Die fünfte Stufe
Das Land der Liebe
„Die Liebe ist die größte unter ihnen!", mit diesen Worten beschließt Paulus das Hohe Lied der Liebe im 1. Korintherbrief 13.
Diese Wahrheit ist auch in den himmlischen Welten
höchste Erkenntnis. Aber diese Liebe erschließt sich nur dem, der im Gehorsam
zu Gottes Liebewillen ganz treu ist. Sie macht den Menschen dem Herrn ähnlich
und lässt ihn wachsend teilnehmen an der Herrlichkeit und Kraft Seines Wesens,
um zuletzt Ihm gleich zu sein und Ihn zu erkennen im allerinnersten
Herzensgrunde, wie ER ist. (1. Joh. 3,2).
Deshalb ist der Übergang von dem Reiche des
Gehorsams in das Reich der Liebe eine Beförderung von großer Bedeutung. Mit
dieser Stufe kommt die Seele eigentlich erst zum Heiligtum der Himmel, in dem
die Herrlichkeit Gottes sich offenbart. Alles, was sich in den unteren Stufen
an Licht und Schönheit zeigte, findet hier seine Zusammenfassung und helle
Steigerung.
Wie du manchmal in den Bergen beim
Sonnenuntergang noch einmal die ganze Schönheit der Sonnenstrahlen in den
Firnen sich spiegeln siehst, so ist es auch hier. Die Lichtfülle und Harmonie
ist unbeschreiblich, die den Seelen entgegen glänzt und sie blenden müsste,
wenn ihre Augen nicht durch den Liebeeinfluss des Herrn dazu vorbereitet wären.
Die Einführung der
Neuhinzugekommenen ist jedesmal ein großes Fest. Sie kommen mit ihren Lehrern,
die in einer höheren Lichtfülle erglänzen, sobald sie die Grenzen dieser Stufe
überschreiten. Aber auch die neuen Bürger dieser Ebene erstrahlen im gleichen
Augenblick. Ihr Angesicht wird noch mehr leuchtend verwandelt in das Bild Jesu
Christi, es leuchtet die Liebe in beseligender Milde. Das Land der
Vollkommenheit ist erfüllt mit dem Jubel seiner Einwohner, die den Herrn Ihres
Lebens preisen, der so unaussprechbar wunderbar ist in Seinen Liebeplanungen
und -führungen. Ein besonders Wunderbares ist der Willkommengruß, der den
Ankömmlingen entgegengebracht wird. Lob, Preis und Anbetung sei dem Herrn
dargebracht, der auch dich für dieses hohe Ziel bestimmte. Nirgends und in
nichts wirst du auf Erden Befriedigung finden. Nur dort wird sie dir werden,
wenn du mit dem Ursprung alles Daseienden vereint bist. Wenn du schauen
könntest, was der Herr für die Seinen dort bereitet hat, dann würdest du
verstehen, dass es sich aller Mühe der Selbstverleugnung wahrlich lohnt, alles
Hindernde zu meiden und von ganzem Herzen zum Ziele der Vollendung bei Ihm zu
eilen.
Die Heimgekehrten kommen in einen neuen Kreis
der Vollendung und haben alles von einem leuchtenden Feuerkristall in sich, von
dem in der Offenbarung. Johannes Kapitel 13 die Rede ist. Es sind alles Seelen,
die auf Erden durch viel Leid, Not, Verfolgung und Enttäuschungen gegangen
sind, doch ohne Widerstreben und in Gelassenheit ihres erkannten Zieles wegen.
Ohne Klagen oder Rachegedanken gegen ihre Feinde. Sie sind berufen zur steten
Gemeinschaft mit dem Lamme und haben gelernt, das Leid zu ertragen, weil es sie
fester an Jesus binden hilft. In ihrer Seele ist die Kreuzträger-Natur ausgeprägt,
sie verherrlicht ihren großen Vorgänger. Sie wissen, dass keine Seele
erlöst werden kann, ohne dass sie bereit ist, mit Seiner stillduldenden
Lammesnatur am gleichen Leidensstamme des Querholzes befestigt zu sein wie ihr
ewiger Erlöser. Nur so können auch sie wirken als Bannerträger des ewigen und
vollkommenen Opfers Jesu. Niemand und nichts kann eine Seele erlösen, nur der
Herr, das Lamm Gottes Diese erlösten Seelen werden nun Teilhaber am großen
Erlösungswerke in dem himmlischen Weinberge des Herrn, auch im Mitleiden-Dürfen
in Seinem Liebeleiden. Und die Erlösten dieser Stufe tragen diesen herrlichen
Leidenscharakter Seiner Sanftmut und Demut, der sich wunderbar zeigt in seiner
Klarheit. Deshalb können in diese Stufe keine Seelen aufrücken, die sich
weigerten, ein Opfer für Christus zu sein, teilzuhaben an Seinen
unverschuldeten Leiden. Jetzt sehen sie die Erfüllung des Wortes: „Leiden wir,
so werden wir dadurch auch mit herrschen."
