.
[GEJ.02_219,03] Und so müßte Ich euch erst den ganzen
materiellen, seelischen und geistigen Bau des Menschen von Faser zu
Faser und von Fiber zu Fiber zergliedern und endlich zeigen, wie das
Seelische sich zuerst aus dem Geistigen und das Materielle aus
Seelischem entwickelt und geformt hat, und unter welchen zahllos vielen
Entsprechungen, die wie die endlos vielen Lichtgrade mit den ebenso
vielen Lichtmangelgraden korrespondieren.
[GEJ.02_219,04] Ihr sehet aus dem, daß dies so leicht und so
geschwind, wie ihr es meint, der Fall nicht sein kann; aber Ich werde
euch dennoch soviel darüber sagen, als ihr vorderhand ertragen
könnet, und wofür mit einiger Überzeugung zu fassen ihr
schon in eurer Seele mit Erfahrungen und nötigen Vorkenntnissen
versehen seid. – Und so horchet denn!
[GEJ.02_219,05] So da Moses spricht: ,Im Anfange schuf Gott Himmel und
Erde‘, so will Moses damit durchaus nicht den sichtbaren Himmel und die
sichtbare, materielle Erde verstanden haben, weil er als ein echter
Weiser daran wohl nie gedacht hatte, indem er stets nur die vollste
innerste Wahrheit in seinem erleuchteten Sinne hatte. Aber diese seine
tiefe Weisheit verhüllte er in entsprechende Bilder, also, wie er
zum Zeugnisse dessen sein zu strahlendes Angesicht mit einer dreifachen
Verhüllung vor dem Volke verdecken mußte.
[GEJ.02_219,06] Unter ,Himmel‘ aber, was Moses zuerst als erschaffen
anführt, ist zu verstehen, daß Gott die
Intelligenzfähigkeit einstens, wie schon in der Zeit außer
Seinem ewigsten und geistreinsten Zentrum, wie gewisserart außer
Sich hinausgestellt hat – aber, wie gesagt, nur die
Intelligenzfähigkeit. Diese ist gleich einem Spiegel, der in der
finstersten Nacht wohl auch die Fähigkeit besitzt,
äußere Gegenstände abbildlich in sich, oder vielmehr
auf seiner glattesten Fläche, vollkommen treu und wahr aufzunehmen
und wiederzugeben. Aber in der vollsten Nacht, und daselbst in der
ebenso vollen Objektlosigkeit, ist der Spiegel doch offenbarst eine
Sache für nichts und wieder nichts!
[GEJ.02_219,07] Moses aber berichtet darum sogleich neben der
Hinstellung eines Himmels, oder der Intelligenzfähigkeit
außer dem Lebenszentrum Gottes, von einer sozusagen
gleichzeitigen Kreierung (Erschaffung) der Erde. Wer und was aber ist
wohl diese mosaische Erde? Ihr meinet wohl: ,Nun, diese, die uns
trägt!‘ – Oh, weit gefehlt, Meine Lieben!
[GEJ.02_219,08] Sehet, unter der ,Erde‘ verstand Moses bloß die
Assimilations- und Attraktionsfähigkeit (Angleichungs- und
Anziehungsfähigkeit) der untereinander verwandten,
hinausgestellten Intelligenzen, die fast ein Gleiches ist mit dem, was
einige Weltweise der Ägypter und Griechen Ideenassoziation
(Gedankenverbindung) nannten, wo aus verwandten Begriffen und Ideen
endlich ein ganzer mit Wahrheit erfüllter Satz zum Vorschein
kommen muß.
[GEJ.02_219,09] Wenn aber in den von Gott hinausgestellten
Intelligenzfähigkeiten zufolge ihrer Verwandtschaft die
wechselseitige Anziehung schon wie von selbst mitbedungen war, so
ergibt sich auch die dritte Folgerung wie von selbst, nämlich
daß sich die unter sich verwandten Intelligenzfähigkeiten
auch wirklich wechselseitig angezogen und ergriffen haben, – für
welchen damals noch tief geistigen Akt Moses offenbar doch kein
tauglicheres und allgemeineres Bild aufstellen konnte, als eben das
Bild der materiellen Erde, die an und für sich nichts als eben ein
Konglomerat (Zusammengeballtes) von lauter attraktionsfähigen und
unter sich, wie in sich verwandten Substantialpartikeln ist.