Und nach dem Maße des Leidens tragen sie auch
Seine Herrlichkeit. Auf Erden ist es der Seele oft schwer, wenn sie verkannt,
verachtet wird im Gehorsam zum ganzen Willen des Herrn. Hier wird ihr das der
Grund ewiger Glückseligkeit. Wie viele haben in ihren letzten Stunden auf Erden
in eingetretener Erleuchtung ausrufen müssen: „Wenn ich noch einmal auf diese
Erde kommen würde, ich würde viel, viel mehr leiden wollen um des Herrn willen.
Doch nun ist es zu spät dazu !" So ist es in Wahrheit.
Deshalb wehre dich nicht mehr zu leiden,
lieber Leser! Zu leiden um der Liebewahrheit willen, wenn du anders handelst
wie die Unwissenden. Achte es schon dann für eitel Freude und danke dafür
dem Herrn. Nichts, gar nichts wird hier im Lichte übersehen und vergessen.
Bedenke, auch nichts Arges, Liebloses und Gottwidriges.
Aber alles, was der Mensch leidet um Jesu willen, das wandelt sich hier
in Herrlichkeit. Darum freue
dich und sei dankbar! Der Herr wertet dein Leben nach diesen Gesichtspunkten
und nicht nach denen der blinden Menschen. Wie viele dunkle Wolken auf Erden werden
in den Himmeln zu einem leuchtenden Kristall. Aber wie viele Täler von
materiell-seelischer Sorge, in denen die Tränen materiellzeitlichen Dingen und
Genüssen nachgeweint wurden, sind doch wertlos und hinderlich für sie! Doch die
Tränen der Sorge in betender Angst um das ewige Heil der anderen Seelen, diese
werden hier offenbar als perlenklare Leuchten der Herrlichkeit, an den Ufern
des Lebensstromes liegend. Jede Sorge, jede Angst für anderer Seligkeit findest
du hier herrlichst erhalten!" Daher weigere dich nie mehr zu leiden für
Jesus. Hingegen danke Ihm für diese besondere Art von himmlischen Segnungen.
Aber nicht nur das Leiden für Jesus, sondern
jedes Leiden, wenn es kein Leiden aus der Sünde geboren ist, verklärt die
Seele, wenn sie es im Sinne Jesu und um Jesu willen in Geduld und Vertrauen zu
Ihm erträgt. Solche Leiden haben nun einmal eine wunderbare Verwandlungskraft,
von der viele auf Erden sich nennende Christen gar wenig wissen, noch
erfahren wollen, sonst würden sie leidenswilliger sein und sich allen Leiden,
Trübsalen, Entbehrungen, ja, ererbten Krankheiten selig-hoffnungsfreudiger
ergeben. Die Tage der Erdenfreude und des Wohlgenusses erbringen selten
Ewigkeitsfrüchte. Denke du nur an den reichen Mann und den armen Lazarus.
Die Tage des Leidens, des Entbehrens, des Zerschlagens irdischer Hoffnungen
sind bei rechter Betrachtung stets früchteschwer. Doch all diese Leidensfrüchte
werden hier im Lichte des Landes der ewigen Liebe wiedergefunden und
Lebenstriefend der Seele als himmlische Nahrung dienen.
Vergiss daher nie, dass Dulden, Erdulden und
Ertragen im Geiste des Herrn, den Verlorenen Seinen himmlischen Liebegeist in
und an dir offenbaren sollen. Dann wird dein Platz auch für dort bestimmt, wo
die Herrlichkeit der ewigen Liebe weilt, hier im Lande der Liebe.
Jeder kann sich denken, dass es hier für die
Überwinder eine jubelnde Überraschung gibt. Ihnen wird dadurch die Liebe ihres
Herrn so groß, dass sie anbetend in heiligem Schmuck niedersinken. Sie merken
jetzt, dass der Meister ihnen in ihrer dunkelsten Erdenzeit am nächsten war.
Sie erkennen auch, dass Seine Weisheit ihr Leben so gestalten musste, um die
herrlichen Auswirkungen Seiner Gedanken in ihnen zu erzielen. Die Zeiten
dunkelsten Glaubens werden ihnen nun zu Offenbarungen lichtester Herrlichkeit.
Und die Schmerzen ihrer Seele, von denen sie oft meinten, dass sie zu heftige
für sie seien, erweisen sich jetzt als Boten der Liebe des Herrn, die heilige,
heilende Arbeit zu tun hatten, um die Seele von der Zeit der Vergänglichkeit in
die Endlosigkeit des Geistes zu geleiten. Hier gibt es keinerlei Schmerz mehr,
auch den des zu späten Reueschmerzes nicht. Keine Not, keine Entbehrung, keine
Enttäuschung, kein Kreuz, alles ist voller Glückseligkeit. Dort ist alles
überwunden. In diesem Lande der Liebe erschließt sich ihnen erst so recht die
Liebe des Herrn in ihrer führsorgenden, vorsorgenden, tragenden und alles
erhalten wollenden und könnenden und zum Besten dienenden Wesenheit. Durch alle
Stufen hindurch haben sie der Liebe des Herrn gedacht und sind durch sie
erhalten und genährt worden. Aber hier erkennen sie diese Förderungskraft erst
in ihrem rechten Sinne. Sie ist ja die Ursache ihrer Glückseligkeit und der
Grundzug ihres eigenen Wesens geworden, da sie einst ganz anders ausgerichtete
Wesen waren. Und alles preist den Herrn. IHM singen die Vögel ihre Lieder und
die Blumen, als Welten selbstbewusster Kleinwesen, verkünden Seine Weisheit.
Groß und wunderbar ist die Schöpfung, in der die Vollendeten und aus dem Herrn
Gerechten glückselig wandeln mit den Himmlischen in nun erst klarstem Wissen.
Alles ist nur rein geschenkte Liebe, Gnade, Weisheit und Barmherzigkeit Und
darin unterrichtet hier alles, die Lehrer und die Schöpfung. Am herrlichsten
jedoch erkennen die Vollendeten diese Liebe des Herrn in sich selbst. Schon die
Erwählung von Ihm, ehe dieser Schöpfung Grund gelegt war, leuchtet auf als
himmlisches Licht. Die Erfahrungen, die in den unteren Stufen vorausgingen,
haben ihr jetziges Wissen vorbereitet. Die Seele wird gewahr, dass sie
erschaffen wurde, um in ihm und mit Ihm zu sein und für alle Ewigkeiten ein
Glücklichsein zu genießen, das rein göttlich ist und nichts Geschöpfliches mehr
an sich trägt, als nur Sein Kind zu sein. Von hier aus erfasst die Seele die
Erlösung vom Geschöpf zum Selbstschöpfer ganz anders, als es vorher möglich
war. Ihr erschließt sich der bisher geheimnisvolle Zusammenhang zwischen Seele
und Geist, und auch der Unterschied zwischen den nie gefallenen Engeln und den
der erlösten, heimgekehrten, erfahrungsreichen, an sich völlig zerbrochenen
Seele, die das nun geschenkte Seligkeitsleben dadurch erst recht zu werten
weiß.
Die Erlösung von Ewigkeit her wird ein selig Besitz. Der irdische Weg unseres
Herrn und Lebensmeisters, angefangen von dem Verlassen Seiner Herrlichkeit bis
zu Seiner Wiederaufnahme des Thrones der göttlichen Majestät, leuchtet als
Kronjuwel auf Kein Mensch kann ermessen, was es für den Herrn bedeutet hat,
diesen Weg zu gehen. Und nun sind wir in diese Liebe hineingestellt, das wird
uns allen hier zur bewussten, aber unaussprechlichen Glückseligkeit. Jetzt erst
wird Sein Kreuz als der Thron göttlicher Liebeweisheit erkannt, an dem das
Gericht über jede Sünde und den gefallenen, ersten Engel vollzogen und
vollendet wurde. Deshalb wird IHM hier, als dem Lamme Gottes Anbetung zuteil,
wie sie nur Vollendete und ganz Eingeweihte in ihren Herzen haben können. Von
hier aus steigen wie warmleuchtende Strahlenbündel die Herzensergüsse empor zum
Throne Gottes, und Engel begleiten sie in hehrem Staunen ob solcher Schätze in
den Herzen der Erlösten aus der Tiefe.