[GEJ.02_219,10] Aber ,Es war noch finster auf der Tiefe‘ spricht Moses
weiter. Wollte etwa Moses dadurch im Ernste die Lichtlosigkeit auf der
neugeschaffenen Erde andeuten? Ich sage es euch, davon hatte dem weisen
Moses selbst auch im Anfange seines dümmsten Seins nie etwas
geträumt! Denn Moses war ein tiefer Kenner der Weltnatur und war
in ägyptische tiefste Weisheit und Wissenschaft zu eingeweiht, als
daß er nicht gewußt hätte, daß die Erde – als
ein Kind der Sonne wenigstens um eine milliardmal Milliarden von
Erdjahren jünger als die Mutter Sonne – bei ihrer Entstehung nicht
finster sein konnte; sondern Moses hat damit nur abermals bildlich
angedeutet, daß die Intelligenzfähigkeit und die
attraktionsfähige Verwandtschaft der Intelligenzen noch kein wie
immer geartetes Erkennen, Verständnis und Selbstbewußtsein –
was alles identisch ist mit dem einen Begriffe ,Licht‘ –, sondern das
Gegenteil so lange bedingen muß, bis sie sich ergreifen, sich
danach zu drücken, zu reiben und also gewisserart miteinander zu
kämpfen anfangen.
[GEJ.02_219,11] Habt ihr aber noch nie bemerkt, was da zum Vorschein
kommt, wenn man Steine oder Hölzer stark miteinander zu reiben
anfängt? Sehet, da kommt dann Feuer und Licht zum Vorschein! Und
sehet, das ist das Licht, das Moses entstehen läßt im
Anfange!“
220. Kapitel
[GEJ.02_220,01] (Der Herr:) „Was sonach das Licht zu bedeuten hat,
wissen wir; aber es heißt zuvor noch, daß die Erde
wüst und leer war! Das ist ganz sicher; denn mit der
Fähigkeit allein, etwas in sich aufnehmen zu können, wie auch
mit dem schon gefühlten Bedürfnisse dazu, ist noch kein
Gefäß vollgemacht worden. Solange aber im Gefäße
nichts ist, so lange auch ist das Gefäß wüst und leer.
[GEJ.02_220,02] So auch ist es bei der Urschöpfung der Fall
gewesen. Es waren aus Gott wohl eine zahlloseste Menge von Gedanken und
Begriffen durch die allmächtige Willenskraft Seiner Liebe und
Weisheit in alle Räume der Unendlichkeit hinausgestellt worden,
welche Gedanken und Begriffe wir vorher die einzelnen spiegelartigen
Intelligenzfähigkeiten genannt haben, und zwar darum, weil jeder
einzelne Gedanke gewisserart eine Reflexion (Widerstrahlung) im Haupte
von dem ist, was das stets tätige Herz in sich produziert.
[GEJ.02_220,03] Wie aber ein Gedanke oder ein Begriff für sich
noch gleich einem leeren Gefäße oder auch gleich einem
Spiegel im finstersten Keller ist, also ist auch die gesamte
gegenseitige (Ideen-)Verwandtschaft noch wüst und leer; und da
noch keine Tätigkeit der Intelligenzfähigkeiten
untereinander, sondern pure Fähigkeiten zum Sein und zur
Tätigkeit vorhanden sind, so ist also auch noch, wie schon ehedem
bemerkt, alles kalt, feuer- und lichtlos.
[GEJ.02_220,04] Alle diese noch tat- und regungslosen Gedanken und
Ideen der göttlichen Weisheit werden auch höchst treffend
verglichen mit dem ,Wasser‘, in dem auch zahllose Spezifikalelemente
wie zu einem einfachen zusammengemengt sind, aus dem aber endlich
dennoch alle Körperwelt ihr höchst verschiedenartiges Dasein
nimmt.
[GEJ.02_220,05] Aber all die großen Gedanken und daraus
entwickelten Ideen in der Weisheit Gottes, und mochten sie noch so wahr
gewesen sein, hätten aber dennoch nie irgendeine Realität
erhalten können, sowenig als die Gedanken und Ideen irgendeines
Weisen der Erde, so ihm zur Realisierung derselben die Mittel fehlen.