Wenn die Seelen die Liebe als die tiefste,
höchste, letzte und stärkste in alle Räume der Unendlichkeit noch dringende
Kraft erkennen, dann kommen sie auch zur lebendigsten Erkenntnis, dass in ihr
alle Lebensanfänge sein müssen. So stehen sie mitten drin in der Herrlichkeit
des ewigen Lebens unendlicher Schöpfungswunder dieser Liebe Gottes. All Sein
Tun wird dann zu einer neuen Liebesoffenbarung. Der Umgang mit den Seligen
wird dann zum Lobpreis Seiner Liebe. Die Beschäftigung mit der Kreatur und der
Schöpfung wird Anlass, sich immer tiefer hineinzuversetzen in die heilige
Gottesordnung Seiner Liebe. Dass in solcher Lebenshaltung eine Gemeinschaft
mit dem Herrn entsteht und mit den Seligkeiten daraus, wie sie die Erde nicht
hat und verstehen kann, das ist verständlich. Hier gibt es Vereinigungen mit
dein Herrn und Seinen Vollendeten, wie sie nicht zu schildern sind. Das muss man
selbst erlebt haben. Aber bedenke, dass auch schon bei euch auf Erden der
Ausdruck geprägt wurde: Zwei Herzen und ein Gedanke. Das ist nur ein Schatten
der Herrlichkeit himmlischer Herzensvereinigung, ein schwacher Hinweis auf die
vollendete, vollkommene Herzensgemeinschaft der Himmel.
Nur die göttlich-heilige Liebe kann das
Wesen, das Herz und die Weisheitsgedanken in der unendlichen Schöpfung des
Herrn verstehen. Deshalb ist
der Unterricht ganz auf dieses Ziel eingestellt. Alles soll die Liebe des Herrn
erhöhen und das Echo dafür in Seinen Kindern erhöhen. So sind auch die
himmlischen Lehrer, die von dem Throne Gottes kommen, darauf aus, der Seele die
Zusammenhänge dafür zu erschließen. Sie führen hinein in den heiligen
Liebesdienst, der auf die Seligen wartet. Diese dürfen in einem viel höheren
Maße wirken, als sie dieses bisher konnten. Der Herr gebraucht sie schon zum
Dienst auf Erden. Aus dieser Stufe kommen viele von ihnen zu euch hernieder,
um an euch Seelen in göttlichem Sinne einzuwirken. Ihr verdanket diesen
Himmlischen sehr, sehr viel. Ohne euren Freien Willen anzutasten, sprechen sie
euch himmlische Ordnungsgedanken ein, bringen euch Trost, geben euch warnende,
tröstende, erleuchtende Träume, bewahren euch vor Unglücksfällen und Gefahren
mancherlei Art. Sie führen euch solche Wege, die euch, wenn auch durch euren
Willen beeinflusst, letztendlich doch zu einer größeren Selbsterfahrung und
Selbsterkenntnis führen und damit durch echte, wahre Buße dem Herrn näher. Sie
beten und ringen für euch um vermehrte Gnadenströme. Ihr Herz ist erfüllt von
solcher Liebe, dass sie mit Freuden ihre herrlichen Lichtwohnungen verlassen,
um wie ihr Herr und Meister den Menschen zu dienen oft in einer Atmosphäre, die
für sie ärger ist als der Gestank tiefster Hölle. Wie wenige wissen doch von
euch diesen Engeldienst zu beachten und zu würdigen. Wenn die Erdenmenschen
mehr damit rechnen würden, dann könnte der Herr in ganz anderer Weise ihnen
helfen in allen Lebenslagen. Aber so sorgen die Menschen in vermeintlicher
eigener Kraft für sich, und Er kann dann nicht mit Seiner Kraft himmlisch für
sie sorgen.
Der Engeldienst ist verschieden, je nach den
Bedürfnissen der Menschen. Deshalb ist das Dienstleben meist einem höheren
Führer unterstellt, der nach dem Plane des Herrn solche Vollendeten herbeiruft,
welche die große Autorität oder Vollmacht haben, nach dem Ordnungswillen des
Herrn zu wirken. Und je wichtiger, wertvoller eine Seele ist, d. h. je mehr sie
sich von oben zurichten zu lassen willens ist, desto mehr und stärkere Hilfe
erhält sie aus dem Heiligtum. Wer das einmal erkannt hat, der will mit großer
Treue vor dem Herrn wandeln, damit er nicht wieder verliert und durch weltliche
Lust verscherzt, was der Herr ihm gegeben hatte. Höret!
Im Lande der Liebe wird mit erhöhtem Ernste
von den Königen und Priestern gearbeitet. Die Erkenntnis der Ordnungspläne
Gottes ist hier besonders gefördert. Es soll ja einmal die ganze Schöpfung
hineingeführt werden in den Reichtum Seiner Liebe. Dazu braucht Er königliche
und priesterliche Tätigkeit der Vollendeten, d. h. von völlig Eingeweihten.
Beide Klassen, die der Könige und die der Priester, tragen das Panier von
Golgatha, so wie das schon während der Leidenszeit Jesu erwähnt wurde. Nicht
umsonst wurde dort die Königsfrage aufgerollt und dem ewigen Hohenpriester das
Herz gebrochen. Wenn das Reich Gottes aufgerichtet wird in seiner Herrlichkeit,
dann wird erst so recht offenbar werden, wie notwendig diese Königs- oder
Hohepriesterklasse für die Menschheit ist.
So strecke auch du dich schon auf Erden aus mit treuem Vollernste nach
dieser Klarheit und gehorche den zarten Herzensmahnungen aus der Himmelswelt.
Dann wirst du recht geschickt werden zu diesem Dienste wahrer Seligkeit
himmlischen Dienens. Die Bewohner dieses Reiches werden nicht nur teilhaben,
sondern haben schon jetzt teil an der ersten Auferstehung, über sie hat der
zweite Tod jede Macht verloren. Darum preist die Schrift sie auch als Selige
und Heilige, denn der Herr ist mit ihnen zu vorbestimmtem Ziele gekommen, was
Er eigentlich allen Wesen zugedacht hatte, Seine erwachsenen, voll in Seiner
Liebe erstarkten Kinder zu werden. Nun hat Er sie ganz ausgefüllt, ausgestattet
mit Seiner Herrlichkeit und Gottesmacht. In die Sphären dieses Reiches der
Liebe, die noch gewaltiger sind als die unteren, dringt keinerlei Schatten der
Hölle mehr. Der Kampf Satans kommt nicht bis hierher. Es sind daher Sphären,
die keine Heerscharen des Herrn nötig haben, sondern geschützt sind durch die
Kraft heiliger Gottesliebe und völliger Erlösung. (vgl. 1. Joh. 3, 6-9; 5, 18.)
Dem herrlichen Zustande der Bewohner
entsprechend ist auch die himmlische Kleidung. Das Weiß der Kleider ist
unbeschreiblich in seinem Sonnenglanze. Von dem Verklärungskleide Jesu Christi
heißt es: „Es war so weiß, dass kein Färber auf Erden es hätte machen
können." Und es ist nicht nur die Farbe sondern auch das Gewebe das den
leuchtenden Glanz hat. Kein Mensch könnte die Strahlen ertragen. Diese sind so
durchdringend, dass irdische Geschöpfe geblendet würden. Aber hier gibt es noch
andere Farben, aber alle sind so strahlend, dass es nicht angeht, sie zu
schildern. Dementsprechend sind auch die Auszeichnungen. Alles was auf Erden
für den Herrn getan wurde in stetig-stiller Selbstverleugnung, das findet hier
seinen übergroßen Lohn. Und dieses wird durch die betreffende Art der
Auszeichnung geoffenbart. Was der Herr den einzelnen zugedacht hat, das wird
von himmlischen Künstlern ausgeführt und das empfängt der Heimgekehrte hier im
ewigen Leuchten. Mancher wird erst hier erkennen, dass die Liebe ihm
übergenug Kräfte verliehen, wenn er nur mehr erwartet und erbeten hätte.
Wenn dort Feste gefeiert werden, was zur
Freude und Ehrung des Herrn oft geschieht, dann ist es ein Leuchten, gegen das
euer irdisches Licht die barste Finsternis ist. Alle Hoffeste der Erde mit
allen Diademen und Orden sind dagegen armseligste Eitelkeit.