Ist je irgendeine Wirklichkeit denkbar, die dem Gedanken und den Ideen
folgen soll, so müssen zuerst die entsprechenden Mittel und durch
diese die wahre Tätigkeit der Gedanken und Ideen von innen wie von
außen her auf diese einwirkend und von einer hohen Kraft und
Macht ausgehend herbeigeschafft werden.
[GEJ.02_220,06] Wenn irgendein Mensch sonach Gedanken zu Ideen verband
und sie bewerkstelligt haben möchte, so muß er, abgesehen,
daß er dazu die nötigen materiellen Mittel hat, zu seinen
Gedanken und Ideen eine recht übermächtig große Liebe
fassen. Von solcher Liebe werden dann seine Gedanken und Ideen also
gehegt, wie da hegt eine Henne ihre Küchlein. Dadurch werden die
Gedanken und die daraus entstandenen Begriffe als schon mehr konkrete
Ideen stets lebendiger und ausgebildeter. Und sehet, solch eine Liebe
ist eben der Geist Gottes in Gott Selbst, der da, nach Moses, auf dem
Wasser schwebte, das an und für sich nichts anderes besagt, als
die noch form- und wesenlose unendliche Masse der Gedanken und Ideen
Gottes!
[GEJ.02_220,07] Durch diesen Geist belebt, fingen die Gedanken Gottes
an, sich zu großen Ideen zu verbinden, und es drängte ein
Gedanke den andern und eine Idee die andere. Und seht, da geschieht
dann in der göttlichen Ordnung ja wie von selbst das ,Es werde
Licht!‘ und ,Es ward Licht!‘ Und sonach erklärt sich nach Moses
denn auch sogar der natürliche große Schöpfungsakt von
Uranbeginn von selbst – mit dem gleichgehend aber endlich auch, und
zwar hauptsächlich, der seelische und geistige
Bildungsprozeß vom neugeborenen Kinde an bis zum Greise und vom
ersten Menschen der Erde bis auf unsere Zeiten und so fort bis ans
einstige Ende dieser Welt – in allem!
[GEJ.02_220,08] Nun kommt im Moses freilich ein Satz, demnach es das
Ansehen hat, als ob Gott erst nach dem sich aus dem Feuer der
Liebetätigkeit des Geistes entwickelten Lichte einzusehen anfinge,
daß das Licht gut sei; allein es ist dem bei weitem nicht also,
sondern es ist dies nur ein Zeugnis der ewigen und endlosen Weisheit
Gottes, laut dem dies Licht ein wahrhaft freies, sich von selbst aus
der Tätigkeit der Gedanken und Ideen Gottes nach der Ordnung der
Weisheit entwickeltes Geistlebenslicht ist, durch das die auf diese
Weise von Gott hinausgestellten Gedanken und Ideen Gottes sich als
selbständige Wesen nach eigener Intelligenz weiterhin,
natürlich unter dem unvermeidbar beständigen Einflusse
Gottes, wie von sich selbst heraus ausbilden können. Dieses wird
sonach durch den Beisatz Mosis verstanden, aber nicht, als ob Gott erst
dadurch zur subjektiven Einsicht gelangt wäre, daß das Licht
etwas Gutes sei!“
221. Kapitel
[GEJ.02_221,01] (Der Herr:) „Aber nun kommt etwas, das im Grunde des
Grundes schwieriger zu fassen ist als das Vorhergehende. Denn es
heißt ferner: ,Da schied Gott das Licht von der Finsternis und
hieß das Licht Tag und die Finsternis Nacht.‘ Diese Sache wird
aber leichter verständlich, so ihr statt der beiden von Moses
aufgestellten allgemeinsten Begriffe die entsprechenden mehr
sonderheitlichen nehmt, als für den Tag das schon
selbständige Leben und für die Nacht den Tod, oder für
den Tag die Freiheit und für die Nacht das Gericht, oder für
den Tag die Selbständigkeit und für die Nacht die
Gebundenheit, oder für den Tag das sich selbst schon erkennende
Liebeleben des göttlichen Geistes in der neuen Kreatur und
für die Nacht die noch unbelebten Gedanken und Ideen aus Gott.