Deshalb blicke auch du weg von allen
Ehrungen, welche dir Menschen bereiten könnten und vergesse nie, dass der Herr
die ganze Erde mit all ihrer Herrlichkeit dem Ihn versuchenden Fürsten dieser
gefallenen Erde ausgeschlagen hat. Nur so kommst auch du zum himmlischen Ziel
und zur Herrlichkeit dieser Stufe. Lasse alles beiseite und zurück, was nicht
mit will zu diesem Ziele hin. Der Herr will es und wir deine Freunde auch!
Und die Wohnungen dieser Stufe! Dafür fehlt mir ein gleichnismäßiger
Sprachschatz aus eurer gefallenen Erdensprache um sie zu schildern. Sie
erinnern schon an den Kristallsonnenglanz der Herrlichkeiten der Stadt Gottes,
dem himmlischen Jerusalem, und doch kommt er diesem nicht annähernd gleich. Die
Durchsichtigkeit, entsprechend der Durchheiligung ihrer Einwohner, ist noch
nicht so klar sonnendurchglänzt wie in der sechsten und siebenten Stufe. Und
trotzdem ist alles wunderbarst, unbeschreiblich. Und die Einrichtungen! Sie
verkünden jedem Besitzer und Besucher den Geschmack und die innere Gesinnung
ihres Einwohners. Da aber auch hier gleichgesinnet Seelen am nächsten
beieinander wohnen, so ist auch die zusammenhängende Harmonie dieser
Kristallpaläste unaussprechlich schön.
Du merkst ja schon auf Erden, wie selig man
sein kann, wenn man unter Gleichgesinnten ist und wie wohl du dich fühlst in
dieser harmonischen Gemeinschaft. Dort ist all dieses unbeschreiblich herrlicher.
So hilft auch die Inneneinrichtung mit, dass diese Gemeinschaften aufs beste
gefördert werden. Jeder dient nach der Art und dein Maße seiner Herrlichkeit.
Keiner neidet dem anderen dessen Besonderheiten der Herrlichkeit, sondern
freut sich über diese Besonderheiten, da er darin ja den Herrn Selbst erkennt
in Seiner Liebeweisheit. So dient jeder in seiner Art und sie dient ihm so am
besten. Und er selbst ist dabei am glücklichsten. Köstlich ist hier das
Zusammenwirken, wobei der Herr gepriesen wird.
Wo die Liebe in ihrer vollen Reinheit die
Triebfeder ist, da werden alle ihr innewohnenden Kräfte zur Entfaltung
gebracht. Das ist schon auf Erden der Fall, um wie vieles vollkommener erst in
den Himmeln. Diese mannigfaltigste Weisheit Gottes! Und die lichtvolle
Schöpfung! Sie erfordern aber auch große und unendlich weit gesteckte Ziele
der Arbeit, die getan wird von den Vollendeten des Himmels. Deshalb sind die
Lehrer mit fasst zu sagen, unendlichster Erkenntnissen angefüllt, die ihren
Schülern die Himmel erschließen und erklären auf allen Gebieten. Hier werden
die Seelen eingeführt in das Denken des Herrn. Und Seine Gedanken sind lichte
Kraftstrahlen, die dann die Seelen mit großer Freude und tiefem Glück erfüllen.
So werden sie nämlich hinaufgeführt zur völligen Liebesvereinigung mit ihrem
Herrn und werden dabei immer mehr Ihm ähnlich an Wesen und Kraft. Er wartet ja
darauf so sehnlichst, dass sie alle hinaufkommen zu Seiner Herrlichkeit!
Die Dienste werden je umfangreicher auch immer vielfältiger, damit alle
vordem kleinsten Eigenarten und Gaben voll zur Entfaltung kommen. Die Lehrer,
die dem höchsten Kreise um den Thron angehören, tragen die Demutswürden des
Lammes. Sie sind daher auch bestrebt, dass ihre Schüler, ihrem Vorbilde
nacheifernd, ebenso kraftvoll-tüchtig werden wie sie und zu dem gleichen
Erbteile der Göttlichkeit gelangen. Du kannst nicht erfassen, wie viel
Herrlichkeit schon in dieser Stufe vorzufinden ist. Sie ist maßlos groß und den
Seelen die darauf nicht vorbereitet sind unerträglich. Es sind schon zuweilen
solche hierher geführt worden, und sie fielen wie ein Blitz wieder zurück in
ihren Kreis.