[GEJ.02_221,02] Diese Ordnung aber findet ihr ebenfalls auch wieder
schon in einer jeden Pflanze, bei der ihr bis zum Ansatze der Frucht
noch nichts denn die Nacht findet oder den gierenden Tod, wo der Geist
Gottes noch der Vorbildung der Leben tragenden Materie wegen auf dem
Wasser der finsteren Tiefe schwebt. Ist die Unterlage aber einmal
insoweit solid, daß am Weizenhalme der Schöpfung der letzte
Reif unter der Ähre gezogen werden kann und das eigentliche wahre
Geistleben sich als ein selbständiges zu ergreifen, zu fühlen
und im hellen Selbstbewußtsein sich zu begreifen, zu erkennen und
zu verstehen beginnt, so geschieht da doch eine offenbare Teilung oder
vielmehr Scheidung des Lichtes von der Finsternis, des freien Lebens
von dem Gerichtsleben, oder eigentlich des unverwüstbaren Lebens
von dem zerstörbaren Gerichtsleben, das da gleich ist dem Tode
unter dem allgemeinsten, alles umfassenden Begriffe Nacht.
[GEJ.02_221,03] Und ferner heißt es: ,Da ward aus Abend und
Morgen der erste Tag.‘ Was ist der ,Abend‘, und was ist hier der
,Morgen‘? – Der Abend ist hier derjenige Zustand, in dem sich die
Vorbedingungen zur endlichen Aufnahme des Liebelebens aus Gott durch
den Einfluß des allmächtigen Gotteswillens zu konstatieren
(bekunden) und zu ergreifen anfangen, gleich den einzelnen Gedanken und
Begriffen zu einer Idee. Sind diese einmal konstatiert (gediehen) bis
zum letzten Ringe unter der Fruchtähre, so hat da die Verrichtung
des Abends ein Ende, und es beginnt dann die freie und
selbständige Tätigkeit zur eigenen Sichselbstbildung in der
Frucht. Wie die Menschen aber den Übergang der Nacht in den Tag
den Morgen nennen, so auch ward entsprechend der Übergang des
vorhergehenden gerichteten, unfreien Zustandes der Kreatur in den
freien, selbständigen der Morgen genannt. Und sehet, da hat Moses
durchaus keinen logischen Fehler begangen, so er aus dem Abende und aus
dem Morgen den ersten und alle darauffolgenden Tage entstehen
läßt!
[GEJ.02_221,04] Daß Moses sechs solche Tage aus dem Abende und
Morgen entstehen läßt, hat zum Grunde, weil nach sorglicher
Beobachtung und Forschung ein jedes Ding von seinem Urbeginne bis zu
seiner Vollendung als das, was es ist, genau im Wege ein und derselben
göttlichen Ordnung die sechs Perioden durchzumachen hat, bis es
als das, was es vorderhand sein soll, vollendet dasteht, gleich einer
vollreifen Weizenähre am abgestorbenen Halme.
[GEJ.02_221,05] Die Samenlegung ins Erdreich bis zum Erkeimen: erster
Tag; von da die Bildung des Halmes und der Saug- und
Schutzblätter: zweiter Tag; von da die Bildung des letzten Ringes
knapp unter dem sogleichen Ansatze der ersten Anlagen zur Bildung der
Ähre: dritter Tag; von da die Bildung und Einrichtung der
hülsenartigen Gefäße gleich den Brautgemächern zur
Einzeugung des freien, selbständigen Lebens, wozu auch der
Blütenstand zu nehmen ist: vierter Tag; von da der Abfall der
Blüte, die Entstehung der eigentlichen, schon ein freies Leben
tragenden Frucht und deren freie Tätigkeit – obschon noch im
Verbande mit den früheren, unfreien Zuständen, aus denen noch
ein Teil der Nahrung zur Bildung der Häute genommen wird, obschon
von da die Hauptnahrung aus den Himmeln des Lichtes und der wahren
Lebenswärme genommen wird – bis zur vollen Ausbildung der Frucht:
fünfter Tag; endlich die gänzliche Ablösung der in der
Hülse reif gewordenen Frucht, wo der Kern dann schon ganz allein
zu seiner vollsten Konsolidierung (Festigung) und eben so allein und
nun schon vollkommen selbständig die reine Kost der Himmel
verlangt, sie annimmt und sich damit frei sättigt fürs
freieste, ewig unzerstörbare Leben: sechster und letzter Tag zur
Bildung und vollen Freiwerdung des Lebens.
[GEJ.02_221,06] Am siebenten Tag tritt dann die Ruhe ein, und das ist
der Zustand des nun fertigen, vollreifsten und für die Ewigkeit
bestandfähig aus den früheren Zuständen konsolidierten
(gefestigten) Lebens, ausgerüstet mit der vollen
Gottähnlichkeit.“
222. Kapitel
[GEJ.02_222,01] (Der Herr:) „Wenn ihr dies nun von Mir zu euch Gesagte
nur so ein wenig tiefer und reifer als die gewöhnlichen Menschen
dieser Zeit überdenken wollet, so werdet ihr, wenn schon gerade
nicht in aller Tiefe der Tiefen, leicht finden und einsehen, daß
Moses mit seiner Schöpfungsgeschichte wohl nur die einzig wahre
und mit aller Ordnung der ewigen Weisheit vollkommen
übereinstimmende Entstehung und Fortbildung aller Dinge von ihrem
Urbeginne bis zu ihrer höchsten Vollendung unter seinen
trefflichen Bildern verstanden hat.
[GEJ.02_222,02] Wer Moses aber nicht also versteht, der soll ihn auch
gar nicht lesen; denn liest er ihn und versteht ihn aber also verkehrt,
so muß er endlich bei nur einigem Nachdenken ganz irre werden,
und er kommt in einen rechten Ärger über die unlogische
Dummheit Mosis und über die am Ende sogar böswillige Dummheit
aller derer, die eine so unlogische dümmste Lehre, als sogar vom
Geiste Gottes eingegeben, den Menschen unter Feuer und Schwert
aufdringen ohne alle Rücksicht darauf, ob sie auch ihnen selbst
als eine allergröbste Dummheit vorkommt.
[GEJ.02_222,03] Wer aber mit dem nun gezeigten rechten
Verständnisse den Moses liest, der wird in ihm nicht nur den
umfassendst weisen, sondern auch den vom Geiste Gottes allerdichtest
durchdrungenen, wahrsten Propheten erkennen, der die ausgedehnteste
Fähigkeit und danebst den festesten Willen hatte, all den Menschen
alle Tiefe der Tiefen über Gott und über alle geschaffenen
Dinge die vollwahrste Kunde also zu geben, wie er sie in seinem
Riesengeiste vom Geiste Gottes Selbst empfangen hatte!
[GEJ.02_222,04] Also entstanden die Sonnen alle für sich, die
Erden für sich, und jedes einzelne auf den Sonnen und Erden
für sich, und also auch in ihrem allgemeinen Zusammenhange. Und so
entstand der Mensch im engsten Sinne für sich, und eben also im
allgemeinsten, weil die ganze Schöpfung in aller ihrer
Allgemeinheit einem Menschen völlig gleicht und entspricht, und
weil jedes einzelne, vom Größten bis zum Kleinsten, der
ganzen geistigen und materiellen Schöpfung ebenfalls dem Menschen
entspricht und entsprechen muß, weil der Mensch der eigentliche
Grund und das Endziel der gesamten Schöpfung ist. Er ist das
endlich zu gewinnende Produkt all der Vormühen Gottes.
[GEJ.02_222,05] Und weil eben der Mensch das ist, was Gott durch alle
die Vorschöpfungen erreichen wollte und auch erreicht hat, wovon
ihr als unwidersprechbare Beweise dastehet, so entspricht auch alles in
den Himmeln und auf all den Weltkörpern in allem dem Menschen, wie
es Moses auch in seiner Schöpfungsgeschichte dargestellt hat, und
wie es auch andere Volkslehrer, wenn schon verhüllter, dargestellt
haben. Prüfet aber nun alles, und ihr werdet es finden, daß
es sich nur also und unmöglich anders verhält und verhalten
kann! – Du, Cyrenius, aber sage es Mir, wie du nun mit Moses zufrieden
bist!“
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