Die hier Wohnenden gehören zum Hochadel der
Himmel. In dieser Stufe leuchtet nicht nur alles im Lichte der Herrlichkeit,
hier ist auch alles eine harmonisch tönende Musik. Wo die Harmonie so weit
gediehen ist wie hier, da ist alles ein herrliches Klingen und Tönen -
„Sphärenmusik" - die zuweilen Erdenpilger hörten. Die Akkorde der Himmel
erfiillen den Äther und die ganze Schöpfung atmet sie ein mit wonniger Lust.
Ich wünsche, dass du einmal teilnehmen kannst an dieser Glückseligkeit und an
dem Lobpreise des ewigen Lammes Gottes! Dann wüsstest du, was Anbetung im
Himmel ist. Es würde dir dabei klar werden, dass du jetzt noch vieles abzulegen
zu lernen hast, was dieser völligen Herzensreinigung und Verklärung hinderlich
ist.
Der Dienst des Königspriesters wird hier in
seiner Bedeutung erst so recht erkannt und ausgeübt. Von hier aus sendet der
Herr die Seligen, damit sie dienen sollen auf Erden den Erdenpilgern, um ihnen
den Himmel begehrenswert und bereit zu machen. Das ist nur möglich, wenn diese
Vollendeten selbst zubereitet sind, ausgerüstet mit allen Gaben göttlicher
Liebe in Vollkommenheit.
Weil in den Sphären dieser Stufe nichts mehr
von Eigenliebe ist, die das Reingeistige stets verdrängte, so kommt die
wahre Demut des Herrn zur Entfaltung. Daher betrachte auch du des Herrn Demut
und mache sie dir zu eigen durch totale Selbstverleugnung in allen deinen
Sonderwünschen und bisherigen Ergötzungen, dann wird dein reines Lieben auch
immer gereinigter von aller geschöpflichen Eigenliebe werden. So können
sich die Seelen hier in ungeahnter Weise in Jesu Bild entwickeln unter der
Leitung der himmlischen Lehrer.
Dieses ist das Land, wo die göttlichen Geheimnisse offenbar gemacht
werden. Und da gibt es viel zu lernen. Deshalb werden die Schüler schon soviel
auf Erden zum Dienste gebraucht, damit sie viel Gelegenheit haben zur
Bestätigung ihrer neuen himmlischen Erkenntnisse und um die Wahrheit der im
Lichte enthüllten Geheimnisse zu erleben. Je tiefer sie in diese Geheimnisse
eindringen, desto mehr empfangen sie Vollmacht und werden so geschickt zum
Eintritt in das Land der Macht Keiner geht über die Grenzen dieser Stufe, der
auf dem Gebiet der ewigen Liebe nicht die Reife erlangte. Deshalb ist es
töricht, wenn die Menschen irgend etwas höher achten als die Liebe Jesu
Christi.
In jedem Liebedienst wird die Seele immer
herrlicher, göttlicher und fähiger zum Dienste am Throne Gottes. Alles drängt
schließlich zum Herrn aller Herrlichkeit. Jede Fähigkeit wird nur durch die
Liebe verklärt und empfängt das Siegel der Gnade: „Höheres Licht über das Herz
des Herrn." In dieser Liebe strebt die Seele immer mehr nach Höhen, wo sie
den Herrn Selbst in Seiner Vollendung weiß. Wo sie geht und steht, wo sie
arbeitet oder ruht, macht sich der Zug der Liebe des Herrn in den Herzen immer
stärker geltend, um volle Vereinigung zu gewinnen und dann Seine Klarheit zu
schauen. Wenn es dadurch zur Fülle dieser Sehnsucht gekommen ist, und alles in
der Seele auf den Herrn ausgerichtet ist, dann kommt der Augenblick, in der sie
höher zu steigen befähigt ist, gleich dem vorangegangenen Herrn, als Er Sich
von der staubigen Erde abhob, um dem Himmel entgegen wieder nach hause zu gehen.
So kann nichts mehr die Seele aufhalten. Ihr
ganzes Sein liebt den Herrn mit aller Kraft der Liebe. Der sie ja zuerst
geliebt hat, herausgeliebt aus der dunklen, kalten Erdensphäre. Nun ist sie
ausgerichtet mit neuen Gnadenströmen. Sie ist aufgebrochen und zieht weiter, um
einzugehen in das Land der Macht.